Liebe Elevin!
Dann erkläre mir doch bitte mal den Zusammenhang. Ich kenne ihn nämlich nicht.
Okidoki - weil Du's bist.

Ich verschenke damit zwar einen Testcase, mit dem ich bisher recht einfach erkennen konnte ob sich jemand wirklich in die Thematik vertieft oder bloss einer Strömung folgt - aber was solls, in acht Tagen ist eh der Aufstieg...
In dem verlinkten Beitrag von Budai ist die Rede von einer "Bön-Religion", die die ursprüngliche Religion in Tibet war. Das ist klar - was aber nicht explizit in dem Artikel steht, das ist:
Bön ist Schamanismus.
Man kann freilich leicht auf die geeignete Spur kommen, wenn man zB dem link in dem Beitrag folgt. Dort findet man dann:
"Im alten Bön spielen beseelte Naturphänomene und deren Beherrschung oder Besänftigung durch magische Rituale eine wichtige Rolle. Die Ursprünge des Alten Bön gehen weit in die vorgeschichtliche Zeit zurück."
Auch
Wikipedia hat eine interessante Bemerkung:
"wobei aus dem Bön z. B. rituelle und schamanistische Elemente oder Bön-Gottheiten in den Buddhismus gelangten "
Richtig deutlich wird es dann zB in
diesem Text:
Die Ursprünge liegen im Schamanismus Nordasiens und der animistischen Magie [..] Diese Rituale und Bräuche wurden Bön genannt, und die Priester, die diese schamanistischen Rituale durchführten, hiessen Bön-pos (Bönpos).
Das ist mal das erste.
Wenn wir jetzt zurückgehen zu unserem verlinkten Beitrag von Budai, dann sagt dieser Beitrag im Grunde, dass der tibetische Buddhismus nicht mehr viel gemein hat mit den Lehren des Buddha, sondern vielmehr eigentlich eben Bön ist. (Ich würde das nicht so drastisch formulieren, aber der Punkt an sich ist valide.)
Womit wir die Sache einfach zusammenkürzen können, und es kommt heraus:
Tibetischer Buddhismus ist Schamanismus! (bzw. eine weiterentwickelte Form davon)
Und genau hier werden uns jetzt die westlichen Esoterik-Konsumenten ganz empört aussteigen - denn für die sieht die Sache anders aus und ist eben bestimmt durch Klischeebildchen und Tunnelrealitäten - und zwar folgendermaßen:
Schamanismus = Indianerlein machen PowHow und "heilen" irgendwas
Buddhismus = Mönche sitzen im Lotussitz und meditieren auf Mandalas
Um da rauszukriegen dass beides zusammenhängt (und
wie es zusammenhängt), brauchst Du eben initiatorische Ahnung und ein Wissen darum, worum es bei dem ganzen in wirklichkeit geht!
Und damit komme ich zurück auf den Threadverlauf - mit demselben Hintergrund sind nämlich auch die hier getroffenen Abgrenzungen mit großer Vorsicht zu genießen - also zB, dass Astralreisen etwas gaaaanz anderes sei als schamanisches Reisen, usw.
So etwas gaaaaanz anderes und abgegrenztes ist nämlich lediglich der heutige moderne Neo-Schamanismus - und ist es auch nur für die Leute die drauf abfahren -
weil sie drauf abfahren.
Soweit dieses. Aber wenn wir schonmal dabei sind, dann schauen wir gleich noch weiter.
In älteren Texten findet man Hinweise darauf, dass es die Bönpos nicht nur in Tibet gegeben hat, sondern auch in der Mongolei. Und dort sind sie nicht vom Buddhismus verdrängt worden, sondern praktizieren weiterhin Schamanismus.
In neueren Texten findet man diese Bezugsetzung nicht mehr. Stattdessen ist man übereingekommen, den mongolischen Schamanismus als Tengrismus zu bezeichnen, weil man nämlich herausgefunden zu haben meint, dass es sich da um eine durchgängige Weltanschauung der zentralasiatischen Völker handelt (womit auch der sibirische Schamanismus bzw. die Turkvölker einbezogen sind). Das hat aber vor allem marketingtechnische Gründe.
Warum also sind diese Zusammenhänge nicht allgemein bekannt, und warum steht Bön nicht als Schamanismus im Fokus des Interesses? Der Grund ist einfach: weil das marketingschädlich wäre.
Der tibetische Buddhismus verkauft sich ganz hervorragend als Buddhismus; der Dalai Lama ist ein Star, tourt durch die ganze Welt und tritt in vollbesetzen Hallen auf. Hier einen Zusammenhang zu Schamanismus herzustellen, wäre eher schädlich, weil es die Fans mit ihren einfach gestrickten Klischeebildchen lediglich verwirren würde.
Schamanismus auf der anderen seite verkauft sich als Produkt auch ganz hervorragend. Und deswegen hat man die zentralasiatischen animistisch-schamanistischen Weltanschauungen unter einem Überbegriff zusammengefasst. Damit kann man jetzt nämlich finanziell potente westliche Esoterik-Konsumenten
in die Mongolei karren und ihnen dort den "Schamanismus" vorführen, den sie erwarten und sehen wollen - Hausbesuch mit Heilzeremonie und "fast ausgestorbene Rituale" inclusive.
Es ist im Grunde dasselbe wie bei Kraft Foods: Milka ist Kraft Foods und wird als Milka verkauft, Toblerone ist Kraft Foods und wird als Toblerone verkauft - einfach weil die Leute diese Produkte haben wollen - aber drin ist dieselbe Schokolade und sie kommt auch aus denselben Maschinen. Es geht nur um Marketing.
Wenn Du authentischen mongolischen Schamanismus erleben wolltest, hättest du vor zehn Jahren hinfahren müssen - heute ist er durch Tourismus zerstört, und stattdessen werden Markterwartungen befriedigt: Schamanen als Sightseeing-Objekt.
