Hm. Ich glaub, wir müssen nochmal differenzieren, und zwar danach, wer auf welcher Seite der Trommel steht, sozusagen.
Nun gut, auf ein Neues.
Es gibt Leute, die als Klienten zum Schamanen gehen (und wenn ich das richtig verstanden habe, war eine solche Konstellation der Anlass für Deinen Thread). Ob da nun ein Trauma welcher Art auch immer der Grund ist oder einfach das Bedürfnis, mit dem eigenen Leben besser zurechtzukommen, ist eigentlich egal. Diese Leute sind nicht zwangsläufig selbst schamanisch tätig, man kann nur davon ausgehen, dass sie bis zu einem gewissen Grad die Grundüberzeugungen teilen, die schamanisches Arbeiten voraussetzt (alles ist mit allem verbunden ... andernfalls wäre diese Art der Arbeit ja gar nicht möglich).
Ich stimme dir zu und gebe gleichzeitig zu Bedenken, dass ich selbiges nie kritisierte oder negierte, danke dir aber gleichzeitig für die Ausführung.
Dann gibt es welche, die für sich selbst schamanisch arbeiten, aber nicht für andere. Die haben irgendwann mal festgestellt, dass diese Herangehensweise ihnen hilft, beispielsweise Fragen zu beantworten, oder auch, in Kontakt mit sich selbst und der Natur zu sein. Dazu können auch Sachen in der Gruppe zählen, etwa die Teilnahme an Trommelkreisen, oder auch Jahreskreisfesten. Ich nehme an, dass viele, die in Foren wie diesem unterwegs sind, zu dieser Gruppe gehören.
Dann gibt es die, die tatsächlich schamanisch für andere arbeiten. Diese Gruppe ist in sich aber mindestens genauso vielfältig wie die beiden vorigen, von der Art und Weise, wie die Leute überhaupt da hingeraten sind, von der Motivation für diese Art des Arbeitens, und auch von den tatsächlich vorliegenden Fähigkeiten her.
Auch hierbei stimme ich dir zu und gebe gleichzeitig zu Bedenken dass ich selbiges nie kritisierte oder negierte. Ich gab auch sehr klar zu verstehen, dass ich positiv überrascht war, als einige Schamanen über ihr Behandlungssetting schrieben.
"Jegliches Trauma als eine Berufung für diverse Fähigkeiten o.ä. anzusehen", das halte ich für viel zu undifferenziert. "Mein linker Zeh hat gejuckt, demnach bin ich offensichtlich Schamane! Schaut her, ich bin etwas Besonderes!" Ja, das gibt es, mit Sicherheit. Nur wenn das jemand so sieht, wird er vermutlich ziemlich bald Schiffbruch erleiden, werden ihm seine Geister irgendwann die Lizenz entziehen. Dass er bis dahin einen Haufen Schaden anrichten kann, ist unbenommen, leider. Und es ist ebenso bedauerlich festzustellen, dass auf dem Markt eine ganze Menge "Ausbildungen" angeboten werden, die diesen Namen nicht wirklich verdienen - etwa wenn die schamanische Reise als zentrales Werkzeug erst im letzten von x Modulen drankommt, oder wenn es nur darum geht, irgendwelche Zertifikate zu erwerben.
Nun gut, hierbei finde ich es wiederum interessant, dass du mich einerseits zitierst und andererseits aber meinen Text sinnentfremdest. Ich schrieb bewusst "Berufung für diverse Fähigkeiten o.ä.", damit meine ich nicht zwangsweise eine Berufung zum Schamanen. Im Gegenteil, ich habe dies sogar klar herausdifferenziert:
Tit4Tat schrieb:
Ich sehe die Kontraproduktivität darin, Traumen als eine Art Freifahrtsschein anzusehen, die eine besondere Stellung, nämlich die des Schamanen, zur Folge haben. Um das Ganze zu entschärfen und nicht nur auf Schamanen zu beziehen, glaube ich dass es genauso kontraproduktiv sein kann jegliches Trauma als eine Berufung für diverse Fähigkeiten o.ä. anzusehen.
