Identifikation

M

Mipa

Guest
Lieber Condemn,
ich hoffe, es ist ok, wenn ich unseren kurzen austausch aus dem emotionsthread auslagere. Es wird mir im ursprungsthread zu unübersichtlich und vielleicht ist es auch etwas am thema vorbei....

Zitat Condemn Ja... es geht aber auch noch um das Thema bei dem man kritisiert wird und um die Frage wie sehr man sich mit einem bestimmten "Thema" (kann natürlich auch eine Person sein) identifiziert. Denk Dir etwa einen Maler, der sich sehr stark über seine Kunst definiert. Wenn Du dem sagst das er die Spülmaschine nicht richtig eingeräumt hat ist ihm das wohl eher schnuppe. Wenn Du ihm sagst, das Dir seine Bilder nicht gefallen, nimmt er das möglicherweise persönlich.

Kurzgesagt: Identifikation spielt dabei eine wichtige Rolle. Die Schwachpunkte einer Person liegen dort wo ihre Identifikationen stark sind.

Zitat MipaIn dem fall ist kritik eben ein scheinbarer 'angriff' auf die persönliche substanz, auf das was uns zu dem oder der macht, der oder die wir sind. Was unweigerlich zu der frage führt, was denn tatsächlich identifikation ist, wofür wir die brauchen und warum sie überhaupt durch einen andern oder etwas erschütterbar ist. Wenn ich da nachspüre, fallen mir begriffe wie selbstbewusstsein, selbstwahrnehmung, selbstbild etc. ein und ob es da einen bereich gibt, der 'unabhängig' existiert, der zeitlos und ungebunden ist

Zitat Condemn Ja... ich glaube, dass dieser Bereich durchaus existiert, aber eben stark fokussiert ist und einen so kleinen Ausschnitt der Realität wahrnimmt, nämlich diese eine Person die man "Ich" nennt, dass dadurch die erste Identifikation/Verbindung entsteht und daraus folgend alle anderen. Denn die Person ist ja ein trennendes "Konstrukt" und erzeugt dadurch ein grundlegendes Mangelgefühl das gleichzeitig aber auch Motivation für vielleicht alles ist was wir tun. Wir wollen das Gefühl der Trennung aufheben, auflösen... das geschieht über Liebe. Wir suchen also nach Liebe, was man wiederum in "So geschätzt werden wie man ist" übersetzen kann. In der Regel erhoffen wir uns das zuerst mal von anderen Menschen.

Aber... und das ist der wichtige Punkt: Durch das Feedback unserer Umwelt haben wir Vorbedingungen formuliert.... wir haben "gelernt". Diese Vorbedingungen bestehen aus Überzeugungen im Sinne von "Ich muss gut aussehen um geliebt/angenommen zu werden" oder "Ich muss erfolgreich sein" oder "Ich muss klug sein" oder am besten gleich alles zusammen. Wenn wir davon überzeugt sind und von irgendwas ist da jeder überzeugt (das es so sein sollte, nicht unbedingt das es so ist) , dann sind das schon Identifikationen und zwar auch dann, wenn wir gleichzeitig nicht davon überzeugt sind gutaussehend, klug und erfolgreich zu sein. Denn die Idee selbst ist schon Identifikation.

Gleichzeitig besteht aber auch schon ein Konflikt zwischen "Ist" ("Ich bin davon überzeugt ein dummer hässlicher Loser zu sein") und "Soll" ("Ich sollte ein kluger, gutaussehender Erfolgsmensch sein"). Und dann schmerzt jedes Feedback das nicht im Einklang mit unseren Idealen ist sowieso... egal ob wir nun zu sein überzeugt sind was wir sein wollen, oder nicht.

Wenn sich jemand als dumm ansieht, schmerzt es wenn er genau das als Feedback ("Ja, Du bist dumm") bekommt. Wenn sich jemand als sehr sehr intelligent empfindet, schmerzt es ebenfalls wenn ihm die Umwelt auf einmal das Gegenteil mitteilt. Denn entweder glaubt er was die Umwelt mitteilt ("Scheiße... ich bin doch nicht so intelligent") oder er glaubt es nicht, aber nimmt es dann als Angriff wahr. Denn die Logik sagt: Wenn mich jemand abwerten will, will er mich verletzen. Und selbst wenn das nicht funktioniert und man nur milde über diesen Versuch lächelt, wird man sich aber trotzdem distanzieren.

Die Reaktion ist also so oder so eine Art Bestätigung und möglicherweise auch Erweiterung der Trennung. Und das ist umso schlimmer je weiter sich jemand geöffnet hat. Wenn z.B. jemand der eher einsam ist und sich grundlegend eher abgelehnt fühlt hier im Forum ein Portal gefunden hat, das ihm geholfen hat Verbindungen aller Art einzugehen... über sich zu erzählen und "trotzdem" das Feedback bekommen hat genau so angenommen zu werden wie er ist, erzeugt auch das Identifikation. Das Forum wird dann sehr wichtig weil es eine Lücke füllt. Und wenn an diesem Ort auf einmal Feedback aus ganz anderer Richtung kommt, im Sinne von "Du dummer, hässlicher Loser"... dann ist das leidvoll. Die Reaktion wird eine Erweiterung der Trennung sein. Manche fliehen dann, andere distanzieren sich zumindest, wieder andere suchen Kompensation indem sie sich in einem engeren Kreis solidarisieren usw.

Aber... das ist sehr komplex. Denn das Forum (jeder Lebensbereich) kann auch deutlich engere Funktion haben. Manche sind hier sicherlich nicht auf der Suche danach von anderen so angenommen zu werden wie sie sind, sondern eher nach einer Form der Bestätigung eigener Werte... etwa ein "Ich bin besser" (klüger, spiritueller, kreativer etc.) und damit eine Art Wettstreit. Wenn diese Identifikation ("Ich sollte in etwas besser als andere sein") sehr bedeutend ist, wird sich das im Verhalten zeigen und da werden dann die Schwachpunkte liegen, wenn das Feedback nicht bestätigend wirkt.

Der wichtigste Punkt zum Schluss: Für all das braucht es Aufmerksamkeit. Aufmerksamkeit ist eine Vorraussetzung für alles andere, und daher fühlt sich jemand, der glaubt ignoriert zu werden (bzw. nicht das Maß an Aufmerksamkeit bekommt das er braucht) alleine dadurch schon angegriffen.

Wenn man das durchdenkt wird auch klar, warum ein Forum wie dieses so extremes Konfliktpotential auf allen Ebenen birgt. Die thematische Breite ist ja nicht nur eine sachliche Frage... dahinter stehen Identifikationen und Ideale/Werte, die selbst schon teilweise in Konflikt miteinander sind. Die Art der meisten Themen verleiten gleichzeitig mehr dazu sich persönlich zu öffnen als es in einem reinen "Politikforum" der Fall wäre. Dadurch werden wiederum Verbindungen von Usern zu Usern extremer... mit einigen enger und mit anderen vielleicht sogar richtig feindselig.

