hallo, sannam,
die moralischen grundwerte sind wohl als forderung in der gesellschaft verankert, allein die realität findet doch noch auf der primitiveren ebene statt. wer sie leugnet, schaut einfach weg (oder sieht sich nie werbespots an).
Hallo Miramoni,
ich weiß ja nicht, was du unter moralischen Grundwerten verstehst. Ich denke da zum Beispiel daran, dass es uns hierzulande eben nicht als normal erscheint, dass oder wenn Tötungsverbote grundsätzlich NICHT gelten, es sei denn, es handelt sich um Mitglieder der eigenen Sippe - geschweige denn Verletzungsverbote.
Bei uns gehen die Leute schon wegen Tiermisshandlungen teilweise auf die Straße; anderswo ist es ganz normal, Schildkröten den Panzer bei lebendigem Leibe abzuschneiden, Robben mit Stöcken totzuprügeln, oder sonstigen Tieren mit hübschem Fell diese eben auch noch lebend abzuziehen.
Ich denke, solche Dinge machen im Weltbild zuweilen schonmal einen deutlichen Unterschied.
Wir dagegen haben hier eine verweichlichte Kultur, in der man zwar kein richtiger Kerl ist, wenn man sein Steak nicht blutig mag, in der es aber irgendwie schon verpönt ist oder wäre, sich damit zu brüsten, wie vielen Rindern man heute wieder den Bolzen aufgesetzt hat.
Ist zwar richtig, dass sich unter der Scheinheiligkeit letztlich nicht soo viel weniger Gewalt verbirgt, ob die jetzt die (nichtmal als modern zu bezeichnenden) Sklaven betrifft, deren Arbeit auf Plantagen uns die Kaffee- und Schokoladenpreise erlaubt, die wir noch gern bezahlen, oder auch bloß die Tiere, die in der Massentierhaltung dafür leiden, dass man selbst für ein gutes Schnitzel selten mehr als zehn Euro zahlen muss, wenn man es sich selbst zubereitet. Es bleibt aber trotzdem die Tatsache, dass diese ganze Gewalt aus unserem praktischen Leben großenteils ferngehalten wird.
Daraus ergibt sich dann schonmal ein Kulturschock, wenn man den Nimbus dieses verweichlichten Systems in irgendeinem Sinne verlässt. Und der ist nicht immer angenehm.
Sicher haben wir immer noch Unbewusstes, Instinkte und Triebe. Und natürlich nutzt sowas wie die Werbeindustrie das aus, und ist von daher an Bewusstwerdung ebensowenig interessiert wie unsere Politik an vernünftiger Bildung breiter Bevölkerungsschichten. Der Alltagsbezug dazu, wie man mit diesen Instinkten umgeht, konstruktiv oder destruktiv, fehlt uns hierzulande aber großenteils.
Das ist gar nicht NUR ein Vorwurf. Es lebt sich tatsächlich angenehmer unter Leuten, bei denen man nicht ständig erstmal den Check machen muss, ob und wo sie jetzt eventuell Messer oder Schusswaffen bei sich tragen. Versteh es also nicht verkehrt: Humanistische Werte halte ich für wirklich angenehm im menschlichen Zusammenleben.
Wenn es aber in Richtung Anwendung von Instinkten geht, bringt unser Mangel daran im Vergleich zu jemandem, der es gewöhnt ist, Nachteile mit sich. Hat einfach etwas mit Gewohnheit und Anpassung zu tun.