Was ist Kunst? Wer sind Künstler?

@ Elfman

Da könnte sich jetzt aber der eine oder andere Musiker, Sänger, Fotograf oder ein Schauspieler, der selbst keine Drehbücher schreibt etc. etwas auf den Schlips getreten fühlen, glaub ich. :D
Meiner Meinung nach ist Interpretieren genauso eine Kunst wie das Kreieren.
Wenn Musiker oder Sänger etwas eigenes schaffen werden sie zu Komponisten.
Fotografen zB sind für mich Kunsthandwerker, sie fotografieren etwas, was schon da ist, wenn auch mit einem neuen Betrachtungswinkel, einem anderen Licht, in einem anderen Kontext. Haben sie etwas Neues erschaffen? Ich denke nicht. Es ist einfach eine (neue) Interpretation von schon Dagewesenem.
Und so sehe ich alle Interpreten als Kunsthandwerker, ohne es abzuwerten. Einfach nur als Unterscheidung zwischen dem Künstler, der etwas Neues schafft und dem Kunsthandwerker, der etwas neu interpretiert. Das ist keine Wertung besser/ schlechter oder höhere / niedrigere Kunst. Einfach eine Begriffsdefiniton.
Die Schwierigkeit bleibt natürlich bestehen, genaue Trennungslinien zu ziehen, da, wie überall, Übergänge meist fließend sind. Insofern sehe ich diese Begrifflichkeiten auch nicht absolut, sondern eher als Orientierungshilfe.

Nachtrag: Man könnte den Begriff "Kunsthandwerker" auch einfach als "Interpret" verstehen und so die Unterscheidung zum Künstler machen. Wie gesagt, eine reine Begriffsdefinition.
 
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@ Elfman

Wenn Musiker oder Sänger etwas eigenes schaffen werden sie zu Komponisten.
Fotografen zB sind für mich Kunsthandwerker, sie fotografieren etwas, was schon da ist, wenn auch mit einem neuen Betrachtungswinkel, einem anderen Licht, in einem anderen Kontext. Haben sie etwas Neues erschaffen? Ich denke nicht. Es ist einfach eine (neue) Interpretation von schon Dagewesenem.
Und so sehe ich alle Interpreten als Kunsthandwerker, ohne es abzuwerten. Einfach nur als Unterscheidung zwischen dem Künstler, der etwas Neues schafft und dem Kunsthandwerker, der etwas neu interpretiert. Das ist keine Wertung besser/ schlechter oder höhere / niedrigere Kunst. Einfach eine Begriffsdefiniton.
Die Schwierigkeit bleibt natürlich bestehen, genaue Trennungslinien zu ziehen, da, wie überall, Übergänge meist fließend sind. Insofern sehe ich diese Begrifflichkeiten auch nicht absolut, sondern eher als Orientierungshilfe.

Nachtrag: Man könnte den Begriff "Kunsthandwerker" auch einfach als "Interpret" verstehen und so die Unterscheidung zum Künstler machen. Wie gesagt, eine reine Begriffsdefinition.


Naja, einerseits verstehe ich Dich, dass das Dagewesene nur wiedergegeben wird. Andererseits in der Musik ist beispielsweise nur die Form vorgegeben. Und der Interpret Künstler schafft es neu.

Deshalb kann man die Winterreise von 50 Sängern hören, kein einziges Mal gibt es ein Duplikat, jedesmal ist es neu.

Allerdings find ich schon, dass es den Kunsthandwerker auch gibt. Beispielsweise, wenn ein Kunstschreiner sich darauf spezialisiert hat, Holzstatuen in großer Stückzahl herzustellen. Dann ist jedes einzelne Stück, das so aussieht wie das andere, eher das Produkt eines "Kunsthandwerkers".
 
@ Musikuss

Zitat ELIAS #118
Ich hab den ganzen Thread durchgelesen und hab mal eine Frage an Musikuss: Bist Du Künstler?
Zitat Musikuss:
Naja, einerseits verstehe ich Dich, dass das Dagewesene nur wiedergegeben wird. Andererseits in der Musik ist beispielsweise nur die Form vorgegeben. Und der Interpret Künstler schafft es neu.
Deshalb kann man die Winterreise von 50 Sängern hören, kein einziges Mal gibt es ein Duplikat, jedesmal ist es neu.
Darf ich somit meine Frage als beantwortet ansehen? Du bezeichnest Dich (oder Musiker die Dagewesenes interpretieren) als Künstler?
Die 50 Sänger, die das Dagewesene interpretieren, tun das also quasi als "Aktionskünstler"?

