Liebe Freundin am anderen
Ende des Rgenbogens!
Du schreibst Du willst Deine Ruhe, für eine gewisse Zeit. Da bin ich gleich wieder an meinem Scheitern. Ich bin so langsam warm gelaufen, traue mich mit meinen, für mich gültigen Erkenntnissen raus und schwupps, hab ich mal ne Meinung, z.B. über Sex, dann willst Du nicht mehr mit mir drüber reden, aber vorher, vorher mich so leicht auf den Arm nehmen damit ;-). Wenigstens habe ich das Gefühl, dass Du mich manchmal, um mich zu prüfen, auf den Arm nimmst. Ich kann mich ja täuschen. Du willst mich deutlicher sehen, erkennen, da wir uns nur schreiben (können und wollen). Ich bin bereit mich brieflich auszuziehen und dann erlebe ich, wie ich vielleicht unpassend bin, meine Nacktheit stört. Ich würde Dir, die Du nun vor einer Phase stehst, die ich gerade hinter mir habe, manches sagen können, was Du nicht hören willst? Ich meine das sind alles Fragen!
Mir ist es bewußt, dass jeder Mensch seine eigene Wahrheit leben muß - das ist der einzige Grund, auf dem ich Dich lieben kann - egal was Du treibst ... Wenn wir schon nicht auf diese Distanz es schaffen, uns über wichtige Themen konträr auseinander und wieder zusammen zu setzen, wie soll ich es je in näheren Beziehungen schaffen? Wie soll ich mit Menschen über das reden, was mich beschäftigt? Tief beschäftigt?
Dein Wunsch nach einem Liebhaber, nach erfüllendem Sex, nach Zärtlichkeit, das Berühren von Haut und so weiter verstehe ich zutiefst - ich verstehe sogar, dass Du Dich in gewisser Weise vor meinem Scheitern diesbezüglich schützen mußt, denn Du willst selbst scheitern, weil darin eine Erfahrung liegt, die Du selbst machen mußt. Ich finde das gut.
Aber wie kann ich Dich mit meinem unterstützen? Genau dort, wo niemand drüber spricht? Wir sind sogar noch ein Mann und eine Frau, die sich sogar noch so nahe sind, sein könnten, dass auch Sex sein könnte, dass intime Berührungen möglich sind, Wärme ausgetauscht werden kann, eine - wenn auch fern der Lebensrealität - Beziehung besteht? Wer bitte soll denn sonst über Sex reden, wenn nicht wir? Ich muß Dir gestehen, ich verstehe das nicht. Ich verstehe es aus vielen Gründen nicht. Und ich werde Dich nicht zwingen, zwingen zu reden. Nein. Will ich nicht.
Was mir im Moment im Leben steht, ist Scheitern. Und Du bist nur eine weiterer Punkt. Ich komme mit meinen Informationen nicht bei Dir an, oder es regt Dich etwas an mir so sehr auf, dass Du bereit wärst, die Freundschaft an den Nagel zu hängen. Das entsetzt mich einerseits und erfreut mich andererseits: angekommen. Angekommen an den Punkten die weh tun. Angekommen an den Punkten die heilen KÖNNTEN.
Scheitern. Aus Mangel an meiner Zeit und meiner Möglichkeit es zu formulieren, habe ich Dir von verschiedenen, mich tiefer bewegenden Erfahrungen noch nicht berichtet. Sie betreffen mehrere Arten des Scheiterns. Ich bin im Garten gescheitert. An mehreren Punkten. Andere Punkte im Garten sind hervorragend. Zuerst einmal kurz die Basis, auf der das Scheitern stattfindet: der Garten hat mich gerettet, er gab mir Kraft, er hat mich in meinen physischen Körper zurück gebracht, er hat mir gezeigt, dass das Leben etwas Wunderschönes, Lebendiges, Vielfältiges, Vitales, Großartiges, Bereicherndes, Erfüllendes, Liebendes, Gebendes, Tragendes ist. Er spendet mir Kraft, Wärme, Geborgenheit, Wurzeln, Erfahrungen und vieles mehr. Und er überfordert mich an manchen Punkten.
