Mal nicht empathisch sein

nana

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117
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süddeutschland
Hallo,
schon länger habe ich mir gewünscht nicht so oft die Stimmungen anderer zu spüren. Ehrlich gesagt war das oftmals aufwühlend. Nach Realisierung dieser Zustände und Auseinandersetzung sah ich mich auch nicht mehr in der Verpflichtung ständig mitleidige Gefühle zu haben, oder gar helfen zu müssen.
Je mehr ich es mir gewünscht habe, desto eher klappte es "Mal nicht empathisch zu sein"
Inzwischen kann ich es zulassen oder es fernhalten, das tut mir selbst gut und raubt keine Energie! Ich hoffe das bleibt so.
Sich selbst nicht zu vergessen ist wichtig im Leben finde ich.
Grüße Nana
 
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Liebe Nana,

Empathie ist eine Gabe, über die im Grunde jeder Mensch verfügt – der eine mehr, der andere weniger. Die Vorgänge der empathischen Wahrnehmungen spielen sich überwiegend auf der unbewußten Ebene ab. In den Blickpunkt des Bewußtseins kommen diese Dinge erst, wenn Du deine Aufmerksamkeit darauf richtest. Man kann die Empathie also nicht abschalten, sondern lediglich dem Bewußtsein ausblenden.

Entscheidend ist, wie Du mit diesen Wahrnehmungen umgehst und auf welche Aspekte Du deine Aufmerksamkeit richtest. Wie ich aus deinen Zeilen herauslese, stehen bei dir jene Emotionen im Vordergrund, die etwas mit der Nächstenliebe im christlichen Sinne zu tun haben. Es gibt aber neben diesem Aspekt auch andere Bereiche, die uns einen Blick in die Seele des Gegenübers gewähren.

Sicherlich ist das gegenseitige Helfen ein sehr wichtiger Punkt im sozialen Gefüge einer Gemeinschaft, aber die Anteilnahme an der Freude, Hoffnung und dem Vertrauen ist mindestens genauso wichtig. Aus dieser Art der Anteilnahme schöpfen wir Kraft für uns selbst, läßt aber auch die anderen über ihre Möglichkeiten hinauswachsen: ein Geben und Nehmen.

Ein weiterer wichtiger Aspekt der Empathie ist der Schutz deiner eigenen Integrität. Ein Punkt, der es uns eigentlich erst ermöglich die Entwicklung einer Situation auf die Zukunft projizieren zu können.

Bei alledem ist es sehr wichtig, dass Du diese Mechanismen der Empathie kennst. Nur so kannst Du dann auch zwischen deinen Gefühlen und den empfangenen Gefühlen unterscheiden. Erst wenn diese klar sind, läßt sich auch eine neutrale Distanz eines Beobachters aufbauen. Wie man hier im Forum häufig lesen kann, führt diese fehlende Distanz zu einem seelischen Chaos.

Nur aus diesem neutralen Blickpunkt heraus lassen sich die empathischen Wahrnehmungen sinnvoll gestalten, ohne dass die eigene Integrität beschädigt werden kann. Gerade diese Erkenntnis ist besonders wichtig, wenn Du dich mehr dem Aspekt des Helfens zuwenden möchtest.

Vergiss dabei aber auch nicht, dass man über die Empathie selbst heilende Kräfte aussenden kann – die beim Gegenüber Hoffnung, Selbstvertrauen und Zuversicht mobilisieren können. Die Empathie kann also ein mächtiges Werkzeug für allerlei Zauber- und Hexenkünste sein, man muss sich dessen nur bewusst werden.


Merlin
 
Ehrlich gesagt war das oftmals aufwühlend.

Was genau wühlt da auf und zu welchen Bedingungen?


Die Emotion im Gegenüber pur wahrgenommen macht in mir zunächst nichts, außer das ich es wahrnehme.

Allerdings kann ich daraus ein Feuerwerk an zuvor bewerteten Emotionen in mir veranstalten, weil ich mit Wut ganz viel Aufregung und Negatives verbinde.

