Wenn ihr als Kind gehnselt worden seid...

Hallo,

auch ich habe sehr viele schmerzhafte Erfahrungen in der Kindergarten- und Schulzeit gesammelt.
Ich habe schon als kleines Kind gefühlt, das ich anders war wie die anderen...meine Sensibilität war sehr viel ausgeprägter, man konnte mich sehr leicht verletzen, zudem war meine Opferbereitschaft sehr groß, ich wehrte mich nie ganz egal welch Unrecht mir passierte.
Mein erster Tag im Kindergarten illustriert das ganz gut.
Alle Kinder saßen am Frühstückstisch...ich saß mit drei älteren Mädchen an einem Tisch...ich packte mein Brot aus und aß...aufeinmal fing eine an ziemlich gemein zu lachen und sagte:"Guckt mal die kann noch nicht mal richtig essen, die ißt ja mit offenem Mund".Alle lachten mich aus. Diese Situation löste einen derartigen Schmerz in mir aus, der mich traumatisierte...und fortan sehr ängstlich Menschen, besonders aber Menschengruppen gegenüber machte.
Lange haben sie mich wegen meiner Zähne gehänselt, weil ich lutschte und mein Oberkiefer leicht vorgewölbt war...Gorillagebiß haben sie mich genannt...ich habe mich unglaublich geschämt und mich gefühlt als ob mit mir wirklich irgendetwas nicht stimmte.
Noch Jahre später als ich längst erwachsen war und die Hänseleien aufgehört hatten, wechselte ich die Straßenseite wenn eine Gruppe Jungen mir entgegenkam...ich fühlte mich wie damals bedroht und gepeinigt.
Heute weiß ich das es nicht meine Zähne waren...das habe ich tatsächlich lange geglaubt...die mich so zur Zielscheibe haben werden lassen.Es ist eher eine seelische Disposition ...
...und es ist auf jeden Fall ein Lebensthema an dem wir lernen und wachsen können.

Suria :winken2:
 
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pisces schrieb:
wie geht es euch damit heute?

es ist eine schlimme erfahrung, wenn man als kind ein wenig von der norm abweicht (moppelig, dünn, ängstlich, andere hautfarbe) und von anderen kindern wiederholt drangsaliert und gehänselt, sozusagen 'an den pranger' gestellt wird.

wie intensiv habt ihr das erlebt?
was für auswirkungen hatte oder hat diese erfahrung?

wäre interessant, zu wissen.

sonnige grüße aus dem hohen norden!

pisces


ich habe zum glück keine solch (schlimmen) erfahrungen etc machen müssen, natülich gabs immer so kleinigkeiten, aber ich denk das is in so nem lter normal=)

naja,...auf alle fälle bin ich jez viel selbstbewusster, und dieses hänseln, hat dazu schon irgendwie beigetragen!
aber es war wirklich nie schlimm für mich, will von allem eigtl nix missen!

lg
 
Wir hatten 2 dicke Mädchen in der Klasse. Die eine wurde gehänselt und die andere war anerkannt und beliebt. Ich habe mir öfters Gedanken gemacht woran das liegt. Ich glaube es liegt wirklich an einer Opferbereitschaft. Die Kinder merken sofort, wenn sich Jemand als Opfer fühlt.
In dem Zusammenhang würde mich die Rolle der Eltern interessieren. Wie haben die bei euch reagiert, wußten sie davon?
Ich weiß ehrlich gesagt nicht, wie man am besten reagiert. Tröstet man oder bestärkt man sein Kind? Es würde mir selbst weh tun.

Alles im allen bin ich immer auf der Seite der Aussenseiter und Gehänselten. Ich finde schüchterne Menschen oftmals viel sympatischer.
 
Ich bin Mischling und bin als Kind NEGERKUSS gerufen worden. Ich trug dazu noch eine Brille mit dicken Gläsern........

Heute bin ich um so selbstbewusster. Man kommt wohl als Verlierer durch so eine Zeit, weil man sich ungeliebt fühlt oder man gewinnt, denn wenn man sich von solchen Hänseleien nicht kleinkriegen lässt, ist man für vieles später gewappnet und sehr selbstsicher..........

Ich wollte das irgendwie nicht so schwarz-weiss ausdrücken.....

Suche gerade nach den Worten, die es eher ausdrücken.....