Das ist ein sehr komplexes Gebilde aus Identifikationen und daher auch Konflikten. Wollte man die vielen verschiedenen Möglichkeiten wirklich präzise analysieren und darstellen... wäre das nen Buch so dick wie die Bibel - zu jedem einzelnen User hier.

Zitat von Condemn
Ja... ich glaube, dass dieser Bereich durchaus existiert, aber eben stark fokussiert ist und einen so kleinen Ausschnitt der Realität wahrnimmt, nämlich diese eine Person die man "Ich" nennt, dass dadurch die erste Identifikation/Verbindung entsteht und daraus folgend alle anderen.

Zitat Mipa
Condemn, das hast du generell ganz wunderbar beschrieben. Es ist ein thema, das mich aus persönlichen gründen ungeheuer anspricht, da ich mich sehr stark mit meinem tun und dem entsprechenden erfolg identifiziere und gleichzeitig aber auch denke, dass es diesen ungebundenen bereich geben muss, der nur gänzlich aus meinem wahrnehmungsbereich verschwunden ist. Schlussendlich ist es wohl eher eine leere, in der man sich in ganzer fülle, aber auf ganz andere weise wahrnimmt.

Zitat Condemn
Denn die Person ist ja ein trennendes "Konstrukt" und erzeugt dadurch ein grundlegendes Mangelgefühl das gleichzeitig aber auch Motivation für vielleicht alles ist was wir tun.

Irgendwo muss der antrieb herkommen, ja.

Zitat Condemn
Wir wollen das Gefühl der Trennung aufheben, auflösen... das geschieht über Liebe. Wir suchen also nach Liebe, was man wiederum in "So geschätzt werden wie man ist" übersetzen kann. In der Regel erhoffen wir uns das zuerst mal von anderen Menschen.

Ich bin, was ich tue, das ist sowas wie mein geheimes motto. Bei mir hat identifikation eigentlich schon fast alles mit einem tun zu tun, was wohl mein grösster stolperstein ist, da ich den ungebundenen bereich nur noch erahnen kann. So interessiert mich auch nur ein geschätzt werden betreffend meines tuns, nicht meines seins. Ich will gut sein, in dem, was ich tue und die tatsache hübsch, klug, etc. zu sein oder nicht, interessiert mich weniger.

Zitat Condemn
Aber... und das ist der wichtige Punkt: Durch das Feedback unserer Umwelt haben wir Vorbedingungen formuliert.... wir haben "gelernt". Diese Vorbedingungen bestehen aus Überzeugungen im Sinne von "Ich muss gut aussehen um geliebt/angenommen zu werden" oder "Ich muss erfolgreich sein" oder "Ich muss klug sein" oder am besten gleich alles zusammen. Wenn wir davon überzeugt sind und von irgendwas ist da jeder überzeugt (das es so sein sollte, nicht unbedingt das es so ist) , dann sind das schon Identifikationen und zwar auch dann, wenn wir gleichzeitig nicht davon überzeugt sind gutaussehend, klug und erfolgreich zu sein. Denn die Idee selbst ist schon Identifikation.

Bei mir ist es wohl der punkt mit dem erfolgreich sein.
Dass die idee selbst schon identifikation ist, halte ich für gefährlich, für beschränkend. Ich überlege sehr oft, wie ich eine identifikation herstellen kann, jenseits von ideen, pers. wertungen, etc. ist so etwas möglich? Oder gibt es sie dann einfach nicht?
Manchmal habe ich den eindruck, dass sich diese gefühlte trennung kurz aufhebt, dass es gut ist, wie es ist, unabhängig davon, was einer sagt oder denkt - oder eben, was ich tue. Ja, es hat mit liebe zu tun, mit der, die ich empfinde, die aus sich selbst schöpft.

Zitat Condemn
Gleichzeitig besteht aber auch schon ein Konflikt zwischen "Ist" ("Ich bin davon überzeugt ein dummer hässlicher Loser zu sein") und "Soll" ("Ich sollte ein kluger, gutaussehender Erfolgsmensch sein"). Und dann schmerzt jedes Feedback das nicht im Einklang mit unseren Idealen ist sowieso... egal ob wir nun zu sein überzeugt sind was wir sein wollen, oder nicht.

Wie verabschiedet man sich von idealen?

Zitat Condemn
...Denn die Logik sagt: Wenn mich jemand abwerten will, will er mich verletzen. Und selbst wenn das nicht funktioniert und man nur milde über diesen Versuch lächelt, wird man sich aber trotzdem distanzieren.

Wie könnte man den bereich seiner identität nun stärken, der unabhängig ist? Kein distanzieren, kein sich verletzt fühlen, sondern einfach ein 'sich innerlich sicher' fühlen? Es gibt bereiche, wo mir das gut gelingt, einen hingegen, wo gar nichts geht. Warum diese diskrepanz? Da geht es doch dann um ideale und warum man gerade diese wählt und nicht andere, vielleicht auch darum, wer einem einst was und wie vermittelt hat, etc.

Zitat Condemn
Die Reaktion ist also so oder so eine Art Bestätigung und möglicherweise auch Erweiterung der Trennung.

Trennung zwischen was genau?

Zitat Condemn
das ist umso schlimmer je weiter sich jemand geöffnet hat.

Wenn man sich öffnet, ist man verletzlicher. Ich bin aber sicher, dass auch das nicht sein muss. Wenn hinter der identität letztlich nichts steckt, was es zu verteidigen, zu verbessern, zu beschützen gäbe, könnte man es nicht angreifen. Bitte verstehe mich nicht falsch: Es geht mir nicht darum, hart oder gleichgültig im sinne von ignorant zu werden, sondern darum, für mich selbst so viel liebe zu empfinden, dass ich unabhängig bin. Es gibt einen bereich, wo mir das nicht gelingt, da findet dann auch die grösste identifikation statt.

Zitat Condemn
Die Reaktion wird eine Erweiterung der Trennung sein. Manche fliehen dann, andere distanzieren sich zumindest, wieder andere suchen Kompensation indem sie sich in einem engeren Kreis solidarisieren usw.

Zitat Condemn
Aber... das ist sehr komplex. Denn das Forum (jeder Lebensbereich) kann auch deutlich engere Funktion haben. Manche sind hier sicherlich nicht auf der Suche danach von anderen so angenommen zu werden wie sie sind, sondern eher nach einer Form der Bestätigung eigener Werte... etwa ein "Ich bin besser" (klüger, spiritueller, kreativer etc.) und damit eine Art Wettstreit.

