Was will ich wirklich .... ?

Es gibt sowohl einen Ich-Willen, als auch All-Wille. Sie sind beide vorhanden, die Natur ist das beste Bespiel dafür und man könnte ganze Bücher darüber schreiben.
Den Ich-Willen, der mit dem All-Willen nicht zurecht kommt und allzu angriffslustig wird, haben wir in diesem Thread allzu bespielhaft erlebt. Nach dem Motto: "Trample alles nieder, was mit dir nicht in Einklang steht."
Tja, das sind die Attribute des Ich-Willens, der keine Kompromisse kennt und wild losjodelt.
Das wollte mal gesagt werden, auch wenn der Ich-Wille gleich wieder losgetrampelt kommt und jodelt: "Geh wech! Hier bin ich am Brüllen!!!" :stickout2

Das Leben ist so schön! :banane:
 
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Es gibt sowohl einen Ich-Willen, als auch All-Wille. Sie sind beide vorhanden, die Natur ist das beste Bespiel dafür und man könnte ganze Bücher darüber schreiben.
Den Ich-Willen, der mit dem All-Willen nicht zurecht kommt und allzu angriffslustig wird, haben wir in diesem Thread allzu bespielhaft erlebt. Nach dem Motto: "Trample alles nieder, was mit dir nicht in Einklang steht."
Tja, das sind die Attribute des Ich-Willens, der keine Kompromisse kennt und wild losjodelt.
Das wollte mal gesagt werden, auch wenn der Ich-Wille gleich wieder losgetrampelt kommt und jodelt: "Geh wech! Hier bin ich am Brüllen!!!" :stickout2

Das Leben ist so schön! :banane:
Wer genau brüllt denn da immer?:liebe1:
 
Die Frage "Was will ich wirklich?", ebenso wie die Frage "Was ist Liebe?" (und streng genommen auch die Frage ("Was ist Gott?"), besitzen eine Hintergründigkeit, die dem Fragenden üblicherweise verborgen bleibt. Oft stelle ich mir in einem Gespräch die Frage: "Warum sprechen wir jetzt über genau diese Sache?" Ich gehe davon aus, dass ein Mensch jeweils einen Grund, eine Motivation hat, etwas zu tun oder über etwas zu sprechen. Die Menschen haben immer Gründe etwas zu tun oder zu unterlassen, aber oft ist es nicht einfach, diese Gründe auch nachzuvollziehen.

Nun hat einer, der die Frage nach seinem "wirklichen Wollen" stellt offenbar das Bedürfnis zu erfahren, welches denn sein wirkliches Wollen sei (sonst würde er nicht fragen). Das heisst aber eben auch: Im Moment des Fragens weiss er offenbar noch nicht oder nicht genau genug, was sein wirkliches Wollen ist. Wüsste er es ganz genau, dann würde er nicht fragen - (es sei denn, er hat andere Gründe, aus welchen er fragt, beispielsweise versucht er durch eine kluge Fragestellung in anderen Leuten etwas in Gang zu setzen).

Es muss daraus geschlossen werden, dass eine Art Entfremdung vom eigenen Willen stattgefunden hat, es ist jedenfalls eine Entfernung vorhanden. Dort ist der wirkliche Wille, hier bin ich - wie gehören die beiden nun zusammen? Wäre die Person unmittelbar eins mit ihrem wirklichen Wollen, so würde sich für sie die Frage gar nicht erst stellen, es wäre eine reichlich überflüssige und absurde Frage!

Darauf wollte ich hinaus: Alleine schon das Stellen der Frage impliziert Entfremdung, eine Entfremdung vom eigenen Wollen. Woher diese Entfremdung kommt, sei erstmal vernachlässigt, aber es gilt zu sehen, dass sie offenbar da ist und ihre Wirkung entfaltet. Ebenso für Liebe: Ein Mensch, der intuitiv weiss, dass er liebt, geliebt wird, der wird nicht die Frage aufwerfen, was denn Liebe nun sei. Er wird sie unmittelbar leben und nicht intellektuell darüber nachsinnen.