Wir - da bin nicht mehr ich alleine - haben einen Garten aufgebaut, weil wir erkannt haben, dass es eine Möglichkeit ist, erfüllt zu leben und in einem lebendigen Austausch zu kommen, der zwischen Mensch un Natur stattfinden soll. Das ist geglückt. Ich bin rückverbunden. Wir sind rückverbunden. Der Garten gibt uns und wir geben dem Garten. Wir leben mit und vom Garten und der Garten lebt mit uns. Wir haben auf vielfältigen Ebenen Kontakt mit uns und dem Garten und den Wesen im Garten.
Weil wir nicht weiterwussten und uns Inspirationen verschaffen wollten, haben wir vor einiger Zeit eine kurze Reise unternommen in drei Gärten, eine geführte Reise, ein Tag von morgens bis abends. Einmal davon abgesehen, dass wir - vollkommen rechtzeitig - die Informationen bekommen haben, wie wir einen neuen gefräßigen Schädling erkennen und unsere Pflanzen schützen können, sind wir zurückgekommen von dieser Reise mit der Erkenntnis, dass wir - die wir als passionierte Diletanten begonnen haben - unsere Vorstellung von Garten ziemlich fundiert umgesetzt haben (was nicht heißt, dass wir an hundert Ecken Ideen gefunden haben, uns zu verbessern). Einerseits eine neue Stufe des Friedens mit uns selbst erreicht, andererseits ein Erschrecken darüber erfahren, in welchem Zustand nahe Teile der Welt sind, in welchem Zustand sich Menschen trauen, ihre Gärten zu öffnen ...
Wie eine einzige - nicht einmal besonders originelle - Idee ausgeschlachtet wird, wahllos Fotos aus Gartenmagazinen in einen Garten kopiert werden, ohne Bezug zu sich selbst und der Natur, das hat mich zutiefst erschreckt. Es hat mich die - immer noch grassierende - Beziehungslosigkeit gerade zu etwas, was man angibt zu lieben, nämlich den Garten - zutiefst erschreckt. Es ist im Garten wie in allen Beziehungen: gefällt mir das hier nicht, dann mache ich es weg, gefällt es mir so, dann mache ich es größer, weil ich einen Bagger habe, oder, auf den Menschen übertragen, weil es Silicon gibt, lasse ich mir größere Brüste machen, weil es Viagra gibt, schlucke ich es, weil es Dünger gibt, lasse ich alles in einer Art heranwachsen, die nicht mehr natürlich ist - obwohl die Natur es hergeben würde, WENN ....
Ja wie, WENN?
Dieses, wie es geht, etwas zu erhalten, was ich will (im Garten, im Bett, in der Beziehung ...), dieses, wie es geht, etwas zu erhalten, was ich will, diese Vorgehensweise ist nicht geklärt, ist veraltet, ist stumpf ... ist stupide und dumm, ist ohne ein Miteinander, ist ohne Verständnis füreinander, ist ohne Differenzierung, ist ohne Klarheit über die jeweiligen Bedürfnisse ...
Ja, wie denn nun?
Eben. Eben! Genau. Genau dort gehts weiter. Aber es ist eben nicht so, dass ich schon wüsste, wie es weitergeht.
Das sind noch nicht einmal alle Schocks, die ich auf dieser Kurzreise erlebte - vielleicht streue ich den einen oder anderen noch ein.
Nun kam aber schon der nächste. Durch eine Freundin wurden wir auf einen Mann aufmerksam, mit dem sie in einem Kurs war, wo sie gemeinsam malen, aquarellieren lernten und übten. Er schrieb in Worten über sein Gelände, über seinen Garten, die uns Freude machten, ihn und seinen Garten kennenlernen zu wollen. Was wir taten.
Wir lernten einen in sich in einen Frieden gekommenen Menschen kennen, der einen unvorstellbar großen Naturraum pflegt, sich darin erstaunlich gut auskennt und auch noch vieles mehr. Viel Gutes mehr. Aber an einem Platz, an dem ich mich frage: »Warum leben überhaupt Menschen an so einem Platz?« oder besser: »Warum geben sich Menschen in einen Naturraum und verändern nicht die wenigen Anteile darin zu einem gemeinsamen Wohlsein - dem des Menschen selbst und der Natur?« oder noch anders: »Hier ist bereits ein Fachmann (er war gelernter Gärtner, hatte in vielen Betrieben auch lange Zeit verantwortliche Positionen und hatte die bereits seltene Gabe der Verknüpfung von gezieltem Tun und gezielter Planung bei fundiertem Wissen - alleine das ein Juwel!!), hier ist also ein Fachmann für Natur, für kultivierte Natur und Urnatur, ja sogar ein Liebhaber der Natur und er kommt nicht auf die Idee, etwas, was ihm und der Natur gut täte zu verändern - was, wie gesagt, wenig wäre.«
Ich falle tot um.