Ich muss aber nicht. Dies zu erkennen kann hilfreich sein, unter Fremden nur zum Bruchteil oder auch gar nicht belastet zu werden, sich belastet zu fühlen. :)

LG
Any
 
Empathie kann auch in früher Kindheit erlernt werden, glaube ich. Zumindest denke ich, dass es bei mir so war, ich bin auch arg empathisch und bekomme Stimmungen anderer ungefiltert mit, die sich dann auch auf meine Stimmung übertragen.

Allerdings ist dies bei mir wohl ursprünglich ein Schutzmechanismus gewesen, da ich von einer Mutter großgezogen wurde, die mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit an der psychischen Krankheit "Borderline-Syndrom" leidet. Da war es überlebenswichtig, mich an die unberechenbaren Stimmungen und verhaltensweisen meiner Mutter anzupassen und quasi fast schon "hellseherisch" ihre aktuelle Stimmung zu erahnen.

Bis heute habe ich es nicht geschafft, mir eine Art Filter anzutrainieren, was oft sehr anstrengend und nervig ist, da ich teils gar nicht mehr zwischen meiner eigenen Gemütslage der von anderen Menschen unterscheiden kann.

Nana, mich würde interessieren, wie genau du das geschafft hast. Nur allein durchs intensive Wünschen?

Oder hat wer anderes Tipps, wie man die Kontrolle über diese teils verfluchte Empathie erlernen kann?
 
Liebe Federschnee,

sorry, ich bin zwar jetzt eigentlich nicht gefragt, aber mein Interesse an der Empathie ist da einfach zu groß, um zu schweigen.

Ich denke, dass wie alle anderen Fähigkeiten des Menschen, auch die Empathie bis zu einem bestimmten Grad trainiert werden kann. Ein musisch begabter Mensch ist ja auch nicht per se ein Pianist, sondern erreicht dieses Ziel erst durch Training.

Ich teile deine Ansicht, dass in deinem Fall das Verhalten deiner Mutter eine eine besondere Prägung begünstigt hat. Ein Filter kann durch das Verstehen dieser Vorgänge aufgebaut werden. Es gibt nach meiner Ansicht nichts Schlimmeres, als in einem Wechselbad der Gefühle ein ohnmächtiger Gefangener zu sein.

Merlin
 
Liebe Federschnee,

sorry, ich bin zwar jetzt eigentlich nicht gefragt, aber mein Interesse an der Empathie ist da einfach zu groß, um zu schweigen.



Merlin


Ahjeh, du darfst doch natürlich auch schreiben, wäre ja noch schöner, wenn einem hier der Mund verboten würde. ;)

Ja, trainierbar ist es auf jeden Fall denke ich. Und der Grad, wie weit es trainierbar ist, hängt wohl von der "Begabung" ab. Schließlich wird auch nicht aus jedem Menschen ein Mozart allein durch Übung. ^^
 
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hey, ich fühle mich hier total wohl. es scheint, als würdet ihr mir aus dem herzen sprechen. diese fähigkeit heißt also empathie! bei mir war es so, dass es im früheren jugendalter angefangen hab, dass ich die leute einfach auf ihre gefühle angesprochen habe. das kam für sie so unvermittelt und sie haben sich wahrscheinlich so schutzlos gefühlt, dass sie mich ausgegrenzt und mir wenn ich von gefühlen sprechen wollte das wort abgeschnitten haben. ich hab mich gefragt, was mit mir los ist. was bin ich für ein komischer mensch? mit den jahren wurde ich immer besser darin. viele streits mit meiner mutter wurzelten darin, dass ich ihr etwas über ihre gefühle "unterstellt" hatte. sie ist nämlich irgendwie überhaupt nicht so wie ich und der meinung, gefühle werden leichter, wenn man sie nicht so ernst nimmt. da ich sie nicht umstimmen konnte, blieb es dabei. bis heute.
was hier nur viele schreiben, dass sie die gefühle nicht trennen können, das erkenne ich grad irgendwie gar nicht bei mir wieder. ist es, dass euch die gefühle verwirren, verunsichern und an euren eigenen gefühlen zweifeln lassen? sowas ist ja schon ziemlich stark. aber bei mir war das irgendwie nie so wirklich so, dass ich nicht mehr wusste, was ICH fühlte.
 
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