Verzeihung, Vergebung, Gnade

Wenn das Verzeihen etwas löst, dann sollte man es auch immer machen.
Wenn es der Gegenüber nicht erlaubt, dass sich dadurch etwas löst, sollte man es auch nicht tun.

Meistens führt Rache in eine Abhängigkeit. (Vgl. Sawyer in "LOST", der jemand Unschuldigen umbringt.)
Wenn das Verzeihen in eine ungewünschte Abhängigkeit führt, sollte man es auch nicht machen. Sondern den Status aushalten.
 
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Verzeihung, Vergebung, Gnade
Das sind religiöse Begriffe, besonders die Gnade. Es droht, sie zu verweltlichen.

Worin unterscheidet sich eventuell menschliche Gnade vor - sagen wir mal - himmlischer, göttlicher?
Gnade vor Recht ergehen lassen, heißt eine Redewendung. Unter "Gnade" wird in diesem Sinne verstanden, dass der, der weltlich das Gesetz vertritt, oder im Sinne des Göttlichen das Gesetz ist, trotz des Gesetzes keine Sanktion gegen den Schuldigen veranlasst ...
Dafür muss es im Weltlichen wie im Göttlichen einen triftigen Grund geben. Im Weltlichen mag das verschiedene Gründe haben, sogar Willkür des Mächtigen. Aber im Göttlichen dürfen wir Willkür wohl nicht annehmen. Sie begnadigt, wenn der Schuldige nicht in der Lage ist, für seine Schuld rechtmäßig einzustehen und sie regulieren zu können.
 
Verzeihen ist so wichtig. Auch für uns selbst und für unsere Gesundheit.

Mag sein. Fragt sich eventuell, in welchem Kontext es tatsächlich angebracht wäre, in welchem nicht.

Wenn ich etwas Ungeklärtes verzeihe, kehre ich es ja sozusagen ungelöst unter den Teppich, schiebe es weg, verdränge es. Was bedeutet, das es sich auf irgendeine Art wiederholen wird. Verzeihe ich dann wieder? Und wie oft dann in Folge? In der Hoffnung, dass sich daran etwas ändert, was aber genau deshalb vermutlich eher nicht eintreten wird, eben weil nichts geklärt wurde, sondern nur so getan wurde, als ob.

Man erschafft sozuagen eine Illusion, eine Lüge eigentlich, in der Hoffnung, dass sie auf wundersame Weise dadurch Realität wird?

Kann man sicher tun, klar. Die Frage ist, ob einem die dadurch erschaffenen Resultate dann tatsächlich immer so gut gefallen.

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Inwiefern würde verzeihen zur Gesundheit beitragen?

Ein Mann kommt regelmäßig frustriert nach Hause und verprügelt seine Frau. Jedesmal verzeiht sie ihm. Jedesmal verprügelt er sie wieder...
Iniweferne wäre in diesem Fall verzeihen gut für die Gesundheit der Frau? Und was würde sich auf diese Art jemals daran ändern? Nichts, nie!

Eine Frau wird vergewaltigt. Danach verzeiht sie dem Täter. Wäre damit die Sache tatstächlich gegessen, oder nur scheinbar?

Und wenn es beim Verzeihen als anderes Extrem eigentlich eher um einen selbst geht, was hat dann das Gegenüber, derjenige, dem man verzeiht, eigentlich (noch) davon? "Ich verzeihe Dir, aber aus ganz egoistischen Gründen, hat gar nichts mit Dir zu tun!" Wäre das dann noch verzeihen?

Möglicherweise ist so etwas eben nicht ganz so einfach, so pauschal allgemeingültig.
 
Das sind religiöse Begriffe, besonders die Gnade. Es droht, sie zu verweltlichen.

Vielleicht wäre die Frage, ob es tatsächlich nur so etwas wie religiöse Begriffe wären.
Wenn es ein Begriff ist, wäre die Frage, ist es lediglich eine abstrakte Annahme, eine Konstruktion, oder gibt es hinter dem Begriff, der Codierung auch eine wie auch immer geartete Realität, Funktion im Kontext der Wirklichkeit.

Warum sollte es ein Problem sein, einen - auch wenn ich es anders sehe - religiösen Begriff zu verweltlichen?

Wenn Religion und Welt, spirituelle Welt und reale Welt getrennt wahrgenommen, erlebt werden, läuft meiner Ansicht nach ohnehin bereits eine Menge schief. Was nützt eine Religion, ein Glaube, der lediglich eine Art eskapistischer Gegenwelt, Scheinwelt suggeriert, aber mit dem Leben nichts zu tun hätte?

Mir ist schon klar, dass das wohl Menschen so sehen können, oder bewusst trennen, aber dann spießt sich eben meiner Ansicht nach schon ewtas.