Es tat sehr, sehr weh. Wie ich damit umgegangen bin, weiss ich eigentlich gar nicht mehr so genau. Hab mich zwar in meine Welt zurückgezogen, aber nicht als Verlierer. Irgendwann waren die dummen Jahre vorbei und komischer Weise war ich dann gerade wegen meinem anderen Aussehen interessant.

Paradox.......
 
east of the sun schrieb:
Oh ja, öfters, aber es wird immer besser, auch durch meine Kinder für die ich mich einfach überwinden muss.

Es gab Zeiten da fiel es mir schwer an einer Haltestelle mit vielen Leuten vorbeizugehen.
Jetzt bin ich eigentlich komunikativ und spreche auch mal fremde Menschen einfach so an.
Probleme habe ich ab und zu, wenn der Sandkasten voller Supermütter ist und man von oben bis unten gemustert wird.
Oder wenn viele Männer im Spiel sind. Ein Beispiel: ich arbeite am Theater und wenn ich in die Kantine komme und viele Techniker davor im Raucherbereich sitzen (ein Gang durch den man gehen muss) habe ich auch manchmal angst zu stolpern und weiß mit meinen Händen nicht so ganz wohin.:D

Aber ansonsten habe ich heute bedeutend mehr Selbstbewußtsein. :daisy:


Hallo East,

durch mein Kind bin ich auch selbstsicherer geworden. Ich habe auch einen großen Freundes- und Bekanntenkreis, unterhalte mich gerne und niemand würde glauben, dass es mir z.B. auch unglaublich schwer fällt, an einer vollen Bushaltestelle vorbeizugehen. Horror! Ganz, ganz, seltsam. Ich habe auch z.B. nie meinen Platz in meiner Familie gefunden. Den werde ich auch nicht mehr finden. Ganz klar. Mein Gefühl war immer: Ich gehöre nicht darein, ich war für eine andere Familie vorgesehen. Schon als ich noch klein war, waren mir meine Familienmitglieder fremd. Ganz sicher sollte meine Seele woanders hin und irgendwas ist schief gelaufen.... dass habe ich auch meiner Mutter gegenüber so erklärt, weil sie sich wunderte, dass ich sogar innerhalb der Familie mit Schüchternheit zu kämpfen hatte.

Noch heute sind Familienzusammentreffen für mich was Absonderliches - so, als würde ich die Leute nicht kennen. Ich habe mein Verhalten schon versucht in Therapien zu erkennen. Fazit: Nimms wie es ist.

Froh bin ich wirklich darüber, dass ich inzwischen auf Menschen zugehen kann und neugierig bin, Menschen kennenzulernen. Das ist eine so große Erleichterung. Und ich kann versichern, dass ich nie im Leben andere hänseln würde. Schreckliche Vorstellung.

July
 
July schrieb:
Und ich kann versichern, dass ich nie im Leben andere hänseln würde. Schreckliche Vorstellung.

July
Man kann es sich nicht vorstellen, aber manch schnell so dahin gesagtes Wort kann dem Anderen an die Nieren gehen. Habe ich selber schon erleben müssen, aber bewußt gehänselt habe nie, eher in Schutz genommen.

Familie: ist bei mir eher anders herum.Ich bin bei meiner berufstätigen Oma aufgewachsen, früh Krippe und Kita, mit 5 Jahren zu meinen Eltern gezogen und mit 12 Jahren hat uns mein Vater verlassen und eine neue familie aufgebaut.
Ich versuche jetzt ein Nest zu bauen für meine Kinder. :daisy:
 
Ich kann mir das sogar sehr gut vorstellen. Wenn man empfänglich ist, für die kleinen Zynismen die das Leben so mit sich bringt, dann treffen Worte ungemein. Mir geht das so. Ich zerbreche mir tagelang den Kopf über irgendwelche dahergeschwafelten Phrasen. Man nennt das wohl: Grübeln. Also war ich schon als kleines Mädchen eine Grüblerin. Ich empfand mich eher als enttäuscht und verletzt. Meine Schweter empfand mich immer als "stur", was nicht für ihre Sensibilität spricht. Für mich ist sie davon abgesehen sowieso keine Schwester im typischen Sinne.

Für meinen Sohn war und ist mir auch wichtig, dass er ein schönes zu Hause hat. Das ist mir gelungen. Irgendwie mache ich alles ganz anders als es bei mir zu Hause war. Wir haben einen sehr liebevollen Umgang miteinander und sagen uns oft, das wir uns lieb haben. Ich bin zu Hause harmoniesüchtig. Shit. Aber es ist so. "Zu Hause" ist immer noch meine Zuflucht. Da sind die Menschen, die ich liebe und die mich auch (hoffentlich!!) lieben!!!