Folglich ist es auch klar, dass eine Antwort, die eine wirkliche Antwort sein soll, nicht darin bestehen kann, intellektuell wohlklingende Sätze zu liefern, sondern es geht darum, die bestehende Entfremdung aufzuheben, also den Menschen unmittelbar zum eigenen Wollen zurückzuführen. Dazu braucht er aber nicht in erster Linie Erklärungen, sondern die Einsicht und das Erleben der Identität mit dem eigenen Wollen. Also nicht "Ich habe einen Willen" sondern "Ich bin mein Wille". (Erich Fromm hat ein ganzes Buch der Frage nach Sein und Haben gewidmet.) Der Mensch hat nicht etwa einen Willen, sondern er ist sein Wille! Der Mensch tut in Wahrheit genau das, was er tatsächlich will - und zwar immer! Es ist ein Ding der Unmöglichkeit, etwas anderes zu tun als das, was ich tatsächlich will.

Ich kann mir einreden, ich würde "in Wahrheit" lieber etwas anderes wollen, und es aber nicht tun, weil ich etwa Angst habe, weil es gesellschaftlich mit Strafen sanktioniert sei, oder weil ich vielleicht sogar "krank" sei und entgegen meinem eigenen Willen handeln müsse. All diese Aussagen verschleiern die Wahrheit: Dass ich nämlich bereits eins mit meinem eigenen Willen bin, und es schon gar nicht erst werden kann.

Ein Drogenabhängiger, der sich ständig selbst vergiftet, will genau das: Drogen konsumieren. Er kann noch so viel die Schuld auf sich oder andere oder seine Kindheit schieben, das ändert nichts daran, dass es in Wahrheit sein Wille ist, Drogen zu konsumieren.
Ein Mensch, der sich ständig dem Chef unterordnet und bei der Freundin über den schlechten Job beklagt, aber nichts unternimmt, um die Missstände zu ändern, will in Wahrheit genau den Job, den er hat, mit genau diesem Chef, den er hat. Er mag sich noch so sehr einbilden, er würde "in Wahrheit" etwas besseres verdient haben und einen anderen Job wollen - so lange er nicht in der Realität tatsächlich etwas unternimmt, das zur Veränderung beitragen könnte, so lange will er tatsächlich auch nichts anderes als genau das, was er hat.
Ein Mensch, der sich über seine Partnerin ärgert und heimlich tausend anderen Frauen nachtrauert, die er in seinem Leben nicht gehabt hat, will in Wahrheit nichts anderes als dies: Den anderen Frauen nachtrauern. Seine Phantasie liefert ihm so viel Befriedigung und Genugtuung, dass er sie bei weitem dem Risiko vorzieht, das es mit sich bringt, die Realität tatkräftig zu ändern.

Der Mensch ist bereits sein Wollen, und was er tut, ist immer das, was er will. Nicht das, was er sich vorstellt zu wollen, sondern das, was er wirklich will.

Ich gebe zu - diese Einsicht ist nichts für schwache Gemüter. Es gibt Situationen, da steht unglaublich viel auf dem Spiel. Ein Jude in einem Konzentrationslager hat nicht viel Wahl: Er kann sich der Situation unterordnen und überleben oder etwas tun und dafür brutalste, hinterhältigste Strafen oder sogar den Tod riskieren. Aber auch hier gilt alles, was ich vorher gesagt habe. Ich verstehe jeden, der es unter solchen Umständen vorzieht, sich unterzuordnen in der Hoffnung, vielleicht lebend noch rauszukommen. Ich würde höchstwahrscheinlich nicht anders handeln als genau auf diese Weise. Das hat absolut nichts mit Feigheit zu tun! Aber es gilt, präzise hinzuschauen und nichts zu verschleiern. Denn auch hier ist letztlich klar, wo das wirkliche Wollen (unter den gegebenen Umständen) ist. Das kurzfristige Überleben hat Priorität und dominiert jedes andere Wollen. Somit ist der wirkliche Wille auch hier nicht irgendein heroischer, glorioser Kampf gegen die eigene Gefangenschaft (sowas kommt i.a. in Hollywood-Filmen vor), sondern ein stilles Akzeptieren des Gegebenen. Und das hat nun wirklich gar nichts an sich, das einer Kritik würdig wäre. Unter so schlimmen, schwierigen und menschenunwürdigen Umständen nur nicht schon einfach zu verzweifeln ist bereits eine grosse Leistung. Noch mehr von Menschen zu fordern wäre völlig daneben.

