Schwertform Tai Chi

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Für die Twitter-Fans hier noch eine gaaanz kurze Form
youtube.com/watch?v=0W1ym3yggR4
 
Kommt jetzt sicher natürlich drauf an, ob man in irgendeiner Weise bewegungsbegabt ist. Aber ich gehe davon aus, daß es mehr als sinnvoll ist, zunächst eine normale Form des Faustkampfes gründlich zu erlernen, bevor man sich an Schwertkampf traut. Das heißt: gründlich wissen, warum man welche Bewegung macht. Den imaginären Gegner sehen und ein Gefühl für die innere Arbeit bekommen. Und dann mal überlegen, ob man wirklich im eigenen inneren Sein Menschen mit Schwertern zerschneiden will.

...man kann Taichi aber natürlich auch oberflächlich betreiben und mit Händen und Füssen und Schwertern wild und ohne zu wissen, was man tut, in der Luft herumfuchteln und es an Wochenendkursen oder innerhalb von 2 Monaten erlernen wollen.... um Gefühle zu haben. Aber ist das ernsthaftes Taichichuan? Für mich nicht.

....also wenigstens mal 2,3 Jahre, würde ich persönlich denken. Besser 5. Oder 7. Dann mal nen Stock nehmen, und dann mal ein Schwert.

....oder aber sich zum Club der weitverbreiteten Taichi-Künstler hinzugesellen, die eigentlich gar nicht wissen, was sie da tun. Dann natürlich sofort alles haben und machen und können wollen.

lg
 
Was die Schwertform ist weiß ich ja..Ich wüsste gern die "Voraussetzungen" dafür :)
Mal ernsthaft: das wird jeder anders sehen.

Ich persönlich würde es so sagen: Taich ist keine äussere Bewegung. Die machst Du aber gerade, wenn Du seit 2 Monaten Taichi übst. Es dauert Jahre, bis aus der äusseren Bewegung, die Du mit Muskeln und Verstand ausführst, eine innere Bewegung wird.

Die innere Bewegung ist nun die Voraussetzung für ein sinnvolles Lernen mit Waffen. Denn wenn Du eine Waffe in der Hand hältst, dann kann Dein Chi, also Deine Energie aus dem Inneren, über die Waffe in das Aussen gelangen.

Was man aber beim Taichi erst mal lernen muß, ist das Chi zu bemerken, wie es im Körper vorhanden ist und aufsteigt. Dieses aufsteigende Chi "übernimmt" irgendwann - nach Jahren - die Bewegung, die Du äusserlich durch den Verstand und die Muskelkraft übst. Und dann wenn Du Zugang zu diesem Chi hast und innerhalb Deiner Körperhülle eine gewisse Stärke des Chi erreicht hast, dann macht es meines Erachtens Sinn, an eine Waffenform zu denken.

Nun ja und daher denke ich da in der Tat so etwa an 2,5 oder 7 Jahre. Alles Andere ist für mich oberflächliches Getue.