Was aber im weitesten sinne eben genau auf dieses 'angenommen werden wollen' hinausläuft. Es ist die eher provokative form zum 'ziel' zu kommen, die einem vordergründig weniger blösse gibt.

Zitat Condemn
Wenn diese Identifikation ("Ich sollte in etwas besser als andere sein") sehr bedeutend ist, wird sich das im Verhalten zeigen und da werden dann die Schwachpunkte liegen, wenn das Feedback nicht bestätigend wirkt.

Das problem eben, wenn man an der eigenen starren identifikation kleben bleibt, weil man ausblendet, dass man unendlich viele anteile in sich verewigt.

Zitat Condemn
Der wichtigste Punkt zum Schluss: Für all das braucht es Aufmerksamkeit. Aufmerksamkeit ist eine Vorraussetzung für alles andere, und daher fühlt sich jemand, der glaubt ignoriert zu werden (bzw. nicht das Maß an Aufmerksamkeit bekommt das er braucht) alleine dadurch schon angegriffen.

Ja. Jemandem aufmerksamkeit zu schenken bedeutet ja letztlich: Ich nehme dich wahr. Wer sich ignoriert fühlt, bekommt demnach das gefühl, nicht zu existieren. So sind es wieder andere, die einem selbst identifikation verschaffen. Muss das sein?

Zitat Condemn
Wenn man das durchdenkt wird auch klar, warum ein Forum wie dieses so extremes Konfliktpotential auf allen Ebenen birgt. Die thematische Breite ist ja nicht nur eine sachliche Frage... dahinter stehen Identifikationen und Ideale/Werte, die selbst schon teilweise in Konflikt miteinander sind. Die Art der meisten Themen verleiten gleichzeitig mehr dazu sich persönlich zu öffnen als es in einem reinen "Politikforum" der Fall wäre. Dadurch werden wiederum Verbindungen von Usern zu Usern extremer... mit einigen enger und mit anderen vielleicht sogar richtig feindselig.

So ist es. Je weniger konflikt im innern, desto weniger auch im aussen, da es im innern gar nichts anzugreifen gibt und diese ruhe, dieses zufrieden sein, sich ins aussen überträgt.

Zitat Condemn
Das ist ein sehr komplexes Gebilde aus Identifikationen und daher auch Konflikten. Wollte man die vielen verschiedenen Möglichkeiten wirklich präzise analysieren und darstellen... wäre das nen Buch so dick wie die Bibel - zu jedem einzelnen User hier.

Ich frage mich oft, ob es nicht doch eine ganz einfach antwort gibt. Ich muss gerade an diskussionen im muf denken, an verschiedene rollen, die die persona einnehmen kann, an das zwiebelsystem des 'ich', wo letztlich nichts dahinter steht, etc. Solche modelle könnten doch eine gewisse ruhe, gelassenheit aufkommen lassen, wodurch angriffe von 'aussen' einfach verpuffen würden.

Sorry, alles ein wenig philosophisch, aber wirklich ganz interessant. Für mich wieder in eigener sache.
 
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Condemn, das hast du generell ganz wunderbar beschrieben. Es ist ein thema, das mich aus persönlichen gründen ungeheuer anspricht, da ich mich sehr stark mit meinem tun und dem entsprechenden erfolg identifiziere und gleichzeitig aber auch denke, dass es diesen ungebundenen bereich geben muss, der nur gänzlich aus meinem wahrnehmungsbereich verschwunden ist. Schlussendlich ist es wohl eher eine leere, in der man sich in ganzer fülle, aber auf ganz andere weise wahrnimmt.

Zitat CondemnJa... ich denke, dass man "das" sowieso nicht wahrnehmen kann, es aber selbst wahrnimmt und sich in Wahrnehmung verliert. Das kann man manchmal schon am eigenen Körper bemerken. Einen gesunden Körper fühlt man nicht so direkt wenn man ihn nicht unter eine gewisse Spannung setzt. Die wiederum kann angenehm oder auch unangenehm sein, aber man fühlt das Ungleichgewicht. Und wenn Du z.B. etwas Verdorbenes ist kann das bis zu fiesen Bauchschmerzen gehen und auf einmal fühlst Du nix anderes mehr und fühlst Dich natürlich auch nicht mehr wohl. Die Aufmerksamkeit wird von Ungleichgewichten, die Spannungen erzeugen, angezogen. Alles was im Gleichgewicht ist funktioniert einfach und fühlt sich daher gut an... ohne direkte Wahrnehmung.

Im Leben funktionieren wir insgesamt sehr ähnlich, nur wird es dann natürlich komplexer. Aber es sind eben die Problemthemen, die man sehr menschlich als "Da geschieht nicht das was ich will, vielleicht sogar einiges das mich leiden lässt" definieren kann, die Spannung in uns erzeugen und den Fokus sehr stark auf sich ziehen.

Zitat Mipa
Ich bin, was ich tue, das ist sowas wie mein geheimes motto. Bei mir hat identifikation eigentlich schon fast alles mit einem tun zu tun, was wohl mein grösster stolperstein ist, da ich den ungebundenen bereich nur noch erahnen kann. So interessiert mich auch nur ein geschätzt werden betreffend meines tuns, nicht meines seins. Ich will gut sein, in dem, was ich tue und die tatsache hübsch, klug, etc. zu sein oder nicht, interessiert mich weniger.

Zitat CondemnEs geht hier sozusagen um Deine ganz individuellen Werte. Andere haben ähnliche oder auch ganz andere, aber ich glaube das wir alle vom Prinzip her gleich ticken... nämlich das sich diese Werte, das worüber wir uns definieren und womit wir uns identifizieren, in das eingebettet ist das wir gelernt haben, unsere Überzeugungen und abgemildert vom Grad unseres Bewusstseins. Damit meine ich wie sehr man bemerkt was in einem vorgeht und der Intensität der eigenen Überzeugungen.


Zitat Mipa
Bei mir ist es wohl der punkt mit dem erfolgreich sein.
Dass die idee selbst schon identifikation ist, halte ich für gefährlich, für beschränkend. Ich überlege sehr oft, wie ich eine identifikation herstellen kann, jenseits von ideen, pers. wertungen, etc. ist so etwas möglich? Oder gibt es sie dann einfach nicht?

Zitat CondemnIch glaube nicht, dass das möglich ist. Denn, wie gesagt: Ich glaube, das eine Idee schon Identifikation erzeugt und das was Du formulierst ist eine Idee. Diese Idee wird irgendeine Funktion erfüllen... Vielleicht bringen Dich eigene Schlussfolgerungen an einen Punkt der Dir nicht gefällt und dann entsteht diese Idee sozusagen als Mittelweg oder Ausweg, ist besser im Einklang mit Deinen Werten... wo wir wieder bei Überzeugungen wären.

