«Nicht ich, sondern der Christus in mir»

Von der Oase Al-Buraimi fuhren sie in die Emirate zurück, tankten in Guhr und besorgten frisches Wasser. Am späten Nachmittag ging es wieder in die Wüste. Mahoud bog von der Straße ab und fuhr den Land Rover durch ein ausgetrocknetes Flussbett, bis er schließlich zu einer Gruppe Akazienbäumen kam und anhielt.

Sie stiegen aus. Sanddünen, soweit das Auge reichte.

Zusammen bauten sie das Zelt auf, sammelten Reisig und schichteten es zu einem Haufen auf. Dann legten sie einige dicke Äste darüber und entzündeten das Feuer. Die Sonne stand bereits weit unten am Horizont, als sie mit allem fertig waren.

„Zieh dir etwas über“, ermahnte er sie. „Es kühlt gleich ab.“
Mahoud bereitete sich für sein Gebet vor, da bat Stella, noch einmal jene Sure zu wiederholen, die er vor einigen Tagen aufgesagt hatte.

„Ich schwöre es bei den Sternen, die kreisen und verschwinden...“, begann er.

Sie saß da und hörte ihm zu, ohne störende Gedanken dazwischen kommen zu lassen. Seine Worte erreichten direkt ihre Seele.

Danach folgte Schweigen.

Ich schwöre es bei der Nacht, wenn sie sich ausbreitet, dachte Stella. Sie schaute hinauf in die Unendlichkeit des Himmels. Am Horizont verblasste ein sanftes Pfirsichrosa, wurde immer zarter, bis es verschwunden war. Wie bei einem Regenbogen folgten Nuancen von Hellrosa Grün und Gold. Es glühte nochmals auf, um dann zu einem opalisierenden Grau zu werden, dem rasch die Dämmerung folgte.
Mahoud hatte weitere Holzscheite ins Feuer gelegt, es brannte jetzt stark. Er wendete sich gen Mekka und betete.

Stella blickte weiter hinauf zum Himmel, verharrte im großen Schweigen und dachte, ich habe keine Angst vor dem Tod. Es ist jedes Mal wie ein Sterben, das Nirwana. Wenn ich mich auflöse, mich aufgebe, mich hingebe und hineingehe in das Nichts...

Wäre nicht das Feuer, ich würde mich genauso einsam fühlen, wie in der Wüste bei Dubai. Wieder geht die Sonne unter und die Dunkelheit kommt groß und mächtig, aber das Feuer leuchtet und wärmt. Wir haben es den Göttern gestohlen, so heißt es in der Sage...

Da fiel ihr der Flug von Bombay nach Delhi ein. Damals dachte sie daran, wie die Sonne jenen schmalen Ring, den wir Erdatmosphäre nennen, beleuchtet. So schmal, im Vergleich zur Unendlichkeit des Weltalls. Innerhalb dieses Streifens Licht wird der höchste Platz eingenommen, den Materie auf ihrem Weg zu ihrer Organisierung erreichen kann. Auf diesem Platz entstehen die Fragen über den Ursprung des Universums.

Sie dachte an das Lied von Lamb und leise, ganz leise, begann sie zu singen.


„I can fly... but I want his wings,
I can shine… even in the darkness,
But I crave the light that he brings.
Gravel in the songs that he says,
My Angel Gabriel…
I can love… but I need his heart.
My Angel Gabriel…
My Angel… Gabriel…“


Mit ihrem Gesang kam die Nacht, die Sterne, zum Greifen nah... Billionen und Billionen Sonnen, die ihr Licht in die Dunkelheit strahlen.

Und Stella fragte sich, ob es mehr Sterne oder mehr Sandkörner gebe...

aus Kismet 2005
 
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Von der Oase Al-Buraimi fuhren sie in die Emirate zurück, tankten in Guhr und besorgten frisches Wasser. Am späten Nachmittag ging es wieder in die Wüste. Mahoud bog von der Straße ab und fuhr den Land Rover durch ein ausgetrocknetes Flussbett, bis er schließlich zu einer Gruppe Akazienbäumen kam und anhielt.