Ich denke ich bin falsch hier.
Ist eh eines meiner Themen, dieses Scheitern.
Scheitern auf sehr hohem Niveau.
Aber auch Scheitern auf sehr hohem Niveau ist ganz einfach und simpel nur eines: SCHEITERN.
Die Parallelen sind: Er arbeitet sich kaputt an der Natur, am Garten, ich, wir arbeiten und ab und kaputt an der Natur und am Garten und wenn wir auch nur einen Tag nachlassen, frisst sich die wuchernde und wilde Natur in unsere kultivierten Bereiche und übernimmt das Ruder. Dieser neue Freund ist 84 Jahre alt und mäht täglich mit der Sense Bachgründe und Berghänge und schafft das Gemähte weg, er macht sein Brennholz und ist in einer Art und Weise unterwegs, die einerseits höchsten Respekt schafft und andererseits viele Fragen aufwirft.
Scheitern.
Das Verhältnis von Mensch und Natur, auch der Menschen, die sich um Natur, um Pflanzen und Tiere, um ökologischen Zusammenhänge bemühen ist gescheitert. Ich sehe niemanden, der mir eine glückliche Lösung anbieten könnte. Nichts funktioniert, was nicht einen irren Aufwand erfordert. Alles braucht eine Art und einen Aufwand an dem, was wir Pflege nennen, alles ist so hinfällig, was wir Menschen wünschen und das was wir nicht wollen, Unkräuter, Ungeziefer, Untiere, Unfrieden, Unzufriedenheit, und was es noch alles an Un- gibt frisst uns an jedem Eck und von überall her auf.
Liebe zum Garten, Liebe zur Natur, Liebe zum Menschen, Liebe zu Tieren scheint nicht möglich zu sein. Eine friedliche und uns Menschen gemässe Koexistenz scheint nicht möglich zu sein. Es scheint nichts zusammen zu passen: Männer nicht zu Frauen. Tiere nicht zum Menschen. Pflanzen nicht zu Schnecken. Und endlos weiter.
Meine Bedürfnisse passen nicht zu Deinen. Meine Ideen nicht zu Deinen. Nichts passt zusammen. Wir können nicht darüber reden. An den entscheidenden Punkten kommen wir nicht weiter. Alle Zahnräder scheinen aufeinander zustehen und sich zu blockieren, statt in sich zu greifen und ein Miteinander zu ermöglichen.
In endlosen Bemühungen bemühten wir uns redlich, nur um festzustellen, wie unzufrieden und frustriert wir immer noch sind. Nichts passt zusammen. Wir haben gemeinsamen Sex, aber, jeder aus anderen Gründen, verlassen unbefriedigt und unzufrieden diesen Ort, um woanders besseren Sex zu finden, noch einen Kurs in wie tue ich dies und das besser, schneller, höher, weiter.
Wenn ich im Garten so weitermache, wie bisher, werde ich nicht weiterkommen. Mit der Technik, mit dem Verständnis, das ich bisher habe, komme ich bis zu diesem Punkt. Und ich komme noch hundertmal an diesen Punkt. Und es ist nicht das, was ich wollte, was ich will. Es geht nicht zusammen. Zu vieles ist so, wie ich es nicht will. Über das Aufzählen dessen, was ich nicht will, komme ich aber nicht dahin, dass ich das erreiche, was ich will.
Ich brauche für alles eine neue Qualität des Seins, eine andere Art des Vorgehens. Die Vorgehensweisen, die bekannt sind, sind mir bekannt und keine funktioniert. Keine. Ich bin Forscher und ich bin gut. Ich gebe alles. Ich bin in die Breite gegangen und in die Tiefe. Ich habe verglichen und erkannt. Ich komme heute sehr schnell auf den Grund. Ich weiß viel, aber bei weitem nicht alles. Ich habe niemanden gefunden, der rundum im Frieden ist, allen fehlt etwas, ja fehlen ganz entscheidende Zutaten ...
