F
Faydit
Guest
Faydit und ich haben zusammen an der Ansicht gearbeitet, dass eine göttliche Gnade etwas Unverdientes sei, ohne etwas "richtig" gemacht zu haben. Ich füge dem noch hinzu, dass göttliche Gnade etwas sein muss, die einsetzt, wenn der Mensch für sein Falsches nicht einstehen kann, wenn er es nicht korrigieren kann, wenn es über seine Möglichkeiten hinausgeht.
Was könnte das sein? Die Folge eines sündhaften Verhaltens kann vielleicht zweierlei sein. Wenn ein Mensch einem andern die Augen aussticht, ist das dann eine Sünde, für die er einstehen muss oder geht das über seine Möglichkeiten hinaus und es würde zu einer Sache des göttlichen Gnadenerweises?
Interessante Fragestellung!
Ich möchte die aber erst einmal offen lassen. Da müste ich jetzt relativ weit ausholen. Folgt also vermutlich noch.
Ein aber hier zusätzlich enthaltener Aspekt wäre der, jemand baut Mist, macht etwas falsch, ist an etwas in Folge schuld. Nun soll der dafür in irgendeiner Weise geradestehen, die Verantwortung übenehmen, die Konsequenzen tragen, im Sinne einer zumindest mal sozialen, irdischen Gerechtigkeit, also bestraft werden.
Was aber ja zugleich - bleiben wir beim Bespiel mit den Augen - dennoch nicht dazu führt, das Geschehene rückgängig zu machen.
Früher oder in einigen anderen Kulturen wäre die Option, hier für eine ausgleichende Gerechtigkeit zu sorgen, das bekannte Auge um Auge, Zahn um Zahn. Sprich, demjeniger würde dasselbe angetan werden, das er jemandem angetan hat.
Bei uns funktioniert das etwas anders, ob nun besser oder schlechter, ob nur vor dem Gesetz tatsächlich in jedem Fall alle gleich sind, wäre ein Thema für sich.
In gewisser Weise geht es aber um eine Art Ausgleich schaffender, oder Ausgleich schaffen wollender Gerechtigkeit, die zumindest so etwa wie eine Art sozialen Frieden wiederherzustellen versucht, ohne dass das ganze in Folge in so etwas wie Selbstjustiz ausartet.
Gerechtigkeit setzt also dort ein, wo Vergeben, Verzeihen nicht möglich ist, oder die Sache damit nicht bereinigbar ist, könnte man sagen, auch wenn es da natürlich auch Mischformen gibt. Das Opfer, Angehörige vergeben dem Täter, aber juridisch bleibt der Straftatbestand bestehen.
Nach außen, in sozialen Kontext wird also eine gewisse Ordnung mehr oder weniger wiederhergestellt.
Nun kann es aber sowohl im Opfer als auch im Täter selbst trotzdem, unabhängig davon, ganz anders aussehen. Nur dafür ist die weltliche "Gerechtigkeit" dann in beiden Fällen nicht zuständig.
Wie geht jemand mit einer vermeintlichen oder tatsächlichen Schuld um? Sowohl als Opfer, als auch als Täter? Emotional, psychisch, auf Gewissensebene?
Und da kann jemand entweder seine eigenen Antworten finden, das auf irgendeine Weise verarbeiten, oder darin festhängen, anstehen, nicht weiterkommen.
In dem Fall wäre dann sozusagen eventuell eine Art Einmischung einer höheren Instanz mitunter durchaus nützlich. Ob sie passiert, oder nicht, liegt allerdings anscheinend nicht beim Menschen selbst.
Manche wären froh darüber, und erhalten sie nicht, andere erhalten etwas in der Art und wissen vielleicht selbst nicht einmal, warum. Was in etwa das ist, was ich mit (vermeintlicher) göttlicher Willkür meinte.
Aus unserer Perspektive nicht immer, mitunter sogar schwer nachvollziehbar, möglicherweise.
Dann kann es aber nochmal interessant werden: Wie geht derjenige dann mit dieser empfangenen, erlebten Gnade um? behält er die für sich, intergriert er sie in sein eigenes "System", kommt er damit klar, oder nicht?
Erzeugt das eine Art Saulus/Paulus Effekt, schlägt in Folge sozusagen das Pendel in die andere Richtung aus, wird der "bekehrte Sünder" dann auf einmal selbst zum "Bekehrer", und war das eigentlich tatsächlich die Absicht des Ganzen, oder wäre das lediglich eine Art Versuch, etwas zu ver-äußern, in gewiser Weise wieder loszuwerden, weil es einem selbst zu viel ist, es in einem selbst zu viel ist, zu schwer allein ertragbar?