Hallo Alex,
Allerheiligen ist wieder mal an mir vorüber gegangen - ohne Friedhofsbesuch
Du weißt, ich habs nicht so mit der Friedhofrennerei. Mir gibt das nix, da liegt doch nur mehr die Hülle drin, und von der wahrscheinlich auch nur mehr ein Bruchteil.
Alles, was Euch ausmacht(e) - (deinen Papa, deine Oma, Dich und Moni) - hab ich in mir drinnen, in meinem Herzen. Dafür brauch ich kein Grab. Ich trag Euch bei mir, jeden Tag, und nicht nur, weil Allerheiligen ist.
Ein einziges Mal nur machte ich den Fehler, zu Allerheiligen an Euer Grab zu gehen, und da traf ich dann auch prompt all die Leute, denen ich ein ganzes Jahr lang aus dem Weg gehe... und mußte sie auch noch freundlich grüßen
Das erspar ich mir in Zukunft und ich weiß, Du hast vollstes Verständnis dafür
Ich hab Dich lieb
mumy
liebe sunny,
tja komisch - ich hab' diese friedhofsbesucherei auch immer gehasst.
waren so ein teil des allgemeinen zwangs.
dieses jahr hatte ich auf einmal das innere bedürfnis hinzugehen.
niemand ist mehr da, der mich zwingen könnte - niemand, den ich möglicherweise treffen könnte.
in den laternen hatten sich spinnen eingenistet.
ich hab' sie gesäubert und meine kerzen hineingestellt -
die spinnen waren alles andere als begeistert.
aber ich - ich habe mich so unendlich friedvoll gefühlt.
ich hab' meinen frieden gemacht mit einer form des totenkultes, der nicht der meine ist.
ich bin dann auch hinübergewandert zum grab der mutter meines geschiedenen mannes.
er war schon da gewesen - die kerze hat gebrannt - und das aufwändige gesteck umgeworfen vom wind.
ich hab's aufgerichtet und fest gemacht.
klar - er ist nicht am grab meiner familie gewesen -
ich hab's lächelnd vermerkt.
ich bin noch einmal zum grab meiner familie zurück gegangen und hab' eine einzelne blume - ganz bescheiden - auf das grab gelegt.
dann hab' ich mir vorgenommen im frühjahr die bank zu streichen, die vor dem grab steht -
und ich hab' mir auch den wasseranschluss angeschaut, damit ich vielleicht mit einem schlauch kommen kann um den grabstein zu säubern.
die letzte, die in diesem pompösen doppelgrab beerdigt werden wird, werde nicht ich sein -
nur noch die mutter, mit deren gewalt ich versuche meinen frieden zu machen.
ich selbst werde - nach meinem willen - genau so verbrannt werden wie mein sohn -
und sollte es nach meinem willen geschehen -
ich verlange nicht -
bitte nur darum -
wird unser beider asche verstreut werden - gemeinsam.
ein berggipfel erscheint meinem lebenden sohn passend dafür -
und ja - das wäre wirklich sehr schön.
aber ich habe mich da auf dem friedhof nicht wieder erkannt -
was ist da geschehen mit mir?
ein annehmen?
eine zuvor nicht gekannte akzeptanz?
ein annehmen, das nur möglich wird, wenn es keinem äußerlichen - aber auch keinem innerlichen zwang mehr unterliegt?