Sie stiegen aus. Sanddünen, soweit das Auge reichte.

Zusammen bauten sie das Zelt auf, sammelten Reisig und schichteten es zu einem Haufen auf. Dann legten sie einige dicke Äste darüber und entzündeten das Feuer. Die Sonne stand bereits weit unten am Horizont, als sie mit allem fertig waren.

„Zieh dir etwas über“, ermahnte er sie. „Es kühlt gleich ab.“
Mahoud bereitete sich für sein Gebet vor, da bat Stella, noch einmal jene Sure zu wiederholen, die er vor einigen Tagen aufgesagt hatte.

„Ich schwöre es bei den Sternen, die kreisen und verschwinden...“, begann er.

Sie saß da und hörte ihm zu, ohne störende Gedanken dazwischen kommen zu lassen. Seine Worte erreichten direkt ihre Seele.

Danach folgte Schweigen.

Ich schwöre es bei der Nacht, wenn sie sich ausbreitet, dachte Stella. Sie schaute hinauf in die Unendlichkeit des Himmels. Am Horizont verblasste ein sanftes Pfirsichrosa, wurde immer zarter, bis es verschwunden war. Wie bei einem Regenbogen folgten Nuancen von Hellrosa Grün und Gold. Es glühte nochmals auf, um dann zu einem opalisierenden Grau zu werden, dem rasch die Dämmerung folgte.
Mahoud hatte weitere Holzscheite ins Feuer gelegt, es brannte jetzt stark. Er wendete sich gen Mekka und betete.

Stella blickte weiter hinauf zum Himmel, verharrte im großen Schweigen und dachte, ich habe keine Angst vor dem Tod. Es ist jedes Mal wie ein Sterben, das Nirwana. Wenn ich mich auflöse, mich aufgebe, mich hingebe und hineingehe in das Nichts...

Wäre nicht das Feuer, ich würde mich genauso einsam fühlen, wie in der Wüste bei Dubai. Wieder geht die Sonne unter und die Dunkelheit kommt groß und mächtig, aber das Feuer leuchtet und wärmt. Wir haben es den Göttern gestohlen, so heißt es in der Sage...

Da fiel ihr der Flug von Bombay nach Delhi ein. Damals dachte sie daran, wie die Sonne jenen schmalen Ring, den wir Erdatmosphäre nennen, beleuchtet. So schmal, im Vergleich zur Unendlichkeit des Weltalls. Innerhalb dieses Streifens Licht wird der höchste Platz eingenommen, den Materie auf ihrem Weg zu ihrer Organisierung erreichen kann. Auf diesem Platz entstehen die Fragen über den Ursprung des Universums.

Sie dachte an das Lied von Lamb und leise, ganz leise, begann sie zu singen.


„I can fly... but I want his wings,
I can shine… even in the darkness,
But I crave the light that he brings.
Gravel in the songs that he says,
My Angel Gabriel…
I can love… but I need his heart.
My Angel Gabriel…
My Angel… Gabriel…“


Mit ihrem Gesang kam die Nacht, die Sterne, zum Greifen nah... Billionen und Billionen Sonnen, die ihr Licht in die Dunkelheit strahlen.

Und Stella fragte sich, ob es mehr Sterne oder mehr Sandkörner gebe...

aus Kismet 2005


Liebe Seal,
du schreibst so schöne Geschichten.
Man kann förmlich dabei sein.


:danke:
 
Liebe Seal,
du schreibst so schöne Geschichten.
Man kann förmlich dabei sein.


:danke:

Danke dir Tiefensucher
ich bin der Geschichtenschreiber meines Lebens...

als ich Kismet schrieb, war ich noch nicht dort. Ich begann genau im Mai 2002 mit dem Schreiben. Zwei Jahre spaeter besuchte ich die Arabische Halbinsel.
Gedanken sind Kraefte und es ist unsere Verantwortung fuer was wir diese Kraft anwenden:)
 
die machen sich halt mieses Karma;)

und was ist das Karma, dass du in Streit gerätst ?
ich finde @Garfield hat gar nicht so unrecht wenn er sagt:

