Mein Freund und ich waren zu einem Treffen in Österreich eingeladen, wo jeder kommen konnte wann er mag, etwa eineinhalb Autostunden von meinem Wohnort. Da wir an unterschiedlichen Plätzen wohnen und irgendeinen anderen Grund gab es auch noch, war die Planung, dass wir getrennt fahren und mit Zeitabstand dort eintreffen. Kurz vor seiner Abfahrt hab ich ihn angerufen und gesagt, dass ich doch gerne mit ihm fahren würde. Irgendwie war es mir plötzlich wichtig, zusammen zu fahren. Er fand das ned so prickelnd, weil er jetzt umdisponieren musste, aber ich blieb dabei, und er willigte ein.
Wir fuhren zusammen. Auf dem Weg lag ein wilder Fasan auf der Fahrbahn und wir hielten an. Ich nahm den Fasan achtsam in die Hände. Er war noch ganz warm, aber tot, ich spürte, dass seine Seele in ihrer Schönheit noch präsent war, aber er war in Frieden, er brauchte keine schamanische Begleitung mehr, er war in sich ruhend und strahlend. Es war ein Geschenk, ihn spüren zu dürfen. Bis auf ein paar fehlende Federn war er völlig unversehrt, keine Wunde, keine Delle - er war strahlend schön. Ich fragte ihn, ob ich seine Flügel nehmen dürfte um sie in meiner schamanischen Praxis zu ehren und einzusetzen und es war ganz klar, dass er das so wünscht.
Nun gibt es ja auch menschliche Regeln, die ich zu achten willig bin und mit dem wunderschönen unversehrten Körper auf meinen Händen klapperte ich die umliegenden Häuser ab und wollte in Erfahrung bringen, ob der Vogel aus einer Zucht stammt und ich ihn käuflich erwerben kann. Die Integrität und Würde des Fasans sprach zwar für ein Leben in Freiheit, aber ich wollte sicher gehen. Ich erfuhr, dass es ein Wildtier ist und es wurde mir angeboten, den Jäger anzutelefonieren.... ach nein, lass mal stecken, dann nehme ich den Vogel mit. Ist illegal, aber das ist mir dann wieder wurscht, wenn die Tierseele das von mir möchte. Ich legte den Vogel achtsam in den Kofferraum und wir absolvierten das Treffen.
Zuhause ehrte ich das wunderschöne, würdevolle Tier und nahm dann die Flügel ab. Meine Katze kennt sowas schon, schaut mich aber jedes Mal wieder verwundert an, und setzt sich hin, um mir zuzuschauen. Ich bewunderte den wunderschönen Kopf des Vogels, dieses satte, würdevolle Rot. Ich war einfach von der Schönheit des Tier(geist)es hingerissen und fühlte mich tief geehrt, dass ich seine Flügel als Geschenk erhalte.
Als ich die Flügel präpariert hatte, fragte ich, ob ich seinen Körper bestatten darf. Nein, sagte er, ihr müsst mich essen.
Essen? Ich war etwas perplex. ich kannte es eher so, dass man sein Totem nicht essen darf, aber ein Totem ist ja auch was anderes..... essen? Aha.... schluck... naja.
Ich fragte dreimal nach, in der Hoffnung, dass ich mit einer achtsamen Bestattung davonkomme, aber die Antwort blieb immer gleich... ihr müsst mich essen.
Hmm. Aha. Ok. Computer hochfahren und in Erfahrung bringen, was man mit so einem Vogel tut wenn man ihn essen will. Hmm aha. Kropf beachten. Entweder die Federn ausrupfen - keine Chance ich werde an diesem würdevollen Vogel nicht rumfetzen und rumzerren, ganz sicher nicht - oder die Haut in einem abziehen - das schon eher. "Dann kann man das Buffet mit einer unversehrten Fasanenhaut schmücken"... wie krank ist das denn? Weiters: man braucht einen Eimer, wo man das blutige Innenleben des Vogels deponiert. Aha. Mein Freund kam grad vorbei und ich erzählte ihm von der Entwicklung. Schweigend - halb Schock, halb Mitgefühl - trollte er sich wieder.
Ich fragte den Vogel noch mal... ja, ok, nein, ich halte dich nicht für blöd dass du alles wiederholen musst, sorry, ähem, nein ok ich mach es eh. Nach Anweisung aus dem Internet bereitete ich den Tierkörper vor. Das Federkleid war recht schnell mit Würde samt Haut entfernt, der Kopf abgeschnitten. Ich beachtete den Kropf, und mit einem Platsch landete das unappetitliche riechende Innere im Kübel. "Jetzt hol mein Herz raus". Hmm. Ich soll also in die blutige Pampe fassen und nach deinem Herz wühlen? Ja. Aha. Naja. Ich nahm tief Luft und wühlte nach dem Herz. Meine Katze hatte zu diesem Zeitpunkt bereits diesen eigenartigen Gesichtsausdruck, den ich nur als "ihr Menschen seids doch ned ganz sauber" deuten und auch nicht wirklich in Zweifel ziehen kann. Mein Freund kam mal vorbei, schreckte vor dem Geruch zurück und sprach mir seine Achtung aus, dass ich das durchziehe. Weg war er. Ich wühlte also tapfer nach dem Herz und fand es glücklich. Und jetzt die Leber. Schnauf. Die Leber. Ich wühlte und wühlte und es roch immer erbärmlicher (oder ich gab dem Blut immer mehr nach und empfand es immer intensiver?) Ich fand und fand die bescheuerte Leber nicht und wurde langsam ungehalten. Jetzt ist aber gut, sagte ich ihm, bei aller Liebe, ich danke dir für dein Geschenk, aber die Leber finde ich nicht in dem blutigen Gepansch und damit Ende. Ich spürte wie er schmunzelte und ich war durch und entlassen.
Die Überreste vergrub ich im Wald. Der Rest wurde gebraten und gegessen. Das Herz haben wir geteilt.
Seither habe ich zwei wundervolle Flügel eines Wildfasans für die schamanische Arbeit und ein würdevolles Krafttier für Vision, Neubeginn, Schaffenskraft und dem Mut, die Farben der Seele authentisch schillern zu lassen. Uns verbindet eine besondere Liebe.