Fluktuationen in komplexen Systemen
Unter komplexen Systemen versteht man in der Regel physikalische, chemische, biologische oder
auch soziologische Systeme mit einer komplexen Dynamik, die nicht allein durch die Betrachtung
der Einzelteile der Systeme beschrieben oder verstanden werden kann. Die Teile sind entweder zu
stark nicht-linear oder zu vielfältig miteinander gekoppelt, so dass eine Aufteilung des Systems die
Dynamik grundlegend verändern würde. Der Grund für die Komplexität liegt auch in der großen
Anzahl von Freiheitsgraden, denen nur eine geringe Anzahl von Erhaltungsgrößen gegenübersteht.
Es gibt viele Beispiele für komplexe Systeme. So können die Elektronen in einem Festkörper ein
komplexes System bilden, obwohl sie punktförmig sind und jedes durch eine Schrödinger-
Gleichung eindeutig in seiner Zeitentwicklung beschrieben wird. Die Komplexität kommt hier zustande
durch eine von der Festkörper-Struktur vorgegebene nicht homogene (ungeordnete) Potenzial-
Landschaft, in der sich die Elektronen bewegen, und durch die langreichweitige (Coulomb-)
Wechselwirkung. Inhomogenitäten werden in jedem realen Festkörper durch Gitterbaufehler, wie
Fehlstellen, Zwischengitter-Atome, Versetzungen, Dotierungen, Grenzen zwischen Kristalliten,
Rand- und Grenzflächen usw. hervorgerufen. Durch quantenmechanische Beugung an den Gitterfehlstellen
und destruktive Interferenz der Elektronenwellen kommt es zu dem Effekt der Lokalisierung,
d.h. die Elektronenwellen können sich nicht mehr über den gesamten Festkörper ausbreiten,
sondern werden räumlich auf gewisse Bereiche beschränkt. Es ist offensichtlich, dass man dieses
Verhalten nicht durch die Simulation eines kleinen Ausschnitts des Festkörpers (mit periodischen
Randbedingungen) und eines einzigen Elektrons erfassen kann.