Dann verstehe ich Deine Aussage aber nicht:

Echte Kunst ist zeitüberdauernd und spricht aus sich selbst heraus! Also nicht, weil der oder jener es gefertigt hat oder weil es Geschichte schrieb..
Eine solche musikalische Aufführung ist ja nicht zeitüberdauernd, das komponierte Musikstück dagegen schon und somit ist es eben doch der Komponist, der das geniale Werk schuf und nicht der Interpret.

Andererseits in der Musik ist beispielsweise nur die Form vorgegeben. Und der Interpret Künstler schafft es neu.

Der "Interpret Künstler" (tolle Wortschöpfung!) schafft es nicht neu, er interpretiert es neu. Bitte nicht die sauer erarbeiteten Begrifflichkeiten wieder durcheinander werfen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Und dennoch bleibt eine Stradivari eine Stradivari, ob nun jemand darauf spielt oder nicht.

Wenn man Venenig entsiedeln würde, wären dennoch die Kunstwerke vorhanden. Sie entstehen ja nicht erst durch das Betrachten.

Schon klar, dass Kunstwerke nicht durch das Betrachten entstehen.
Aber erst durch die Betrachtung kann ich zu der Wahrnehmung gelangen: Ahh, es ist ein Kunstwerk.

Und die Stradivari bleibt trotzdem nur eine Geige. Erst der Musiker, der sie spielt, kann sie von einer gewöhnlichen Geige unterscheiden. Der normale Zuhörer dürfte den Unterschied eher nicht bemerken.
 
@ Musikuss

Zitat ELIAS #118
Zitat Musikuss:
Darf ich somit meine Frage als beantwortet ansehen? Du bezeichnest Dich (oder Musiker die Dagewesenes interpretieren) als Künstler?

Ja.

Die 50 Sänger, die das Dagewesene interpretieren, tun das also quasi als "Aktionskünstler"?

Dann verstehe ich Deine Aussage aber nicht:

Eine solche musikalische Aufführung ist ja nicht zeitüberdauernd, das komponierte Musikstück dagegen schon und somit ist es eben doch der Komponist, der das geniale Werk schuf und nicht der Interpret.


Da hast Du recht und da war ich unpräzise. Wir sprachen davor von der
, auf die ich mich bezog.

In der Musik ist es etwas schwieriger. Denn einerseits hat man die Komposition, auf die die Definition der Zeitlosigkeit noch zutrifft. In der Darstellung der Musik, ist das gesamte ein Prozess, der in der Gegenwart zeitlich sinnlich geistig wahr genommen wird.
Der Interpret beeinflusst die Komposition. Aber auch der Improvisierende schafft gegenwärtig. Somit könnte man bei letzterem nicht von zeitlos sprechen, es sei denn, es würde mit einem medium aufgenommen werden und ebenso zur Komposition zählen.

Der "Interpret Künstler" (tolle Wortschöpfung!) schafft es nicht neu, er interpretiert es neu. Bitte nicht die sauer erarbeiteten Begrifflichkeiten wieder durcheinander werfen.

Ja, da gebe ich Dir recht, es ist nicht so leicht, gerade was letztgenannten Fall angeht. Bei der Bildenden Kunst hingegen für mich schon.

Der Improvisierende oder musikschaffende Künstler wäre noch heraus zu arbeiten. Denn er ist weitaus mehr als ein Galerist, der auch Werke darstellt. Im Gegensatz zu diesem ist der musikschaffende Künstler aber auch ein Kunstwerk beinflussender. Was wäre ein Stück Brahms ohne Interpreten?

So kam nach einer Uraufführung eines Stückes einmal der Komponist auf mich zu und sagte," ich wusste ja überhaupt nicht, dass ich ein so schönes Werk geschrieben habe". Also auch Teilhaber?
 
Ein Problem für mich ist der Begriff "Kunst". Wie im schlauen Wiki zu lesen, kommt das Wort "Kunst" wohl von "können".
Ich ziehe aber in Betracht, dass im Wort "Kunst" mindestens eben so viel "künstlich" drin steckt wie "können".
"Künstlich" in dem Sinn, dass der Künstler etwas geschaffen hat, was vorher weder in der Natur noch in der "realen" Welt da war. Etwas, was dem menschlichen Einfallsreichtum und Ausdrucksweise entsprang.
In diesem Sinne sehe ich Interpreten her als Kunsthandwerker denn als Künstler an, ohne Wertung ihres Könnens.

Was mich auch nachdenken lässt: Was geschieht mit der Kunst, wenn weder Künstler noch Betrachter / Zuhörer da sind? Verschwindet die Kunst nicht einfach wieder sang- und klanglos? Selbst eine Pyramide ist nur ein Haufen Steine, wenn nicht ein Mensch sie gerade betrachtet.

