Es besteht in unserer Gesellschaft und innerhalb von ihr in besonderen Bereichen wie der der Populäresoterik eine allgemeine Tendenz, Unterschiede zwischen Mensch und Tier so zu verwischen, als ob keine vorhanden wären.
Worin unterscheiden sich Tiere vom Menschen und worin lassen sich Übereinstimmungen finden?
Es kennzeichnet die zunehmende Vorherrschaft Ahrimans, dass die Wissenschaft zwischen Tieren und Menschen nicht einmal mehr die offensichtlichsten Unterschiede feststellen kann, vielmehr Gemeinsamkeiten zu finden glaubt, die beide einander immer ähnlicher machen; den Tieren werden menschentypische Eigenschaften anerfunden, und dem Menschen wird seine einzigartige Menschenwürde aberkannt. Neuerdings will man selbst an
Pflanzen tierische und sogar menschliche(!) Fähigkeiten "entdeckt" und wissenschaftlich "bewiesen" haben. So nivelliert die moderne Gelehrtenschaft in ihrer geistigen Fehlsichtigkeit allmählich die Grenzen zwischen den belebten Naturreichen und vernebelt damit auch den Erkenntniswillen, überhaupt nach ihren Unterschieden und Eigenheiten
unbefangen zu fragen.
Ich finde es bemerkenswert und erschreckend zugleich, dass die Wissenschaft jene Wesensunterschiede zwischen Tier und Mensch nicht erfasst, die im Grunde schon Schulkindern auffallen. Es handelt sich beim Menschen um nicht mehr als
drei Hauptmerkmale, an denen man zu einer wirklichen Menschen-
und Tierkunde kommen kann:
1. Der Mensch hat als einziges Lebewesen eine
aufrechte Körperhaltung bei durchgedrückten Knien und einen
aufrechten Gang. Kein Tier kann auf diese Weise aufrecht stehen, geschweige denn sich fortbewegen. Und wenn das Murmeltier und der Bär sich aufrichten oder der Pinguin aufrecht stehend sein Ei bebrütet, so sind auch deren Kniegelenke
immer geknickt. Die madagassischen Lemuren bewegen sich springend auf ihren Hinterbeinen fort, die Arme werden dabei frei ausgestreckt; doch auch bei ihnen bleiben hierbei die Kniebeugen gewinkelt. Der Elefant läuft mit durchgedrückten Kniegelenken, aber er läuft eben auf allen vier Beinen. Und sobald er gezwungen wird, sich aufzurichten, knicken seine vier Kniegelenke ein; in dieser Haltung kann er sie nicht mehr strecken. - So kann man sagen: Der erste wesentliche Unterschied zwischen Tier und Mensch bzgl. Haltung und Gang besteht in der
Lage ihrer Wirbelsäule bzw.
Rückenlinie zur Erdebene. Beim Menschen verläuft diese Linie
vertikal, beim Tier
horizontal.
2. Sodann besitzt der Mensch als einziges Erdenwesen eine
verbale Sprache. Tiere kommunizieren durchaus miteinander, und besonders die höheren Wirbeltiere verfügen über ein erstaunlich vielfältiges Repertoire an stimmlichen Verständigungsformen. Doch diese Kommunikationsart hat mit Sprache im eigentlichen Sinne nicht das Geringste zu tun. Bei keiner Tiergruppe - auch nicht bei den Primaten - sind Kehlkopf, Gaumen, Zunge, Gebiss und Lippen in ihrem anatomischen Bau so aufeinander abgestimmt, dass sich damit in irgendeiner Weise Silben, geschweige denn Wörter, bilden ließen. Das ist einzig und allein nur beim Menschen der Fall. Wenn uns Biologen weismachen wollen, wie Buckelwale sich miteinander "unterhalten", wie heimkehrende Arbeitsbienen ihren "Kolleginnen" im Stock die Lage von Nektar- und Pollenquellen "beschreiben" oder das Buchfink-Männchen mit seinem Gesang potentielle Geschlechtskonkurrenten von seinem Revier fernhält, so beziehen sie sich auf deren artspezifische
Körpersprache bzw.
Lautäußerung, denen aber im Einzelnen keinerlei
Wortbedeutung zukommt. Und weder der Beo noch der Papagei oder andere "sprachbegabte" Tiere plappern Wörter und Sätze "sprechend" nach, sondern sie erzeugen diese ausschließlich in ihrem äußerst komplex gebauten Kehlkopf, denn Gaumen, Zunge, Zähne und Lippen sind daran
nicht beteiligt. - Freilich, man kann die Kommunikationsform der Tiere untereinander
rudimentär als "Sprache" bezeichnen; doch besteht auch hierbei die Gefahr der Nivellierung, indem einerseits der der menschlichen Sprache zugrunde liegende
Geist verleugnet und jene zu einer rein triebgebunden-instinktiven Funktion herabgestuft wird.