Ich denke nicht, das es überhaupt darum geht Identifikation herzustellen. Auch nicht unbedingt darum, Identifikation abzuschaffen, denn ein Zustand ohne Identifikation wäre nicht mehr menschlich falls er denn überhaupt möglich wäre. Ich glaube, es geht darum sich kennenzulernen... bzw. das komplexe Gebilde das wir Persönlichkeit nennen und wie sie auf Feedback automatisiert reagiert. Je mehr man die Automatismen kennenlernt und versteht, desto mehr Freiheit erlangt man... dann kann man Impulsen folgen oder nicht. Oder etwas präziser: Einen Impuls (Automatismus) zu bemerken und ihm nicht zu folgen bedeutet nicht, dass man frei ist, aber man hat einfach mehr Wahl. Der Fokus ist nicht so eng.

Beispiel: Wenn man im Forum jemanden leicht provoziert, den Eindruck erweckt er habe etwas dummes geschrieben, ist das ein Trigger der in aller Regel dazu führt, das sich der betreffende schon fast genötigt sieht, die Dinge aus seiner Sicht richtig zu stellen. Das ist in vielen Fällen ein reiner Automatismus mit komplexer Motivation. Wenn er diesen Automatismus bemerkt und auch die Motive die dazu führen, kann er sich dagegen entscheiden ihm zu folgen... vielleicht sogar in einer Form, dass es ihm tatsächlich gleichgültig ist. Wenn es ihm nicht gleichgültig ist, er diesem Automatismus aber trotzdem nicht folgen will um sozusagen darüber hinwegzukommen, ist letzteres ein anderer Automatismus.. ein neuer Impuls. Das ist aber nicht schlecht... es ist besser, denn es bedeutet mehr Wahl zu haben. Im Falle das er antwortet bedeutet sich zu kennen auch mehr Wahl zu haben in der Frage WIE er antwortet. Er kann einfach verschiedene Möglichkeiten durchgehen... sowohl in der Interpretation dessen was an ihn gerichtet ist als auch in der Art wie und ob er darauf eingeht oder nicht.

Worauf ich hinaus will ist: Es geht m.A.n. vor allem darum mehr Wahl zu haben. Man wird immer zwischen Impulsen entscheiden, aber der Fokus ist einfach nicht mehr so eng. Trigger (egal ob hier im Forum oder wo auch immer) funktionieren dann nicht mehr wie Knöpfe die ne vorhersehbare Kaskade auslösen.



Zitat Mipa
Manchmal habe ich den eindruck, dass sich diese gefühlte trennung kurz aufhebt, dass es gut ist, wie es ist, unabhängig davon, was einer sagt oder denkt - oder eben, was ich tue. Ja, es hat mit liebe zu tun, mit der, die ich empfinde, die aus sich selbst schöpft.

Zitat CondemnIch glaube, dass alles auf der Basis eines grundlegenden Bewusstseins existiert. So wie im Kino zuerst nur Licht aus dem Projektor auf eine weiße Leinwand trifft als Basis, man beides aber nicht mehr wahrnimmt wenn die Filmrolle eingelegt ist. Licht und Leinwand ist es egal was sie transportieren. Ob romantischer Liebesfilm oder gewaltverherrlichendes Horrorgemetzel... Licht und Leinwand lehnen nichts davon ab und versuchen nichts zu verändern.

So stelle ich mir vom Prinzip her die Basis aller Existenz vor und ebenfalls ungeteilt, mit dem kleinen Unterschied: Licht und Leinwand aus dem Beispiel sind ebenfalls eins.... alles entsteht m.A.n. in einem reinen Bewusstsein, das sich gleichzeitig mit allem und in alles hinein verbindet was da erscheint. Es wird zu dem was erscheint... Und weil das scheinbar getrennte Aspekte sind wird es zu getrennten und auf Trennung bestehenden Aspekten... (allen Arten von Formen... Gedankenformen bis zu Körpern), etwa zu einer Persönlichkeit und agiert durch sie hindurch. Es wird auch zu allen und allem anderen und ist somit gleichzeitig Eins, kann aber auch die Erfahrung der Trennung machen...

Zitat Mipa
Wie verabschiedet man sich von idealen?

Zitat CondemnWie gesagt, ich denke, es geht zuerst mal um ein mehr an Wahlfreiheit. Ich denke, der erste Schritt ist eben erkennen. Denn viele Ideale laufen als Automatismen in uns ab. Viele erkennen wir zwar, aber dann nicht unbedingt was dahintersteht. Eine Frau, die unglaublich viel Wert auf ihr Aussehen legt und nie ungestylt auch nur einkaufen geht, weiß das natürlich. Aber sie weiß möglicherweise nicht wirklich was sie so stark motiviert... oder genauer: Was das Gegenteil so "unmöglich" macht. Sie kann dann theoretisch die Entscheidung treffen mal in alten Klamotten, ungewaschenen Haaren und ungeschminkt einkaufen zu gehen, aber das erzeugt innere Konflikte. Wenn sie die aber kennenlernt bauen sich diese Konflikte ab.

Aber: Sie muss sich dafür auch DA Wahlfreiheit zugestehen, nämlich die Wahl haben zu sagen "Jo... so bin ich... bin schon bisschen irre das ich so viel Wert auf Äußeres lege." Wenn ihr das Äußere einerseits so wichtig für ihr Selbstbewusstsein ist und sie das andererseits verurteilt, weil sie vielleicht nicht oberflächlich sein oder so angesehen werden will, hat sie gleich einen neuen Konflikt.

Kurzgesagt: Erkennen... und nicht ablehnen was man erkennt. Denn die Ablehnung wird ebenfalls motiviert von etwas das zu erkennen wäre. Selbst bei simpelsten Tätigkeiten oder Neigungen oder dem was man manchmal als "Spleen" bezeichnet, kann der Hintergrund extrem komplex sein.


Zitat Mipa
Wie könnte man den bereich seiner identität nun stärken, der unabhängig ist? Kein distanzieren, kein sich verletzt fühlen, sondern einfach ein 'sich innerlich sicher' fühlen? Es gibt Bereiche, wo mir das gut gelingt, einen hingegen, wo gar nichts geht. Warum diese diskrepanz? Da geht es doch dann um ideale und warum man gerade diese wählt und nicht andere, vielleicht auch darum, wer einem einst was und wie vermittelt hat, etc.

