Über die Aufhebung der Gegensätze
Neale: Es tut mir leid, aber ich kann diesen Dialog nicht enden lassen, ohne auf einen eklatanten Widerspruch hinzuweisen.
Gott: Und der wäre?
Neale: Du hast mich immer und immer wieder gelehrt, daß das »Böse«, wie wir es nennen, existiert, um uns einen Kontext zu liefern, innerhalb dessen wir das »Gute» erfahren können. Du sagtest, daß was ich bin nicht erfahren werden kann, wenn es nicht so etwas gäbe wie was ich nicht bin. Mit anderen Worten, keine Wärme ohne Kälte, kein Oben ohne Unten und so weiter.
Gott: Das ist richtig.
Neale: Mit Hilfe dieser Tatsache hast du mir sogar erklärt, daß ich somit jedes Problem als einen Segen und jeden Übeltäter als Engel ansehen könnte.
Gott: Wieder richtig.
Neale: Wie kommt es dann, daß in jeder Beschreibung vom Leben hochentwickelter Wesen praktisch jegliches »Böse« fehlt? Du hast immer nur ein Paradies beschrieben!
Gott: Oh, gut. Sehr gut. Du denkst wirklich nach.
Neale: Es war Nancy, die darauf hinwies. Ich habe ihr einiges von dem Material vorgelesen und sie sagte: »Ich glaube, du mußt danach fragen, bevor der Dialog zu Ende ist: Wie erfahren sich HEWs als die, die sie wirklich sind, wenn alles Negative aus ihrem Leben verschwunden ist?« Ich hielt das für eine gute Frage. Ich weiß, du sagtest, wir brauchten keine weiteren Fragen, aber ich denke doch, daß du auf diese eingehen solltest.
Gott: Okay. Eins zu Null für Nancy. Tatsächlich ist das eine der besten Fragen im Buch.
Neale: Ähem.
Gott: Nun, so ist es... Ich bin überrascht, daß dir das während unseres Gesprächs über die HEWs entging. Ich bin überrascht, daß du nicht daran gedacht hast.
Neale: Habe ich.
Gott: Hast du?
Neale: Wir sind alle eins, nicht wahr? Nun, der Teil von mir, der Nancy ist, hat daran gedacht!
Gott: Ausgezeichnet! Und natürlich wahr.
Neale: Wie ist nun deine Antwort?
Gott: Ich will zu meiner ursprünglichen Aussage zurückkehren.
In der Abwesenheit dessen, was du nicht bist, ist das, was du bist, nicht.
Das heißt, in der Abwesenheit von Kälte kannst du das, was als Wärme bezeichnet wird, nicht erfahren. In der Abwesenheit von oben ist unten ein leerer bedeutungsloser Begriff.
Das ist eine Wahrheit des Universums. Ja, das erklärt, warum das Universum ist, wie es ist, mit seiner Kälte und Wärme, seinen Aufs und Abs, und ja, seinem »Guten« und »Bösen«...
Doch wißt: Ihr erfindet das alles. Ihr entscheidet, was kalt und und warm, was oben und was unten ist. (Begebt euch in den Weltraum und schaut, wie sich eure Definitionen verflüchtigt!). Ihr entscheidet, was gut und was böse ist. Und eure Vorstellungen über alle diese Dinge haben sich im Lauf der Jahre verändert - ja sogar auch mit den Jahreszeiten. An einem Sommertag würdet ihr fünf Grad Celsius als kalt empfinden. Doch im Winter würdet ihr sagen: »Mann, was für ein warmer Tag!« Das Universum liefert euch nur ein Erfahrungsfeld - sozusagen ein Spektrum objektiver Phänomene. Ihr entscheidet, mit welchem Etikett ihr sie versehen möchtet.
Das Universum ist ein ganzheitliches System solcher physikalischer Phänomene. Und das Universum ist gewaltig. Riesengroß. Unermeßlich. Endlos.
Und hier ist nun ein großes Geheimnis: Zur Herstellung eines Kontextes, innerhalb dessen ihr die Realität erfahren könnt, die ihr eurer Wahl nach erfahren wollt, muß die gegensätzliche Bedingung nicht notwendigerweise gleich neben euch existieren.
Die zwischen den Gegensätzen liegende Distanz ist irrelevant. Das gesamte Universum liefert den Kontext, innerhalb dessen alle gegensätzlichen Elemente existieren und somit alle Erfahrungen möglich gemacht werden. Das ist der Sinn und Zweck des Universums. Das ist seine Funktion.