3. Die dritte allein dem Menschen zukommende Fähigkeit ist das
Denken, welches ihm aufgrund seines ihm innewohnenden
Ichs mit ausgeprägtem wachem
Selbst-Bewusstsein möglich ist. Durch sein waches Bewusstsein vermag der Mensch sich als eigenständiges Wesen zu erleben, sich damit von seiner Umwelt abzugrenzen und sich ihr gegenüberzustellen. Indem er sich seiner selbst, seines
Eigen-Seins in der Welt bewusst wird, reflektiert er denkend seine Wahrnehmungen und formt sie zu
Erkenntnissen. - Beim Tier trifft dies
nicht zu. Es verfügt über kein innewohnendes Ich und Selbst-Bewusstsein, denn dieses existiert als Gattungs- oder Gruppen-Ich außerhalb der physischen Leiber in der sogenannten Astralsphäre. Von dort aus dirigiert es das Verhalten seiner ihm zugehörigen Individuen über die Umwege der
Instinkte und
Triebe, die in der
individuellen Seele der Tiere verankert sind. Die
Tier-Iche jenseits der physischen Leiber, die ihrerseits ein waches Selbst-Bewusstsein besitzen, denken,
nicht diese. Das Bewusstsein der Tiere erreicht maximal - etwa bei den höheren Säugetieren - den Grad des
intensiven Träumens. In diesem Traum-Bewusstsein verschwimmt die Selbstheit mit der Umwelt, die Seele empfindet sich mit ihr als eine
Einheit. Was das Tier in seiner Umwelt wahrnimmt und was darin geschieht,
erlebt es innerseelisch und teilweise so, als geschähe es an
ihnen. Je ferner das Traum-Bewusstsein vom hellen Wach-Bewusstsein liegt, desto inniger ist die Seele mit der Umwelt verschmolzen - und in den Reichen der niederen Tiere sogar der physische Leib. - Die
Intelligenz der Tiere entspringt nicht den Individuen, sondern der Intelligenz des metaphysischen Gruppen-Ichs. Das einzelne Tier "überlegt" und reflektiert nicht selbständig denkend, sondern es folgt geist- und bewusstseins-los, gleichsam wie in Trance, seinem Instinkt, über den es durch die Intelligenz des Gruppen-Ichs gleichsam
"ferngesteuert" wird. Es ist also falsch, den einzelnen Tieren Intelligenz und Denken zuzuschreiben. Deshalb kann ihm auch keine Denktätigkeit
abverlangt werden, weil das Gruppen-Ich in der Astralsphäre keinen Bezug zum individuellen Menschen-Ich hat, welches dem Tier die Denkaufgabe stellt. Demzufolge wohnt dem Tier auch kein
bewusstseinsgelenktes Gedächtnis inne, welches gespeicherte selbst-reflektierte Gedankenformen und -bilder aufrufen kann. Und um überhaupt Gedanken
folgen abrufen zu können, bedarf es eines
Zeit-Bewusstseins, welches dem Tier, da es sich zeiten-los ausschließlich im
Moment erlebt, ebenfalls fehlt. Wohl kann man beim Tier von einer Art
Erinnerungsvermögen sprechen, durch welches seelische und körperliche
Erlebnisse gespiegelt und assoziativ miteinander verkoppelt werden. Der berühmte sogenannte "Pawlowsche Effekt" liefert ein gutes Beispiel dafür, und es ist verwunderlich, diesem einen assoziativen
Gedankengang zugrunde zu legen, anstatt vielmehr der offensichtlichen Tatsache zu folgen, dass der Reflex schlichtweg durch ein vorangegangenes
innerseelisches Erlebnis ausgelöst wird. "Zählende" und "rechnende" Pferde, Hunde, Schimpansen und Krähen tun nicht anderes als auf eingeprägte gemachte Erlebnisse und auf ihre innewohnende instinktive Intelligenz zu reagieren.
Wach bewusst und
denkend sind sie nicht dabei. -
Soweit meine Ausführungen, wie sie den Grundlagen der Anthroposophie Rudolf Steiners(!!) zu entnehmen sind und - wie ich meine - dem gesunden Menschenverstand am nächsten kommen. In einer authentischen Natur- und Geisteswissenschaft lernt man den Menschen wohl und selbstverständlich als einen Teil der Natur kennen, aber auch als den
einzigen Erdenbürger der geistigen Welt, als das
einzige Erden-Wesen, das mit einem
individuellen Ich ausgestattet ist - weshalb
er allein über einen
aufrechten würdevollen Gang, eine
geistgetragene Sprache und ein waches
Selbst-Bewusstsein verfügt.
Meint
Werdender