"Rechtes Gedankengut nimmt zu"

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Irgendwie hast du es nicht erfasst. Ich mache mich keineswegs lustig über Traditionen. Wo denn, zum dritten Mal? Das, was du von mir als angeblichen Beleg für deine und des dunklen Horizonts Unterstellung zitierst, ist kein Beleg, sondern allenfalls eine lose Assoziation. Worüber ich mich lustig mache, sind in der Tat die Typen, die mit "Stolz auf unsere Kultur" hausieren gehen, obwohl sie keinerlei Anteil an diesen kulturellen Leistungen hatten.

Noch einmal: Man kann auf eigene Leistungen stolz sein, nicht aber auf die Leistungen anderer. Was genau verstehst du daran nicht? Mal ein ganz einfaches Beispiel. Wenn du beispielsweise sagst: "Ich bin stolz auf Günter Grass und seinen Roman "Die Blechtrommel", dann ist das hochgradig albern, es klingt schon sprachlich schief. Wenn du aber sagst: "Ich habe meine Abitur-Arbeit über die Blechtrommel geschrieben und eine Eins kassiert", dann kannst du darauf stolz sein, denn es war deine Leistung.

Die schlimmste und gefährlichste Stolzart ist der "Nationalstolz" - auf sein Konto gehen Millionen von Menschenleben, wie schon ein flüchtiger Blick in die Geschichte zeigt.

Stolz funktioniert nicht so wie Du es hier beschreibst, also im Sinne von "Man kann auf eigene Leistungen stolz sein, nicht aber auf die Leistungen anderer."

Stolz hat mit Identifikation zu tun. Wenn jemand auf eine eigene Leistung stolz ist, dann weil er damit etwas verbindet womit er identifiziert ist. Stolz auf Leistungen anderer zu sein ist vom Prinzip her kein Unterschied und eigentlich auch nicht unbedingt schlecht und auch das läuft über Identifikation. Ein Vater kann stolz auf die Leistung seines Kindes sein, oder jemand aus "KleinstadtX" auf die Leistung der lokalen Fußballmannschaft oder ein Freund auf seine Freundin oder ein Fußball-Fan auf die Nationalmannschaft usw. Das kann sich theoretisch ziemlich unendlich ausweiten - hätten wir es mit Aliens zu tun wären wir/viele vielleicht stolz auf die Menschheit etc.

Das Problem ist nicht stolz zu sein. Das Problem ist Abwertung des anderen. Wäre jemand z.B. extrem stolz auf eine eigene Leistung und würde sich über andere erheben, wäre das ja nicht positiv. Dazu kommt: Niemand hat je etwas wirklich ausschließlich aus eigener Kraft geschafft, immer braucht es mindestens eine Basis und in aller Regel auch aktive Hilfe die erst durch andere geschaffen wird. Wer das übersieht, extrem stolz auf die vermeintlich eigene Leistung ist und den Kontext ausblendet ist ebenfalls ignorant.

Nationalstolz ist m.A.n. nicht schlecht, wir in Deutschland und Österreich verbinden damit nur üblicherweise sofort den Nationalsozialismus der Nazis. Der zeichnete sich aber v.a. durch maßlose Überlegenheits-Fantasien aus. Das war der destruktive Aspekt. In anderen Ländern ist Nationalstolz meistens normaler und daher auch gesünder, weil nicht so belastet.
 
Nationalstolz ist bislang von den Herrschenden immer für Kriegseuphorie mißbraucht worden.

Was schreibe ich "mißbraucht" - Nationalstolz gehört für mich in die Ecke des primitiven, geistig unterbelichteten Denkens. Ich hab auch bislang kein Argument gelesen, daß mich davon überzeugt hätte, diesen Begriff aus der Mottenkiste der Geschichte wiederzubeleben und für irgendwas Positives verwenden zu können. Alle empirischen Studien sprechen auch dagegen: es scheint vielmehr so, daß in dieser Haltung "Nationalstolz" "Patriotismus" "Nationalismus" unabdingbar die Abwertung anderer Nationen enthalten ist und diese stark belasteteten Begriffe für eine fortschrittliches Denken überhaupt nicht mehr nutzbar sind. Mal Wikipedia:

Während einerseits die politische Gleichheit der in einer Nation vereinten Gruppe betont wird, erfolgt andererseits der Ausschluss der als nicht zugehörig klassifizierten Gruppen. Dies kann von einer kommunikativen Betonung der Andersartigkeit dieser Ausgeschlossenen bis zu ihrem physischen Ausschluss („ethnische Säuberung“) oder im Extremfall zu ihrer Vernichtung führen (Völkermord).

https://de.wikipedia.org/wiki/Nationalismus
 
Nationalstolz ist m.A.n. nicht schlecht, wir in Deutschland und Österreich verbinden damit nur üblicherweise sofort den Nationalsozialismus der Nazis. Der zeichnete sich aber v.a. durch maßlose Überlegenheits-Fantasien aus. Das war der destruktive Aspekt. In anderen Ländern ist Nationalstolz meistens normaler und daher auch gesünder, weil nicht so belastet.

Es ist ein frommer Wunsch und eine Illusion allererster Güte, dass es einen "gesunden" und einen "ungesunden" Nationalstolz gebe. Die Geschichte lehrt uns das Gegenteil:
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Eine Studie Adam Rutlands unter Kindern zeigte, dass die Zustimmung zur eigenen Nation eng mit einer Abwertung anderer Nationen korreliert.[11] Auch der deutsche Soziologe Wilhelm Heitmeyer kommt in seiner Langzeituntersuchung Deutsche Zustände zu dem Ergebnis, dass eine positive Einstellung zur Demokratie und ihren Werten einen besseren Schutz vor fremdenfeindlichem und rassistischem Gedankengut darstelle, welches durch eine patriotische Grundeinstellung eher gefördert werde.

https://de.wikipedia.org/wiki/Patriotismus

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Nationalstolz ist m.A.n. nicht schlecht, wir in Deutschland und Österreich verbinden damit nur üblicherweise sofort den Nationalsozialismus der Nazis. Der zeichnete sich aber v.a. durch maßlose Überlegenheits-Fantasien aus. Das war der destruktive Aspekt. In anderen Ländern ist Nationalstolz meistens normaler und daher auch gesünder, weil nicht so belastet

Sehe ich ähnlich, wobei der Begriff regionale soziale Identität dem Kern näherkäme und alle Einwohner einer Region umfassen könnte, egal ob nun mit oder ohne Migrationshintergrund. Stolz ist an sich schon problematisch und bald mal narzisstisch - länderbezogen dann eben auch nationalistisch.
 
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