Neale: Aber wenn ich persönlich nie erfahren habe, was Kälte ist, sondern nur sehe, daß es irgendwo anders, weit weg von mir, kalt ist, wie weiß ich dann, was Kälte ist?
Gott: Du hast die Erfahrung von Kälte gemacht. Du hast alles davon erfahren. Wenn nicht in diesem Leben, dann im letzten. Oder im vorletzten. Oder in einem der vielen anderen Leben. Du hast die Erfahrung von Kälte gemacht. Und von »groß« und »klein«, »oben« und »unten«, »hier« und »dort« und von jedem gegensätzlichen Element, das es gibt. Und diese Erfahrungen sind in dein Gedächtnis eingebrannt.
Du mußt diese Erfahrungen nicht wieder machen, wenn du nicht willst. Du brauchst dich nur an sie zu erinnern - zu wissen, daß sie existieren -, um das universelle Gesetz der Relativität aufzurufen.
Ihr alle. Ihr alle habt alles erfahren. Das gilt für alle Wesen im Universum, nicht nur für die Menschen. Nicht nur habt ihr alles erfahren, ihr seid auch alles. Ihr seid das alles.
Ihr seid das, was ihr erfahrt. Ja, ihr verursacht die Erfahrung.
Neale: Ich bin mir nicht sicher, ob ich das ganz verstehe.
Gott: Ich bin dabei, es dir in mechanischen Begriffen zu erklären. Für den Moment möchte ich, daß du verstehst, daß ihr euch jetzt einfach an alles erinnert, was ihr seid, und euch daraus den Teil auswählt, den ihr in diesem Moment, in diesem Leben, auf diesem Planeten, in dieser physischen Form erfahren möchtet.
Neale: Mein Gott, das hört sich bei dir alles so einfach an!
Gott: Es ist einfach. Ihr habt euer Selbst vom Körper Gottes, von dem allen, vom Kollektiv abgetrennt und werdet nun wieder ein Glied dieses Körpers. Das ist der Prozeß, den man »Erinnern« oder »Wiedereingliederung « nennt. Im Verlauf dieser »Erinnerung« verschaffst du deinem Selbst wieder einmal alle Erfahrungen dessen, wer du bist. Das ist ein zyklischer Kreislauf. Ihr macht das immer und immer wieder und nennt es »Evolution«. Ihr sagt, daß ihr euch »entwickelt«, doch im Grunde dreht ihr euch, kreist ihr! So wie die Erde um die Sonne kreist. Wie die Galaxie um ihren Mittelpunkt kreist.
Alles dreht sich, alles kreist.
Die Drehung ist die Grundbewegung allen Lebens. Die Lebensenergie kreist, wälzt sich um. Ihr befindet euch in einer Umwälzbewegung, einer Revolution.
Neale: Wie machst du das? Wie findest du immer wieder Worte, die alles so klarmachen?
Gott: Du bist der, der es klarmacht. Du hast das getan, indem du deinen »Empfänger klargemacht«, die Störungen ausgeblendet hast. Du hast eine neue Bereitschaft, alles zu wissen. Diese neue Bereitschaft wird alles ändern, für dich und für eure Spezies. Denn in deiner neuen Bereitschaft bist du zu einem wahren Revolutionär geworden - und die größte spirituelle Revolution eures Planeten hat eben erst begonnen.
Neale: Die sollte mal besser mehr Tempo vorlegen. Wir brauchen eine neue Spiritualität, jetzt. Wir schaffen unglaubliches Elend um uns herum.
Gott: Das ist so, weil zwar alle Wesen schon alle gegensätzlichen Erfahrungen durchlebt haben, manche das aber nicht wissen. Sie haben es vergessen und sind noch nicht bereit, sich wieder daran zu erinnern.
Bei hochentwickelten Wesen ist das nicht so. Sie brauchen die Gegensätze nicht direkt vor sich, nicht in ihrer eigenen Welt zu haben, um zu wissen, wie »positiv« ihre Zivilisation ist. Sie sind sich »positiv bewußt«, wer sie sind, ohne zum Beweis Negatives produzieren zu müssen. HEWs nehmen einfach zur Kenntnis, wer sie nicht sind, indem sie dies anderswo im allgemeinen Kontext beobachten.
