Was bedeutet "ärmliches Leben"?

Wie ein "ärmliches Leben" zu definieren ist, liegt - wie bei vielen Fragen
im Auge des Betrachters.

Es erscheint wohl fast allen Menschen nicht als erstrebenswert, unter einem
Existenzminimum leben zu müssen.
Bleibt aber die Frage offen, ob ein Leben mit einem Reichtum,
welches mit Alarmanlagen, Bodygarts und Schutz vor Paparazzi nicht
auf andere Weise ärmlich sein kann.

Ich denke, man solle sich selbst prüfen und die eigenen gelebten (oder
angestrebten Werte) in die eine imaginäre Waagschale legen und dann die finanziellen
Mittel oder Kräfte in die andere.
Hält sich alles etwa die Waage, dann ist alles gut.
Veränderungen sollten stattfinden, wenn eine Seite extrem schwer runter hängt.
 
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Tja - ich bin da ganz bei dir.

"Geld macht nicht glücklich" - diesen Satz hört man selten von Menschen, die viel Geld haben. Ich hab mal ein Interview mit Julia Roberts gelesen, die sagte zwar auch "Geld macht nicht glücklich" aber mit dem Nebensatz "... es heult sich aber in der Strechlimousine wesentlich besser als im öffentlichen Autobus" ...

Es ist ja auch nicht das Geld, das glücklich macht, sondern die Tatsache, dass man mit Geld unabhängig ist oder dass man sich damit öfter mal was Gutes tun kann.
Jetzt sagen zwar viele Menschen, ich hab kein Geld und fühle mich gerade deshalb unabhängig. Allein ich glaube es nicht so ganz. Denn wenn es kalt ist in der Wohnung und man kein Geld hat, um warm einzuheizen, dann glaub ich nicht, dass man dann denkt, toll, ich hab die Freiheit hier mit den Zähnen zu klappern.
Ich hab mir auch jahrelang erfolgreich eingeredet, was ich alles nicht brauche und wie glücklich ich deshalb bin, weil ich es nicht brauche - in Wahrheit konnte ich es mir nicht leisten und das hab ich mir schön geredet.
Ich lass es mir ja noch einreden, wenn man alleine lebt, dann ist es vielleicht auch ein Abenteuer dem Minimalismus zu fröhnen, aber wenn man Kinder hat, ist das ganze dann schon nicht mehr so abenteuerlich und romantisch.

Es heult sich auch wesentlich besser satt und warm, als wenn man heult und gleichzeitig ist der Magen ist leer und die Wohnung kalt.
 
Gesellschaftlich ist es aber verpönt, zu "heulen", wenn man doch alles hat. Man hört es immer wieder wie sehr reiche, und in der Öffentlichkeit stehende Menschen, Suizid begehen, und gefühlt alles, schüttelt den Kopf. Die meisten argumentieren dann, Reichtum macht ja gar nicht glücklich. ( Glück gehabt)
Aber insgeheim will es trotzdem jeder. Zumindest kenne ich niemanden, der/die Geld etc ablehnen würde, weil Minimalismus ja angeblich glücklich macht....

Ich persönlich ertrage Ramsch, Unordnung, Dreck nicht. Deswegen ist weniger für mich immer mehr.
 
Gesellschaftlich ist es aber verpönt, zu "heulen", wenn man doch alles hat. Man hört es immer wieder wie sehr reiche, und in der Öffentlichkeit stehende Menschen, Suizid begehen, und gefühlt alles, schüttelt den Kopf. Die meisten argumentieren dann, Reichtum macht ja gar nicht glücklich. ( Glück gehabt)
Aber insgeheim will es trotzdem jeder. Zumindest kenne ich niemanden, der/die Geld etc ablehnen würde, weil Minimalismus ja angeblich glücklich macht....

Ich persönlich ertrage Ramsch, Unordnung, Dreck nicht. Deswegen ist weniger für mich immer mehr.
Die Zeit, in der man nicht heulen durfte, ist denke ich, vorbei.
Man darf es wieder.....

Was allerdings immer überprüft wird und auch von sich selbst überprüft
werden sollte, ist: Ob es mehr ein "Jammern auf hohem Niveau" ist.

Wenn du bei jemandem heulst, dem es noch schlechter geht als dir,
können unangenehme Reaktionen folgen.
Und es gibt auch diejenigen, die sich gerne stärker zeigen, als sie eigentlich
sind. Die nutzen solche Gelegenheiten gerne aus, um sich hervorzutun.