Ich komme mit meiner Analyse auf den Grund, auf einen Grund, auf viele Gründe, doch sprechen sie alle dieselbe Sprache ...
Ich knalle hart auf dem Grund auf ....
Ein neuer Garten, ein anderer Garten wird es so wenig lösen, wie eine neue Frau, ein netterer Mann, ein anderes Land ....
Alle haben Probleme, die zwar verschieden aussehen, aber doch dieselbe Ursache haben, dasselbe und noch unerkannte Problem in sich tragen ...
Erfüllung z.B. nimmt schon gar niemand in den Mund, weil das Wort schon so ätzend ist, in einem Alltag, an dem es bereits an der Erfüllung von Kleinigkeiten mangelt. Zurecht schlägt mir der Bauer seine Faust in die Fresse, wenn ich ihm mit Erfüllung komme, wo er nicht hinterherkommt, all das an Giften zu spritzen, das ihm die verschiedenen Ämter und Behörden empfehlen und die Wirtschaft teuer verkauft, damit er seine Nahrungsmittel teuer verkaufen kann und muss und wer glaubt Bio sei besser, der lügt sich doch einfach in die Tasche, Bio ist ja nur die Rechtfertigung es teurer zu verkaufen, alles im selben, unfruchtbaren System ...
Erfüllung ist zärtlich und großartig zugleich.
Erfüllung ist der Zauber des Momentes eingebettet in eine stabilen Rahmen, in dem es eben dieses Jetzt gibt und eine Zukunft und eine Vergangenheit, alles ist klar.
Erfüllung ist das freiwillige Zusammentreffen von Menschen.
Erfüllung ist gegenseitiges Verständnis.
Erfüllung ist Erfüllung.
Und das ist nur ein Wort aus einem dicken Wörtenbuch.
Für heute ende ich hier.
Grüße aus der Ferne
und im ungeschriebenen Brief.
Dein Freund vom anderen
Ende des Regenbogens.
Ende des Rgenbogens!
Du schreibst Du willst Deine Ruhe, für eine gewisse Zeit. Da bin ich gleich wieder an meinem Scheitern. Ich bin so langsam warm gelaufen, traue mich mit meinen, für mich gültigen Erkenntnissen raus und schwupps, hab ich mal ne Meinung, z.B. über Sex, dann willst Du nicht mehr mit mir drüber reden, aber vorher, vorher mich so leicht auf den Arm nehmen damit ;-). Wenigstens habe ich das Gefühl, dass Du mich manchmal, um mich zu prüfen, auf den Arm nimmst. Ich kann mich ja täuschen. Du willst mich deutlicher sehen, erkennen, da wir uns nur schreiben (können und wollen). Ich bin bereit mich brieflich auszuziehen und dann erlebe ich, wie ich vielleicht unpassend bin, meine Nacktheit stört. Ich würde Dir, die Du nun vor einer Phase stehst, die ich gerade hinter mir habe, manches sagen können, was Du nicht hören willst? Ich meine das sind alles Fragen!
Mir ist es bewußt, dass jeder Mensch seine eigene Wahrheit leben muß - das ist der einzige Grund, auf dem ich Dich lieben kann - egal was Du treibst ... Wenn wir schon nicht auf diese Distanz es schaffen, uns über wichtige Themen konträr auseinander und wieder zusammen zu setzen, wie soll ich es je in näheren Beziehungen schaffen? Wie soll ich mit Menschen über das reden, was mich beschäftigt? Tief beschäftigt?
Dein Wunsch nach einem Liebhaber, nach erfüllendem Sex, nach Zärtlichkeit, das Berühren von Haut und so weiter verstehe ich zutiefst - ich verstehe sogar, dass Du Dich in gewisser Weise vor meinem Scheitern diesbezüglich schützen mußt, denn Du willst selbst scheitern, weil darin eine Erfahrung liegt, die Du selbst machen mußt. Ich finde das gut.
