Praktische Einleitung zur Anwendung von Meditationstechniken

"Wenn ich mich zum Meditieren mit geschlossenen Augen auf einen Stuhl setze, schlafe ich oft nach kurzer Zeit ein. Wie kann ich mich wach halten, ohne mich anzustrengen? Kannst du vielleicht auch etwas über den eigentlichen Sinn von Meditation sagen?"


Es ist eine Frage der Balance, wie wenn du ein Pferd reitest. Die Zügel sind die Aufmerksamkeit, die Achtsamkeit. Wenn du die Zügel zu fest nimmst, dann ist da viel Anstrengung, die Anspannung steigt, die Gedanken fangen zu rennen an und du rennst mit ihnen, bis dich das Pferd abwirft. Wenn die Zügel zu locker sind, dann geht Entspannung in Schlaf oder in Tagträumerei über. Im Alltag ist die Aufmerksamkeit häufig neben allem was im Außen geschieht auch noch auf all die Worte und Bilder und Gedanken gerichtet, die im Inneren ablaufen. Man ist völlig vertieft und gefangen in all dem was da zu sehen, zu hören, zu denken ist. Tausend Dinge laufen ab – die meisten davon völlig unbewusst. Tausend Dinge zu wollen, zu sollen, zu wünschen, zu mögen, nicht zu mögen. Tausend Stimmen im Kopf, die miteinander diskutieren. Und dennoch: in Wahrheit ist gleichzeitig die Stille immer da, wie der unendliche Raum – du bemerkst sie nur nicht. In Meditation richtest du die Aufmerksamkeit auf die Stille. Immer noch steigen zunächst Gedanken und Bilder und Gefühle auf. Du unterdrückst sie nicht, du lässt sie geschehen, aber du berührst sie nicht, du folgst ihnen nicht, du reitest nicht auf deinen Gedanken davon, du badest dich nicht in deinen Gefühlen. Sondern du sitzt still, lässt Gedanken kommen und gehen, lässt Gefühle kommen, fühlst sie, lässt sie gehen und bleibst still und unbewegt dabei. Bleibst ganz jetzt, ganz hier, ganz wach dabei. Und du beginnst den Raum zu bemerken in dem all das geschieht. Du beginnst die Lücken zwischen den Gedanken, zwischen den Gefühlen zu bemerken, in denen die wahre Natur deines Geistes – die ursprüngliche spiegelgleiche Klarheit offen zutage tritt. Stille. Raum. Niemand da. Reines Beobachten, ohne jemanden der beobachtet. Nur Sein. Aber jetzt versuche nicht die Lücken festzuhalten, die Stille festzuhalten. Denn kaum versuchst du das, ist da wieder jemand, der will, der strebt... sind da die tausend Stimmen und tausend Dinge ... der Lärm beginnt von neuem – wie in dieser Geschichte: Vier Zen-Schüler, die enge Freunde waren, versprachen einander, sieben Tage lang Schweigen zu bewahren. Am ersten Tag waren sie alle still. Ihre Meditation hatte Glück verheißend begonnen, aber als die Nacht kann und die Öllampen trübe wurden, konnte sich ein Schüler nicht zurückhalten, einem Diener zuzurufen: “Sieh nach den Lampen!“ Der zweite Schüler war überrascht, den ersten reden zu hören. „Wir sollten doch kein Wort sprechen“, sagte er. „Ihr seid beide dumm. Warum redet ihr?“ fragte der dritte. „Ich bin der einzige, der nicht gesprochen hat“, stellte der vierte Schüler fest. Bleib da, ganz still und ohne Absicht. Das ist wichtig. Meditation ist absichtslos, will nirgends hin und fragt noch nicht mal nach dem Sinn. Und lass zu, dass der Duft der Meditation sich in deinem ganzen Leben ausbreitet. Beschränke Meditation nicht auf die Zeit, die du vielleicht still sitzt – lass Meditation dein ganzes Leben durchdringen in jedem Tun und jedem Nicht-Tun.



Pyar (http://www.pyar.de/Textseiten/meditat.htm)
 
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Habe mal den Ausspruch gelesen, man solle meditieren, wie ein alter Mann, der einem kleinen Kind beim Spielen zusieht.
Ich finde, das trifft die Sache sehr gut. Man sollte mit der gleichen heiteren und gelassenen Stimmung drangehen, dann ist Meditation am fruchtabarsten. Es gibt ja schliesslich keine Mordsleistung zu erreichen. Leisten, das kann man anderswo, z.B. in der Arbeit.

