Kriegsenkel kurz erklärt. Ein 1. Überblick | Häh? Was sollen denn meine Probleme mit dem Krieg zu tun haben? Ich habe ihn doch gar nicht erlebt ...
birgit-ising.com
"
"Was sind Kriegsenkel?
Kriegsenkel werden meist definiert durch Ihren
Geburtsjahrgang zwischen
1960 und 1975. Sie gehören zu den geburtenstarken Jahrgängen, den Babyboomern.
Richtiger ist jedoch: Sie sind die
Kinder der Kriegskinder. Sie sind die Kinder der Kinder und Jugendlichen des Zweiten Weltkrieges und des NS-Systems.
Die Vorfahren in ihren Herkunftsfamilien haben Kriegserfahrungen, haben Bombenangriffe, körperliche Gewalt, Trennung und den Tod von geliebten Menschen erfahren. Viele verloren ihre Heimat – ihr Zuhause wurde zerbombt, verbrannt oder ihnen weggenommen. Sie flüchteten oder wurden vertrieben. Ihre Väter und Großväter brandschatzten, stahlen und plünderten. Sie vergewaltigten, töteten oder lynchten andere Menschen. Sie waren Täter, Mitläufer oder ahnungslose Opfer."
Man kann davon ausgehen, dass die Kriegskinder, Jugendlichen und die, die im Krieg erwachsen waren, ihre Traumata fast alle verdrängt haben im Zuge des Wiederaufbaus. Man muss sich nur Filme aus den 50er angucken, dann weiß man es.
Von Sissi über die Förster-Liesel alles heile Welt. Sogar die Hippie-Bewegung noch, alles prima, wir kiffen uns die Welt schön und haben uns alle lieb, und engagieren uns lediglich politisch- und das ist eine äußere! Aufarbeitung,
keine innere, direkte, emotionale. D.h., bei der äußeren Aufarbeitung zeigt man noch auf die Täter und fühlt sich selbst gut und gerecht.
Bei der inneren geht das nicht mehr.
Wer den verborgenen, emotionalen Schrott letztendlich abkriegte, waren wir, auch nicht die 50er Jahrgänge so sehr.
Denn deren Eltern waren keine (Klein-) Kinder oder Jugendlichen im Krieg, sondern schon erwachsen und reflektionsfähig.
Unsere ja, sie haben den Krieg ungefiltert abgekriegt, aufgenommen, verdrängt und weitergegeben.
Dazu kommt, dass Nachkommen von Tätern ebenso traumatisiert sind wie Nachkommen von Opfern,
nur, dass sie keine Hilfe bekommen, aus moralischen Gründen.
Wir haben die inneren Schuldgefühle geerbt/übernommen, was bedeutet, kein Recht auf Leben, kein Recht auf Freude, Leichtigkeit etc. In der Tendenz, Scham, Schuld, sich klein halten, Negativität, Misstrauen.
Das durchzieht die ganzen Kriegsenkel-Generation, und alles im stillen Kämmerlein. Man konnte das nicht benennen, weil es tief innen ablief.
Und äußerlich gab es ja nichts auszustehen, außer unfähigen Eltern, aber materiell nicht.
Geprügelt wurden Kinder auch vor den 50ern schon, das ist es nicht nur.
Das Tätererbe wird öffentlich immer nur so abgehandelt, dass man sich "für Opa schämt".
Das habe ich nie, keine Sekunde. Ich wusste immer, das war er, nicht ich.
Was ich hatte, war der Tod, die Angst und das Grauen selbst in den Knochen, das, was er vllt hundertfach verbreitet hat in Auschwitz-Birkenau als Arzt.
Das läuft viel viel tiefer ab als auf bewusster Gewissensebene. Es ist eine Art Vorenthaltung von Leben, was da Jahrzehnte arbeitet. Ein Zwang, sich kleinzumachen, gleichzeitig aggressiv zu sein, weil man das Gefühl hat, aus dem Dunkel nicht heraus zu dürfen, nicht ein natürliches Recht auf Leben und Lebensglück zu haben. Statt dessen eine tonnenschwere Last zu tragen und sie nirgends ablegen zu dürfen.
Und das zu kapieren, hilft zwar etwas, aber letztlich trägt man es doch weiter, so ist es einfach- als Nachkomme eines Täters.
Und in D gibt das hunderttausendfach.
Das wirlt alles über Generationen weiter. Und je unbewusster, deso kälter die Folgen, emotional.