Hallo zusammen,
die beiden Begriffe "Erleuchtung" und "Enthaltsamkeit" haben eine auffallende Eigendynamik entwickelt.
Im Falle von Buddha kann ich versuchen, den Begriff "Erleuchtung" einigermaßen zu umreißen, ohne das Thema aus den Augen zu verlieren:
Als er unter dem Bodhi-Baum saß, wurden alle seine tiefsitzenden Neigungen und Ängste geweckt und heraufbeschworen. Indem er schließlich alle restlos gemeistert hatte, hatte er guten Grund, sich als "vollkommen erwacht" zu bezeichnen.
Was heißt "vollkommen erwacht"?
Das heißt technisch gesehen, alle Kräfte, Ströme und Unterströme des Menschen sind im Einklang.
Normalerweise waltet in uns ein wildes Hin und Her, dessen wir uns aber (da wir halb schlafen) nicht bewußt sind.
(Am ehesten können wir uns dessen durch Beobachtung des inneren Monologes bewußt werden, oder indem wir unsere Tagebuchaufzeichnungen durchblättern.)
Diese Sichtsweise erlaubt es uns, besser zu verstehen, was es mit Askese auf sich hat.
Die tiefsitzenden, widerstrebenden Seelenkräfte werden niemals einfach so zum Erliegen kommen. Sie müssen heraufbeschworen (geweckt) und gemeistert werden.
Das "Wecken" ist eine Aufgabe, das "Meistern" eine andere.
Wie also "wecken" und "meistern"?
Hier ist unser Tun gefragt. (Das kann nicht durch bloßes Denken geschehen, denn das hieße Luft mit Luft schneiden zu wollen.)
Angenommen ich verrichte täglich meine Übungen, z.B. nach dem Aufstehen oder vor dem Schlafengehen. (Was auch immer das für Übungen seien, ist tatsächlich sekundär, sie sollten nur nicht zu leicht sein. 15 Minuten reichen für den Anfang.)
Dann wird, nachdem die anfängliche Motivation abgeflaut ist, todsicher folgendes eintreten: Widerstand!
Genau hier ist der Punkt, wo es darauf ankommt. Wenn ich jetzt aufhöre (Ausreden erfinde) bin ich dem Widerstand gewichen und habe nichts erreicht.
Wenn ich die Übungen aber konsequent fortsetze, Tag um Tag, werde ich innerlich vielleicht an den Rand der Verzweiflung geraten (Die Übungen werden als reiner Zwang und als vollkommen sinnlos empfunden), aber durch jede Ausführung der Übung habe ich mich durchgesetzt (mit meinem wachen Willen) und der Gegner verliert allmählich an Kraft. Diese Kraft fließt mir zu.
Der Wille wird geeint.
All das geschieht nicht sofort und anfangs zeigt es sich, daß die Kraft des Gegners sogar zunimmt. Kein Wunder, der Gegner sieht sich in seiner Existenz bedroht, nimmt seine ganze Kraft zusammen und versammelt seine Getreuen.
Nur durch lange konsequente tägliche Übung ist es möglich, auf diesem Weg Fortschritte zu erzielen.
Und die positiven Folgen werden sich früher oder später auch im alltäglichen Leben zeigen: mehr Kraft, mehr Lebensfreude, Ausgeglichenheit und innerer Frieden.
Lg,
Yoyo