Genau das macht die Kunst überhaupt zu Kunst, nämlich der Künstler und die Betrachter, die sie als solche wahrnehmen.
Mit Recht wurde gesagt, dass die Schönheit im Auge des Betrachters liegt.
Daher ist nicht nur der Künstler der Schöpfer seiner Kunst, sondern auch die Betrachter, die sie als solche wahr- und annehmen.
Der Betrachter ist so gesehen wie ein Klavier und nur ein guter Künstler schafft es, richtig gute Töne aus ihm heraus zu kitzeln.
In Wahrheit entsteht sie nicht in einer Ausstellungshalle oder im Opernhaus, sondern im Wahrnehmenden, den sie innerlich tangiert.

Kinder malen auch gelegentlich Bilder und einige von diesen werden wirklich schön, nur landen sie irgendwann im Abfalleimer und weg ist die Kunst.
Was ein Werk wirklich so richtig lebendig und langlebig macht, sind daher die Betrachter, die es wertschätzen.
Was soll ein Mensch mit seinem Werk anfangen, wenn niemand es mit ihm teilen und lieben will?
 
Zuletzt bearbeitet:
Eine solche musikalische Aufführung ist ja nicht zeitüberdauernd, das komponierte Musikstück dagegen schon und somit ist es eben doch der Komponist, der das geniale Werk schuf und nicht der Interpret.

Ohne das „Happening“ sind es trotzdem bloß tote (Noten-)Schriftzeichen, die der Dechiffrierung bedürfen. Die Kunst kann nur im gegenwärtigen Augenblick (auf)leben. Gerade bei der Musik ist es außerdem Menschen unmöglich, das gesamte Werk komplett gleichzeitig zu „entschleiern“. Sie lebt davon sich erklingenden/verhallenden Ton für Ton in eine vorbestimmte „Richtung“ zu entwickeln.
Am Schluss des Stückes ist sie gewissermaßen materiell gestorben und lebt (im Idealfall) nur noch als abschwellender Rausch und abstrakt gefühlter „Seligkeit“ weiter in den Köpfen des applaudierenden Publikums und der sich vor ihnen verbeugenden Interpreten.

Aber stimmt schon, ein „nur“ improvisiertes Musikstück, mag es noch so „genial“ sein,
das nicht aufgezeichnet wurde (weder in „Köpfen“ noch auf Paper) ist und bleibt dann auf Ewig etwas unwiederbringlich „Unreproduzierbares“. Ein wahres Opfer an die „Götter“, um es mal etwas pathetischer auszudrücken. :D
 
Ist heute Nacht etwas durcheinander geraten:

Zitat von ELIASBeitrag anzeigen
@ Musikuss

Zitat ELIAS #118
Zitat Musikuss:
Darf ich somit meine Frage als beantwortet ansehen? Du bezeichnest Dich (oder Musiker die Dagewesenes interpretieren) als Künstler?
Ja.

Die 50 Sänger, die das Dagewesene interpretieren, tun das also quasi als "Aktionskünstler"?

Dann verstehe ich Deine Aussage aber nicht:

Zitat:
Eine solche musikalische Aufführung ist ja nicht zeitüberdauernd, das komponierte Musikstück dagegen schon und somit ist es eben doch der Komponist, der das geniale Werk schuf und nicht der Interpret.


Da hast Du recht und da war ich unpräzise. Wir sprachen davor von der
Bildenden Kunst, auf die ich mich bezog.

In der Musik ist es etwas schwieriger. Denn einerseits hat man die Komposition, auf die die Definition der Zeitlosigkeit noch zutrifft. In der Darstellung der Musik, ist das gesamte ein Prozess, der in der Gegenwart zeitlich sinnlich geistig wahr genommen wird.
Der Interpret beeinflusst die Komposition. Aber auch der Improvisierende schafft gegenwärtig. Somit könnte man bei letzterem nicht von zeitlos sprechen, es sei denn, es würde mit einem medium aufgenommen werden und ebenso zur Komposition zählen.

Der "Interpret Künstler" (tolle Wortschöpfung!) schafft es nicht neu, er interpretiert es neu. Bitte nicht die sauer erarbeiteten Begrifflichkeiten wieder durcheinander werfen.
(Habe ein Komma vergessen!)
Ja, da gebe ich Dir recht, es ist nicht so leicht, gerade was letztgenannten Fall angeht. Bei der Bildenden Kunst hingegen für mich schon.

