Wo isser denn nun? Wenn er ja tot ist?
Hier ist er nicht. (Gut, in meiner Form, aber ich bin nicht er.) Er ist auch nicht erreichbar. Er ist auf vielerlei Weise ein Same, der in mir aufgeht und hat sie gesäht, aber er ist nicht ausserhalb von mir ansprechbar, weil er weg ist. Tot.
Wo isser denn nun? Wo ist denn "weg"? Wo ist man denn nun nach dem Tod? Wenn man weg ist?
Mir bekannte Alternativen:
a) ganz weg, die Existenz endet mit dem körperlichen Tod,
b) halbweg, der Geist lebt weiter quasi als Gespenst in einer Parallelwelt und ist dort, im Todenreich, via Channeln etc. erreichbar (gruselige Vorstellung...)
c) weg und existent in einem anderen, nichtirdischen und auch nicht an's Irdische angelehnte Reich,
d) in diesem Reich nur vorübergehend wegen späterer Wiedergeburt
e) in diesem Reich dauerhaft aufgehoben in einer grösseren Seele/in einem grösseren Geist/ in einem grösseren Körper.
Hm. Wenn ich mir das angucke scheint mir nichts davon wirklich erstrebenswert, oder?
Sehr gnädig wäre Variante a) finde ich. Die gnädigste Variante, die Endlichkeit des Lebens. Ich empfinde das als Gnade - man stelle sich vor man lebte ewig, wäre das nicht furchtbar? Was würde dann noch eine Rolle spielen, wenn die Existenz gesichert ist. Es würde vermutlich keine Evolution, keine Weiterentwicklung stattfinden können. Nur im Geiste.
Die Frage ist, warum man sich überhaupt für Verstorbene etwas wünscht. Tut man das nicht nur aus neuronaler Gewohnheit, weil man es halt neuronal nicht anders kann bzw. gelernt hat? Ist das überhaupt natürlich, gehört das zu unserer Natur, daß wir uns Gedanken über das Leben nach dem Tod machen oder ist das alles bezüglich der Religion usw. noch eine Fehlentwicklung des Menschen (gewesen), die nur zu Krieg und Ungerechtigkeit gegen Männer und Frauen führten? Und gegen Kinder?
Man muß es mal reflektieren, ob es überhaupt Sinn macht, etwas zu glauben. Zu meinen, auch Nichtglaube sei ein Glaube, nämlich der Glaube an die Naturwissenschaft, ist ja Mumpitz. Milchmädchenargumentation, die den Kern des Glaubens nicht kennt. Nur wer den Kern des Glaubens kennt kann schließlich sagen, daß er nicht glaubt, weil er keinen solchen Kern in sich drin mitführt. Die, die so argumentieren, haben also von Glauben keine Ahnung und stellen Nichtglauben daher mit Glauben gleich. Das wäre in etwas das Gleiche wie wenn man sagen würde Hoffnung und Hoffnungslosigkeit sei das Gleiche, dabei ist es ja so, daß Hoffnungslosigkeit eine Desillusionierung ist und daher nichts Schlechtes. Sondern eine förderliche Sache. Man nennt das auch Bildung und persönliche Entwicklung, sich der eigenen Illusionen zu entledigen, inklusive der religiösen Hoffnungen für ein Leben nach dem Tode, denke ich.
Für mich wäre es geradezu traumatisierend, wenn ich nach meinem Leben in einem Körper weiterleben würde - ey ich bin froh, wenn ich die Knochen los bin! Die behindern doch nur ab einem gewissen Alter. Und wenn man sich zu wenig bewegt.
Und meinen Geist nach dem Tod zu haben, will ich das? Was ist das überhaupt, mein Geist? Für mich ist der eher eine kognitive Oberfläche, die ich seit Jahren übe nicht zu gebrauchen, in der Meditation. Was will ich also damit noch nach dem Tod, bitteschön.
Will ich eine Seele in das Leben nach dem Tod fortführen? Oder reicht es mir eine irdische Psyche zu haben, die auf das Leben reagiert und es hoffentlich nicht regiert? Zum Beispiel durch Irrglauben an ein Weiterleben der Seele nach dem Tod? Oder durch den Irrglauben, da sei nach einem Übergang, der durch versiegende Hirnaktivitäten gestaltet wird, noch ein Irgendwo, in dem man lande?
Wo ist er nun? Will ich überhaupt, daß er irgendwo ist? Will ich ihm das zumuten? Oder will ich ihm gestatten, weg zu sein? Tot?
(M)eine schwierige Frage, zu Karnevalsbeginn. Alaaf!