rockrebell
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MÄNNER
Tjaja, wenn ich so zurückdenke, wie das war, als ich ein paarmal über "meine
Gefühle" geredet habe...
"Du Weichei" gab´s von den Klassenkammeraden, "Stell Dich nicht so an", von
den Arbeitskollegen, und "Frauen wollen harte Kerle" von irgendwelchen
Psycho-Experten.
"Darüber redet Mann nicht".
Ja nee, is klar...
Männer in der Vergangenheit - ich meine jetzt die jüngere, in der, wo Mann zur
Waffe griff und das Wild erlegte (oder den Häuptling des feindlichen Stammes) -
konnten sich nicht wirklich Gefühle leisten, zumindest nicht auf der Jagd. Im
falschen Moment erschrocken, und das Wild war weg - oder der Häuptling nicht
tot, dafür der eigene Stamm bedroht.
Gefühle konnte Mann sich nicht leisten, um das Wild zu trauern, oder Mitleid mit
dem feindlichen Häuptling haben - nee, also bitte.
Sowas färbt ab, und wird über Generationen weitergegeben.
Und dann ist da noch was - MACHT! Kalte, gefühllose MACHT!
Denn der tote Häuptling hinterlässt ja ein führerloses Volk - und weil sie Feinde
sind, hat Mann gefälligst kein Mitgefühl zu haben, sondern das Beste daraus zu
machen. Frohnarbeiter. Sklaven. Da haben Gefühle nun wirklich keinen Platz.
Und zu Hause? Da darf Mann. Aber will er noch? Nach einigen Generationen hat
sich die Erfahrung "Harte Männer heulen nicht" durchgesetzt und ist in die
Erziehung eingeflossen.
Dann hat irgendwer die Psychologie erfunden. Wer Gefühle zeigt, ist angreifbar,
und gerade in Machtpositionen DARF Mann nicht angreifbar sein.
Und so weiter... Der Mann von heute ist das Ergebniss einer jahrtausende langen
Entwicklung, jeder einzelne Mann, jeder Herrscher, Krieger und Jäger ist sein
geistiger Vater.
Ich bin selber Mann. Ich habe zeitweise auch Probleme, über Gefühle zu reden,
oder sie auszudrücken. Warum ist das so? Forsche ich in mir selbst nach, finde
ich Mauern, Barrieren, und dahinter - erschreckende Gefühle.
Nun bin ich nicht der Mann, der wegläuft - früher mal ja. Ständig auf der Flucht.
Vor mir selbst, vor anderen, vor Verantwortung - und immer wieder Mauern.
So ist es bei mir. Diese Mauern abzutragen, ist schwierig. Einfacher ist es, sie
erst garnicht aufzubauen. Ich danke meinen Eltern, dass sie immer sehr tolerant
waren, und die meisten Mauern, die ich entdeckt habe, habe ich durch Erlebnisse
und Aussagen von anderen Männern (auch Frauen) aufgebaut.
Mann zu sein ist eine Tradition - genau wie Frau zu sein. Traditionen aufzulösen,
sie zu brechen, ruft immer Widerstand hervor. Und Angst. Aber Männer haben
keine Angst, und darum schweigen wir eher, als dass wir unsere Gefühle zeigen.
Warum? Weil wir Männer sind.
Gruss
der Rebell