Wenn du den gesamten Abschnitt durchliest, wirst du sehen dass ich mich lediglich, im faktischen Sinne, auf die Kontraproduktivität bezog und ich in keinster Weise den verschiedenen Anhängern der Szene perse irgendwelche Chrakteristika zusprach. Ich sprach zu Beginn von der Berufung zum Schamanen und habe mich hierbei lediglich auf darauf bezogen, was ich hier im Forum bereits las. Du wirst mir hoffentlich zustimmen, wenn ich mich auf diverse Äußerungen von Schamanen hier im Forum berufe, die sich über Schamanen die keine sind negativ äußern.
Da ich aber bereits damit rechnete, Gegenstimmen zu erhalten, nahm ich in meine Argumentation noch den Bereich des "nicht Berufenen, aber trotzdem mit diversen Fähigkeiten gesegneten" hinzu (siehe 2. Satz meines Zitates). Es wird sich wohl nicht jeder der Traumen erlebte als Schamane bezeichnen (auch wenn es manche tun), aber ich denke dass sich manche wohl spezielle Fähigkeiten zuschreiben. Damit meine ich im übrigen auch ganz grundlegend den Kontakt zu Geistern, der ansich bereits etwas Besonderes darzustellen scheint, weil "der Rest der Gesellschaft", von dem sich teilweise so vehemmt abgegrenzt wird, nicht dazu in der Lage ist. Hierbei rufe ich ebenfalls Delphiniums Posting ins Gedächtnis, dessen Beispiel mit den wohl inflationär auftretenden Zerstückelunen innerhalb der Szene, zum tragen kommt.
Ich halte es aber für unzulässig anzunehmen, dass jeder, der sich Schamane oder auch nur schamanisch Tätiger nennt, einem solchen Trugschluss ("mein linker Zeh ...") unterliegt.
Das spreche ich dir auch nicht ab. Derartiges schrieb ich auch nicht, siehe:
Tit4Tat schrieb:
Viele Beiträge hier lassen mich jedoch vermuten, dass der Wunsch danach, bei vielen (nicht allen) Menschen innerhalb der Szene mitschwingt und somit diverse Gruppendynamiken beeinflusst.
Ich weiß beim besten Willen nicht, wie sehr ich hier noch differenzieren soll.
Es gibt jene, die tatsächlich als Schamanen arbeiten, deren Mensch-Sein im Augenblick des Arbeitens so wenig eine Rolle spielt, dass sie komplett zurücktreten und es allein die Geister sind, die durch sie wirken. Der Weg dorthin dürfte in jedem Fall steinig, voller Schwierigkeiten und Rückschläge gewesen sein. Im Zusammenhang mit "traditionellen, indigenen Gesellschaften" ist oft die Rede von einer Jahrzehnte währenden Ausbildung. Hierzulande ist das nicht ganz so, weil es vom Umfeld her gar nicht möglich wäre, aber es ist definitiv ein Prozess, und zwar ein langwieriger, und einer, dessen Ausgang nicht von vornherein feststeht.
Nun gut, soweit ich das eruieren konnte ist die Bezeichnung Schamane eigentlich eine, für mich, sehr klare und oberflächlich betrachtet gut abzugrenzen. Das sage ich als jemand, der weder an Geister noch an andere ätherische Existenzen glaubt, wohl aber respektiert wenn andere Menschen es tun. Ich möchte mich inhaltlich auch nicht mit den Arbeitsbereichen des Schamanen und dessen Geistern befassen. Es ist mir auch nicht möglich dies zu diskutieren, weil ich es, wie hier in der Diskussion schon mehrfach erwähnt wurde, nie selbst erlebte und auch nicht gewillt bin es zu erleben. Die Arbeitsweise mit den Geistern ist eure Sache, das habe und werde ich nie kritisieren.
Der Hintergrund des Therads ist ein anderer, den ich hier nicht noch einmal erläutern werde.
In diesem Prozess wird so ungefähr alles auf den Prüfstand gestellt, und zwar ziemlich gnadenlos, und gegebenenfalls über Monate und Jahre hinweg. Das geht los bei der eigenen Motivation; wenn die nicht ganz sauber, sondern von eigenen Bedürftigkeiten geprägt ist (eben beispielsweise dem - ggf. unbewussten - Bedürfnis, etwas Besonderes zu sein), dann wird dem Betroffenen das Ganze irgendwann um die Ohren fliegen, gegebenenfalls auch mit erheblichem Kollateralschaden. Das betrifft das Verhältnis zum eigenen Arbeiten, das Vertrauen ins eigene Arbeiten, in die eigenen Geister. Das betrifft durchaus auch die Interaktion mit dem Gegenüber - was sage ich, wie sage ich es, wie gehe ich persönlich mit dem um, was ich sehe. Das betrifft vor allem auch die Verantwortung, die das Arbeiten mit sich bringt.