Aber wie kann ich Dich mit meinem unterstützen? Genau dort, wo niemand drüber spricht? Wir sind sogar noch ein Mann und eine Frau, die sich sogar noch so nahe sind, sein könnten, dass auch Sex sein könnte, dass intime Berührungen möglich sind, Wärme ausgetauscht werden kann, eine - wenn auch fern der Lebensrealität - Beziehung besteht? Wer bitte soll denn sonst über Sex reden, wenn nicht wir? Ich muß Dir gestehen, ich verstehe das nicht. Ich verstehe es aus vielen Gründen nicht. Und ich werde Dich nicht zwingen, zwingen zu reden. Nein. Will ich nicht.
Was mir im Moment im Leben steht, ist Scheitern. Und Du bist nur eine weiterer Punkt. Ich komme mit meinen Informationen nicht bei Dir an, oder es regt Dich etwas an mir so sehr auf, dass Du bereit wärst, die Freundschaft an den Nagel zu hängen. Das entsetzt mich einerseits und erfreut mich andererseits: angekommen. Angekommen an den Punkten die weh tun. Angekommen an den Punkten die heilen KÖNNTEN.
Scheitern. Aus Mangel an meiner Zeit und meiner Möglichkeit es zu formulieren, habe ich Dir von verschiedenen, mich tiefer bewegenden Erfahrungen noch nicht berichtet. Sie betreffen mehrere Arten des Scheiterns. Ich bin im Garten gescheitert. An mehreren Punkten. Andere Punkte im Garten sind hervorragend. Zuerst einmal kurz die Basis, auf der das Scheitern stattfindet: der Garten hat mich gerettet, er gab mir Kraft, er hat mich in meinen physischen Körper zurück gebracht, er hat mir gezeigt, dass das Leben etwas Wunderschönes, Lebendiges, Vielfältiges, Vitales, Großartiges, Bereicherndes, Erfüllendes, Liebendes, Gebendes, Tragendes ist. Er spendet mir Kraft, Wärme, Geborgenheit, Wurzeln, Erfahrungen und vieles mehr. Und er überfordert mich an manchen Punkten.
Wir - da bin nicht mehr ich alleine - haben einen Garten aufgebaut, weil wir erkannt haben, dass es eine Möglichkeit ist, erfüllt zu leben und in einem lebendigen Austausch zu kommen, der zwischen Mensch un Natur stattfinden soll. Das ist geglückt. Ich bin rückverbunden. Wir sind rückverbunden. Der Garten gibt uns und wir geben dem Garten. Wir leben mit und vom Garten und der Garten lebt mit uns. Wir haben auf vielfältigen Ebenen Kontakt mit uns und dem Garten und den Wesen im Garten.
Weil wir nicht weiterwussten und uns Inspirationen verschaffen wollten, haben wir vor einiger Zeit eine kurze Reise unternommen in drei Gärten, eine geführte Reise, ein Tag von morgens bis abends. Einmal davon abgesehen, dass wir - vollkommen rechtzeitig - die Informationen bekommen haben, wie wir einen neuen gefräßigen Schädling erkennen und unsere Pflanzen schützen können, sind wir zurückgekommen von dieser Reise mit der Erkenntnis, dass wir - die wir als passionierte Diletanten begonnen haben - unsere Vorstellung von Garten ziemlich fundiert umgesetzt haben (was nicht heißt, dass wir an hundert Ecken Ideen gefunden haben, uns zu verbessern). Einerseits eine neue Stufe des Friedens mit uns selbst erreicht, andererseits ein Erschrecken darüber erfahren, in welchem Zustand nahe Teile der Welt sind, in welchem Zustand sich Menschen trauen, ihre Gärten zu öffnen ...
Wie eine einzige - nicht einmal besonders originelle - Idee ausgeschlachtet wird, wahllos Fotos aus Gartenmagazinen in einen Garten kopiert werden, ohne Bezug zu sich selbst und der Natur, das hat mich zutiefst erschreckt. Es hat mich die - immer noch grassierende - Beziehungslosigkeit gerade zu etwas, was man angibt zu lieben, nämlich den Garten - zutiefst erschreckt. Es ist im Garten wie in allen Beziehungen: gefällt mir das hier nicht, dann mache ich es weg, gefällt es mir so, dann mache ich es größer, weil ich einen Bagger habe, oder, auf den Menschen übertragen, weil es Silicon gibt, lasse ich mir größere Brüste machen, weil es Viagra gibt, schlucke ich es, weil es Dünger gibt, lasse ich alles in einer Art heranwachsen, die nicht mehr natürlich ist - obwohl die Natur es hergeben würde, WENN ....