Was will ich? Ich will das, was ich tue. Um herauszufinden, wo mein Wollen liegt, muss ich also nicht in mich hineinhorchen und dort irgendwelche netten Phantasien hegen, sondern ganz einfach hinschauen, was ich tue.

Diese Vorstellung gefällt vielen Menschen ganz und gar nicht. Warum? Weil es sie völlig entlarvt, weil es gnadenlos ehrlich ist und jede Selbstlüge im Nu aufdeckt. Ein Mensch, der behauptet, etwas anderes zu wollen, als was er tut, belügt sich am Ende immer nur selbst. Er ist der von sich selbst entfremdete Mensch, der sich dann eben vor die Frage gestellt sieht, was eigentlich sein Wollen sei, und wie er wirklich wissen könne, ob er wolle, was er denke, das er wolle und so weiter und so fort. Wenn man sich einmal auf die intellektuellen Schleifen eingelassen hat, kommt man da nicht mehr raus. Es gilt daher, mit einem einzigen Schnitt all die falschen Gedanken abzuschneiden und einfach mal bloss hinzuschauen: Was tue ich wirklich? Das ist es, was ich in Wahrheit will. Und nichts anderes.
 
Der Mensch ist bereits sein Wollen, und was er tut, ist immer das, was er will. Nicht das, was er sich vorstellt zu wollen, sondern das, was er wirklich will.

Der Mensch tut dasjenige, von dem er glaubt, dass es ihm Glück bringt und das ist genau das, was jeder Mensch will: glücklich sein.

Wille und Glück sind identisch.
 
Der Mensch tut dasjenige, von dem er glaubt, dass es ihm Glück bringt und das ist genau das, was jeder Mensch will: glücklich sein.

Wille und Glück sind identisch.
Eine hervorragende Bemerkung. Auch das besitzt so viel Tiefe und Einsicht, dass man locker mal ein paar Jahrzehnte dran herumkauen kann, um es wirklich in sich aufzunehmen, mit seinem ganzen Wesen zu verstehen und umzusetzen.

Wie kann ich glücklich sein? Ganz einfach indem ich die künstliche Entfremdung zwischen mir und meinem eingebildeten "Ich" entferne. Aber trotz aller gegenteiligen Versuche wird diese Entfremdung immer wieder zurückkommen. Gibt es einen Weg, die Entfremdung vollständig aufzuheben? Der Buddhismus bejaht diese Frage.
 
Ich möchte gerne die Flöte des Rattenfängers von Hameln in's Spiel bringen. Denn sie sagt mir, wieviele Ichs ich eigentlich habe und das ist ja eine Voraussetzung um zu erkennen, was irgendetwas in mir wollen könnte.

Sie geht:

0-XichIchICHDUDuduSelbst-1

Seht ihr? eine Querflöte. Vorne ist das Loch (0), da bläst man etwas hinein, den Lebenshauch. Und dann ist erstmal ein (-), also eine Art Pause. Keiner weiss, was da ist. Dann ist ein (X), also ist da etwas weggemacht, was eigentlich da stehen müsste. Was da stehen müsste, aber nicht wahrnehmbar ist, das ist das "selbst". Das "selbst" ist das "kleine Selbst", das sich duckt und unter den Eindrücken des Lebens bereits von Beginn an "leidet". Im menschlichen Leben entsteht die "Ausblendung" des kleinen selbst durch das Geburtstrauma, bei dem Atlas- und Kiefergelenke dauerhaft und lebenslang (aber revidierbar) gestaucht und gezerrt werden.