Dass Seal es ablehnt sich mit der Möglichkeit zu konfrontierern, dass ihr Zustand evtl keine Erleuchtung/Befreiung von Samsara im buddhistischen Sinne ist, wie im Herz-Sutra beschrieben, zeigt schon, dass bliss seeking bei ihr bereits Suchtcharakter angenommen hat wo das Aufgeben des Suchtmittels unerträglich erscheint. Hätte sie einen Zustand jenseits von Dualität erlangt hätte sie absolut kein Problem damit irgendetwas in Frage zu stellen. Sie würde nicht mehr einen bestimmten wünschenswerten Zustand verteidigen und anderen Zustände ablehnen.

ich bin da zufällig derselben Meinung und er hat sie auch nicht unfreundlich rüber gebracht, das sind ganz normale Worte, aber bei dir sind sie auf dein Ego gestossen und du empfindest Streit, das hatten wir bereits woanders wo du ein Gespräch als Streit interpretiert hast, du erinnerst dich an die Sprechblasen und wo Meinungen her kommen, aus verdrängtem Schmerz und die Worte Garfields machen dich darauf aufmerksam, das wäre eine Chance deine Reaktion zu erkennen.

Wo du nicht in Frieden reagieren kannst, bist du nicht in Frieden, also nicht erwacht, da sind Teile die noch schlafen, was ich ganz normal finde, die Gefahr besteht halt darin, was man von sich und anderen denkt und es ist meist eh nicht so.
 
und was ist das Karma, dass du in Streit gerätst ?
ich finde @Garfield hat gar nicht so unrecht wenn er sagt:



ich bin da zufällig derselben Meinung und er hat sie auch nicht unfreundlich rüber gebracht, das sind ganz normale Worte, aber bei dir sind sie auf dein Ego gestossen und du empfindest Streit, das hatten wir bereits woanders wo du ein Gespräch als Streit interpretiert hast, du erinnerst dich an die Sprechblasen und wo Meinungen her kommen, aus verdrängtem Schmerz und die Worte Garfields machen dich darauf aufmerksam, das wäre eine Chance deine Reaktion zu erkennen.

Wo du nicht in Frieden reagieren kannst, bist du nicht in Frieden, also nicht erwacht, da sind Teile die noch schlafen, was ich ganz normal finde, die Gefahr besteht halt darin, was man von sich und anderen denkt und es ist meist eh nicht so.

Richtig Alfa
....aber mir Unterstellungen zu machen ich sei auf
Lichterscheinungen aus, wo @Garfield mich gar nicht kennt, weder meinen Weg noch mein Innenleben. Sie behaptet ich habe keinen Lehrer und praktiziere alleine und das sei gefaehrlich. Alles Unterstellungen und ich soll brav Knicks machen und mich bedanken?
Wie kommst du eigentlich darauf, dich hier auch noch einzumischen? Wie wuerdest du reagieren bei derlei Vorwuerfen? Kannst du mir diese Frage bitte beantworten?

Wenn du angegriffen wirst und dich praktisch rechtfertigen sollst?

Mein Karma? Bei Menschen die angreifen?
Die Flucht ergreifen oder Jiu Jitsu lernen

"Dalai Lama"

abgesehen davon schaue ich nach Innen und arbeite weiter an mir. Es waren auch hilfreiche Aussagen dabei von ihr und die nehme ich gerne an.

Ich bin noch nicht so weit.... kommt noch, nobody is perfect. Und wenn du mit mir nicht zufrieden bist, ist es deines und nicht meines. Das sind dann deine Wertungen. Kuemmer dich bitte um dein Erwachen und ich um meines!

LG Ali:)
 
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und was ist das Karma, dass du in Streit gerätst ?
ich finde @Garfield hat gar nicht so unrecht wenn er sagt:



ich bin da zufällig derselben Meinung und er hat sie auch nicht unfreundlich rüber gebracht, das sind ganz normale Worte, aber bei dir sind sie auf dein Ego gestossen und du empfindest Streit, das hatten wir bereits woanders wo du ein Gespräch als Streit interpretiert hast, du erinnerst dich an die Sprechblasen und wo Meinungen her kommen, aus verdrängtem Schmerz und die Worte Garfields machen dich darauf aufmerksam, das wäre eine Chance deine Reaktion zu erkennen.