Ja wie, WENN?
Dieses, wie es geht, etwas zu erhalten, was ich will (im Garten, im Bett, in der Beziehung ...), dieses, wie es geht, etwas zu erhalten, was ich will, diese Vorgehensweise ist nicht geklärt, ist veraltet, ist stumpf ... ist stupide und dumm, ist ohne ein Miteinander, ist ohne Verständnis füreinander, ist ohne Differenzierung, ist ohne Klarheit über die jeweiligen Bedürfnisse ...
Ja, wie denn nun?
Eben. Eben! Genau. Genau dort gehts weiter. Aber es ist eben nicht so, dass ich schon wüsste, wie es weitergeht.
Das sind noch nicht einmal alle Schocks, die ich auf dieser Kurzreise erlebte - vielleicht streue ich den einen oder anderen noch ein.
Nun kam aber schon der nächste. Durch eine Freundin wurden wir auf einen Mann aufmerksam, mit dem sie in einem Kurs war, wo sie gemeinsam malen, aquarellieren lernten und übten. Er schrieb in Worten über sein Gelände, über seinen Garten, die uns Freude machten, ihn und seinen Garten kennenlernen zu wollen. Was wir taten.
Wir lernten einen in sich in einen Frieden gekommenen Menschen kennen, der einen unvorstellbar großen Naturraum pflegt, sich darin erstaunlich gut auskennt und auch noch vieles mehr. Viel Gutes mehr. Aber an einem Platz, an dem ich mich frage: »Warum leben überhaupt Menschen an so einem Platz?« oder besser: »Warum geben sich Menschen in einen Naturraum und verändern nicht die wenigen Anteile darin zu einem gemeinsamen Wohlsein - dem des Menschen selbst und der Natur?« oder noch anders: »Hier ist bereits ein Fachmann (er war gelernter Gärtner, hatte in vielen Betrieben auch lange Zeit verantwortliche Positionen und hatte die bereits seltene Gabe der Verknüpfung von gezieltem Tun und gezielter Planung bei fundiertem Wissen - alleine das ein Juwel!!), hier ist also ein Fachmann für Natur, für kultivierte Natur und Urnatur, ja sogar ein Liebhaber der Natur und er kommt nicht auf die Idee, etwas, was ihm und der Natur gut täte zu verändern - was, wie gesagt, wenig wäre.«
Ich falle tot um.
Ich denke ich bin falsch hier.
Ist eh eines meiner Themen, dieses Scheitern.
Scheitern auf sehr hohem Niveau.
Aber auch Scheitern auf sehr hohem Niveau ist ganz einfach und simpel nur eines: SCHEITERN.
Die Parallelen sind: Er arbeitet sich kaputt an der Natur, am Garten, ich, wir arbeiten und ab und kaputt an der Natur und am Garten und wenn wir auch nur einen Tag nachlassen, frisst sich die wuchernde und wilde Natur in unsere kultivierten Bereiche und übernimmt das Ruder. Dieser neue Freund ist 84 Jahre alt und mäht täglich mit der Sense Bachgründe und Berghänge und schafft das Gemähte weg, er macht sein Brennholz und ist in einer Art und Weise unterwegs, die einerseits höchsten Respekt schafft und andererseits viele Fragen aufwirft.
Scheitern.
Das Verhältnis von Mensch und Natur, auch der Menschen, die sich um Natur, um Pflanzen und Tiere, um ökologischen Zusammenhänge bemühen ist gescheitert. Ich sehe niemanden, der mir eine glückliche Lösung anbieten könnte. Nichts funktioniert, was nicht einen irren Aufwand erfordert. Alles braucht eine Art und einen Aufwand an dem, was wir Pflege nennen, alles ist so hinfällig, was wir Menschen wünschen und das was wir nicht wollen, Unkräuter, Ungeziefer, Untiere, Unfrieden, Unzufriedenheit, und was es noch alles an Un- gibt frisst uns an jedem Eck und von überall her auf.