Dann kommt das "ich"- das kleine Kind unserer Gesellschaft und der Untertanenbürger, das hilflos ist und sich in eine Rolle einfügt. Das kleine "ich" bleibt das ganze Leben da, wenn wir es nicht in uns entdecken und von seinen Schmerzen befreien. Elterliche Vorstellungen, was das Kind zu sein und zu denken und zu sagen habe spielen hier eine ebenso grosse Rolle wie die generelle Art, sich an Gedankensystemen zu orientieren und gesellschaftliche Normen und Verhaltensmuster zu übernehmen. Dann kommt das "Ich", ein Wesensteil, der einen persönlichen Willen präsentiert, der für uns "spürbar" wird, wenn wir heranwachsen. Man ist irgendwann nicht mehr im kindlich-jugendlichen "Spielfluss", sondern man will etwas erreichen, mit dem man sich identifiziert hat. Meist führt das heute in Situationen, die in irgendeiner Form übersteigert ist und das Individuum fällt damit immer irgendwann auf die Nase- und sei es das Umfallen mit chronischen Krankheiten am Ende des Arbeitslebens, wie unsere Elterngeneration es uns vorgemacht hat. Wenn das "Ich" also am Boden liegt hat man eher Glück gehabt als Pech. Man fühlt sich krank und vollkommen unpassend für dieses Leben, doch wenn man begreift, dass man nur dieses Leben hat und dass man es bisher eigentlich noch nicht gelebt hat, dann kommt irgendwann das ICH hervor. Und dann geht es rund, weil es kommt auf einmal der Begriff "Führung" ins Leben hinein. Es ist auf einmal aktiv wahrnehmbar, was das kleine "ich" eigentlich heruntergeschluckt hat um in die Gesellschaft zu passen. Und es wird deutlich, dass Ich etwas ganz anderes im Leben tun müsste, um zu heilen und fruchtbar für mich und meine Umwelt zu wirken. Wer uns das sagt ist das ICH, das sich je nach Lebensweg auf ganz unterschiedliche Weise offenbart.

Im Spiegel menschlicher Wahrnehmung entsteht dann das DUDudu, das Gegenüber, mit dem wir kommunizieren. Zwischen ICH und DU liegt heilige Ebene der "Kommunikation" (das Wort stammt von "Communio", also Teilung von heiligen Friedenssymbolen, die Worte sind). Das IchDu und das ichdu sind nur "Reflexionen" des ICHDU, die sich in der individuell geprägten Geistkörperseele auf eine bestimmte lebensgeschichtlich verbundene Weise "anfühlen". Die Achtung des Gegenübers- sei es ein innerer Widersacher oder Befürworter oder ein äusserer potentieller Gesprächspartner mit einem Für und Wider ("Streitkultur")- spielt eine riesige, übergeodnete Rolle im Erzeugen einer gesunden und glückvollen Lebenswahrnehmung. Nur wer wirklich jeden Menschen als DU respektiert, wird jeden einzelnen Schritt, den ICH will auch erreichen und erfolgreich gehen.

Das "Selbst", das dann in des Rattenfängers Flöte erscheint, ist einfach. "selbst" ist durch das Geburtstrauma ohne das Erleben eines "Selbst" "unsichtbar" und das SELBST wird erst im Übergang in eine neue Dimension erfahren- z.B. den Übergang in einen neuen Körper (Tod). Das SELBST ist die sogenannte "zweite Erinnerung", eine "Paradieserfahrung". Das "Selbst" ist alles was man in der menschlichen Wahrnehmung benötigt, wenn man um die anderen Wesensteile weiss und sie in sich findet. Es kommt dann in der Rattenfänger-Flöte wieder ein (-), also etwas das wir nicht kennen, da kann alles passieren, das wir nicht wissen. Es geht wohl nur darum, dass aus "_" das "-" wird- eine Erhöhung also. Und schließlich kommt zum Schluss das Wesentliche: die "1". Diese verweist auf den Neuen "Wert" des "Ich". Alles andere als "Ich Selbst" entfällt aus der Betrachtung, weil die Geistkörperseele vollständig transformiert ist und das gesamte Wesen "integriert" ist. Materie ist nicht mehr als getrennte Wesenheit wahrnehmbar. Man ist nach einiger Zeit irgendwann "Weltenbürger"- der Horizont weitet sich je mehr sich das fünfte Chakra, das Gotteswort öffnet und der Körper als gesamter Resonanzraum für die eigene "Wortseele" wahrgenommen wird. Die Wortseele- dieser Schöpfungsimpuls für alles was der Mensch an Positivem und Positivstem schöpfen kann- ist jedem Menschen mit seinem Namen gegeben. Dabei gibt es zwei oder mehr Teile: den Vor- und den Nachnamen. Aber das nur am Rande, weil es mit dem Rattenfänger gar nix mehr zu tun hat. Da müssten wir in die Unendliche Geschichte wechseln zu Herrn "Michael" "Ende".

:kuss1: <---die sehen ja sooo dooooooooof aus!
 
Der Mensch tut dasjenige, von dem er glaubt, dass es ihm Glück bringt und das ist genau das, was jeder Mensch will: glücklich sein.

