Kleine Geschichten und Gedichte

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Schwanengesang




Auf dem Wege ins Büro,
es war noch früh am Morgen,
rechts die Ruhr - ich schaute so,
noch fern des Tages Sorgen.

Wo dichter Nebel stand,
auf Wiesen und auf Auen,
den Weg mein Auge fand,
genauer hinzuschauen.

Zwei helle Punkte dann,
nahm ich darinnen wahr,
und deshalb hielt ich an,
genauer zu erkunden, was ich sah.

Der feuchte Schwaden nahm mich auf,
ein Vorhang, der mich leicht berührte,
ich folgte dann des Flusses Lauf,
der mich ans Ziel dann führte.

Zwei Schwäne sah ich - wunderbar,
ein Birkenstumpf der lud mich ein,
dann hört' ich den Gesang ganz nah,
ich durfte heute Gast hier sein.

Ein Zauberhafter heller Klang,
den Kopf gesenkt, die Flügel breit,
zog mich die Szene in den Bann
und machte so mein Herz mir weit.

Ein Lied von Liebe, Treue fest,
ein Tanz voll Anmut, welch ein Fest,
ein Schwur für's Leben - unauslöschlich,
wurd' hier gegeben - unvergesslich.

Als sie beendet ihren Tanz,
nahmen sie Fahrt auf, hin zu mir,
haben gewackelt mit dem Schwanz
und zeigten ihre ganze Zier.

Mir wurde warm, trotz Nebeldunst,
als sie ganz nah war'n, sich verneigten,
hab' meinen Kopf gesenkt vor ihrer Kunst,
vor diesem Glück, dass sie mir zeigten.

Dann musst' ich los, verliess die Auen,
ein Schwaden strich mir durch's Gesicht
und drängte mich zurückzuschauen,
doch meine Schwäne sah ich nicht.

Sie war'n verschluckt vom Nebeldunst,
von Sang und Tanz nun keine Spur,
doch dacht' ich jeden Tag an ihre Kunst,
wenn ich den Weg zur Arbeit fuhr.​


H.A. - hier genannt Tolkien
 
Neuanfang


Etwas fehlte mir schon lange
und ich wusste insgeheim,
was mich hielt noch bei der Stange,
konnte allzuviel nicht sein.

Die Strukturen die ich kannte,
lullten mich gemächlich ein
und was ich mein Leben nannte,
war oft nur ein hübscher Schein.

Doch wie fängt man an zu ändern?
Wo zuerst, wie kann man's packen?
Vielleicht zunächst mal an den Rändern
und dann alles sacken lassen?

Nein, ich glaub', man muss schon tiefer,
ganz nach unten auf den Grund
und vielleicht kommt mancher Schniefer,
Manches war halt nicht gesund.

Schwarz und Weiss könnte man trennen,
um ganz genau es anzuschauen,
kann es besser dann benennen,
ohne gleich alles umzuhauen.

Und es ging - was soll ich sagen,
nach der Trennung Schwarz und Weiss,
besser mir seit jenen Tagen,
denn es fiel nun ab der alte Scheiss.


H.A. - hier genannt Tolkien
 
Die kleinen Dinge

Oft sind es die kleinen Sachen,
die wir gerne übersehen,
welche neuen Mut uns machen
und die täglich auch geschehen.

Manchmal hat das Leben uns gebannt,
kaum ein Weg ist zu erkennen
und Du fühlst Dich völlig ausgebrannt,
kannst die Gründe nicht benennen.

Irgendwie geht es nicht weiter,
steigst hinab ins tiefe Tal,
weiter runter, immer weiter,
jeder Tag wird Dir zur Qual.

Doch passiert es immer wieder,
dass sich wendet Dein Geschick,
und es fährt Dir in die Glieder,
manchmal ist es nur....ein Blick.


H.A. - hier genannt Tolkien
 
Herbstblatt-Taufe


Herbstblatt fällt, schwebt hernieder,
lässt sich los, dem Wind ergeben,
gleitet abwärts immer wieder,
haucht nun aus sein buntes Leben.

Feiner Nebel webt geschickt,
hier ein letztes hell Gewand,
bis zum Boden ist's gestrickt,
landet dann auf meiner Hand.

Schaut mich an mit letzter Kraft,
zitternd, fragend, was geschieht,
während trocknet letzter Saft
und das Leben aus ihm flieht.

Lege meine Hand darauf,
sachte, ohne es zu pressen,
sage ihm, dass ich es tauf',
hab' die Welt um mich vergessen.

Dankbar nun ergibt es sich,
flieht der Welt für dieses Jahr,
und noch einmal blickt es mich,
war das Letzte, was es sah.

Lege es nun zu den Andern,
wird dem Boden Nahrung geben
und ich werde weiter wandern,
neues Jahr und neues Leben.



