Der Anstoß zu einer Vereinbarung, die Anwerbung von Italienern in die Bundesrepublik zu beginnen, kam jedoch noch im gleichen Herbst aus Italien.
[6] Bernhard Ehmke, Bundesarbeitsministerium, umriss am 9. November 1954 in einer Besprechung die Lage mit den Worten:
„Intensiver… Drang des Auslandes, in der deutschen Wirtschaft Arbeitskräfte unterzubringen. [Kein Ministerbesuch vergeht,] bei dem diese Frage nicht Punkt 1 ist.“ Er nannte besonders Italien und Spanien.
[7] Nach einem Jahr italienischen Drängens, wobei die dortige hohe Arbeitslosigkeit die Hauptrolle spielte und innenpolitische Folgen bis hin zu kommunistischen Unruhen befürchtet wurden,[8] sowie hinhaltender Verhandlungsführung des Bundesarbeitsministeriums setzte ein Bündnis aus Bundeswirtschaftsminister
Ludwig Erhard, Auswärtigem Amt und Bundesminister für besondere Aufgaben
Franz Josef Strauß bei Adenauer durch, dass auf die italienischen Bitten einzugehen sei. Motive waren dabei für den Bundeswirtschaftsminister das Außenhandelsdefizit Italiens, das einen weiteren Absatz deutscher Güter in Italien bedrohte, für das Auswärtige Amt die Generallinie der Verbesserung der Beziehungen nach der zuletzt zwischen beiden Seiten konfliktreichen Kriegszeit und für Strauß die Furcht vor Forderungen nach Lohnerhöhungen seitens deutscher Gewerkschaften.
[9] Der Bundesarbeitsminister Storch dagegen, so
Heike Knortz, „hatte zwar in Anbetracht anhaltender Arbeitslosigkeit zunächst noch die öffentliche Meinung einschließlich der Arbeitgeberverbände und der Gewerkschaften hinter sich, unterlag aber schon bald dem vom Auswärtigen Amt bereits während der Verhandlungen mit Italien generierten Primat der Außenpolitik.“
[10]
Am 22. Dezember 1955 wurde dann in Rom das erste Anwerbeabkommen geschlossen. Darin wurde vereinbart, dass die Nürnberger Bundesanstalt für Arbeit in Italien gemeinsam mit der italienischen Arbeitsverwaltung Arbeitskräfte auswählen und anwerben solle.
Eine Umfrage des Allensbacher Institutes vom März 1956 ergab, dass 55% der befragten BRD-Bürger mit Dagegen antworteten, als sie gefragt wurden: "Sind Sie dafür oder dagegen, daß italienische Arbeiter nach Deutschland geholt werden?" Dafür waren 20 %, unter Umständen dafür 6%. Noch nicht davon gehört hatten 18%. Von den 55% ablehnenden Antworten gab die große Mehrheit (41%) als Begründung an, dass es genügend deutsche Arbeitskräfte gebe.
[11]
In den folgenden Jahren wurden weitere Anwerbeabkommen zwischen der BRD und den Entsendeländern zum Ausgleich von deren Leistungsbilanzdefizit gegenüber der Bundesrepublik Deutschland geschlossen. Des Weiteren spielten auch außenpolitische Motive eine Rolle, so etwa beim Anwerbeabkommen mit der Türkei.
Die Initiative ging hierbei von den Entsendeländern aus.