Zitat CondemnDie Bereiche in denen das gut funktioniert sind zum Teil vermutlich Bereiche die Du entweder gut beherrschst, so dass Du gar nicht in Unsicherheiten gerätst, oder es sind Bereiche über die Du Dich nicht definierst (oder sogar beides... was es auch gibt). Wenn Du nen Boxer zum Malkurs schickst, und ihm dann erklärt wird das sein Bild echt nicht besonders toll ist, wird ihn das eher nicht so sehr kratzen. Ist einfach nicht sein Bereich. Verliert er im Boxring sieht das anders aus.

Die Frage ist, warum man sich mit bestimmten Themen auf eine Art verbunden hat, das sie entscheidend sind ob wir uns selbstbewusst oder unsicher fühlen. Und m.A.n. geschieht das aus Prägung heraus.... komplexe Glaubensmuster die zu Werten geworden sind.

Und wie gesagt: Ich glaube, dass es darum geht zu erkennen was sie motiviert. Wir erkennen oft nur das was offensichtlich ist, aber nicht den gesamten Komplex aus dem heraus das Offensichtliche basiert und was es entstehen lässt.

Du sprichst ja z.B. von Erfolg, was ich im Übrigen kenne. Und normalerweise geht es dann individueller um eine bestimmte Art von Erfolg den wir in irgendeiner Form messen. Das kann z.B. Geld sein. Oder es kann Feedback von Menschen sein.... z.B. Bewunderung.... oder das Erreichen eines bestimmten Ziels. Die Frage ist: Was fungiert als Gradmesser? Und warum soll die Messung positiv ausfallen? Nimm Geld als Beispiel... Sehr oft geht es gar nicht mal unbedingt um mehr Geld. Mehr Geld verändert das Leben nicht mal unbedingt. Ich weiß von mir das ich finanziell gut klarkomme, gerne mehr Geld hätte, aber nicht unbedingt anders leben würde wenn ich mehr hätte. Worum geht es dann also? Zum Beispiel um ein Gefühl der Sicherheit... Mehr Geld bedeutet noch mehr Sicherheit. Es kann auch um Geld als Erfolgsmesser gehen. Mehr Geld zeigt dann das man Erfolg hat. Vielleicht will ich mir dann doch schöne Dinge kaufen... sagen wir nen dickes Auto. Worum gehts dann? Wirklich um das Auto? Will ich schneller damit fahren können? Vermutlich gehts dann eher darum meinen Erfolg auch für andere offensichtlich zu machen... Eindruck machen, Bewunderung anderer.

Und interessanterweise führt fast alles immer dazu: Eine bestimmte Form von Eindruck auf andere zu machen. Präziser: Man wünscht, von anderen so gesehen zu werden wie man gesehen werden möchte. Und man möchte "so" gesehen werden weil man irgendwann zu der Überzeugung kam, dass man nur dann wertvoll bzw. liebenswert ist. Das führt bei einigen so weit, dass sie davon überzeugt sind nicht geliebt zu werden weil sie einfach nicht glauben können das sie jemand so lieben kann.


Zitat Mipa
Trennung zwischen was genau?

Zitat CondemnIch bezog das ja auf das Forum... auf Interaktion mit anderen. Stell es Dir so vor: Du fühlst Dich grundlegend als Individuum. Du sagst "Ich" und normalerweise ist alles außerhalb Deines Körpers "Nicht-Ich" und getrennt. Im Alltag denkst Du aber vermutlich anders. Wenn Du z.B. in der Küche stehst und auf den Gedanken kommst mal ins Forum zu schauen, ist der gesamte Rest dessen was Du dann tust mental nur noch ein Vorgang. Du gehst zu Deinem Computer, drückst auf Power, gibst vielleicht ein Passwort für den Computer ein, klickst auf den Internetbrowser usw. Das kann man in viele Einzelschritte unterteilen. Gedanklich ist es, wie gesagt, in der Regel nur ein einziger Vorgang. Warum? Weil Du die Erfahrung gemacht hast das der Ablauf zuverlässig funktioniert. Du hast keine Probleme damit zu Deinem Computer zu kommen, keine Probleme auf Power zu drücken, der Strom fließt, der Computer funktioniert uswusf. Das Resultat ist ein Gefühl der Sicherheit. Das würde sich sofort ändern wenn Du oft Stromausfall hättest. Dann wäre das ein gedanklicher Zwischenschritt im Sinne von "Hoffentlich hab ich Strom", oder Dein Computer ne Macke hat und jedes zweite mal einfriert wenn Du irgendwas anklickst. Dann wäre der Ablauf zumindest potentiell in Konflikt mit Deinem Willen und sofort entsteht gedanklich eine Trennung.... schon vorsorglich.

Ich kopiere gleich weiter rein...
 
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Zitat CondemnGehen wir aber davon aus das zu 99% alles reibungslos läuft. Und sagen wir zudem, dass Du die Erfahrung gemacht hast, hier im Forum nett behandelt zu werden. Bisher keine großartigen Konflikte, keine großen Antipathien zu anderen. Aber auf einmal wirst Du von jemandem angegriffen. Gestern hast Du einen Beitrag geschrieben, vielleicht sogar einen sehr Persönlichen und irgendwer hat eine Antwort geschrieben in der er auf Dir herumtrampelt.

Das ist der Punkt den ich meinte... Denn wie sieht die innere Reaktion aus? Man wird sich sehr bewusst das man getrennt voneinander ist. (Ich wechsle mal zur "Ich-Perspektive"): Hier bin ich, und da hat der andere seinen Müll hingeschmiert und mich angegriffen. Da ist vollkommen egal wie souverän ich damit umgehe. In aller Regel werde ich mich distanzieren und diese Trennung bestätigen, wahrscheinlich sogar ausbauen indem ich z.B. zum Gegenangriff übergehe... in mir der Wunsch entsteht es ihm mal richtig zu zeigen. Oder wenn ich mich dazu nicht fähig fühle fliehe ich vielleicht aus der Situation, klicke nicht mehr auf den Thread und versuche dem betreffenden User aus dem Weg zu gehen.

Das ist was ich meinte.. wenn man etwas als Einbruch in die eigene Sicherheit erlebt/interpretiert wird man sich der Trennung bewusst und man baut sie dann in der Regel aus. Das ist natürlicherweise der erste Impuls.

Aber: Stell Dir vor, Du wirst aus heiterem Himmel von jemanden angegriffen den Du gut kennst... mit dem Du Dich sonst immer gut verstehst. Auch da könnte der erste Impuls Distanzierung sein, vielleicht Ärger was der sich einbildet. Wahrscheinlich wird aber schnell der Wille folgen ihn zu verstehen... die Frage aufkommen "Warum agiert der so?". Das ist ein verbindender Vorgang und je besser Dir das gelingt, desto leichter wird es Dir fallen die Trennung dann wieder zu überbrücken.

Nur: Das ist ein extrem komplexes Thema. Ich kann hier nur in Ansätzen schreiben was ich meine, sonst würde das echt laaaang.