Wille und Glück sind identisch.

Solange nicht des einen Glück des anderen Unwille erzeugt, würde ich Dir da unbedingt Recht geben. So wie es aussieht ist zur Zeit also Glück nicht erreichbar und Glück nicht bekannt, weil es immer jemanden gibt, der gerade ärgerlich ist auf uns Konsumfettbu(ü)rger, weil ihm sein Kind in den Armen verhungert. Solange der Wille von einem individuellen Glauben gesteuert wird und ständig realmenschliche Tatsachen ausgeblendet werden haben wir da noch einen längeren Weg zu laufen in unserem Gänsefüsschen-Tempo heute am 10.08. im Jahre 2006.

Aber wir können ja dabei singen, um uns alle wieder auf den Spielplatz-Teppich des Universums zu bringen und mal voran zu machen:


Aaaaaaaaaaaaramtamtam, Aramtamtam. Gulligulligulligulli Ramtamtam.
Araaaaabi, Araaaaabi, gulligulligulligulli Ramtamtam.

:kuss1: <--so scheisse...
 
Im menschlichen Leben entsteht die "Ausblendung" des kleinen selbst durch das Geburtstrauma, bei dem Atlas- und Kiefergelenke dauerhaft und lebenslang (aber revidierbar) gestaucht und gezerrt werden.
Ich bin noch immer auf der Suche nach der allerersten Ursache, warum das Selbst hinter das Ich zurücktritt.

Gestern habe ich mich mal oberflächlich durch die Primärtherapie nach Arthur Janov gelesen, und er sieht die erste Ursache in dem Moment gegeben, als der Mensch geboren wird, und erkennen muss, in was für einer Welt er da gelandet ist. Gemäss dieser Idee passiert die Entfremdung des Menschen von sich selbst in dem Moment, als er all den ungeheuren Schmerz über seine Geburt in diese Welt bloss dadurch zu verkraften weiss, dass er sich von sich abspaltet, sich von sich entfremdet. Hier wird ein "Ich" geboren, das die Unmittelbarkeit des überwältigenden Schmerzes (nicht bloss körperlicher Schmerzen, sondern insbesondere seelischer Schmerzen) bloss so verkraften kann, indem es in die "primäre Neurose" der Identifikation mit dem Verstand verfällt.
(Achtung: Diese Neurose wird in der Primärtherapie nicht als etwas schlechtes angesehen, sondern ganz im Gegenteil ist sie eine Notwendigkeit. Der Mensch würde vermutlich sonst sofort wieder am Schmerz zugrundegehen, wenn ihm diese Strategie der Selbst-Entfremdung nicht zur Verfügung stünde, da er der Unmittelbarkeit seines Schmerzes völlig hilflos ausgeliefert wäre.)

Das ist kein schlechter Gedanke, und die Primärtherapie hat hier mit Sicherheit viel zu bieten, was die Auflösung dieses Problems anbelangt.
Damit wäre dann alles, was sonst noch durch die Sozialisation passiert, also all die falsche eingetrichterte Moral, die falschen Wertvorstellungen, Sekundärbedürfnisse etc. bloss zweitrangig im Vergleich zu der primären Neurose. Insofern müsste die überall gehörte Kritik an der Sozialisation ein grosses Stück relativiert werden - die erste Ursache geht gar nicht auf ihre Kappe, sondern besteht ganz einfach darin, dass der Mensch den Geburtsschmerz nicht anders zu überwinden weiss, als in die erste Neurose zu verfallen.

Das heisst: Sozialisation bringt sekundäre Neurosen hervor, der Geburtsvorgang selbst hingegen primäre Neurosen. (Es gibt auch Neurosen, die erst am Ende der Sozialisation passieren, also keine frühkindlichen Neurosen mehr. Man könnte sie entsprechend ev. als tertiäre Neurosen bezeichnen.)

Bloss: Stimmt das auch wirklich? Sozialisation geschieht im Frühkindesalter. Wenn das bloss sekundäre Neurosen sind, dann geschieht also die Ur-Entfremdung vom Selbst womöglich früher schon, also bei der Geburt. Das behauptet, wenn ich sie richtig verstanden habe, die Primärtherapie. Aber, wenn wir zur Geburt zurück müssen, um die Ur-Entfremdung zu finden - warum könnte diese Ur-Entfremdung nicht schon VOR der Geburt stattgefunden haben, also noch im Mutterbauch, beispielsweise bei der Zeugung? Vielleicht ist der Grundbaustein dort gelegt, wo das Spermium in die Eizelle eindringt. Vielleicht entfremdet sich dort das Selbst des Menschen zum aller-, allerersten Mal von sich selbst? Wer könnte denn das schon sagen?