Übrigens bin ich auch ohne Vater aufgewachsen. Da war ich sechs. Er starb. Du weißt, wie sehr man seinen Vater vermißt. Das Trauma wird man sein Leben lang nicht los. Für mich war er DIE Bezugsperson. Nicht meine Mutter, sondern er. Tja, so spielt das Leben....

LG
July
 
Ich bin ganz ehrlich und bin sehr dankbar dafür, dass ich in der Schule für ein Jahr lang ziemlich gehänselt wurde. Ich war zwar nicht der einzige und es gab auch keinen wirklichen Grund dafür (ich bin weder mollig, noch sonst was ...), aber wäre es damals nicht passiert, wäre ich heute nicht der Mensch, der ich eben bin! Dadurch habe ich früher "reif" zu denken begonnen, habe das Leid anderer verstanden und und und ... irgendwann kam aber die Zeit, wo ich mir gedacht habe "so, jetzt hab` ich aber die schnauze voll ..." hab` mir von niemandem was sagen lassen, bin teilweise extrem hochnäsig gewesen und war eigentlich derjenige, der andere gehänselt hat. Das hat sich aber dadurch schnell geändert, weil ich schnell gemerkt hatte, das ich es aus Frust getan hatte und andere "Freunde" eben aus Spaß. Ein Teufelskreis aus dem ich gottseidank fähig war auszubrechen ... und ich werde heute noch sehr oft sauer darüber, wenn ich sehe wie Kinder oder auch ältere (Jugendliche) gehänselt werden ... ich war Täter und Opfer und habe dadurch beide Rollen kennengelernt - beide waren in jeder Hinsicht unangenehm!

Grüße

Manuel
 
east of the sun schrieb:
Wir hatten 2 dicke Mädchen in der Klasse. Die eine wurde gehänselt und die andere war anerkannt und beliebt. Ich habe mir öfters Gedanken gemacht woran das liegt. Ich glaube es liegt wirklich an einer Opferbereitschaft. Die Kinder merken sofort, wenn sich Jemand als Opfer fühlt.
In dem Zusammenhang würde mich die Rolle der Eltern interessieren. Wie haben die bei euch reagiert, wußten sie davon?
Ich weiß ehrlich gesagt nicht, wie man am besten reagiert. Tröstet man oder bestärkt man sein Kind? Es würde mir selbst weh tun.

Alles im allen bin ich immer auf der Seite der Aussenseiter und Gehänselten. Ich finde schüchterne Menschen oftmals viel sympatischer.

meine eltern wussten partiell davon. haben sicherlich keine ahnung gehabt, was für ein ausmass das angenommen hat. ich musste da im wahrsten sinne des wortes 'durch'. ich war eh' in ihren augen ein 'schwieriges' kind und sie waren genervt im sinne von 'schon wieder ein problem'. geholfen hat mir niemand. ich habe mich verraten und verkauft gefühlt und tue das heute noch. von allen seiten.

ich hatte immer beziehungsschwierigkeiten, habe keinen passenden partner gefunden, kein wunder, jemand, der seine eigene identität nicht aufgebaut hat, der liebe und verständnis will und sich aufgibt, weil er das opfer-sein verinnerlicht hat, ist natürlich auch nicht interessant und wirkt bedrohlich. zudem habe ich panikattacken, eine angststörung entwickelt und habe auch große probleme im beruf. und mit meinem freund. jetzt erst weiss ich, dass ich gerne eine eigene familie gegründet hätte, und nun ist es zu spät. ich weiss nicht, wo mein platz in dieser welt ist. und ich bin 38 jahre alt. keine ahnung, wie das weitergeht. derzeit geht es mir wirklich schlecht. und wieder bin ich opfer.


lg
pisces
 
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pisces schrieb:
. jetzt erst weiss ich, dass ich gerne eine eigene familie gegründet hätte, und nun ist es zu spät. ich weiss nicht, wo mein platz in dieser welt ist. und ich bin 38 jahre alt.
lg
pisces
Hallo! Meine Freundin hat mit 41 Jahren eine Familie gegründet und war eine sehr gute Mutter und sehr glücklich.
Es ist nie zu spät....gib nicht auf!
 
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