Wie fühlt Ihr Euch mit unserem/n System/en, dem Kapitalismus und dem überbordenden Wachstumsbestreben, ohne dem ja das komplette System zusammen brechen würde? Zumindest, wenn man den Wirtschaftsexperten und den Politikern Glauben schenken mag, können wir nur im andauernden Wachstum bestehen. Jeder Stillstand führte unweigerlich zur existenziellen Krise ganzer Staaten und/oder Kontinente.
Das herrschende System hat den Vorteil, dass es die Welt tatsächlich zum Besseren ändert, wenn auch sehr zäh. Wohlstand und Lebenserwartung steigen, Hunger und Elend nehmen ab - auch in der Dritten Welt. Am schlechtesten geht es den Menschen dort, wo Anarchie herrscht oder radikale Sozialisten das Sagen haben. Bessere Alternativen gibt es nach wie vor nicht. Alle Alternativen, die sich derzeit anbieten, hatten bereits die Chance, sich zu beweisen, und sie häuften nur Leichenberge auf, egal wie salbungsvoll und demokratisch sie sich vor ihrer jeweiligen Machtübernahme gaben. Daher wäre es vielleicht ganz geschickt, eine bessere Alternative zu entwickeln, statt die Parolen verbrecherischer Heilslehren der Vergangenheit aufzugreifen und sich beim Grölen voll gerecht und progressiv zu fühlen.
Allerdings ist die BRD kein durch und durch kapitalistischer Staat. Unternehmerische Freiheit gibt es hier nur bedingt, Forschung und Industrie werden zum Wohle staatlicher Leitideologien zunehmend verteufelt, und das einzige, was unsere Öffentlichkeit noch zu begeistern vermag, sind Verbote, Kontrollen, Erziehungsmaßnahmen und die Kriminalisierung von Reichtum und wirtschaftlichem Erfolg.
Wie ich mich damit fühle? Geht so. Ich würde gerne in einem Staat leben, der sich nicht anmaßt, sich zum Erzieher seiner Bürger aufzuschwingen, sondern sich darauf beschränkt, zu tun, wozu er m.E. da ist: die innere Sicherheit aufrechterhalten, die Einhaltung unserer Bürgerrechte und eine menschenwürdige Grundversorgung garantieren. Aber man kann nicht alles haben.
Wer regiert Europa? Haben wir als Bürger und Wähler noch Einfluss oder werden wir regiert von den Kassenprüfern der Banken und aus dem Vorraum der Parlamente, der Lobby?
Die Lobbys regieren gemeinsam mit einer gesichtslosen Machtelite - keine bestimmte Personengruppe, sondern ihrerseits Marionetten des verselbstständigten Systems. Politiker sind dafür da, uns das, was ohnehin getan wird, als alternativlos zu verkaufen, und ab und zu großfressig ein paar Entscheidungen von relativ geringer Tragweite zu treffen, damit der Eindruck entsteht, Wahlen hätten eine Bedeutung. Gut, im Rahmen des Erlaubten gibt es schon ein bisschen Spielraum, aber von Freiheit kann keine Rede sein. Egal, wer gewählt wird: Er wird sich entweder unterordnen oder niedergekämpft werden. Im Zweifelsfall steht eine breite Front aus Lobbyisten, Politikern und Journalisten bereit, um sich unliebsamer Emporkömmlinge anzunehmen - natürlich aus freier Entscheidung, denn jeder vernünftige Mensch weiß, dass es nur eine, unmöglich aus hehren Motiven zu bezweifelnde Wahrheit gibt und wie sie lautet.
Freue mich auf eine spannende Diskussion und in der Folge vielleicht Anregungen für Handlungen, Gemeinsamkeiten, raus aus dem lähmenden Alltagsbewußtsein, rein in die Aktivität, sofern wir dazu kommen werden.
Ein wichtiger erster Schritt wäre, tatsächlich aus der Reihe zu treten, anstatt die Seite zu wechseln. Die Gegner des Systems sind unfreiwillige Agenten des Systems. Sie zementieren dessen Macht, indem sie an ihm und allem, was sie ihm zuschreiben, immer wieder blind, gedankenlos und mit großen Trara ihre und ihrer Anhänger Schädel einrennen. Sie kennen konkret nur Hass und Zerstörung und schieben alles Gute, das sie versprechen, in eine paradiesische Zukunft, die sie auf den Gebeinen aller Menschen errichten wollen, die sie als böse einstufen.
Steht man außerhalb, kann man nüchtern betrachten, was es an Gutem und Schlechtem hervorgebracht hat, und eine bessere Alternative entwickeln.