So ist euer eigener Planet einer, den sich hochentwickelte Wesen anschauen, wenn sie nach einem Kontrast suchen. Das bringt ihnen in Erinnerung, wie es war, als sie die Erfahrungen machten, die ihr nun macht, und schaffen sich damit einen kontinuierlichen Bezugsrahmen, der sie erkennen und verstehen lassen kann, was sie nun erfahren. Begreifst du nun, warum HEWs das »Böse« oder die Gegensätze in ihrer eigenen Gesellschaft nicht brauchen?
Neale: Ja. Aber warum brauchen wir sie dann in der unseren?
Gott: Ihr braucht sie nicht! Das ist es, was ich dir im Verlauf dieses ganzen Dialogs gesagt habe.
Ihr müßt innerhalb eines Kontexts leben, in dem Was-ihr-nicht-seid existiert, um erfahren zu können, was ihr seid. Das ist das universelle Gesetz, dem ihr nicht entkommen könnt. Doch ihr lebt schon in einem solchen Kontext. Ihr müßt ihn nicht erschaffen. Diesen allgemeinen Zusammenhang, in dem ihr lebt, nennt man das Universum.
Ihr braucht euch keinen kleineren Kontext in eurem eigenen Hinterhof zu erschaffen.
Das bedeutet, ihr könnt das Leben auf eurem Planeten in diesem Moment verändern und alles beseitigen, was ihr nicht seid, ohne euch in irgendeiner Weise in eurer Fähigkeit, zu erkennen und zu erfahren, was ihr seid, zu gefährden.
Neale: Wow! Das ist die großartigste Offenbarung in diesem Buch! Was für ein Weg, es zu beenden! Ich muß also nicht immer wieder das Gegenteil heraufbeschwören, um die nächste großartigste Version der allergrößten Vision, die ich je von Wer-ich-Bin hatte, erschaffen und erfahren zu können!
Gott: Das ist richtig. Das ist es, was ich dir von Anfang an sagte.
Neale: Aber so hast du das nicht erklärt!
Gott: Du hättest es nicht verstanden. Ihr müßt nicht das Gegenteil von Wer-ihr-Seid und Was-ihr-Wählt erschaffen, um es erfahren zu können. Ihr braucht nur zu beobachten, daß es schon erschaffen wurde - anderswo. Ihr braucht euch nur zu erinnern, daß es existiert. Das bewirkt die »Frucht vom Baum der Erkenntnis«, die, wie ich dir erklärte, kein Fluch war, keine Ur-sünde, sondern ein Ursegen, wie Matthew Fox es nannte.
Und um euch in Erinnerung zu bringen, daß es existiert, daß ihr schon alles - Alles-was-Ist - in physischer Form erfahren habt... braucht ihr nur hinaufzuschauen.
Neale: Du meinst »nach innen schauen«...
Gott: Nein, ich meine genau das, was ich sagte. Schaut hinauf! Blickt zu den Sternen hinauf. Zu den himmlischen Mächten. Beobachtet das Feld des allgemeinen Zusammenhangs.
Ich sagte bereits, daß ihr nur eure Beobachtungsgabe schärfen müßt, um hochentwickelte Wesen zu werden. Seht, »was so ist« und tut dann, »was funktioniert«.
Neale: Ich kann also, indem ich mich anderswo im Universum umschaue, sehen, wie die Dinge an anderen Orten sind. Diese gegensätzlichen Elemente kann ich benutzen, um zu einem Verständnis von dem zu gelangen, wer ich im Hier und Jetzt bin.
Gott: Ja. Das nennt man »erinnern«
Neale: Nun, nicht ganz. Man nennt es »beobachten«.
Gott: Was glaubst du zu beobachten?
Neale: Das Leben auf anderen Planeten. In anderen Sonnensystemen. In anderen Galaxien. Wenn wir die entsprechende Technologie hätten, würden wir das wohl beobachten. Ich gehe davon aus, daß die HEWs mit ihrer fortgeschrittenen Technologie die Möglichkeit haben, solche Beobachtungen anzustellen. Du sagtest selbst, daß sie uns hier auf der Erde beobachten. Also würden wir dies ebenfalls tun.
Gott: Aber was würdet ihr eigentlich beobachten?
Neale: Ich verstehe die Frage nicht.
Gott: Dann will ich dir die Antwort geben - ihr beobachtet eure eigene Vergangenheit.