Zitat Mipa
Wenn man sich öffnet, ist man verletzlicher. Ich bin aber sicher, dass auch das nicht sein muss. Wenn hinter der identität letztlich nichts steckt, was es zu verteidigen, zu verbessern, zu beschützen gäbe, könnte man es nicht angreifen. Bitte verstehe mich nicht falsch: Es geht mir nicht darum, hart oder gleichgültig im sinne von ignorant zu werden, sondern darum, für mich selbst so viel liebe zu empfinden, dass ich unabhängig bin. Es gibt einen bereich, wo mir das nicht gelingt, da findet dann auch die grösste identifikation statt.

Zitat CondemnDas was hinter allem steht kann nicht angegriffen werden. Nimm noch mal das Kino-Beispiel... Licht transportiert die Formen/Bilder auf die Leinwand. Das was sich angegriffen fühlt sind die Formen. Das sind Komplexe... urteilende Gedankenmuster. Ist ein Gedankenmuster extrem urteilend, agiert es extrem trennend, denn dann ist nur x richtig und y ist falsch. Also nicht wie das Licht (grundlegendes Bewusstsein) das eben gar nicht urteilt. Wird das mehr und mehr erkannt wird es auch entschärft und es bleiben Vorlieben ohne Urteile. Ich freue mich dann immer noch wenn die deutsche Nationalmannschaft gegen England gewinnt... aber ich sehe das nicht als Krieg und werde keine schlaflose Nacht haben wenn sie verlieren.

Und ja... da wo die große Identifikation liegt gelingt das eben nicht so einfach. Irgendwo sind da strenge Urteile und damit auch starke Trennungen. Denn "so" ist dann richtig und gut, und "anders" ist falsch und schlecht ---> Im Einklang oder im Gegensatz zum Ideal/-bild.

Und beides baut auf Überzeugungen auf die sich aber in der Spitze vereinen. Das "Ich will so sein, weil..." ist irgendwann gleichbedeutend mit "Ich will nicht im Gegensatz dazu sein, weil...". Da ist dann individuell die Frage was einen in diese Richtung geprägt hat, warum man so davon überzeugt ist, dass das eine gut und das Gegenteil schlecht ist. Kennt ja jeder. Komplex wird es dann auch noch dadurch, das man entweder tatsächlich dem Idealbild einigermaßen entspricht und vielleicht auch große Sicherheit darin erlangt hat oder eben nicht. Es geht da selten um nur ein Thema, eher um Glaubenskonstruktionen die sich miteinander verbinden. Ein gewisses Idealbild kann von vielen Seiten gleichzeitig motiviert sein. Etwa, weil man sicher ist das einen nur das attraktiv macht. Gleichzeitig weil alles andere vielleicht die Eltern enttäuschen würde. Es kann auch extrem subtil sein... manches Idealbild kann aus sehr kurzen Eindrücken entstehen. Nimm die Werbung mit Promis. Die baut darauf auf... sie nutzen eine Identifikation mit einem Promi die möglichst für viele potentielle Kunden schon vorher besteht, nehmen wir als Beispiel Fußballer... die Fans gucken die Spiele und sehen das ihre Stars Adidas tragen. Da muss keine besondere Werbung mehr gemacht werden. Adidas wird zu einer Vorliebe. Ich kannte früher ein Mädchen die großer Fußball-Fan war.. die trug NUR Adidas. Hätte man sie damals gefragt warum sie so fixiert darauf ist hätte sie es möglicherweise nicht mal gewusst. Und das ist nur ein Beispiel, denn es kann noch viel subtiler sein. Etwa wenn ein Kind eine bestimmte Verhaltensweise des Vaters übernimmt. Der denkt sich vielleicht was dabei dass das Kind gar nicht checkt und trotzdem macht das Kind es noch bis ins Erwachsenenalter genauso. Die Identifikation besteht dann nicht direkt zur Handlung. Die hat gar keine echte Basis aus Überzeugungen. Die Identifikation besteht dann über die Identifikation zum Vater... der die Überzeugungen als Basis hat die das Kind vielleicht gar nicht kennt. Will sagen: Ein und dasselbe "Programm" kann auf sehr unterschiedlichen Arten der Prägung basieren. Teilweise gehts dann um sehr simple Dinge die aber hochkomplexe Identifikationen (etwa die Beziehung zu jemandem) als Basis haben, die man gleichzeitig zuerst mal gar nicht verbinden würde.

Die Fragen sind also: Worauf basiert die Identifikation? Wie habe ich das gelernt? Wie sehen die Urteile aus und wie werden sie begründet? Warum ist das Gegenteil des Ideals inakzeptabel?

Und "technisch" gesehen ist es sehr interessant nur darauf zu achten, wann der eigene Fokus sehr eng wird, was auch mit einem Gefühl emotionaler Enge einhergeht und wann nicht. Da wo es "eng" wird... da sind die entscheidenden Punkte und da erkennt man dann etwas Entscheidendes nicht, gerade weil der Fokus so eng ist.

Es gibt doch den Satz "Energie folgt der Aufmerksamkeit.". Den muss man gleichzeitig umdrehen: "Aufmerksamkeit folgt ebenso der Energie."... vielleicht sogar noch mehr. Heißt: Da wo ein Ungleichgewicht besteht, ein Konflikt, steuert die Aufmerksamkeit immer wieder drauf zu und dann ist man so extrem damit konfrontiert, dass man den Kontext nicht erkennt.

Zitat Mipa
Was aber im weitesten sinne eben genau auf dieses 'angenommen werden wollen' hinausläuft. Es ist die eher provokative form zum 'ziel' zu kommen, die einem vordergründig weniger blösse gibt.

Zitat Condemn
Ja... ich glaube, es geht dann v.a. um Kompensation. Nehmen wir ein Klischee-Beispiel: Denk Dir nen Typen der z.B. im Job eher ne traurige Figur abgibt, nicht anerkannt ist, vielleicht sogar gemobbt wird. Gleichzeitig hat er als Ideal ein Bild von Stärke und Souveränität. Der Mangel an Fähigkeit im Job, der Mangel an Anerkennung und dazu noch die direkte Ablehnung bzw. die Angriffe der anderen führt erstens dazu, das er sich zumindest zeitweise seinem Ideal näher fühlen will das zuerst mal ja nur aus Stärke und Souveränität besteht. Aber durch die Angriffe wurden Wunden geschlagen die nach Rache rufen. Er will nicht mehr nur souverän und stark sein, jetzt will er möglichst andere dominieren und taucht in einem Forum auf wo er das auslebt. Vielleicht funktioniert es sogar. Je größer allerdings das Ungleichgewicht ist das er irgendwo auszuleben versucht, desto größer wird auch das Risiko sein das es irgendwann krass bestätigt wird. Das kann dann so aussehen das er über Monate andere in einem Forum irgendwie dominiert... und irgendwann einer kommt der genau noch mal in die Wunden schlägt die ihn zu seinem Verhalten motivieren. Teilweise kann das zu extremen Abwärtsspiralen führen wenn er nicht erkennt warum er agiert wie er es tut und dann trägt er sein Selbstbewusstsein auf den Scheiterhaufen ohne das zu checken.