Wo du nicht in Frieden reagieren kannst, bist du nicht in Frieden, also nicht erwacht, da sind Teile die noch schlafen, was ich ganz normal finde, die Gefahr besteht halt darin, was man von sich und anderen denkt und es ist meist eh nicht so.
Du schreibst von Frieden aber stiftest Unruhe. Willst Du Frieden? Dann lass uns mit Deinen lächerlichen Interpretationsversuchen in Frieden.
 
Wo du nicht in Frieden reagieren kannst, bist du nicht in Frieden


Wenn du immer wieder angegriffen wirst, trotz bester Absichten, was machst du dann?
Wenn diese Angriffe nicht aufhören, trotzdem du den Angreifer bittest dieses zu beenden,
was machst du dann?

Lass mich sinngemäß das Wort Gottes zum Zustand dieser Welt aus einer seiner letzten Offenbarungen wiederholen:


es gibt keine Aktenordner mehr,
in denen die Verfehlungen der Menschen
noch abgeheftet werden können.
Das Maß ist voll.
Irgendwann läuft es über.
Das Omega ist gesprochen.
Und wenn sogar Gott irgendwann die Geduld verliert, was erwartest du von einem Menschen? Natürlich, Christus würde das anders handhaben. Aber wer von uns kann sich mit Christus auch nur im entferntesten vergleichen?

Wir sollen Christus nachfolgen um so dicht wie es uns möglich ist an ihn heran zu rücken. Und das können wir schaffen, auch wenn es oftmals nicht leicht ist. Aber niemand von uns kann in seinen Fußstapfen laufen. Und darum ist es nicht verwunderlich, wenn uns manchmal der Kragen platzt, wenn wir ungerecht behandelt werden.

Und das hat nicht das geringste damit zu tun, dass wir jetzt unsere friedfertige Haltung aufgeben würden. Diese kann, soll und muss immer wieder im Vordergrund stehen und unser Leben dominieren und positiv beeinflussen.
.
 
Wenn du immer wieder angegriffen wirst, trotz bester Absichten, was machst du dann?
Wenn diese Angriffe nicht aufhören, trotzdem du den Angreifer bittest dieses zu beenden,
was machst du dann?

Lieber Tiefensucher

du wirst abgelenkt von der Tiefe von dieser Art Menschen:

Wie rational sind Pseudoskeptiker?
Pseudoskeptiker sind an sich nicht irrational - in der Tat werden sie besser als fanatische Ultra-Rationalisten oder Pseudorationalisten (oder wie Wilson sie als irrationale Rationalisten bezeichnet) beschrieben -, sondern werden in ihren eigenen kognitiven Grenzen, dh ihren Überzeugungen, eingesperrt . Ihre Rationalität ist eher reduktionistisch als expansiv wie die Realität. Alles, was nach den Standards und der Methodik und Autorität ihres ontologischen Glaubenssystems nicht "bewiesen" werden kann, wird automatisch, unbewusst, in genau der gleichen Weise entlassen wie eine katholische oder muslimische Entlassung von Informationen, die dem gelehrten Glaubenssystem widersprechen .

Die Auswirkung von Pseudoskepsis auf das Bewusstsein:

In den neuesten Erkenntnistheorien des Metaparadigmas der objektiven Realität scheint es einigen Forschern des Kontrollsystems und der paranormalen Phänomenologie so, als sei die Idee der Skepsis von einer Clique von Ultra-Rationalisten missbraucht worden, die den menschlichen Fortschritt unwissentlich bremsen. In der subjektiven Realität Metaparadigma werden die Pseudoskeptiker jedoch einfach exponentiell zunehmende Grenzen erfahren, wenn sie in die transhumanistischen Zeitlinien abzweigen (und möglicherweise irgendwann so etwas wie die Grauen, "Greys, werden), während sich das menschliche Bewusstsein in zwei verschiedene Typen aufteilt von Erfahrungsrealitäten (diejenigen auf der Zeitachse der Himmelfahrt,( ascension timeline) die auf einem höheren harmonischen Erfahrungsniveau arbeiten).