Wenn Du z.B. das Lernen einer Faustform betrachtest: es geht hier darum, zunächst einmal kognitiv die Bewegung zu erfassen und sie grob zu imitieren. Dazu bist Du jetzt nach 2 Monaten sicherlich noch nicht in der Lage. Dann geht es im zweiten Schritt darum, innendrin in Dir die Bewegung zu spüren und damit dem geistigen Lernen einen körperlichen Zusammenhang zu geben. Dann geht es um die Beschäftigung mit dem Yin und dem Yang in der Bewegung. Dann geht es um das Erfassen der Spiralförmigkeit der Bewegung, durch welche Dir das Leiten und Lenken des Chi letztlich gelingen kann. Und während dieses gesamten Lernens gilt es, sich mit der Tatsache auseinander zu setzen, daß diese Bewegung nicht zum Schönsein gemacht wird, sondern um sich im Kampf behaupten zu können. Jede einzelne Bewegung, die Du da machst, hat einen ganz bestimmten Zweck. Und diesen solltest Du kennen. Jede einzelne Bewegung Deines Fusses, Deiner Hand oder Deines Körpers geschieht, um etwas ganz Bestimmtes bei einem angreifenden Gegner zu erreichen. Und dieses Erreichen kann nur gelingen, wenn Du die Bewegung auf eine ganz bestimmte Weise machst und nicht, wenn Du sie irgendwie nachmachst.
Daher besteht wohl der eigentliche Abschluss des Lernens einer Faustkampfform darin, das "Schattenboxen" zu erlernen, also letztlich in einem inneren Bild die Angreifer mit ihren Angriffstechniken zu erfassen und exakt zu wissen, warum man etwas wie und nicht anders tut, bis in die letzte Zelle des Körpers und des Geistes hinein. Dies ist die Voraussetzung, um mit meditativer, heilender Absicht tätig zu sein und den Gegner nicht zu verletzen und dennoch zu siegen. Dafür benötigst Du eine ganz bestimmte Konstitution und hartes Training, das aus Sitzmeditation, dem Üben der Form und aus Sport und gesunder Ernährung besteht. Ausserdem brauchst Du einen wachen Geist und eine hohe Intelligenz, sonst wirst Du eh nur mit den Armen fuchteln und nachmachen können, was jemand Dir vormacht. Es müssen sich- kurz gesagt - jede Menge neuronaler Verknüpfungen bilden und Dein Körper muß Muskeln an Stellen aktivieren, die Du in Deinem gesamten Leben noch nicht wahrgenommen hast. Und dafür muß Du ihm Zeit geben, Disziplin üben und Dein vorschnelles Wollen hintenan stellen lernen. Du mußt, wie man sagt, demütig werden gegenüber dieser Kunst und der Schöpfung.

Gerade dieses Demütigsein halte ich für eine Voraussetzung, sich der Macht einer Waffe zu bedienen. Ansonsten finde ich persönlich das Fuchteln mit Schwertern eher abartig. Weiß nicht, wie Du das siehst, aber: Kampf ist ein eigentlich ungewolltes Unterfangen. Wenn Du in Dir selber ruhst und einen meditativen Charakter entwickelt hast, dann denke daran, ein Schwert in die Hand zu nehmen. Und bitte nicht, weil Du es "schön" findest. Verschaffe Dir schöne Gefühle dann lieber auf anderem Wege.

lg
 
Ersetze "schön" durch "ästhetisch".
Danke für deinen langen Text, Trixi. Manche Dinge sehe ich allerdings tatsächlich nicht so wie du.
Ich denke schon, dass eine gewisse Art von Intelligenz vorhanden sein muss, diese aber dann kinästhetische Intelligenz sein sollte, und nicht bspw. linguistische etc. (Howard Gardner unterscheidet da, meiner Meinung nach, sehr gut).
Deinem Statement nach können lernbehinderte Menschen nicht so gut Tai Chi lernen und "fuchteln nur herum" wie nicht- lernbehinderte, und das stimmt einfach nicht.
Das "Chi" fühlen - das ist eine Sache, die ich seit Jahren praktiziere, auch wenn es "Ki" ist - nämlich Reiki.
Das ist der Grund,warum Tai Chi mich von Anfang an gefangen nahm - der Energiestrom ist sichtbar, ich kann sehen, wohin ich meine Energie leite, welche Bewegungen "sanft" (also ying) ausgeführt werden, welche yang sein sollten.
Natürlich gelingt mir das nach 2 Monaten noch nicht so gut, dass ich Automatismen entwickelt habe, auch Standfehler schleichen sich immer wieder ein, und natürlich Bewegungsfehler. Deswegen schrieb ich nicht "in diesem Jahr will ich ein Wochenenseminar machen", sondern wann es eurer Meinung nach Sinn macht, nämlich bspw. wenn die ganze Form flüssig erlernt ist o.ä.
Und das hast du ja auch ordentlich lang beantwortet, und es war sehr hilfreich.
Es bleibt mir übrigens nichts anderes übrig, als die Schwertform an einem Wochenendseminar zu erlernen, da es anderweitig nur ind er Tai Chi Schule Hannover angeboten wird, wo ich kein Mitglied bin. 50 Euro im Monat sind mir eine Nummer zu hart als Studentin, bei meinem Trainer zahle ich die Hälfte.
Ich danke dir auf jeden Fall dafür, dass du nicht "lies erstmal n Buch" geschrieben hast, denn davon habe ich einige gelesen, und meinem Gefühl nach stimmte keins mit dem anderen überein. Und dann verlasse ich mich lieber auf mein eigenes Gefühl.
 