Zitat Mipa
Das problem eben, wenn man an der eigenen starren identifikation kleben bleibt, weil man ausblendet, dass man unendlich viele anteile in sich verewigt.

Zitat Condemn
Ja... und sie ablehnt. Das Gefühl von Scham ist da der bedeutendste Faktor. Die Frage die man sich dann stellen kann ist, wann man "im Boden versinken" würde, wenn für andere "X" offensichtlich wird... Für manche ist es schon zuviel, zuzugeben das sie sich geirrt haben. Und das ist dann zuviel wenn sie mit großer Vehemenz in eine Richtung argumentiert haben, vielleicht sogar auf der Basis einer Argumentation an die sie glaubten, andere beleidigt haben die das nicht "wussten". Wird diese Basis dann entzogen wird es für die meisten schwer das einzugestehen. Warum? Nicht weil es um die Sache geht... sondern weil die Argumentation eine Funktion erfüllt hat, nämlich andere vermeintlich zu dominieren. Das ist dann der bedeutende Punkt und nicht das Thema um das es geht.


Zitat Mipa
Ja. Jemandem aufmerksamkeit zu schenken bedeutet ja letztlich: Ich nehme dich wahr. Wer sich ignoriert fühlt, bekommt demnach das gefühl, nicht zu existieren. So sind es wieder andere, die einem selbst identifikation verschaffen. Muss das sein?

Zitat Condemn
Ich glaube ja. Mein Bild der Realität ist in Kurzform: Ein grundlegendes Bewusstsein.. alles und nichts gleichzeitig... erzeugt "Formen", u.a. Persönlichkeiten die in "ICH" und "Andere" und "Welt" denken. Da wird also eine künstliche Trennung erdacht, auf der Basis starker Identifikation mit dem "Ich-Gefühl" das im Körper zentriert ist. Ich gehe davon aus, dass das grundlegend gewollt ist... vielleicht wie ein Spiel um diese Erfahrung überhaupt machen zu können. Da das aber in Konflikt mit der Wirklichkeit ist, krass gesagt: weil es unnatürlich ist, ist das ein leidvolles Gefühl das nach Ausgleich bzw. Auflösung sucht. Da fällt mir das Liber Al ein:

Zitat:
Keins, hauchte das Licht, fein und feenhaft, der Sterne, und zwei.

Denn ich bin geteilt um der Liebe willen, für die Möglichkeit der Vereinigung.

Dies ist die Schöpfung der Welt, daß der Schmerz der Teilung wie nichts ist, und die Freude der Auflösung alles.

Als Mensch besteht dieser Ausgleich zuerst mal in der Suche nach Verbindung mit "Nicht-Ich"... in aller Regel durch Beziehungen mit anderen Menschen. Aber auch da wird kategorisiert. Und über Beziehungen lernen wir im besten Fall uns selbst kennen. Denn auch das ist ja ein inneres "Beziehungsgeflecht" der verschiedensten Aspekte. Da gibts die Stimme die einem die Werte unter die Nase hält, eine Stimme die den Richter spielt wenn man dagegen verstößt, eine Stimme die Harmonie wünscht, eine andere die den Erfolg um jeden Preis will... und je nach Situation ist eine lauter als die anderen. Und oft genug kennt man sie nicht alle und erst Recht nicht welches Überzeugungskonstrukt dahintersteht.


Zitat Mipa
So ist es. Je weniger konflikt im innern, desto weniger auch im aussen, da es im innern gar nichts anzugreifen gibt und diese ruhe, dieses zufrieden sein, sich ins aussen überträgt.

Zitat Condemn
Ja... In der Regel gehts da aber um das was man "Komfortzone" nennen kann. Ein und derselbe Mensch kann sich in einem bestimmten Umfeld sehr sicher und souverän fühlen, in einem anderen aber so getriggert werden das er zum Psycho mutiert. Und dann ist die Frage: Was macht die Sicherheit kaputt? Ich kenne jemanden, der mir gegenüber echt sehr selbstsicher ist, auf positive Art und Weise... in einem bestimmten Umfeld aber absolut gar nicht, extrem schüchtern und tollpatschig wird, dem dann nichts mehr gelingt usw. Bei mir selbst kenne ich das auch. Das bemerkt jemand anders nicht unbedingt, aber ich weiß es. Und das kann eben von Extrem zu Extrem gehen... also das jemand fast überall sehr souverän ist und das jemand fast überall sehr unsicher ist.

Teil 3 folgt auch noch
 
3

Zitat MipaIch frage mich oft, ob es nicht doch eine ganz einfach antwort gibt. Ich muss gerade an diskussionen im muf denken, an verschiedene rollen, die die persona einnehmen kann, an das zwiebelsystem des 'ich', wo letztlich nichts dahinter steht, etc. Solche modelle könnten doch eine gewisse ruhe, gelassenheit aufkommen lassen, wodurch angriffe von 'aussen' einfach verpuffen würden.

Zitat CondemnIch bin da nicht so sicher, bzw. ist es vielleicht eine Frage der Perspektive. Nehmen wir mal ein Extrem: Das was man Erleuchtung nennt. Viele erwarten, dass ein Erleuchteter nicht ärgerlich wird, immer souverän und gelassen bleibt. Das ist aber nicht unbedingt der Fall. Ein Erleuchteter weiß was er ist und v.a. weiß er was er nicht wirklich ist. Aber die Mechanismen laufen trotzdem noch. Er kann Angst empfinden, er kann Wut empfinden usw. Aber er beobachtet das aus einer "höheren Perspektive"... das was er ist ist nicht identifiziert. Aber es greift auch nicht ein. Im Kinobeispiel hat er sich dann als das Licht erkannt. Die Person auf der Leinwand weiß also das sie das sie eigentlich das Licht ist und ansonsten nur eine flüchtige Erscheinung. Aber genau deshalb gibts auch keinen Grund irgendetwas anders zu machen. Sri Nisargadatta Maharaj, dessen Bücher ich sehr schätze, konnte sehr ärgerlich werden. Ich habe keinen Zweifel daran das er tatsächlich erleuchtet war. Aber als menschliches System hat er sich dadurch nicht extrem verändert. Und er hat das auch erklärt... von seinem Standpunkt aus war alles gleich-gültig. Da war kein Leid.. wenn er z.B. provoziert wurde war das von der "Licht-Perspektive" aus genau so gut wie wenn sich jemand bei ihm bedankt. Aber seine menschlichen Mechanismen liefen trotzdem noch und die waren sicherlich auch verletzlich... heißt: Man konnte ihn wahrscheinlich beleidigen. Vielleicht nicht so einfach wie Paris Hilton, aber es war wohl möglich.

