Ich bin traurig - jetzt

LoneWolf

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Wien
Entäuscht bin ich. Ja! Und zwar von mir selber.

So leer im Kopf - von einer Sekunde zur nächsten. Schrecklich ist das.

Dabei war ich heute regelrecht unter Strom, während ich mit dem Rad unterwegs war. Die Hirnmaschine ist gelaufen wie eine Waschmaschine im Schleudergang während ich mich die Josefstädter raufgekurbelt hab. Angeregt von ein paar Threads hat es gerumpelt in der Dachkammer, als würde da einer mit einem Bagger rumwerken.

Und so wars dann ja auch. Ich geh also rauf um nachzusehen, wer da so lärmt, da seh ich dieses kleine Männchen mit dem grauen Arbeitsmantel. Und das hat aufgeräumt. Mit einem Abbruchwerkzeug hat es Wände umgerissen, mit Dynamit Grenzen gesprengt, mit einem Vorschlaghammer Ideale zerschlagen, mit einer Streitaxt Augenbalken zerteilt und gestaubt hats wie auf dem Kohlenhof.

Aber gut wars. Nachdem sich die Wolke gelegt hat, hat er die Gedanken neu geschlichtet, der kleine Mann in meinem Kopf, ordentlich in freischwebende Regalsysteme geordnet und mit einem breiten Besen hat er mir die Müllgedanken beim Ohr rausgeschoben. Aber mir geht nichts ab. Ich bin sicher, er hat einiges übersehen und ich bin ein schlampiger Hund. Er war sicher nicht das letzte mal bei mir zu Besuch.

Ich hab genau gewusst, was ich heut noch schreiben muss. Im bösen Thread, im Freigeistfaden. Aber jetzt fühl ich mich so leer im Kopf. Es ist so still im Dachgeschoss. Er fehlt mir fast.

... der kleine Hausmeister.
:liebe1:
 
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Das wollt ich einfach nur mal gesagt haben. Einfach so.

Wie meist aus der ich-Perspektive des Erzählers, der diese Worte ja in sich spürte und der ich bin, daher: "Ich liebe dich" und nicht: "er, der Einsiedler liebt dich"

Ich weiß ja nicht, wie das klingt, wenn ich das sage. Hier und Jetzt, an diesem vielleicht unpassenden Ort für eine Liebeserklärung. So in aller Öffentlichkeit und ohne konkrete Richtung. Aber wie es klingt ist mir egal. Ich liebe dich.

Habe ja diese drei Worte kaum ausgesprochen in meinem Leben. Habe keine Erfahrung, keine Übung, im Aussprechen dieser Worte weil das Herz in meiner Brust gleicht einem Stein und immer wenn ich sie sprechen wollte, blieben mir die Worte im Halse stecken. Hart wie Eisen ist mein Herz. So ähnlich wie bei Prinz Eisenherz, dem edlen Ritter, nur rostig und verdorben bis in den Grund. Fast bis in den Grund, aber auf dem Wege der Besserung. So hoffen zumindest meine Angehörigen.

Auf wen oder was ich das beziehe, dieses "ich liebe dich"?

Tja, gute Frage, wenn ich das nur wüßte. Keine Ahnung. Auf Alles irgendwie. Auf das ganze Leben, auf das Hier sein und sei es auch ein langsames Erwachen aus einem tiefen Schlaf. Wahrscheinlich hab ich einen Knall. Es war irgendwie seltsam, wie so manches im Leben. Ich wollte diese Worte nicht üben, sie kamen einfach über mich:

Nachdem ich mich gestern Nacht - nein, vorgestern wars, dass ich nicht lüg wenn ich schon die Wahrheit nicht kenn - abgemeldet hatte, ging ich Gedanken verloren - oder sagt man: gedankenverloren? egal - in der Küche hin und her um mir noch einen kleinen Imbiss zuzubereiten. Und während sich so vor meinen Augen langsam ein Hühnerschnitzel, von Mittag übergeblieben, mit Reis und Salat auf einem Teller neu anordnete und in der Mikrowelle wärmte, ging ich wie so oft mit einer gewohnten Leere im Kopf und Stumpfsinn im Blick auf und ab ohne zu wissen, wo ich denn eigentlich bin. Keine Fragen waren in mir und kein Gerede.

Da spürte ich plötzlich etwas um mich herum. Etwas Wesenhaftes, lebendig und spürbar, von irgend einem mir unbekannten Organ in mir selber wahrgenommen, doch fürs fleischliche Auge nicht zu sehn. Grenzenlos schien es zu sein und die ganze Küche war davon erfüllt und wahrscheinlich auch das ganze All. Ganz kurz habe ich auch ein Augenpaar vor meinen Augen gesehen. Sie öffneten sich nur kurz wie aus aus dem Nichts und lachten mich an. Lachende Augen, groß, rund und freundlich. Liebevoll. Eine Küche voll mit einem einzigen Wesen und Augen die mich angelächelt haben. Und ich hab in diese Augen geguckt. Eine Sekunde nur, dann waren sie wieder weg, die Augen, doch das Wesen blieb. Ich wußte, Es war da, spürte Es ja in jeder Zelle. Der Friede war in mir.