Liebe zum Garten, Liebe zur Natur, Liebe zum Menschen, Liebe zu Tieren scheint nicht möglich zu sein. Eine friedliche und uns Menschen gemässe Koexistenz scheint nicht möglich zu sein. Es scheint nichts zusammen zu passen: Männer nicht zu Frauen. Tiere nicht zum Menschen. Pflanzen nicht zu Schnecken. Und endlos weiter.
Meine Bedürfnisse passen nicht zu Deinen. Meine Ideen nicht zu Deinen. Nichts passt zusammen. Wir können nicht darüber reden. An den entscheidenden Punkten kommen wir nicht weiter. Alle Zahnräder scheinen aufeinander zustehen und sich zu blockieren, statt in sich zu greifen und ein Miteinander zu ermöglichen.
In endlosen Bemühungen bemühten wir uns redlich, nur um festzustellen, wie unzufrieden und frustriert wir immer noch sind. Nichts passt zusammen. Wir haben gemeinsamen Sex, aber, jeder aus anderen Gründen, verlassen unbefriedigt und unzufrieden diesen Ort, um woanders besseren Sex zu finden, noch einen Kurs in wie tue ich dies und das besser, schneller, höher, weiter.
Wenn ich im Garten so weitermache, wie bisher, werde ich nicht weiterkommen. Mit der Technik, mit dem Verständnis, das ich bisher habe, komme ich bis zu diesem Punkt. Und ich komme noch hundertmal an diesen Punkt. Und es ist nicht das, was ich wollte, was ich will. Es geht nicht zusammen. Zu vieles ist so, wie ich es nicht will. Über das Aufzählen dessen, was ich nicht will, komme ich aber nicht dahin, dass ich das erreiche, was ich will.
Ich brauche für alles eine neue Qualität des Seins, eine andere Art des Vorgehens. Die Vorgehensweisen, die bekannt sind, sind mir bekannt und keine funktioniert. Keine. Ich bin Forscher und ich bin gut. Ich gebe alles. Ich bin in die Breite gegangen und in die Tiefe. Ich habe verglichen und erkannt. Ich komme heute sehr schnell auf den Grund. Ich weiß viel, aber bei weitem nicht alles. Ich habe niemanden gefunden, der rundum im Frieden ist, allen fehlt etwas, ja fehlen ganz entscheidende Zutaten ...
Ich komme mit meiner Analyse auf den Grund, auf einen Grund, auf viele Gründe, doch sprechen sie alle dieselbe Sprache ...
Ich knalle hart auf dem Grund auf ....
Ein neuer Garten, ein anderer Garten wird es so wenig lösen, wie eine neue Frau, ein netterer Mann, ein anderes Land ....
Alle haben Probleme, die zwar verschieden aussehen, aber doch dieselbe Ursache haben, dasselbe und noch unerkannte Problem in sich tragen ...
Erfüllung z.B. nimmt schon gar niemand in den Mund, weil das Wort schon so ätzend ist, in einem Alltag, an dem es bereits an der Erfüllung von Kleinigkeiten mangelt. Zurecht schlägt mir der Bauer seine Faust in die Fresse, wenn ich ihm mit Erfüllung komme, wo er nicht hinterherkommt, all das an Giften zu spritzen, das ihm die verschiedenen Ämter und Behörden empfehlen und die Wirtschaft teuer verkauft, damit er seine Nahrungsmittel teuer verkaufen kann und muss und wer glaubt Bio sei besser, der lügt sich doch einfach in die Tasche, Bio ist ja nur die Rechtfertigung es teurer zu verkaufen, alles im selben, unfruchtbaren System ...
Erfüllung ist zärtlich und großartig zugleich.
Erfüllung ist der Zauber des Momentes eingebettet in eine stabilen Rahmen, in dem es eben dieses Jetzt gibt und eine Zukunft und eine Vergangenheit, alles ist klar.
Erfüllung ist das freiwillige Zusammentreffen von Menschen.
Erfüllung ist gegenseitiges Verständnis.
Erfüllung ist Erfüllung.
Und das ist nur ein Wort aus einem dicken Wörtenbuch.
Für heute ende ich hier.
Grüße aus der Ferne
und im ungeschriebenen Brief.
Dein Freund vom anderen
Ende des Regenbogens.