Liebe Maurynna!
Ich kann nur von meiner eigenen Erfahrung sprechen: ich habe erst mehrere Jahre lang die Langform geübt und erst danach mit anderen Formen (Wushu, Stock + Säbel) begonnen. Meiner Erfahrung nach kommt es weniger auf die Form an, sondern auf die Prinzipien der Bewegung. Für mich war es gut, die mal ausreichend zu trainieren, damit hatte ich genug Arbeit... ;-)
Erst wenn die Form so verinnerlicht ist, dass du nicht mehr darüber nachdenken musst, den Kopf ausschalten und den Rhythmus von Steigen und Sinken und den Atem fließen lassen kannst, beginnt die WIRKLICHE Arbeit mit dem Chi... Erst dann hat sich bei mir ein ganz deutliches Fühlen der Energie entwickelt, und dann wurde es richtig spannend... ;-)
Solange man sich noch auf die Form selbst konzentrieren muss, ist das nur schwer möglich...
Also mein Rat: erst die eine Form WIRKLICH beherrschen, bevor du darüber nachdenkst, eine neue zu lernen. Und: In Form eines Ein-Tages-Seminars würde ich die Schwertform nicht lernen - lieber mehr Zeit in einen längeren Kurs investieren, das bringt sicher die besseren Ergebnisse!
Liebe Grüße!
 
Ich finde, wenn man merkt, eine bestimmte Form "zieht" einen an oder wirkt besonderen faszinierend auf einen, würde ich sofort anfangen, sie lernen zu wollen.
Jeder guter Lehrer wird sowie so "beraten" oder Unterstützung bieten, falls evt. anderes erstmal wichtig sein soll.

Man kann die Bewegungen sicherlich an einem Wochenende lernen - die äußeren. Aber bis diese in Ausübung einer Kunst ähneln ist regelmäßiges Üben notwendig als auch das Üben und Korrigieren mit einem Lehrer.

Viele Lehrer bieten die Faustform und dann doch zusätzlich die Schwertform an.
 
@Trixi Maus - Beitrag 14
Ich habe das nun mehrmals gelesen. Das ist einfach nur schön, was Du da geschrieben hast. Wie macht man sowas? Ich könnte das nicht so schreiben. Dazu hätte ich keine Geduld. Das sollt in jedem Schulhof ausgehangen werden.
mM
 
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Hallo ihr lieben!

Ich mache jetzt seit knapp zwei Monaten Tai Chi, in meinem Falle Wuji-quan Taichi.
Ich würde gerne irgendwann die Schwertform beginnen, da mein Lehrer diese aber nicht anbietet, werde ich sie in einem Wochenend- Seminar machen an der Tai Chi Schule Hannover.
Nun frage ich nach eurer Meinung / Erfahrung: Wie lange sollte ich Tai Chi gemacht haben, um mit der Schwertform zu beginnen, sodass es mir auch etwas bringt? Die Langform sollte verinnerlicht sein, oder?
Was habt ihr sonst noch für Tipps diesbezüglich?
Ich danke euch schon einmal!

vielleicht kann dir mario prestel weiterhelfen. der ist ein super tai-chi-leherer in berlin und gibt sicher auch mal so einen rat. einfach mal googeln...
 
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