Wo möglicherweise dennoch ein Ansatzpunkt liegt, zeigt wiederum die Quantenmechanik. Zwar beschreibt sie die Welt ganz folgerichtig und deterministisch über die Wellenfunktion, aber es gibt darin einen seltsamen, auch nach mehr als 80 Jahren noch immer unverstandenen Punkt: den »Kollaps der Wellenfunktion«. Dieser Begriff bezieht sich auf jenen Moment, wenn wir eine Messung an einem Elementarteilchen vornehmen, zum Beispiel seinen Ort bestimmen. Bis zu diesem Moment wird das Teilchen durch seine Wellenfunktion beschrieben: Über einen relativ großen Raumbereich verteilt, besitzt das Teilchen gewisse Aufenthaltswahrscheinlichkeiten. Im Moment der Messung nun »kollabieren« die Wahrscheinlichkeiten, und zurück bleibt eine einzige Wirklichkeit: der konkrete Ort des Teilchens. Durch die Messung haben wir das Elementarteilchen gewissermaßen »festgenagelt«. An welchem Punkt wir es dabei finden werden, ist nicht vorherzusagen: Wiederholen wir das Experiment unter exakt gleichen Bedingungen, erhalten wir jedes Mal ein anderes Ergebnis. Nach vielen tausend gleichen Experimenten finden wir schließlich die Wahrscheinlichkeitsverteilung wieder, die von der Wellenfunktion vorgegeben ist.
Im Moment der Messung passiert also etwas, was nicht deterministisch ist – und das könnte die winzige Lücke sein, über die der freie Wille unsere Welt wieder betritt. Vielleicht kollabieren in unserem Gehirn auf atomarer Ebene Wellenfunktionen, und auf irgendeine ungeklärte Weise kann unser freier Wille beeinflussen, wie das passiert. Zugegeben: Hinweise, dass es so sein könnte, gibt es keine. Aber immerhin kann auch niemand das Gegenteil beweisen, da noch niemand im lebenden menschlichen Gehirn Quantenzustände erforscht hat.
Manche Physiker glauben sogar, dass der Kollaps der Wellenfunktion erst durch unser Bewusstsein verursacht wird. Möglicherweise kollabiert die Wellenfunktion in dem Moment, in dem wir mit unserem Bewusstsein die Überlagerungen der Möglichkeiten anschauen. Dann würde die Welt durch unser Bewusstsein erst erschaffen. Vielleicht ist das gleichbedeutend mit der »geistigen Kraft«, die manche im Menschen vermuten – eine Kraft, von der sie annehmen, dass sie jenseits der Kausalität steht und jenseits der Naturgesetze.