Wer sich aber mal die Mühe macht, genau hinzublicken, der entdeckt schnell einmal etwas sehr erstaunliches: Die Annahme, dass es ein kohärentes, geschlossenes und klar abgrenzbares Ich gibt, ist keineswegs gegeben! Das Ich, so müssen wir vielmehr feststellen, entpuppt sich als eine Ansammlung verschiedener Dinge, die allesamt zusammen dann zum Oberbegriff "Ich" zusammengefasst werden. Manchmal ist diese Zusammenfassung intuitiv stimmig, manchmal ist sie es nicht, machnmal ist sie sogar widersprüchlich und völlig unlogisch!
Nehmen wir ein Beispiel: "Ich gehe." Wer es genau wissen will, der fragt: "WER geht denn da? Es ist doch eigentlich, bei genauer Betrachtung, einfach bloss (m)ein Körper der da geht. Sind es etwa meine Gefühle, die gehen? Nein, es macht keinen Sinn zu sagen, dass meine Gefühle gehen. Es muss der Körper sein, der geht. Sind es womöglich meine Gedanken, die gehen? Nein, auch das macht irgendwie keinen Sinn. Es ist offensichtlich der Körper, der geht."
Wenn wir also genau hinschauen, so entdecken wir, dass es gar nicht das "Ich" ist, welches geht, sondern bloss der Körper, nicht aber beispielsweise der Verstand oder die Gefühle. "Gehen" ist etwas, was der (physische) Körper tut. Ja, es ist doch sogar so, dass ich während des Gehens völlig unabhängig davon die wildesten Überlegungen mit meinem Verstand anstellen kann oder mit meinen Gefühlen grad in totaler Entzückung schwebe, während mein Körper relativ stur und unberührt von meinem inneren Gefühlszustand einfach weiter geht. Daraus lässt sich schliessen: Es ist nicht das Ich in seiner Totalität, welches geht, sondern es ist nur der Körper, der geht.
Im Alltag sagen wir aber nicht: "Mein Körper geht." Sondern wir sagen: "Ich gehe." Wie wir soeben gesehen haben - und das war nun wirklich nichts esoterisches oder sonstwie aussergewöhnliches - ist es gar nicht das Ich als Ganzheit, das geht, sondern es ist nur ein Teil des Ichs, der geht, genauer: der Körper. Gehen ist also kein Akt, bei welchem das Ich als ganzes beschäftigt wird, sondern nur ein Teil des Ichs ist darin involviert. Das ist nun etwas merkwürdig. Warum sagen wir im Alltag nicht: "Mein Körper geht."? Warum behaupten wir, "ich gehe", obgleich das ja bei genauerer Betrachtung irgendwie nicht richtig zu stimmen scheint?
Es stellt sich heraus, dass wir tatsächlich immer bloss automatisch angenommen hatten, das da ein Ich sei, welches gehen würde, richtiger wäre es aber gewesen anzunehmen, dass da ein Körper sei, welcher gehe. Es handelt sich also um eine Verwechslung oder um einen Glauben oder eine Annahme oder ein Konzept. Wir verwechseln einen Teil des Ichs (den Körper) mit dem ganzen Ich.