Irgendwie schien mir, die Worte kamen aus den Augen dieses Wesens und flogen direkt in mein rostbraunes Herz hinein und im selben Moment, wo ich diese Worte bekam, mußte ich sie auch schon aussprechen. Laut sagte ich also mitten in diese Erscheinung hinein: "Ich liebe dich" obwohl keiner aus Fleisch und Blut im Raum war. Nur dieses Gefühl von lebendigem Wesen, rundherum und überall.

Vielleicht waren es die Augen des Alls, die sich kurz vor mir geöffnet hatten, ich weiß es ja nicht. Irgendwie hatte ich den Eindruck, es wären Kinderaugen. Große runde Kinderaugen. Und - es ist schwer zu beschreiben - irgendwie hatte ich auch das Gefühl, dass das Wesen nicht nur rundherum und überall, sondern gleichzeitig auch in mir selber war. Vielleicht waren es meine Augen. Eine Luftspiegelung meiner eigenen Kinderaugen aus vergangenen Tagen. Das soll ja auch schon vorgekommen sein. Ich weiß es ja nicht, wessen Augen das waren.

Auch kann ich nicht sagen, ob sich das wirklich zugetragen hat oder nur ein Tagtraum war. Das zu unterscheiden ist mir auch nicht sonderlich wichtig. Auf jeden Fall war mir dann danach, mich nochmal anzumelden und die freundliche Begegnung in der Küche hier aufzuschreiben. Ich wagte aber nicht, den Beitrag abzusenden, weil ich an meinem Verstand zweifelte. Darum hole ich das jetzt nach. Denn heute habe ich keinen Zweifel mehr an meinem Verstand. Es ist kein Verstand mehr da, der zweifeln könnte an meinem Verstand.

"Ich liebe dich", sagte Es. Zu mir. Durch mich hindurch. Man stelle sich das vor. Meine Freude war groß.

Jaja, ich weiß, ich bin verrückt geworden und da ist etwas um mich herum, das ist viel klüger als ich. Keine große Kunst, mögen die Gelehrten sagen. Wie recht sie doch haben. Doch dieses Etwas um mich herum ist etwas anderes. Es ist auch wach wenn ich schlafe, verzeiht mir jeden Rechtschreibfehler und schläft selber nie. Es ist immer um mich und es hat große, runde, freundliche Kinderaugen, die sich manchmal auch öffnen um sich zu zeigen und mir zu sagen: "Ich bin".

Wunderschön.

Das All, Es lebt.

Ist Liebe aus Liebe gewoben.

Und Todlos.
 
Heute ist der 18. Fünf Tage noch, dann ist es wieder vorbei, mit dem Frieden in mir. Der Wetterbericht hat mir um den 24. ein kleines Tief angekündigt, es kommt von draussen her und will hinein. Seh sie schon im Radar, die dunkle Wolke alltäglicher Wirklichkeit. Zu real und frech kommt sie daher und sie will mir den Traum entreissen.

Will mich dem Traum entreissen.

Ich muss einen Weg finden, ihn mitzunehmen in die Schlacht. Werde mich fest in meinem höchsten und in meinem tiefsten Punkt verankern und den kleinen Gewittersturm erwarten. Muss mich vorbereiten auf den kleinen Krieg zwischen zementierter Illusion und aufgelöster Wirklichkeit und der Taum soll das Segel sein auf meinem abgefuckten Piratenkreuzer.

Links, Zwo, Drei, Vier, Lins, Zwo, Drei ... 4.Zug der 3. LUFT-Kompaniiiiiiiiie, .... Ein Lied will ich hören!

Der April, der April, der macht was er will. Alles neu macht der Mai, macht die Seele frisch und frei, lass das Haus, komm heraus ....

Nicht weiter tragisch, so gehts vielen. Ich bin nicht allein.

Willi Mai
 
hayy,

hallo lieber karthasix,

so oft fällt dies auf: wunderschön.

p.s.: bei vergessen sich er innern. den ort in dir.
 
Der verkommene Anlagen-Manager lernt manchmal auch was dazu, bildet sich weiter und jagt von einer Beförderung zur nächsten. Auch kleine Schritte führen ins Paradies und auch Rom ward nicht an einem Tag gebaut. Was hat er heute wieder für Teile gefunden, der kleine Hausmeister dieser Anlage, diesem "Wahrnehmungssystem Seele" mit der Registriergungsnummer "040619600800 MEZ/Wien, ebene Erd"? Büroarbeit liebt er nicht, doch Pflicht ist Pflicht, so schreibt er eben den Tagesbericht.

Gefunden in Objekt 040619600800 MEZ/Wien, ebene Erd:

1.)Einen verrückten Pitaten auf einem alten, gerade noch seetüchtigem Schiff.
2.)Einen unendlichen Ozean, der alles birgt, was das Herz des Seefahrers begehrt und hin und wieder ist auch Land in Sicht.
3.)Eine verdächtige, zartdunkle Wolke die ein kleines Wetter bringt.

Der Pirat ohne Säbel und Schießgewehr steht ein wenig unter Spannung, er weiß ja noch nicht genau, wie hoch die See wird. Vielleicht wird er gründlich durchgeschüttelt, vielleicht wird er auch untergehen. In seiner Liebe versinken, bis auf den Grund.

Der Anlagenmanager hats da leichter, in seinem Büro. Er sieht das Schiff, den Piraten, die Wolke und das Meer mit einem Blick und weiß: niemals wird das Gewitter den Ozean zerstören.

Das Meer lebt.

Der Adler auch.
 
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