Gnade vor Recht ergehen lassen, heißt eine Redewendung. Unter "Gnade" wird in diesem Sinne verstanden, dass der, der weltlich das Gesetz vertritt, oder im Sinne des Göttlichen das Gesetz ist, trotz des Gesetzes keine Sanktion gegen den Schuldigen veranlasst ...

Das in etwa wäre im Prinzip Gnade, ja. Eine entweder tatsächliche, oder auch vermeintliche, oder einseitig so definierte Schuld, die erlassen wird, die nicht bestraft wird.

Dafür muss es im Weltlichen wie im Göttlichen einen triftigen Grund geben.

Ist eine Sichtweise. Was aber, wenn es auch eine Gnade ohne triftigen Grund gäbe, oder gibt?
Im weltlichen Kontext vielleicht wohl eher nicht, aber was wäre, wenn es diese Art von Gnade im göttlichen Kontext auch gäbe? Zumindest unter bestimmten Umständen?

Vorstellbar, oder gar nicht, oder unfair, ungerecht?

Im Weltlichen mag das verschiedene Gründe haben, sogar Willkür des Mächtigen. Aber im Göttlichen dürfen wir Willkür wohl nicht annehmen.

Warum nicht? Wenn diese Welt tatsächlich eine göttliche Schöpfung wäre, ist - wovon ich nicht so wirklich überzeugt bin - so wäre es die Willkür, die hier herrscht, dann ja auch. Wer sagt also, dass in, sagen wir mal göttlicheren Bereichen nicht eine ebensolche Willkür herrscht? Und warum sollte das dann nicht der Fall sein können?

Ebenso könnte es sein, das wir aus unserer doch ziemlich beschränkten Perspektive etwas als Willkür erachten, wahrnehmen, das in einem größeren, für uns aber zu komplexen Kontext gar keine Willkür wäre, sondern ein Resultat diverse anderer Faktoren. Wir hier könnten das vielleicht nur nie tatsächlich zutreffend beurteilen.

Wer sagt, das "Gott" sozuagen "richtig" belohnt und/oder bestraft"? Wer gläubig ist, will es glauben. Ein IS-Selbstmordattentäter glaubt auch daran, das ihn im Paradies 99 Jungfrauen erwarten. Nur so als Beispiel.
Was also, wenn es sich mit hier gängigeren Glaubensinhalten nicht anders verhalten würde? Sie auch nur Einbildungen, Schimären, Irrtümer wären? Oder zum Teil, zum Teil nicht? Wie trennt man dann die Spreu vom Weizen?

Sie begnadigt, wenn der Schuldige nicht in der Lage ist, für seine Schuld rechtmäßig einzustehen und sie regulieren zu können.

Könnte so der Fall sein, oder auch nicht. Annahmen, Vermutungen.

Nun gibt es ja einige, die grundsätzlich davon ausgehen, das es so etwas wie Schuld ohnehin nicht gäbe. Was ist dann mit denen?

Was ist mit subjektiv empfundener Schuld, die aber im juridischen Sinn keine ist? Was umgekehrt mit eine juridischen Schuld, die subjektiv aber als Unschuld empfunden wird? Was wenn beide Seite diesbezüglich völlig konträre Sichtweisen haben?

Alo muss jemand an Schuld glauben, damit das Ganze funktioniert?

Kann jemand, der nicht an Schuld glaubt, trotzdem begnadigt werden? Und wofür dann eigentlich? Oder begnadigt derjenige sich selber im voraus, darf also ungehemmt alles tun, ohne Folgen, ohne Konsequenzen befürchten zu müssen?
 
Warum sollte es ein Problem sein, einen - auch wenn ich es anders sehe - religiösen Begriff zu verweltlichen?
Vielen Dank für deine umfangreichen Nachfragen! Sie zeigen, sich nicht gleich festzulegen und die Suche aufzunehmen. Deine Fragen sind Grundsatzfragen, weshalb es Arbeit kostet, diese beantwortet zu bekommen, diese wirklich oder wenigstens annähernd befriedigend beantwortet zu bekommen.
Meiner Erfahrung und Ansicht nach sind solche Fragen und deren Antworten in einem steten Entwicklungsprozess begriffen, der im Grunde genommen kein Ende findet; ab wann soll denn für einen fragenden Geist endlich ein Ende sein? Etwa wenn sich der Tod im Greisenalter nähert? Hat der Mensch dann die letzte Weisheit errungen?

Die obige Frage - sowie die übrigen - kann sich ja nur klären, wenn die Erkenntnisgrundlagen dafür gegeben sind. Ein religiöser, aber profan benutzter Begriff stößt mir zunächst unabhängig der Erkenntnisfrage erst einmal auf, denn es wird kein Unterschied zwischen oben und unten gemacht. Es wird, sagen wir, gleichberechtigt verwendet. Erlässt ein weltlicher Machthaber eine Gnade, so kommt mir das vermessen vor. Doch wenn mein Gefühl berechtigt ist, muss ich auf den Erkenntnispfad steigen. Ich muss den Weg beschreiten, den angenommenen Unterschied zwischen oben und unten für mich zu verstehen und schließlich ihn für andere verständlich machen, will ich darüber sprechen.

