Durch immer wiederkehrende Diskussionen im Bezug auf die Verwendung von spirituellen und traditionellen Ritualen aus anderen Kulturbereichen ein paar Gedanken aus meinem persönlichen, schamanischen Eck dazu.
Gerade im esoterisch-schamanischen Bereich werden seit Jahren vermehrt Rituale wie Schwitzhütte, Medizinrad und dergleichen angeboten.
Selbst wenn die Anbieter manches mal nicht echt indianisch dazu schreiben, obwohl das oft genug der Fall ist, sind diese Worte Schlüsselreize, die die entsprechenden Konsumenten anlocken sollen, denn es wird natürlich damit ein entsprechendes Bild vermittelt. Ein Bild von nativen Ritualen, die die Romantikschiene bedienen, wobei dieses Bild mit den ursprünglichen Verwendern nicht viel zu tun hat. Einige wehren sich auch gegen den Ge-Brauch ihrer Spiritualität, wie beispielsweise die
Lakota, und, von diesen inspiriert, mittlerweile auch die
Aborigenes.
Viele die derartige Rituale durchführen, berufen sich auf LehrerInnen aus den jeweiligen Traditionen. Diese würden es ja sein, die ihnen die Legitimation zur Durchführung der Rituale geben. Nun, zum einen überall gibt es Menschen, die von etwas leben müssen. Und um überleben zu können, ist nun mal mittlerweile fast weltweit Geld notwendig. Durch solche Rituale erhält man dieses Geld. Ergo mag´s verständlich sein, dass dann jemand Rituale weiter gibt. So sie es denn wirklich einfach so tun.
Die Argumentation, dass ja Schwitzhütten, Medizinradrituale, etc. hier bei uns von american Natives durchgeführt wurden/werden - auch von SchamanInnen aus anderen Kulturen werden deren traditionelle Rituale hier bei uns gemacht, gelehrt vernächlässigt einen wichtigen Aspekt. Die meisten von diesen Natives fordern zumeist dazu auf, dass wir hier unsere eigenen Wurzeln, Geister, Rituale wieder finden bzw. Rituale mit unseren eigenen Geistern entwickeln, eigene Namen dafür verwenden oder neue Namen erfinden sollen. Das bedeutet eben genau das, nicht dieselben Namen, die ja in Esokreisen zugkräftig sind, für die große Kohle, zu verwenden, sei das nun "Schwitzhütte", "Medizinrad" oder dergleichen. Auch wenn Ottilie und Otto Konsument am ehesten damit was anfangen könnten.
Denn das ist es, was man als Kulturraub und auch als spirituellen Raub bezeichnen kann.
Aus der schamanischen Perspektive gehe ich nun davon aus, dass diejenigen, die sich "SchamanIn" nennen, ja wohl auch Kontakt zur Geisterwelt haben werdem und sich dort sehr gut Rat holen können, Unterstützung, um Rituale zu entwickeln, um aussagekräftige Namen für diese Rituale zu finden. Denn die Geister hier haben auch schon mit unseren Vorfahren zusammen gearbeitet und auch die kannten beispielsweise, um bei den bekannteren Plagiaten zu bleiben, Schwitzrituale.
Um sich darüber zu informieren, selbst auf niedrigstem Niveau, braucht man bloß zu googlen, um eine aus dem nördlichen Europa kommende mittlerweile auch bei uns schon standardisierte - Technik geschichtlich zu betrachten -
die Sauna!
Wälzt man lieber Geschichtsbücher, so findet man auch dort einiges was von Interesse sein könnte. Zum Beispiel schreibt Herodot über die Skythen:
"Es wächst nämlich in ihrem Lande Hanf, welcher dem Linnen ganz ähnlich ist, mit Ausnahme der Dicke und Größe, worin dasselbe der Hanf bei weitem übertrifft; es wächst derselbe teils von selbst, teils wird er gesät, und verfertigen sich daraus die Thrakier sogar Kleider, welche den linnenen ganz ähnlich sind [...]
Von diesem Hanf nehmen nun die Skythen den Samen und schlüpfen dann unter die Decken; hernach werfen sie den Samen auf die durch Feuer glühenden Steine. Der hingeworfene Samen fängt an zu rauchen und verbreitet einen solchen Dampf, dass kein hellenisches Schwitzbad darüber gehen dürfte. Die Skythen aber brüllen vor Freude über ein solches Schwitzbad."
Herodot 4, 73 - 75, zitiert nach Bähr, Chr. (Hg.): Herodot, 9 Bücher zur Geschichte. Köln 1898.
Nun sollte es doch für SchamanInnen ein Leichtes sein, die Geister ihrer Ahnen und/oder die Geister des Landes, die all das gesuchte und gewünschte Wissen in sich tragen, zu kontaktieren. Damit wäre es keine Schwierigkeit alte Rituale neu zu beleben. Schließlich haben sie ja alle - weil "SchamanIn" - einen engen Kontakt zur Geisterwelt, oder worin liegt ansonsten eine der Wissensquellen?
Wenn dann doch von solchen Menschen gängige und vor allem zugkräftige Namen für Rituale verwendet werden - s.o. "Medizinrad", "Schwitzhütte" etc. - dann gibt es in meinen Augen nur zwei Möglichkeiten:
Zum einen: sie haben keinen Kontakt zur Geisterwelt und sind bloße Plagiatoren, womit sie gar nicht die Möglichkeit haben, da etwas zu entwickeln oder wiederzubeleben.
Zum anderen: sie sind einfach geschäftstüchtig und wollen bereits gut Bekanntes verwenden, um damit zu verdienen und sich Werbung samt Erklärungen zu ersparen - egal, ob das wer auch immer gut finden oder nicht.
Womit sich natürlich eine entscheidende Frage stellt:
Wie groß und ernsthaft ist er in diesen Fällen denn wirklich, der so oft betonte "Respekt" vor anderen Menschen, ihren Meinungen und Traditionen??
Artikel vom 22.03.2009, aus dem Online-Magazin WurzelWerk, Rubrik "Schamanenblick".
Da das Copyright bei mir liegt, gibt es keine Schwierigkeiten damit, ihn in vollständiger Länge hier einzustellen.