Der Improvisierende oder musikschaffende Künstler wäre noch heraus zu arbeiten. Denn er ist weitaus mehr als ein Galerist, der auch Werke darstellt. Im Gegensatz zu diesem ist der musikschaffende Künstler aber auch ein Kunstwerk beinflussender. Was wäre ein Stück Brahms ohne Interpreten?

So kam nach einer Uraufführung eines Stückes einmal der Komponist auf mich zu und sagte," ich wusste ja überhaupt nicht, dass ich ein so schönes Werk geschrieben habe". Also auch Teilhaber?
 
Ohne das „Happening“ sind es trotzdem bloß tote (Noten-)Schriftzeichen, die der Dechiffrierung bedürfen. Die Kunst kann nur im gegenwärtigen Augenblick (auf)leben. Gerade bei der Musik ist es außerdem Menschen unmöglich, das gesamte Werk komplett gleichzeitig zu „entschleiern“. Sie lebt davon sich erklingenden/verhallenden Ton für Ton in eine vorbestimmte „Richtung“ zu entwickeln.
Am Schluss des Stückes ist sie gewissermaßen materiell gestorben und lebt (im Idealfall) nur noch als abschwellender Rausch und abstrakt gefühlter „Seligkeit“ weiter in den Köpfen des applaudierenden Publikums und der sich vor ihnen verbeugenden Interpreten.

Das kommt natürlich darauf an, ob man meint, wenn ein Wort gesprochen wurde, ist es hernach vorbei und unverhallt oder wenn ich davon ausgehe, dass einiges nachhallt und Teil zur Entwicklung des Menschen beiträgt.

Zusätzlich aber auch, dass man davon ausgeht, dass geistig alles, gerade unsere gedanken und Gefühle weiter bestehen bleiben. Ja, sogar beginnen, ein Eigenleben zu führen.


Aber stimmt schon, ein „nur“ improvisiertes Musikstück, mag es noch so „genial“ sein,
das nicht aufgezeichnet wurde (weder in „Köpfen“ noch auf Paper) ist und bleibt dann auf Ewig etwas unwiederbringlich „Unreproduzierbares“. Ein wahres Opfer an die „Götter“, um es mal etwas pathetischer auszudrücken. :D

Bei letzt genanntem ist dann sogar selbst das "improvisierte Musikstück" etwas lebendiges, bleibendes. Und wie Du sagst, ein Gruß an die geistige Welt.

Wenn man es von dieser Seite des geistigen Fortbestehens aus betrachtet, ist natürlich ALLES was man schafft weiter lebendig und zeitlos. Nicht nur das hohe, ästhetische Kunstwerk.
Und wenn man davon ausgeht, dass alles was man denkt und tut ein geistiges Fortleben hat, dann kann man auch fragen, was für eines hat es dann? Also beispielsweise der Gegensatz von einem Liebesgedanken zu einem Hassgedanken. Von einem ästhetischen oder unästhetischen Kunstwerk.

Und hier denke ich, scheidet sich dann auch so manches was hell oder hell ist.
Aber hier wird es dann noch einmal sehr konkret!
 
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Ist jemand eher ein nach außen gewandter Tastenartist und ein anderer eher ein innerlich geistvoller Künstler, der sich zurück nehmen kann und das klavierstück dadurch in Höhen heben kann?

Hier unterscheidet sich dasjenige, was bisher ansonsten als Kunst benannt wurde kolosal. Man nennt beides Kunst, ist aber eigentlich voneinander so weit entfernt wie der Mond von der Sonne.

Wie wahr. Sah mal einen Film, wo eine junge Klavierspielerin auf Empfehlung eines Freundes bei einem grossen Meister vorspielen durfte und gleich abblitzte. Die Begründung des Meisters an ihren Freund: Ja, sie spiele "technisch" einwandfrei, sie könne sehr wohl grossartig Klavier spielen, aber es fehle ihr eben dabei die "Seele".

Zur grossen Kunst gehört wohl auch viel harte Arbeit, aber jemand ohne Talent kann noch so hart schuften, es kommt dabei nicht einmal "kleine" Kunst heraus, sondern gar keine, höchstens ein "Geknorze". Ein mit Hingabe gekritzeltes Bild eines Kindergärtners würde ich demnach eher als "kleines Kunstwerk" bezeichnen als manches in Kunstgalerien ausgestellte "Kunstwerk".

Heutzutage scheinen die "Musen" vergessen oder gar überflüssig ...
und @Elfman:
"ein wahres Opfer an die Götter" finden wohl nur die pathetisch, die nie etwas von wahrer Kunst begriffen haben ;)
 
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