Den Begriff Zerstückelung (im schamanischen Sinn) finde ich dafür durchaus passend. Womit allerdings nicht gemeint ist, dass jeder, der eine Zerstückelung in einer schamanischen Reise erlebt, automatisch zum Schamanen wird. "Mein Krafttier hat mich gefressen ... ich bin offensichtlich ein Schamane!" - nein, so leider nicht.
All das werde ich nicht kritisieren, weil es mir, wie gesagt, nicht zusteht. Wenn du gut damit umgehen kannst und sich der von dir geschilderte Prozess letzendlich als gewinnbringend herausstellt, dann wäre es kontraproduktiv sich nicht mehr mit dem Schamanismus auseinanderzusetzen.
Was die Frage der "Szene" angeht: eine solche in diesem Sinn gibt es tatsächlich nicht. Ich stelle immer wieder erstaunt fest, wie wenig selbst diejenigen, die in einem geographisch begrenzten Gebiet tätig sind (in meinem Fall: München und Umgebung), voneinander wissen. Es gibt durchaus Kreise, aber diese Kreise überschneiden sich in überraschend wenigen Fällen. Was auch immer der Grund dafür sein mag.
Nun gut. Soweit ich das im Forum eruieren konnte werden Stammtische, Kreise und diverse Treffen regelmäßig durchgeführt und beworben. Verknüpfungspunkte sind demnach durchaus vorhanden, teilweise wohl auch erwünscht. Auch wenn es dir und anderen nicht gefällt, ich sehe den Schamanismus als eigene Szene an und bin mir sehr sicher, dass ich weitaus mehr Gegenstimmen erhalten hätte, wenn ich ihn als Unterkategorie der esoterischen Szene bezeichnet hätte. Ich las hier sehr viele polemisierende Begriffe die da wären: esotöricht, LuL-Fraktion und dergleichen (was auch immer dies bedeuten mag). Das ist insofern nachvollziehbar, weil es identitätsstiftend für eine Gruppe ist, wenn sie sich von einer anderen stark abgrenzt und sei es nur indem man die andere Gruppe lächerlich macht.
Für einen Außenstehenden, wie mich, bleibt allerdings ein Problem bestehen: Die Grenze zwischen diesen Subszenen ist, zumindest für mich, nicht klar ersichtlich. Ich vermute sogar, dass nicht nur ich dieses Problem habe, sondern auch manche Mitglieder dieser Subszenen. Wie soll es hierbei Hilfesuchenden ergehen? Ich habe wohl begriffen, dass sich "die" schamanische Szene in vielerlei Hinsicht von den restlichen esoterischen Szenen abgrenzt. Mir ist auch sehr schnell bewusst gewesen, dass sich innerhalb "der" schamanischen Szene, einige Subszenen von den anderen abgrenzen. Nun hoffe ich auf ein wenig Verständnis, wenn ich schreibe dass es für mich irrelevant war und ist ob ich "die" schamanische Szene als solche differenziere oder nicht. Ich kann nur innerhalb meiner Beschreibungen differenzieren, z.B. auf Worte wie "alle", "jeder", "immer" verzichten. Den Begriff der Szene werde ich jedoch weiterhin verwenden, weil ein, für mich, weiterer wichtiger Punkt in diese Entscheidung einfließt. Eine Unterscheidung macht für mich wenig Sinn, weil ich befürchte, dass der Großteil der hier Anwesenden negiert der kritisierten "Subszene" anzugehören (es sind "immer" die anderen

). Für mich war also dieser Weg, der mir nun den Stempel der Verallgemeinerung eingebracht hat, der sinnvollste, andere mögen anders darüber denken. Ich muss sogar unumwunden zugeben, dass ich bisher durch ein Beispiel eines Forumsmitgliedes, das wohl auch schamanische Behandlungen durchführt, eines Besseren belehrt wurde. Die nachfolgenden Texte werden vielleicht zeigen, ob dieses Beispiel allein auf weiter Flur bleibt.
Ich hoffe es wurde nun ein wenig klarer warum ich immer nur von "der" Szene sprach und weiterhin sprechen werde.