#54, 56 und 86. Hier ging ich sozusagen auf deine letzte Frage ein: "Gibt es auch sowas wie "schlechte Esoterik" in den Augen der Esoterik-Gläubigen hier? Oder wird alles Schlechte dann tunlichst anders genannt?"
Danke für die Gedächtnisstütze. Wenn ich Dich richtig verstanden habe, ist der Grundtenor, dass Du die Esoterik nicht in Gänze aufgrund der Betrüger darin - bzw. der "schlechten Esoterik" - kritisiert haben willst. In einem Beitrag hast Du es sogar begrüßt, dass Esoteriker den Betrügern den "Esoteriker-Status" aberkennen würden, wenn sie könnten.
Ich werfe der Esoterik allerdings nicht die Betrüger vor, sondern den Wahrheitsgehalt der behauptungen, die dabei so aufgestellt werden. Und das werfe ich fast der ganzen Esoterik vor, weil in jedem Bereich auch Behauptungen bestehen, die überprüfbar wären und teilweise auch negativ überprüft wurden.
Mir wird ja gerne gesagt, ich wäre "wissenschaftsgläubig". Darum könnte man mir eigentlich die gleiche Frage stellen, wie denn meine Sicht auf die "schlechte Wissenschaft" aussieht, bzw. ob es sie meiner Ansicht nach gibt. Die Antwort: Ja, es gibt sie. Aber es ist eben die Wissenschaft selbst, die versucht ihrer Herr zu werden. Die wissenschaftliche Methodik hat sich mit diesem Ziel gebildet. Das Peer-Review-Verfahren zum Gewährleistung der Qualität von Fachartikeln. Jetzt werden Maßnahmen diskutiert und ausprobiert, um dem Publication-Bias - ein weiteres Beispiel, wie sich schlechte Wissenschaft zeigen kann - Herr zu werden. Es werden ganze Bücher von Wissenschaftlern geschrieben, die diese Problematiken aufzeigen (siehe z.B. "Die Wissenschaftslüge" und "Die Pharmalüge" von Ben Goldacre). Und ein Wissenschaftler, der einmal offensichtliches und schwerwiegendes Fehlverhalten gezeigt hat, was aufgedeckt wird, kann danach in dem Feld nicht mehr viel Fuß fassen (je nach Schwere des vergehens mehr doer weniger schwierig). Vor einigen Jahren ging z.B. der Fall des Physikers Jan Hendrik Schön durch die Medien. Seitdem hat die Bezeichnung "Daten schönen" unter Wissenschaftlern eine fast humoristische Doppelbedeutung.
Sowas sehe ich in der Esoterik nur wenig. Man kann jetzt natürlich weider sagen, dass es "die Esoterik" nicht gibt, und dass alles ein individueller Weg etc. ist. Es werden aber nunmal auch allgemeingültige Behauptungen aufgestellt - z.B. dann auch im Bereich der "alternativen Heilmethoden". Und auch da halten sich Esoteriker mit Kritik eher bedeckt.
Wenn es um einen ethischen, spirituellen Weg ginge, würden tatsächlich manche Behauptungen nicht geglaubt werden... für manche (aber nicht alle) ist Esoterik der Weg danach, eine weiter entwickelte Mysik (und evtl. Ethik) zu suchen.
Wie sieht denn diese Esoterik "in der Praxis" aus? Welche der Behauptungen, die man hier im Forum so liest, werden da dann angenommen und welche nicht?
Wenn man ein Gefühl für Ethik hat, bräuchte man den ganzen Karma-Glauben sowieso nicht. Das Karma ist ja ein Konstrukt, durch das man glaubt, selber bestraft zu werden, wenn man sich unethisch verhält. Wenn man aber tatsächlich mitfühlt, braucht man solch egoistische Motive wie ein gutes Karma aber nicht, um sich ethisch zu verhalten. Ähnliches hat man auch im Christentum: die Angst vor der Hölle, wenn man sich schlecht verhält. Für mich ist beides nicht besonders spirituell, sondern klingt eher nach Erziehung. Aber das ist Geschmackssache.
Ja, ethisches/moralisches Verhalten aufgrund von Angst vor Karma oder sonst irgendeiner strafenden Instanz mag ich auch nicht. Es gibt ja
http://de.wikipedia.org/wiki/Kohlbergs_Theorie_der_Moralentwicklung, in der die verschiedenen Arten (Stufen) der Moral beschrieben werden.
Agnostikern und Atheisten wird ja gerne vorgeworfen, sie hätten keine Moral, weil sie ja keine Strafe fürchten würden, und einen Menschen umzubringen dann nicht moralsich schlimmer wäre als einen Computer auszuschalten. Im Rahmen dieser Theorie wird dabei davon ausgegangen, dass alle Atheisten auf den unteren Stufen agieren und das Fehlen einer Moral-Instanz zu Fehlen der Moral führt. Das ist ein ziemlich lächerlicher Vorwurf und Gedankengang, der dabei dann geäußert wird.