"Der eigentliche Sinn der Meditation" - tut mir leid, den gibt es nicht. Meditation hat immer den Sinn, den du ihr geben willst. Klavierspielen lernen hat immer den Sinn, den du ihm geben willst. Joggen oder Gewichte stemmen hat immer den Sinn, den du ihnen geben willst. Du kannst es als Hobby tun, also aus reiner Freude an der Sache, du kannst es tun, weil du etwas erreichen möchtest (z.B. einen Wettkampf bestehen oder ein gewisses Können erreichen), du kannst es tun, weil dir grade danach ist, also aus purer Laune heraus. Es liegt an dir persönlich zu definieren, wozu du meditieren möchtest.
Jeder, der dir versucht einzureden, warum und wozu du Meditation einsetzen oder üben solltest, irrt sich. Da kann dir also weder Sam noch sonstwer erklären, was der Sinn von Meditation sein soll, weil du selbst die Person bist, die ihr einen Sinn verleiht, ganz so, wie du es möchtest. (Sorry, wieder mal keine klare Antwort möglich).

Ich persönlich betreibe Mediation ganz einfach deshalb, weil ich es gerne mache. Ich muss mich eigentlich nie dazu zwingen und wenn ich gerade keine Lust habe, dann lasse ich es sein.
 
Hallo fckw,

Pyar sagt unter anderem auf eine Frage von einem Zuhörer: "Bleib da, ganz still und ohne Absicht. Das ist wichtig. Meditation ist absichtslos, will nirgends hin und fragt noch nicht mal nach dem Sinn."

Warum hast Du begonnen vom Sinn der Meditation zu sprechen?


Ich weiss, dass Du durch hinterfragen, neti-neti, Widerspruch zur Leere "gelangt" bist. Stets "Nein" sagen und Widerspruch ist aber auch eine Technik (wie jede andere), die Du irgendwann einmal loslassen musst (sonst ist oder wird es nur ein weiteres Verhaltensmuster, ein automatisches Reagieren oder Bezug auf die jeweilige augenblickliche Situation, ohne leben aus dem Moment heraus).


Meditation ist dort, wo die Technik aufhört.

Du sagst meist "Leere" dazu. Ich sage meist "Meditation" dazu.
Beides ist falsch, weil es für das x (Unnennbare) kein Wort mehr gibt.


Alles Liebe Dir
sam
 
Ja, warum habe ich denn angefangen vom "Sinn" zu sprechen? Ich bin ein bisschen verwirrt. Ich glaube mich zu erinnern, dass in diesem Thread die Frage früher aufgetaucht ist. Irgendjemand fragte dich, Sam, was denn deiner Meinung nach der Sinn von Meditation sei. Jetzt ist der Eintrag weg, ich kann die Frage zumindest nicht mehr finden. Vielleicht habe ich einen andern Thread angeschaut?. Öh, da hab ich wohl irgendwo irgendwas velwechsert, würd ich meinen.

Den Term "Leere" benutze ich deshalb, weil er oft im Buddhismus benutzt wird und damit gleich alle wissen (die's wissen), wovon ich spreche. Ich könnte auch irgendwas anderes gebrauchen, das würde aber wahrscheinlich bloss zusätzliche Verwirrung stiften. Schon der Term "Leere" stiftet heillose Verwirrung, das konnte ich ja an mir selbst beobachten. Ich meinte andauernd, das sei irgendwas. Jetzt weiss ich, dass der Begriff "Leere" bloss als Platzhalter für das absolut Unbezeichenbare, Unaussprechliche, Unfühlbare, Unsehbare und nicht Wahrnehmbare steht. Damit "Gott" bezeichnen zu wollen, ist zu 100% unpassend. Noch besser als Leere sollte man, wie du vorschlägst den Begriff "XXX" benutzen. Oder auch "_" oder gar " ". Dadurch, dass wir "Leere" sagen, meinen viele Leute, das funktioniere auf die gleiche Art, wie wenn ich "Hund" sage. In ihrer Vorstellung entsteht sofort irgendwas von wegen "Ruhe, Weite, Luft, Licht" oder was weiss ich. Und, wie du ja selbst weisst, ist das bereits falsch.

"Leere" ist nunmal "der Zeitpunkt, wo alles Denken aufhört". Wer meint, das könne erreicht werden, irrt. Entweder stellt sie sich spontan ein, weil das Denken sich selbst totläuft und wie ein überhitzter Motor abwürgt, oder sie stellt sich nicht ein. Ein Versuch, das zu verstehen ist komplett an der Sache vorbeigeschossen.