Neale: Was???
Gott: Wenn du hinaufschaust, siehst du die Sterne - so wie sie vor Hunderten, Tausenden, Millionen von Lichtjahren waren. Was du siehst, ist nicht gegenwärtig dort. Du siehst, was dort war. Du siehst die Vergangenheit. Und es ist eine Vergangenheit, an der du teilgenommen hast.
Neale: Sagst du das noch mal???
Gott: Du warst dort, hast diese Dinge erfahren, hast diese Dinge getan.
Neale: Ich?
Gott: Habe ich dir nicht gesagt, daß du viele Leben gelebt hast?
Neale: Ja, aber... aber was, wenn ich zu einem dieser so viele Lichtjahre entfernten Orte reisen würde? Was, wenn ich die Möglichkeit hätte, mich tatsächlich dort hinzubegeben? Wenn ich in »diesem Moment« dort sein könnte, in einem Moment, den ich von der Erde aus Hunderte von Lichtjahren lang gar nicht »sehen« könnte? Was würde ich dann sehen? Zwei »Ichs«? Willst du damit sagen, daß ich dann mein Selbst sehen würde, das an zwei Orten zugleich existiert?
Gott: Natürlich! Und du würdest entdecken, was ich dir schon die ganze Zeit über sagte - daß Zeit nicht existiert und daß du gar nicht »die Vergangenheit« siehst! Das heißt, es geschieht alles »jetzt«.
Das Leben, das du »jetzt in diesem Moment« lebst, wäre also nach Erdenzeit in deiner Zukunft. Die Distanz zwischen deinen vielen »Selbst« ist es, die es dir ermöglicht, die Erfahrung von einzelnen Identitäten und »Augenblicken in der Zeit« zu machen.
Somit sind die »Vergangenheit«, die du erinnerst, und die Zukunft, die du sehen würdest, das »jetzt«, das einfach »ist«.
Neale: Das ist ja unglaublich!
Gott: Ja, und es ist auch auf einer anderen Ebene wahr. Es ist so, wie ich dir schon sagte: Es gibt nur einen von uns. Wenn du also zu den Sternen hinaufschaust, siehst du, was du »unsere Vergangenheit« nennen würdest.
Neale: Da komme ich nicht mehr mit!
Gott: Halte durch. Es gibt noch eines, das ich dir sagen muß. Du siehst immer das, was ihr in euren Begriffen als »Vergangenheit« definieren würdet, auch wenn du auf etwas blickst, das sich direkt vor dir befindet.
Neale: Tatsächlich?
Gott: Es ist unmöglich, die Gegenwart zu sehen. Die Gegenwart »ereignet sich«, verwandelt sich dann durch sich zerstreuende Energie in eine Lichtexplosion, und dieses Licht erreicht deine Rezeptoren, deine Augen, und dazu braucht es Zeit.
Und während das Licht zu dir unterwegs ist, geht das Leben weiter, bewegt es sich weiter. Das nächste Ereignis findet statt, während das Licht des vorangegangenen Ereignisses bei dir anlangt.
Der Energieausbruch erreicht deine Augen, deine Rezeptoren schicken ein Signal an dein Gehirn, das die Daten interpretiert und dir sagt, was du siehst. Aber das ist ganz und gar nicht das, was sich in diesem Moment vor deinen Augen befindet. Es ist das, was du zu sehen denkst. Das heißt, du denkst über das nach, was du gesehen hast, sagst dir, was es ist, entscheidest dann, wie du es benennen willst, während das, was »jetzt« geschieht, deinem inneren Prozeß vorausgeht und auf ihn wartet.
Um es einfach auszudrücken, ich bin dir immei einen Schritt voraus.
Neale: Mein Gott, das ist unglaublich!
Gott: Nun hör zu. Je mehr Distanz du zwischen dein Selbst und dem physischen Ort eines jeglichen Ereignisses legst, desto weiter zieht sich dieses Ereignis in die »Vergangenheit« zurück. Versetze dich ein paar Lichtjahre zurück, und das, was du anschaust, hat sich vor sehr, sehr langer »Zeit« ereignet.
Aber es hat sich nicht »vor langer Zeit« ereignet. Die physische Distanz hat nur die Illusion von »Zeit« geschaffen und dir erlaubt, dein Selbst als »hier, jetzt« seiend zu erfahren, während du »dann, dort« bist!