(...) die Fremdenfeindlichkeit in China Max Walden und
Samuel Yang
Oha. Aber eigentlich - nicht verwunderlich.
In einer Krise kommt (Pluto ...) das Unterste zuoberst, lang schwelende Konflikte brechen auf, kochen hoch.
In China ist die Gemeinschaft alles, das Individuum eher nichts.
Im Westen ist das Individuum alles, die Gemeinschaften werden mühselig im Konsens von Individuen und Gruppen von Individuen so gebildet, dass Individualität ermöglicht wird.
Im globalen Dorf macht das Virus alle gleich - wir sind alle Menschen.
So könnte man die Chance nutzen, auch gemeinsam nach einer Lösung zu suchen.
Aber zu lang brodelten unter der Oberfläche die Konflikte, die Schwachpunkte beider.
Die Schwachpunkte beider Systeme bzw. Kulturen, die beide leiden und von denen keiner das ultimative Rezept besitzt, die führen jetzt dazu, dass einer lieber dem andren die Schuld zuschiebt und sich mit Zuschreibungen aufhält, anstatt sich zusammenzutun und den einen wahren gemeinsamen Feind zu bekämpfen, das Virus.
Ablenkung aus Angst und Hilflosigkeit, das ist menschlich. Aber der Mensch ist zu noch viel mehr Gutem in der Lage und kann angesichts einer Krise auch über sich hinauswachsen.
Wie gut wäre es, wenn die Deutschen aus ihrem Angst-Schuld-Trauma aufwachen würden um ihre bittere Lektion und Erfahrung nun nutzen zu können, um zu helfen.
Wir sind alle nur Menschen und die Fremdenfeindlichkeit führt nur zur Vernichtung.
1988 saß ich vor der Klagemauer in Jerusalem. Einen Tag vorher war ich in Yad Vashem. Ich konnte nur noch leise, wenige Worte, und auch diese nur heiser auf deutsch sprechen mit meiner Freundin, mit der ich dort sass.
Ein Holocaustüberlebender sass neben uns und sprach uns an. Er würde gern einmal wieder Deutsch sprechen, jetzt, so lange nach dem Krieg. Es war ja seine Muttersprache. Und er würde sich freuen, wenn junge Deutsche ins Land Israel kämen, weil sie die Realität der jüdischen Welt sehen würden und lernen. Und er würde sich freuen, wenn wir genau wie er das überwinden würden, was unsere Väter uns angetan hätten.
Wir waren so ein reiches Land, es gab alles, erinnerte er sich,
und der Krieg hat alles auf Jahrzehnte vernichtet, nur aus Dummheit. Und nie hätte er verstanden, warum Hitler nicht "mit uns" (deutscher jüdischer Bevölkerung und deutsche nichtjüdische Intellektuelle)
zusammen den Krieg geführt hätte,
weil er ihn dann gewonnen hätte. So war er einfach nur dumm, der Hitler.
Die Weltsicht hat mich durchgerüttelt. Mit der trennenden dummen Perspektive ("die" sind keine Menschen, keine richtigen Menschen oder "die Schlauen, die ich nicht verstehe, müssen eingesperrt und vernichtet werden") hat Hitler seine eigenen "Ziele" und sein Land vernichtet. Ich will damit um Himmels willen nicht sagen, dass Deutschland den Krieg hätte gewinnen sollen oder überhaupt führen, hätte es keine Trennung gegeben, wäre die jüdische deutsche Kultur und die Denker-Kultur lebendig geblieben und angehört worden, wären die kritischen Stimme also nicht mundtot gemacht worden, dann wäre das Land nicht in den Abgrund gestürzt worden und in einen Krieg gezogen worden.
Dann wäre das Land mit allen Menschen darin reich geblieben und friedlich. Aber die Chance dafür stand schlecht, denn der Rassismus war in vielen Ländern in vielen Bereichen so präsent, dass er sich, wenn es nicht in DE gewesen wäre, an anderer Stelle in irgendeiner Weise Bahn gebrochen hätte.
Die Situation mit dem Virus ist jetzt die Chance der Großmächte, ob sie ihre Intellektuellen und Andersdenker und Individualisten und Gemeinschaftsverehrer konstruktiv anhört und mit ihnen zusammen Lösungen findet - oder ob sie sich, wie der "dumme Hitler", darauf beschränkt, statt gemeinsam lösungsorientiert zu arbeiten, sich gegenseitig anzufeinden.
Heute sind viele Menschen - immer hin in Technik und im Informationszeitalter und von der Entwicklung her - reicher als jemals zuvor.
Diesen Reichtum kann man nutzen, in jeder Hinsicht, um konstruktiv zu helfen.
Ich sehe Menschen, die einfallsreich sind und genau dies tun.
Ich bete, dass diese sich zeigen.
Bevor sich die Geschichte auf leicht geänderter Bühne des Lebens wiederholt.
lg und gute nacht
eva