Diejenigen, die nicht argumentieren werden, sind Bigots, die nicht argumentieren können, sind Dummköpfe, und die, die es nicht wagen, sind Sklaven.

Lord Byron (1788-1824)

https://thebiggestpicture.net/Skeptics

Also, es ist kein ertraeglicher Dauerzustand
irgendwann , wenn es zu viel wird ist es dann auch besser sie zu ignorieren
die Pseydoskeptiker ;)


LG Ali:)
 
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Es ist Abend geworden
der Sturm bricht durch die Zeit

ich stürze
mit voller Wucht
in die Dunkelheit

staunend erfahre ich
des Engels harte Hand
die mich formt
und wandelt

Wolken ziehen umher
dunkel und bedrohlich
in der Ferne zucken Blitze
die Wogen des Ozeans wild und aufgepeitscht


ich schmiege mich an den Engel
und werde still


OM MANE PADME HUM

das Juwel im Lotus


für einen kurzen Zeitraum
klärt der Himmel auf
und Sterne flüstern

vom heiligen Sinn
der Liebe


der Herzenshelligkeit


aus meiner Seele Tiefen
steigt empor
meines Wesens Weite
diamantene Klarheit

erinnert mich
wer

Ich Bin

Ali




 
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Das ist die Geschichte von Kim-Rudyard Kippling
Kippling schrieb den Roman mit 31 Jahren und er weicht so gluehend von all seinen anderen Romanen ab.

Kim ein englischer Junge in Indien, zur Kolonialzeit. Er ist noch sehr jung (15?) als er fuer den Geheimdienst angeworben wird.

Gleichzeitig aber wird er ein Chela fuer einen Lama, der die Erleuchtung finden will. Oben im Norden Indiens am Fuss der Himalayas. Zusammen begeben sie sich auf die Wanderschaft.
Die Geschichte koennte voellig profan gedeutet werden. Da gab es keine Erleuchtung, nur einen Lama der in den Fluss fiel...

Anderseits gab es die Erleuchtung und dieser Roman, den ich 2006 las, hat mich sehr tief beindruckt.

»Höre mich! Ich bringe neue Kunde! Die Suche ist beendet. Jetzt kommt die Vergeltung ... Also ... Da wir zwischen den Bergen waren, lebte ich von Deiner Kraft, bis der junge Zweig sich beugte und nahezu brach. Als wir aus den Bergen hervor kamen, war ich unruhig um Dich und um anderes, das ich in meinem Herzen barg. Dem Schiff meiner Seele mangelte Lenkung. Die Ursache der Dinge konnte ich nicht schauen. So übergab ich Dich der tugendhaften Frau ganz und gar. Ich nahm keine Speise. Ich trank kein Wasser. Doch sah ich nicht den Weg. Sie wollten mir Nahrung aufdrängen und riefen vor meiner verschlossenen Tür. Da begab ich mich weg, nach einer Höhle unter einem Baum. Ich nahm nicht Speise. Ich nahm nicht Wasser. Ich saß in Meditationen zwei Tage und zwei Nächte, meinen Geist läuternd, einatmend und ausatmend in der vorgeschriebenen Weise ... In der zweiten Nacht – so groß war mein Lohn – löste die weise Seele sich von dem törichten Leib und erging sich frei. Dies habe ich nie zuvor erreicht, obwohl ich oft auf der Schwelle davor stand. Beachte wohl, denn es ist ein Wunder!«

»Ein Wunder in Wahrheit! Zwei Tage und zwei Nächte ohne Essen! Wo war die Sahiba?« sagte Kim leise zu sich selbst.

