Das hier ist ein echt interessanter Artikel obwohl er auf den ersten Blick eher langweilig wirken könnte:
Brexit: Britisches Pfund sinkt und sinkt
Die Furcht vor den Brexit-Folgen verunsichert Anleger: Das Pfund sackt auf einen neuen Tiefstand, große Immobilienfonds schließen. Wirtschaftsminister Javid stellt einen Wachstumsfonds in Aussicht.
http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/brexit-pfund-faellt-auf-neues-tief-a-1101537.html
Erstens ist interessant, aber nicht überraschend:
Das Pfund fiel in der Nacht zum Mittwoch auf ein neues 31-Jahres-Tief: Zeitweise kostete die britische Währung nur noch 1,2798 Dollar. Vor dem Referendum der Briten am 23. Juni hatte es noch 22 Cent mehr gekostet. Der Euro gab ebenfalls nach, wenn auch nicht so deutlich. Die Gemeinschaftswährung kostete am Mittwochmorgen 1,1050 Dollar. Der Dax weitete seine Vortagesverluste aus, büßte in den ersten Handelsminuten 0,45 Prozent ein und fiel auf 9489,67 Punkte.
Dann werden ein paar generelle Konsequenzen des Brexit beschrieben, wie etwa deutliche Verluste an Aktienmärkten und große Verunsicherung Immobilien und Vermögensverwaltern betreffend.
Und es wird auch gesagt:
Vermehrt investieren die Anleger in vermeintlich sichere Anlagen wie Gold und Staatsanleihen. Die Rendite zehnjähriger deutscher Staatsanleihen fiel auf ein Rekordtief, kurz nach Handelsstart lag sie bei minus 0,19 Prozent. Das bedeutet, dass die Anleger mittlerweile bereit sind, bei einer Laufzeit von zehn Jahren quasi eine Gebühr zu bezahlen, statt Zinsen zu kassieren.
Und was ich interessant finde ist zum Einen: Wie reich muss jemand sein, damit er dieses Vermögen nicht nur nicht gewinnbringend anlegt, also etwa ein paar Zinsen bekommt, sondern im Gegenteil sogar dafür bezahlt um sein Vermögen anlegen zu können. Zweitens: Wie beschissen muss die Situation sein, damit jemand der viel hat nichts mehr findet in dem er die Profit-Chance auf der einen Seite und das Risiko auf der anderen als einigermaßen ausgeglichen empfindet.
Der Punkt worauf ich hinaus will ist: Es wird so getan, als sei die schlechte Situation für Anleger eine Folge der Krise bzw. in diesem Fall des Brexit. In Wirklichkeit ist es aber umgekehrt. Denn es sind nur sehr sehr Wenige die überhaupt Geld haben das sie anlegen können und wie gesagt, es muss schon sehr viel sein damit jemand Gebühren dafür bezahlt es investieren zu dürfen. Und genau diese vollkommen aus dem Gleichgewicht geratene Verteilung von Vermögen ist die Ursache fast aller Krisen.
Und im Grunde wird meine Ansicht noch mal dadurch unterstrichen, dass in dem ganzen Artikel zwar die negativen Auswirkungen auf die armen Anleger beschrieben werden, aber man kaum je irgendwo einen Artikel findet der mal nüchtern analysiert wie die Auswirkungen auf verschiedene Bereiche z.B. der britischen Ökonomie sein könnten. Denn war es nicht so dass Währungen überall auf der Welt gezielt abgewertet werden um der einer Wirtschaft zu helfen? Und jetzt ist die Abwertung des Pfund auf einmal problematisch? Für Anleger ja. Aber für viele Bereiche der britischen Wirtschaft ist es gut, gerade im mittelständischen Bereichen. Kann viele neue Arbeitsplätze schaffen - logischerweise nicht zwingend im Finanzzentrum in London.
Aber genau das ist der Witz daran. Der Brexit muss in möglichst allen Aspekten als irrational und schlecht für die Wirtschaft und was auch immer dargestellt werden. Das geht so weit, dass das was sonst als hilfreich angepriesen wird (wenn z.B. der Euro abgewertet wird, dann wird uns erklärt warum das gut ist) in diesem Fall schlecht ist. Dafür muss man nur die Aufmerksamkeit je nach Situation auf das lenken wofür es eben stimmt. Das sind ja keine Lügen. Es reicht aber um Meinungen zu machen. Und was immer und immer wieder unter den Teppich gekehrt wird: Das wirkliche Problem ist die vollkommen unfaire Verteilung von Vermögen und allgemein Macht. Und wenn Menschen, die weder Vermögen noch Macht haben, dann in einem Volksentscheid z.B. für einen Brexit stimmen, dann wird das als hochgradig irrational dargestellt. Wir werden ja auch mit Artikeln überflutet dass die sich jetzt alle so sehr schämen das sie für den Brexit gestimmt haben. Das ist aber auch nicht die ganze Wahrheit. Natürlich sind viele den "Leave-Rattenfängern" in die Falle gegangen und haben an plumpe Lügen geglaubt. Aber erstens gibt es für viele auch ganz rationale Gründe die vermutlich sogar aufgehen werden, zumindest langfristig, und zweitens: Irrationales Verhalten ist fast immer durch Verzweiflung begründet. Konkret bedeutet das: Arme Menschen verlieren eigentlich immer. Und irgendwann ist ihnen das auch klar. Und dann werden viele destruktiv. Das Potential dafür hat m.A.n. jeder. Wer nur genug gedemütigt wird, wird sich nicht mehr so verhalten wie es jenen die demütigen am besten passen würde, sondern im Gegenteil. Sie sagen sich irgendwann, dass auch wenn es ihnen selbst eher schaden wird als nützt, es zumindest jenen schaden wird die ansonsten immer und immer profitieren. Das hat schon durchaus Logik. An der Stelle wird Irrationalität fast schon zu einer düsteren Form der Rationalität.
Und der Brexit ist eine der wenigen konkreten Konsequenzen die schon jetzt sichtbar sind. Aber m.A.n. ist das immer noch nur ein Vor-beben. Auf viele Arten wird dieses Prinzip noch deutlich werden. Und klar, das ist dann auch alles irrational weil die echten Gründe weiter unter den Teppich gekehrt werden. Genau das wiederum ist ein Garant dafür das es so kommen wird.