Lucia
Im tibetischen Buddhismus, wie ich es von teilweise über 80jährigen Mönchen beigebracht bekommen habe, geht es tatsächlich um die Ansammlung und nicht ums intonieren.
Auch wenn ich z. B. Ani Choying liebe, singsel ich das Taramantra net, sondern seh zu, dass ich meine 10 Malas ansammel am Tag.
Hm, es scheint ganz so, als hätte deine Praxis vor allem einen verehrenden Charakter. Sonst müsstest du doch erwähnen, dass zum Erscheinen der Yidam (in diesem Fall Tara) mehr Bedingungen erfüllt sein müssen, eben die ganze Dreizahl Mudra, Mantra und Samadhi.
Ein einfaches Ansammeln an Wiederholungen bzw Aufsagen des Mantras allein außerhalb des Kontexts von Mudra und Samadhi ist dafür schlicht nicht ausreichend.
Wyrd
Ich kenne mich im Buddhismus nicht aus. Laut Deiner Schilderung, sind aber Teile die mich an gewisse Formen von Katholismus erinnern, wo dann einfach Vater unser oder gegrüsst seist Du Maria in Serien gebetet wurden zur Vergebung oder Busse irgendwelcher Sünden. Der Rosenkranz beruht auf einem Prinzip der Wiederholung, also denke ich vielleicht gibt es da gewisse Parallelen?
Die einzige offenkundige Verwandtschaft zwischen Rosenkranz und Mala ist die Möglichkeit, damit zu zählen. Wenn man sichs überlegt, ergibt es Sinn, dass tragbare Lösungen zum Zählen unabhängig voneinander entstanden sein können und diese dann sehr ähnlich aussehen.
Ansanti
Mit einigen anderen Mantren sollte man, wie Lucia ja schon angedeutet hat, vorsichtig sein, denn das Mantra "beinhaltet" sozusagen auch die Essenz der jeweiligen Gottheit. Wenn diese Gottheit zu dir nicht passt, kann das Probleme verursachen, und deswegen sollte man solche Mantren vorzugsweise von jemandem persönlich lernen, der mit ihnen Erfahrung hat (und einschätzen kann, OB es passt).
Meines Wissens braucht es für alle buddhistischen Tantras immer einen fähigen Lehrer, der das jeweilige System an die Bedürfnisse des Schülers anpasst, da geben Texte allein zu wenig her.
Ansanti
Und dazu, wie man nun Karma abbaut, kommen wir auch noch ... aber nicht mehr heute
Karma kann man nicht abbauen, jede Handlung erschöpft sich in ihren Folgen irgendwann von selbst.
polarfuchs
Und du kannst den Buddhismus nicht über einen Kamm scheren, weil es da einfach Unterschiede gibt, sowohl zwischen den verschiedenen Richtungen als auch, und das trifft auf dieses Thema hier zu innerhalb der Richtungen und auch da sowohl zwischen Laien und tatsächlichen Mönchen/Nonnen, wie auch zwischen philosophischer Elite, die sich in Tibet nahezu geschlossen auf die philosophische Grundlage Nagarjunas bezieht, während das für einige Tantriker prinzipiell weniger bedeutsam ist usw.
Die philosophische Grundlage Nagarjunas ist für alle Praktizierenden buddh. Tantras von höchster Bedeutung. Das Postulat „Form ist Leere, Leere ist Form“ bzw das ganze Herzsutra ist ein zentraler Zugang zum Weisheitsaspekt der Tantras. Erst darauf aufbauend entwickelten sich dazu Methoden, (vor allem beeinflusst aus bereits existenten „tantrischen“ hinduistischen Kulten) um diese Sichtweise im Geist zu etablieren.
Polarfuchs
Aber gut, dass ich es jetzt besser weiß. Vllt. solltest du es auch den blöden Tibetern nochmal erklären, damit die ihr Zeug auch endlich mal richtig verstehen und denke dabei bitte unbedingt an das Argument mit der Praxis, denn es ist viel besser Authorität vorzutäuschen, statt wirklich was zu sagen.
Einfach spirituelle Autorität anzuerkennen, weil jemand aus Tibet kommt, kann aber keineswegs das richtige Vorgehen sein. Als Schüler tibetischer Richtungen des Buddhismus ist es oft schwierig, die kulturellen Anteile der Aussagen des Lehrers von den tatsächlich buddhistischen abzuscheiden. So ist es zB. in buddhistischer Sichtweise sehr klar, dass es keine „Tulkus“ – wiedergeborene Meister geben kann.
Lucia
Oh, dass muß ich meinen tibetischen Lehrern sagen, wenn ich sie das nächste Mal treffe. Schließlich machen sie das dann ja seit 70 Jahren oder länger einfach nur falsch.
Ich glaube nicht, dass deine Lehrer etwas falsch machen. Bedenke aber, dass tibetischer Buddhismus nicht gleich buddhistischem Tantra entspricht. So ist es einem Mönch schlicht und ergreifend nicht möglich, den ganzen Umfang eines Tantras zu üben, weil er zölibatär lebt. Ebenso kann er dieses dann nicht lehren bzw die Praxis anleiten, wenn ihm diese Erfahrung fehlt. Natürlich kann er unabhängig davon andere Aspekte tibetischen Buddhismus lehren.