Wenn wir das alles konsequent durchdenken, dann kommen wir zum Schluss, nicht genau bestimmen zu können, wann die Ur-Entfremdung stattgefunden hat. Wir könnten sogar noch weiter zurückgehen als bis zum Zeugungsakt. Und genau das tut der Buddhismus mit der Behauptung, dass es sowas wie Bardo-Bereiche gäbe. Die Entfremdung des "Menschen" von sich selbst beginnt nach manchen buddhistischen Schulen weder bei der Sozialisation, noch bei der Geburt, noch beim Zeugungsakt, sondern DAVOR und zwar während der Reise durch die Bardo-Bereiche - in dem Moment, wo der Mensch, aufgrund seines Karmas, den Drang verspürt, wiedergeboren zu werden. Er reist in dem Moment durch all die verschiedenen Bereiche der Realität, vom höchst Subtilen über das Subtile bis hin zum Grobstofflichen bis zur Zeugung/Geburt (das ist meines Wissens nicht genauer beschrieben). Im Moment der Zeugung/Geburt hat er sich total von sich selbst entfremdet. Der Vorgang kehrt sich dort um, und der Mensch beginnt von der Involution, die er seoben durchgemacht hat, einen evolutiven Prozess, in dem er versucht, die Entfremdung von sich selbst rückgängig zu machen. Ein Mensch, der das vollständig schafft, ist ein Erleuchteter.
Diese Prozess ist im tibetischen Totenbuch beschrieben.

Wenn diese Theorie stimmt, dann muss endlich Schluss gemacht werden mit der Idee, dass kleine Kinder näher bei Gott seien als Erwachsene. Denn das würde so einfach nicht stimmen, es würde mit der Theorie von Involution bei der Reise vom Höchsten durch die Bardo-Bereiche in die grobstoffliche Welt und der Evolution durch die Reise dieser Welt bis hinein in die Bardo-Bereiche kollidieren. Die beiden Thesen schneiden sich einfach.

Allerdings, das ist mir klar, bewegen wir uns hier seeeeehr weit auf Mutmassungen und dünne Äste hinaus. Noch nicht einmal im Buddhismus sind sich die Experten darin einig, wie der genaue Vorgang von Geburt, Tod und Wiedergeburt aussieht. Es handelt sich darum kaum um mehr als blosse Mutmassungen, die aber wenigstens in sich ein mehr oder minder kohärentes Bild von der Sache abzugeben vermögen.
 
Hi fckw,

Was will ich? Ich will das, was ich tue. Um herauszufinden, wo mein Wollen liegt, muss ich also nicht in mich hineinhorchen und dort irgendwelche netten Phantasien hegen, sondern ganz einfach hinschauen, was ich tue. (...)

Er ist der von sich selbst entfremdete Mensch, der sich dann eben vor die Frage gestellt sieht, was eigentlich sein Wollen sei, und wie er wirklich wissen könne, ob er wolle, was er denke, das er wolle und so weiter und so fort. Wenn man sich einmal auf die intellektuellen Schleifen eingelassen hat, kommt man da nicht mehr raus.

Ich halte Deine Ausführungen über den Willen für zutreffend. Dass die Beschäftigung mit der Frage: "Was will ich eigentlich wirklich" in eine wie Du schreibst "intellektuelle Schleife" führen muss, ergibt sich meiner Meinung nach bereits daraus, dass diese Frage ihrer Natur nach im Grunde paradox ist. Denn wenn ich sie stelle, will ich eben genau diese Frage stellen. Schon daraus ergibt sich, dass die Frage nach dem wirklichen gegenwärtigen Willen intellektuell überhaupt nicht zu lösen ist. Ich will das, was ich will, eine genauere Aussage ist nicht mehr möglich.

