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Nachdem ich in Sachen Göttersöhne noch etwas weiter recherchiert habe, möchte ich diesen Punkt nochmals aufnehmen und etwas präzisieren.
Jeder fragt sich, was man uns mit dieser Geschichte eigentlich sagen möchte. Wie ich schon schrieb, sind die Göttersöhne keine Engel. Sie beschreiben vielmehr den göttlichen Pantheon der kananitischen Götterwelt um deren Schöpfergott El und seiner Frau Aschera.
Wie sicherlich mancher weiß, hatte die Bevölkerung in der Levante ein polytheistisches Weltbild. Das heißt, dass jeder Ort einen eigenen Gott hatte, deren Vater der Schöpfergott El war. Daneben gab es noch andere Götter, die ebenfalls zu diesen familiären Pantheon Els und Ascheras gehörten.
Im Alten Testament wurden die Volksgruppierungen gerne mit deren Göttern verbunden und benannt. Somit wird klar, dass mit den Göttersöhnen die Götter in der Levante und deren Anhänger gemeint waren. Gruppierungen, mit denen die Israeliten immer im Streit lagen und von denen sie sich auch abgrenzen wollten.
Ein gutes Beispiel ist die Schmährede in Hesekiel im Kapitel 28:
Hesekiel 28[2] Du Menschenkind (Hesekiel), sage dem Fürsten von Tyrus: So spricht der Herr: Herr darum, dass sich dein Herz erhebt und spricht: „Ich bin Gott, ich sitze auf dem Thron Gottes mitten im Meer“, so du ein Mensch und nicht Gott bist, doch erhebt sich dein Herz, als wäre es Gottes Herz.
Eine bekanntere Schmährede richtete sich gegen den König von Babylon, der als ein stürzender Morgenstern verhöhnt wird. Auch im Buch Daniel werden gerne die Feinde Israels als Fürsten der Engel bezeichnet.
Bei der Geschichte von den Göttersöhnen geht es um ein Thema, das besonders bei der Rückkehr der Exilanten aus Babylon eine große Rolle spielte. Esra hat die zurückgebliebenen Israeliten in der Heimat an den Pranger gestellt, weil sie sich und ihre Söhne und Töchter mit anderen Gruppierungen eingelassen und vermengt hatten (siehe Buch Esra).
Ich erinnere daran, dass Esra eine neue Thora aus dem Exil mitgebracht hatte, um mit ihr einen neuen Bund mit Gott zu schließen. Ja, und wie man weiß, wurden im Exil und danach wesentliche Teile der Genesis verfasst und den Schriften vorangestellt. Ja und so bekommt auch die Geschichte von Göttersöhnen ihren Sinn.
So wurde auch irgendwann das Pantheon Els auf Jahwe übertragen, in dem Wesen aus dem alten Glauben ihren Platz fanden. So zum Beispiel: der Heilige Geist, die Seraphim, Cherubim, Behemoth, Leviatan, Asmodi, Satan usw.
Es wird da aber auch wieder auf El zurückgegriffen, indem Jahwe als Ankläger vor die Götterversammlung tritt oder sich mit seinen Thronräten umgibt. An verschiedenen Stellen im Alten Testament wird diese mittelbare Umgebung Gottes beschrieben.
Die Söhne Gottes wurden erst durch den hellenistischen Einfluss in der nachexilischen Zeit mit den Engeln in Verbindung gebracht (z. B. in der griechischen Septuaginta). Ein weiterer Grund lag auch darin, dass die Begrifflichkeit von den Söhnen Gottes nicht mehr so recht in das monotheistische Weltbild passen wollte.
So gesehen hatte sich also dieser Gott Jahwe über die Zeit verändert und eine Vergangenheit bekommen.
Merlin