Die Aufklärung der Menschen schreitet immer weiter voran, auch wenn es
einem oft zu langsam erscheint.
Ich persönlich prüfe stets, ob ich mir nicht auch selbst helfen kann.

Bei ECHTEM LEID darf man nicht wegschauen.
 
Die Erträglichkeit von Armut wird m.E. auch massiv vom sozialen Umfeld bestimmt. Obdachlosigkeit in Berlin ist vermutlich eine andere Bezugsgröße als in Indien. Wenn Du in Ländern wie Deutschland unter ein gewisses Level gerätst, man vielleicht stinkt und ungewaschen ist gibt es zwar Institutionen, welche den äußerlichen Belangen nutzen, aber das Abwenden und das unangenehme Berührtsein der Öffentlichkeit ist sicher hart, insbesondere vermutlich für Männer. Ich gehe davon aus, das es von der Anzahl erheblich mehr sind. Solche geben sich dann innerlich völlig auf und ich meine, an der Stelle beginnt die Dramatik. Es ist der Ekel der Öffentlichkeit. Sobald Du nicht ein paar Mindeststandards erfüllst bist Du schnell alleine und dann geben die meisten auf und kommen nicht mehr zurück.
 
Die Erträglichkeit von Armut wird m.E. auch massiv vom sozialen Umfeld bestimmt. Obdachlosigkeit in Berlin ist vermutlich eine andere Bezugsgröße als in Indien.
Das hast du sicher recht! (Kurzes OT weil du Indien erwähnst - Kennst du diesen Roman? Sehr interessant! https://www.thalia.de/shop/home/artikeldetails/A1023065530)
Es ist auch in Ö ein Unterschied, ob du in Ostösterreich oder in Westösterreich oder Wien wohnst -
hat mit den Wohnungspreisen zutun und den Lebensstandart.
 
Das hast du sicher recht! (Kurzes OT weil du Indien erwähnst - Kennst du diesen Roman? Sehr interessant! https://www.thalia.de/shop/home/artikeldetails/A1023065530)
Es ist auch in Ö ein Unterschied, ob du in Ostösterreich oder in Westösterreich oder Wien wohnst -
hat mit den Wohnungspreisen zutun und den Lebensstandart.
Nein, kenne ich nicht.

Mir ist diese Grenze zwischen Isolierung und Anerkennung zumindest nicht ganz unbekannt und es ist spannend, ab wann man Gefahr läuft sich aufzugeben. Ich denke das ist in unser beider Länder der entscheidende Punkt, gerade auch deshalb, weil Haben hier das Sein wesentlich mitbestimmt. Wenn man genauer hinschaut, wird ganz viel von der Angst des Nichtanerkanntseins im Leben der meisten bestimmt und das ist nicht ganz unberechtigt. Sekt oder Selters ist da zweitrangig.
 
Mir ist diese Grenze zwischen Isolierung und Anerkennung zumindest nicht ganz unbekannt und es ist spannend, ab wann man Gefahr läuft sich aufzugeben. Ich denke das ist in unser beider Länder der entscheidende Punkt, gerade auch deshalb, weil Haben hier das Sein wesentlich mitbestimmt. Wenn man genauer hinschaut, wird ganz viel von der Angst des Nichtanerkanntseins im Leben der meisten bestimmt und das ist nicht ganz unberechtigt. Sekt oder Selters ist da zweitrangig.
Da hast du sicher recht - es sind vielleicht weniger die materiellen Güter an sich, welche dazu veranlassen Geld zu Scheffeln.
Sondern das Gefühl " Sonst gehöre ich nicht dazu" und auch Konkurrenzdenken " ich will den Anderen übertrumpfen".
 
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Ich glaube, es beginnt schon bei der Wahrnehmung des andern. In unserer Bahnhofunterführung wird von Asylsuchenden eine Zeitung verkauft. Meine Tochter kam letzthin nach Hause und erzählte, dass die Leute an der Frau einfach vorbeiliefen, obwohl sie immer so freundlich grüssen würde. Sie war quasi ‚unsichtbar‘. Ich finde das sehr bedrückend. Ich kaufe die Zeitung auch nicht, aber ich lächle sie seitdem immer an, nur um zu zeigen: Ich seh dich. Letzthin drückte ich ihr den Betrag in die Hand. Ein Lächeln und Händedruck genügten, verstehen tun wir uns nicht.
Viel Leid könnte über das Wahrnehmen des andern gelindert werden, nur schon in der unmittelbaren Nähe. Manchmal ist man selber einfach nur unachtsam. Das wär schon mal ein Anfang.
 
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