Ich finde auch gut, dass Du in Deinen Beispielen auf die Konstellationen eingehst, die herkömmlicherweise von den Gegnern eines umfassenden Willens-Begriffes wie dem Deinigen gebracht werden, z. B. die Insassen von Gefängnissen und Konzentrationslagern. Man kann das noch weiter steigern, indem man fragt: Der Mensch, der gerade mit dem Flugzeug abstürzt, will der wirklich abstürzen? Meines Erachtens führt insoweit der Satz "Du willst was Du gerade tust", wenn man ihn konsequent zuende denkt, über die herkömmliche Subjekt-Objekt-Trennung hinaus und führt beinahe zwingend zu der Konsquenz, dass auf der Ebene eines solchen weitverstandenen Willens-Begriffs wir Menschen eins sind mit der uns umgebenden Realität, oder - anders ausgedrückt - diese Realität letztlich unser Wille ist.

Herzlichen Gruß,

Vitriol
 
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Nun fragst du: Wie könnte ich die Liebe haben, solange ich sie nicht empfinde noch ihrer gewahr werde, wie ich es an vielen Menschen sehe, die große Werke aufzuweisen haben und an denen ich große Andacht hab und zum wundern was finde, wovon ich aber nichts habe?

Hier musst du zwei Dinge beachten, die sich in der Liebe befinden: Das eine ist das Wesen der Liebe, das andere ist ein Werk oder ein Ausbruch der Liebe. Die Stätte des Wesens der Liebe ist allein im (göttlichen) Willen. Wer mehr von diesem Willen in sich hat der hat auch mehr Liebe. Aber wer mehr davon habe, daß weiß niemand vom andern; Das liegt verborgen in der Seele, dieweil Gott verborgen liegt im Grunde der Seele. Diese Liebe (das Wesen der Liebe) liegt ganz und gar im (göttlichen) Willen, der verborgen liegt am Grund der Seele.

Nun gibts aber noch ein zweites: Das ist ein Ausbruch und ein Werk der Liebe. Das sticht recht in die Augen, wie Innigkeit, Andacht und Jubilieren, und ist dennoch allwegs das Beste nicht. Es stammt mitunter gar nicht von der Liebe her, sondern es kommt bisweilen aus der Natur, daß man solches Wohlgefühl und süßes Empfinden hat. Und stammt es auch von Gott, so kann es vielerlei Gründe haben (abgekürztes blabla)

Master Eckehart

Dann gibts noch ein drittes: Diesen verrückt gewordenen Eremiten, der sein Leben lang allein durch dunkle Gassen gegangen ist, die halbe Zeit vom Wein berrauscht, auf der Suche nach dem Wesen der Liebe, nach diesem verborgenen Gott; sich dann und wann vom Wein berrauscht und der empfindenden Seele und der aufnehmenden Sinne und der Liebe beraubt auch Frauen hingegeben hat. Sein Suchen war nicht dem Ausbruch sondern dem Wesen der Liebe gewidmet. So ließ er also wieder ab und taumelte weiter; durch dunkle Gassen, die nach und nach heller wurden; so kam er dem Wesen der Liebe nach und nach näher.

Und sein Alter an Jahren schritt voran, seine Haare wurden grau, ohne dass er jemals einen Ausbruch der Liebe miterlebt hätte. In sich selbt. Da schickte ihm also kurz vor seinem Ende der Gott nochmal ein Werk der Liebe, ein Mädel mit goldenem Haar, und lockte ihn, auszubrechen. Und er prüfte sich selbst und sagte zu Gott:

"Ich war mein lebenlang auf der Suche nach dem Wesen der Liebe, nach dir, Vater des Himmels und der Erde. Auch wenn man es mir im Außen nicht ansieht, weil ich ein verkommener Lump bin; in mir drinnen aber war ich mein Lebenlang auf der Suche nach dir; nach dem Wesen der Liebe, ohne ein einziges mal in Liebe auszubrechen. Die Pfaffen sagen, du willst mich prüfen. Ich aber sage: Du gibst mir hier ein Geschenk, denn ich habe mich bereits selbst geprüft und weiß, dass mir dieser Ausbruch der Liebe sehr fehlt zu meiner Ganzheit als Mensch. Du gibst mir gegen Ende meiner Reise ein Geschenk, dass ich gerne von dir nehme, denn ich habe erkannt, dass ich samt meiner ganzen Liebe zu dir, mein verborgener Gott, nichts tun kann für die Welt und der Weg ins Kloster ist mir versperrt.

Anonymer Eremit
 
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