Warum nicht? Wenn diese Welt tatsächlich eine göttliche Schöpfung wäre, ist - wovon ich nicht so wirklich überzeugt bin - so wäre es die Willkür, die hier herrscht, dann ja auch.
Diese Frage orientiert sich gewiss an den üblichen Vorstellungen. Ich habe meinen Grund, weshalb ich mich so geäußert habe, beim Göttlichen gebe es in Sachen Gnade keine Willkür, ohne ihn genannt zu haben. Ich bin auf diesen Grund gest0ßen, weil ich mich nicht am Üblichen orientiere, weil es mir mit seinen schier endlosen Widersprüchlichkeiten aufgestoßen ist.
 
Meiner Erfahrung und Ansicht nach sind solche Fragen und deren Antworten in einem steten Entwicklungsprozess begriffen, der im Grunde genommen kein Ende findet; ab wann soll denn für einen fragenden Geist endlich ein Ende sein? Etwa wenn sich der Tod im Greisenalter nähert? Hat der Mensch dann die letzte Weisheit errungen?

Wenn eine Antwort vom Entwicklungsprozess abhängt, gäbe es dann so etwas wie eine endgültige Antwort?
Absolute Antworten gäbe es dann gar nicht? Die müsten ja nicht von Menschen erfassbar sein, aber es könnte sie ja trotzdem geben. Nur wären sie uns unzugänglich. Wir kämen nicht ran.

Erlässt ein weltlicher Machthaber eine Gnade, so kommt mir das vermessen vor.

Also sollte den Schuldigen immer die volle Härte des "Gestztes" treffen? Ausnahmslos?

Natürlich ist Gnade in gewisser Weise eine Art Gott zu spielen, könnte man behaupten. Auf der anderen Seite mag sie eben in gewisen Fällen angebracht sein, in anderen nicht. Die Entscheidung darüber obliegt zumeist dem Stärkeren, dem Sieger. Gnade funktioniert also nur hierarchisch von oben nach unten. Ein Geschenk statt einer Strafe, oder eine geringer Strafe. Wäre also eigentlich etwas Schönes, Positives.

Doch wenn mein Gefühl berechtigt ist, muss ich auf den Erkenntnispfad steigen. Ich muss den Weg beschreiten, den angenommenen Unterschied zwischen oben und unten für mich zu verstehen und schließlich ihn für andere verständlich machen, will ich darüber sprechen.

Erkenntnis wäre eine Art linearer Weg, wie jemand auf einen Berg steigt? Und ein Weg, den jemand alleine beschreitet?

habe meinen Grund, weshalb ich mich so geäußert habe, beim Göttlichen gebe es in Sachen Gnade keine Willkür, ohne ihn genannt zu haben.

Also das ist etwas, an dessen Wahrheit Du glaubst?
Kann man tun, klar. Nur ist das dann keine Erkenntnis, sondern Glaube. Und wenn jemand an etwas glauben kann, so kann ein Anderer das Gegenteil glauben. Ebenso könnte es geschehen, dass beides nicht stimmt. Schwierig.

Dann versuche ich es einmal etwas anders: Nennen wir das nicht willkürliche Gnade, sondern unverdiente, Gnade ohne Verdienst, ohne dafür eine Leitung erbracht zu haben, ohne etwas sozusagen "richtig" gemacht zu haben.

Wäre das im göttlichen Kontext vorstellbar?
 
Dann versuche ich es einmal etwas anders: Nennen wir das nicht willkürliche Gnade, sondern unverdiente, Gnade ohne Verdienst, ohne dafür eine Leitung erbracht zu haben, ohne etwas sozusagen "richtig" gemacht zu haben.

Wäre das im göttlichen Kontext vorstellbar?
Ja, meiner Ansicht nach.
 
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Faydit und ich haben zusammen an der Ansicht gearbeitet, dass eine göttliche Gnade etwas Unverdientes sei, ohne etwas "richtig" gemacht zu haben. Ich füge dem noch hinzu, dass göttliche Gnade etwas sein muss, die einsetzt, wenn der Mensch für sein Falsches nicht einstehen kann, wenn er es nicht korrigieren kann, wenn es über seine Möglichkeiten hinausgeht.

Was könnte das sein? Die Folge eines sündhaften Verhaltens kann vielleicht zweierlei sein. Wenn ein Mensch einem andern die Augen aussticht, ist das dann eine Sünde, für die er einstehen muss oder geht das über seine Möglichkeiten hinaus und es würde zu einer Sache des göttlichen Gnadenerweises?
 
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