Hallo Linking,
spannendes Thema.
Erstens würde ich dir gerne von der Sichtweise erzählen, die ich neuerdings auf das Thema "Wut" habe: Mir ist aufgefallen, dass ich eigentlich nur mit Wut reagiere, wenn ich mich auf irgendeine Weise bedroht fühle. Und in den allermeisten Fällen handelt es sich dabei nicht um eine "reale" Bedrohung, sondern es werden eben irgendwelche Knöpfe gedrückt. Jetzt habe ich mal in mein Energiefeld reingefühlt und habe festgestellt, immer wenn ich wütend bin, dann fühlt es sich an, als sei jemand in mein Energiefeld eingedrungen. Und dann habe ich gemerkt: ich erlaube dem Gegenüber das, indem ich mein Energiefeld aufmache, oder ich ziehe es zurück. Also so etwas wie: Ich ziehe meine schützende Schicht zurück (und bedränge mich damit eigentlich selbst!).
Stellt sich die Frage: Was tun. Erstens kann ich natürlich das "innere Kind" aufspüren, das sich da bedroht fühlt und es schützen. Das ist immer einen Versuch wert.
Zweitens kann ich (und das ist meine eigentliche Nachricht an dich, die ich hier so mitten im Text verstecke

) meine Wut interpretieren als den Impuls meines Energiefeldes, sich wieder auszudehnen. Und mir damit Raum zu verschaffen. Damit ich mich nicht mehr selbst bedrohe. Das heißt: Ich kann einfach diesen Energiefluss von Innen nach Außen wahrnehmen und willkommen heißen. Ohne mich "abzureagieren" (davon halte auch ich nichts). Ohne rumzuschreien. Und ohne zu verdrängen. Allerdings durchaus manchmal mit dem Ergebnis, dass ich mich abgrenzen muss, vielleicht die Situation verlassen. Egal, einfach den Fokus auf dem sich wieder aufbauenden gesunden Schutzwall halten. (Und dieser Schutzwall ist nicht die emotionale Mauer, die die meisten in der Kindheit errichtet haben, weil zu sehr in sie gedrungen wurde. diese Mauer aus der Kindheit, die ist ein schlechter Ersatz für die gesunde Schutzhülle, aber sie ist damals richtig und überlebenswichtig gewesen. jetzt können wir sie abbauen, wenn wir auf uns achten und unserem Energiefeld erlauben, seinen gesunden Schutz wieder aufzubauen.) Das zulassen, sich nicht schämen dafür, dass da Bedarf an Raum ist. Es ist gut so.
Drittens kann ich etwas Ungeheures tun: Ich kann aussprechen, dass ich wütend bin. Ich kann sagen (wie unglaublich viel Mut mich das kostet): "Ich bin wütend auf dich. Ich bin in diesem Moment wütend." Einfach so. Ohne zu schreien. Ohne vom anderen etwas zu erwarten. Einfach das Gefühl ausdrücken. Idealerweise hat man den Gegenüber darauf vorbereitet - vielleicht in einer Beziehung dem Partner gesagt: "Manchmal bin ich wütend auf dich. Ich glaube, es handelt sich dabei um mein Problem, nicht um deines. Nächstes Mal würde ich es dir gerne mitteilen. Bitte sieh es nicht als Vorwurf, sondern als Information darüber, wie ich mich fühle." Und das kann dann auch der Kommunikation helfen, denn der Gegenüber merkt ja meist, dass Wut im Spiel ist, aber eben unterdrückte. Wenn es gelingt, offen über Wut zu kommunizieren, dann verlässt sie ihr Versteck und wird im gleichen Moment weniger bedrohlich. Vielleicht musst du dich dann trotzdem aus der Situation zurückziehen, aber es ist gesagt. Das ist unglaublich erleichternd, wenn auch ein beängstigender Schritt, weil er so unserer Erziehung zuwider läuft: Ein braves Kind ist nicht wütend.
(Nein, ein braves Kind zieht sein Energiefeld zusammen, wenn es bedrängt wird. Ein braves Kind setzt sich innerlich verstört in eine Ecke, niemals wird es seinen Energiekörper verteidigen. Und da bleibt es sitzen, bis es eines Tages brefreit wird.)
Zweitens würde ich dir ein Buch empfehlen, das Wut aus buddhistischer Sicht betrachtet: "Ärger" von Thich Nhat Hanh. Der schreibt zum Beispiel auch, dass man dem Partner mitteilen soll, dass man wütend ist. Und dass man seine Wut "umarmen" und sich liebevoll um sie kümmern soll. Sie aber nicht "abreagieren" soll, weil, wie du schreibst, dann zwar die Energie weg ist, die Wut aber nicht. Vielleicht hilft dir ja auch dieses Buch bei deiner Suche.
Alles Liebe,
Raeubertochter