H.A. - hier genannt Tolkien
 
Der erste Schnee


Dezember wurd's im kalten Land,

und blattlos stand der alte Baum,

der Winter nahm ihn bei der Hand,

und sagt dem Herbst dass aus der Traum.


So gehe nun und ruh' Dich aus

und sammle Kraft für's nächste Jahr,

wirf alle Deine Sorgen raus

und bald bist Du schon wieder da.


Ein Abschied so wie jedes Jahr,

dem Herbstmann fällt es schwer

und sieht dem weissen Winterhaar

ganz lang noch hinterher.


Der Weisse macht sich gleich ans Werk,

wirft über sich den dicken Rock,

ganz oben auf dem hohen Berg,

da schwingt er seinen glänzend Stock.


Und Wolken kommen schwanger nah,

ich schau nach oben, als ich geh'

da bietet sich die Pracht mir dar,

es fällt ganz leis' der erste Schnee.....





H.A. - hier genannt Tolkien
 
Ach wüsste ich....


Ach wüsste ich doch nur,
wo ich denn damals war,
wohin ich in Gedanken fuhr,
ich wär' so gerne nochmal da.

Es war so hell an diesem Ort
und trotzdem war ich nicht geblendet,
doch irgendwann wollt' ich wohl fort
und dann hat es für mich geendet.

Ein neuer Teil in meinem Sein,
hat meinen weiteren Weg bereitet,
die Neugier lud mich scheinbar ein,
das Licht hat mich hier stets begleitet.

Auch wenn ich es nicht immer sah,
manch' dunkle Stunde ward verflucht,
so wusste ich's doch immer nah,
hab's immer wieder neu gesucht.

Ach wüsste ich doch nur,
wo ich denn damals war.
Es war so hell an diesem Ort,
da plötzlich wird mir klar....

Ich war niemals fort....




H.A. - hier genannt Tolkien
 
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Der kleine Schneemann


Er war sehr traurig, der kleine Schneemann.

Die Kinder hatten ihn auf der Höhe der Wiese unter der alten Eiche mit viel Liebe erbaut und ihm so Leben eingehaucht.

Tagelang erntete er bewundernde Blicke. Ein schöner Hut sass auf seinem Kopf und um seinen Hals hatte man ihm einen schicken Schal gebunden. Zwei schwarze Kohlen für die Augen, eine Möhre für die Nase und zwei Chillischoten gaben ihm sein hübsches, scheinbar lächendes Gesicht und einen roten Mund.

Doch dann kam ein schlimmer Tag in seinem Leben. Es hatte noch einmal sehr kräftig geschneit und die alte Eiche ächzte unter der Last des Schnees. Wind kam auf und so begann der Schnee oben in der Eichenkrone zu rutschen. Ein Ast brach und fiel genau auf seinen Kopf. Er riss ihm den Hut vom Kopf und schlug die Möhre ab. Den Verlust einer Chillischote hätte er noch verschmerzen können, doch dass nun auch noch die zweite Schote dermassen schief in seinem lädierten Gesicht hing, gab ihm den Rest.

Sein Schneemannsgesicht sah nun genauso aus, wie er sich fühlte - einfach nur traurig.

Keiner der vorbeilaufenden Menschen beachtete ihn mehr. Viele sahen einfach weg. Es war zum Heulen...Sollte sein eh schon so kurzes Leben so enden? Er musste dringend etwas tun!

Mühsam versuchte er sich zu bewegen und an seine herabgefallene Möhre, den Hut und die Chillischote zu kommen. Es reichte noch nicht. Ich muss mich noch mehr anstrengen, dachte er. Mit aller Kraft unternahm er einen weiteren Versuch. Er neigte sich vornüber und.....

oh Schreck! Er kam ins Rutschen!

Eine Sekunde später rollte sein kompletter Körper den steilen Abhang herunter. Der Schneemann verlor das Bewusstsein. Das war's dann wohl..... Welch' kurzes Leben.

Es war dunkel. Doch dann war da plötzlich ein kleines Licht, dass schnell grösser wurde.

Er lebte!

Seine Augen sahen viele Kinder, die um ihn herum im Schnee tobten. Er hörte Freudengeschrei. Überrascht blickte er an sich herunter. Neues Leben war ihm geschenkt worden! Er war grösser, schöner und strahlender als zuvor.

Aus der dicken Schneekugel, die nach seinem Sturz immer grösser werdend ins Tal gerollt war, hatten die Kinder einen riesigen neuen Schneemann erbaut und ihn ganz wunderschön geschmückt.

Ach hätte er doch nur einen Spiegel....

Und für einen kurzen Augenblick hatte er Eindruck, einen weissen Schnee-Engel zu sehen. Er zwinkerte ihm zu....




H.A. - hier genannt Tolkien
 
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