Es ist wirklich lustig, darüber zu schreiben, weil es so unsäglich simpel und einfach ist. Und ich meinte so lange, es sei so kompliziert, es müsse da irgendwas zu verstehen, sehen, erleben, erfühlen sein! Die Verwirrung entsteht sofort, wenn ich, wie sofort folgend, komplizierte Worte zu ihrer Beschreibung benutze. Dann denken alle, ui, wenn jetzt komplizierte Worte folgen, dann muss eine Denkleistung damit verbunden sein, um das zu verstehen. Das ist aber leider falsch.

Leere stellt sich dann ein, wenn du weisst:
dass du nichts weisst,
dass du nie etwas wissen kannst,
dass du nie etwas wusstest und nie etwas wissen wirst,
dass dein Denken nur Quatsch produziert,
dass alles, was du jemals zu wissen geglaubt hast, von deinem Denken produziert war,
dass alles, was du gelernt hast, falsch war,
dass alles, was du lernen könntest, immer bloss Quatsch ist,
dass es nichts gibt, wie du diese Mauer aus Nichtwissen durchbrechen kannst,
wenn du alle Begriffe auf andere Begriffe zurückführen kannst und dadurch die Unzulänglichkeit von allen Begrifflichkeiten erkennst,
wenn du alle Gefühle auf Begriffe, auf das Denken und auf andere Gefühle zurückführen kannst und dadurch erkennst, dass sie genauso unzulänglich sind um irgendwas damit anzufangen, wie dein Denken,
wenn du erkennst, dass du dich gründlich geirrt hast. So gründlich, wie noch nie zuvor in deinem Leben und wie niemals mehr nachher in deinem Leben.
Am allerwenigsten stellt sich Leere dann ein, so lange du an die Existenz eines Schöpfergottes glaubst, oder an Engel, oder daran, dass du Erleuchtung erlangen willst, oder dass in irgendeinem Buch der Welt jemals irgendwas nützliches oder wichtiges oder interessantes geschrieben stünde, oder dass es auf der Welt irgendeinen Leher gäbe, der dir irgendwas diesbezüglich beizubringen hätte.

Das ist der Moment, wo du nicht mehr weiter weisst, wo jedes Rezept versagt und niemand dir helfen kann (weil es niemanden gibt, der hier etwas wissen kann). Es ist der Moment, wo du dich selbst bis auf die fundamentalsten Triebe dekonstruierst hast.
Wenn du Glück hast, kommt jetzt ES von selbst.

ES kommt nicht, so lange du glaubst, ES sei Nihilismus, ES sei schrecklich, ES sei Friede, ES sei schön, ES sei wichtig, ein andrer vor dir hätte ES jemals erreicht. Du bist dann noch nicht bereit. Weil du noch immer deinen Glauben an die Leere nicht aufgeben hast. Leere ist Nicht-Leere. Anders kann das nicht ausgedrückt werden. Glaube nicht, dass das irgendwie verstanden werden kann.

"Was ist Zen? Offenheit, nichts Heiliges." Jawoll. Nichts Heiliges und nichts Spirituelles. Lasst euch das hinter die Ohren geschrieben sein, ihr spirituellen Pfadfinder da draussen.
 
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Spirituelle Erlebnisse sind ein Trick des Verstands, sie sind ein Ablenkungsmanöver des Verstands.

Ein Erlebnis ist etwas Äusserliches.
Der dieses Erlebnis Erfahrende ist dein eigentliches Wesen.
Spiritualität ist nicht auf Erlebnisse aus, sondern auf den Erlebenden.
Meditation, Leere, Sein ist kein Erlebnis, sondern eher ein Schlußstrich unter alle Erlebnisse.

Es passieren wahrscheinlich weiter verschiedene Erlebnisse, aber dein Ego muß sie nicht mehr ausbreiten, Du identifizierst Dich nicht mehr damit, sie interessieren Dich nicht mehr. Du bleibst weiter auf dem Weg zum inneren Zentrum, wo nichts übrig bleibt - nur Bewußtsein, ohne Inhalt.

Was immer du erlebst ist der Inhalt, das Erlebnis ist der Inhalt. Du kannst die Inhalte (Genuß, Unglück, Verliebtheit, Langeweile, bunte Farben, Reisen, Stille, Seligkeit, ....) bis in alle Ewigkeit austauschen.

Aber es geht bei Meditation nicht darum WAS passiert, sondern WEM es passiert.
Dann hat das Ego keine Aufstiegschance.


:blume:
 
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