»Ja, meine Seele erging sich frei, und wie ein Adler kreisend, sah sie in Wahrheit, da war kein Teshoo Lama, noch eine andere Seele. Wie ein Tropfen sich zum Wasser hinzieht, so zog meine Seele sich hin zu der Großen Seele, die über allen Dingen ist. In dem Augenblick, geläutert durch Betrachtung, sah ich all Kind, von Ceylon in der See bis zu den Bergen, meinen eigenen bunten Bergen zu Such-zen. Ich sah jedes Dorf, jedes Feld bis ins Kleinste, wo wir jemals gerastet. Ich sah sie zu gleicher Zeit, an derselben Stelle, denn sie waren im Innern der Seele. Da wußte ich, daß ich frei war. Ich sah Dich in Deinem Bette liegen, ich sah Dich den Berg hinabfallen unter dem Götzendiener – zu gleicher Zeit, an derselben Stelle, in meiner Seele, welche, wie ich sage, die Große Seele berührt halte. Auch sah ich den einfältigen Körper des Teshoo Lama unten liegen und der Hakim von Dacca kniete daneben und schrie ihm ins Ohr. Dann war meine Seele ganz allein und ich sah nichts, denn ich war selbst in allem, da ich die große Seele erreicht hatte. Und ich meditierte tausend, tausend Jahre, ohne Leidenschaft, wohl bewußt der Ursache aller Dinge. Dann rief eine Stimme: »Was soll aus dem Knaben werden, wenn Du tot bist?« Und ich ward in mir selbst hin und her geworfen in Mitleid für Dich: und ich sprach: »Ich will zurückkehren zu meinem Chela, aus Furcht, daß er den Weg verfehle.« Darauf riß diese meine Seele, welche die Seele von Teshoo Lama ist, mit Sträuben und Trauern, mit Schmerzen und Todespein sich los von der Großen Seele. Wie das Ei von dem Fisch, wie der Fisch von dem Wasser, wie das Wasser von der Wolke, wie die Wolke von der schweren Luft, so löste sich, so schoß hervor, so stürzte fort, so dampfte auf die Seele von Teshoo Lama von der Großen Seele. Dann rief eine Stimme: »Der Strom! Gib acht auf den Strom!« Und ich blickte niederwärts auf die ganze Welt, die war, wie ich sie zuvor gesehen – eins in der Zeit, eins im Raum – und ich sah deutlich den Strom des Pfeils zu meinen Füßen. Zu der Stunde ward meine Seele gehemmt durch ein oder anderes Böses, von dem ich nicht voll gereinigt war, und es lastete auf meinen Armen und wand sich um meine Brust: aber ich schüttelte es ab und trieb fort wie ein Adler in meinem Flug zu dem Ort des Flusses. Um Deinetwillen schob ich Welt auf Welt beiseite. Ich sah den Strom unter mir – den Strom des Pfeils – und hinabsteigend schlossen seine Wasser sich über mir,– und siehe da! Ich war wieder in dem Körper von Teshoo Lama, aber frei von Sünde; und der Hakim von Dacca hielt meinen Kopf hoch in den Wassern des Stromes. Hier ist der Strom! Er ist hinter dem Mango-Tope (Hain) – gerade hier!«

»Allah Kerim! Wie gut, daß der Babu zur Stelle war! Bist Du sehr naß geworden?«

»Ich beachtete es nicht. Ich entsinne mich, der Hakim trug Sorge für den Körper von Teshoo Lama; er zog ihn aus dem heiligen Wasser mit seinen Händen und dann kam Dein Roßhändler vom Norden mit Männern und einem Tragbett, und sie hoben den Körper auf das Bett und trugen ihn zu dem Haus der Sahiba.«

»Was sagte die Sahiba?«

»Ich meditierte in jenem Körper und hörte es nicht. So ist die Suche denn beendet. Für das Verdienst, das ich erwarb, ist der Strom des Pfeiles hier. Zu unsern Füßen brach er hervor, wie ich es fügte. Ich habe ihn gefunden. Sohn meiner Seele, ich habe meine Seele zurückgezogen von der Schwelle der Freiheit, um Dich frei zu machen von aller Sünde, wie ich frei und ohne Sünde bin. Gerecht ist das Rad! Gewiß ist unsere Erlösung. Komm!«

Er kreuzte die Hände auf seinem Schoß und lächelte, wie ein Mensch lächeln mag, der Erlösung gewonnen hat für sich und die, die er liebt.

https://gutenberg.spiegel.de/buch/kim-5785/16
 
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