Was ich damit sagen will: Komplette Sicherheit als menschliches "System" wird man wahrscheinlich nicht erreichen. Aber je bewusster man die Punkte erkennt und dann kennenlernt, die den Fokus eng zusammenziehen und irgendeine Form von Leid auslösen (und Leid ist IMMER psychisch!... selbst körperlicher Schmerz), desto mehr bauen sie sich wohl ab. Zumindest ist das mein Eindruck bei mir selbst. Aber auch das ist sehr komplex, weil man einiges auch fälschen kann je bewusster man wird (je besser man sich kennt)... Man kann dann Impulsen folgen oder das lieber lassen und möglicherweise lässt man es bei einigen, gerade aus einem anderen Impuls heraus... nämlich die Kontrolle möglichst zu behalten. Das ist dann vor allem Weitsicht. Das resultiert zwar aus bewusstem Umgang mit sich selbst und daraus entsteht auch Souveränität die echt ist, aber eben nur weil man gewisse Situationen schon in der Entstehung vermeidet oder umgeht in denen die Souveränität möglicherweise fallen würde. Bedeutet also nicht, das man unverletzlicher wird sondern nur das man effektiver wird. Ob es echte Unverletzlichkeit geben kann bezweifle ich. Aber sicherlich gibt es den Weg dahin. Früher war ich z.B. ziemlich reizbar... und das lag an den Automatismen die abliefen ohne das ich sie bewusst hinterfragte. Und manches lernt man auch erst durch Leid... also das einige Identifikationen aufgegeben werden weil man sie gar nicht halten kann und dann bemerkt "okay... wäre gar nicht nötig gewesen überhaupt daran festzuhalten". Die Frage ist, ob man sie anders hätte loswerden können. Theoretisch vermutlich ja... aber im Kontext des Lebens eher nicht, weil man es ja nicht mal wollte. Strenggenommen ist es doch so, dass die allermeisten die sich mit solchen Themen befasst haben eines erkannt haben: "Es geht um Bewusstsein.. bewusster werden... sich kennenlernen.." Logisches Fazit müsste dann sein: Das mache ich ab jetzt aktiv mindestens 8 Stunden am Tag. Alles andere muss hinten anstehen, das ist wichtiger. Trotzdem tut man es nicht. Das ist auch noch so ein Rätsel.. vielleicht ein entscheidendes. Denn ich glaube, das wir eine Art "Gegenkraft" in uns tragen die das nicht will. Vielleicht ist sie auch die Summe aller urteilenden Überzeugungen... Nach der Ultimativ-Formel suche ich noch.


Zitat Mipa
Sorry, alles ein wenig philosophisch, aber wirklich ganz interessant. Für mich wieder in eigener sache.

Zitat Condemn
Ich finde das auch ein interessantes Thema und ich glaube, das es ausnahmslos jeden betrifft... Aber es ist eben wirklich extrem komplex.


So... einen Post in 3 aufteilen. Das gabs echt lange nicht mehr.

An dieser stelle nochmals danke, Condemn, es ist sehr schlüssig, dich zu lesen und ich tue das sehr gerne. :)

Gedanken zu deinen texten werde ich hier plazieren.
 
Zitat Condemn...Je mehr man die Automatismen kennenlernt und versteht, desto mehr Freiheit erlangt man... dann kann man Impulsen folgen oder nicht. Oder etwas präziser: Einen Impuls (Automatismus) zu bemerken und ihm nicht zu folgen bedeutet nicht, dass man frei ist, aber man hat einfach mehr Wahl. Der Fokus ist nicht so eng.

Schön gesagt.
Mir gings nicht darum identifikation zu festigen oder abzuschaffen, sondern eher festzustellen, ob es eben eine instanz/einen bereich im innern gibt, der nicht getroffen werden kann, der in keinster weise als zielscheibe dienen kann. Aber erfahren kann man das wohl, wie du schriebst, über das kennen lernen der rollen, die man 'spielt'. Dann kann man vielleicht aufdecken, weshalb eine davon immer unbedingt die erste geige spielen will oder so besonders wichtig ist, dass sie die andern in den schatten stellt.
In eigener sache bin ich da bis heute allerdings noch nicht weitergekommen, mal sehen.

Zitat CondemnBeispiel: Wenn man im Forum jemanden leicht provoziert, den Eindruck erweckt er habe etwas dummes geschrieben, ist das ein Trigger der in aller Regel dazu führt, das sich der betreffende schon fast genötigt sieht, die Dinge aus seiner Sicht richtig zu stellen. Das ist in vielen Fällen ein reiner Automatismus mit komplexer Motivation.

Ja, das ist richtig. Ich kann das an mir selbst bestens feststellen. Auch hier benutze ich mich selbst als versuchskaninchen und beobachte, wo, bzw. wann ich eine antwort keinesfalls unterlassen kann und will und warum. Ich habe dann auch begonnen, das nicht-antworten zu üben und zu sehen, was es in mir auslöst. Wenn ich nicht getrieben bin ist es einfach und ich kann wählen, was ich tue. Wenn ich mich getrieben fühle, ist es spannend, bei welchen themen oder menschen das der fall ist und auf welche weise.

Zitat Condemn
Worauf ich hinaus will ist: Es geht m.A.n. vor allem darum mehr Wahl zu haben. Man wird immer zwischen Impulsen entscheiden, aber der Fokus ist einfach nicht mehr so eng. Trigger (egal ob hier im Forum oder wo auch immer) funktionieren dann nicht mehr wie Knöpfe die ne vorhersehbare Kaskade auslösen.

So ist es. In vielen bereichen gelingt mir das nun viel besser als früher, was mich freut. Das 'üben' und lernen hier hat wesentlich dazu beigetragen.:)
 
Zitat Condemn
So stelle ich mir vom Prinzip her die Basis aller Existenz vor und ebenfalls ungeteilt, mit dem kleinen Unterschied: Licht und Leinwand aus dem Beispiel sind ebenfalls eins.... alles entsteht m.A.n. in einem reinen Bewusstsein, das sich gleichzeitig mit allem und in alles hinein verbindet was da erscheint. Es wird zu dem was erscheint... Und weil das scheinbar getrennte Aspekte sind wird es zu getrennten und auf Trennung bestehenden Aspekten... (allen Arten von Formen... Gedankenformen bis zu Körpern), etwa zu einer Persönlichkeit und agiert durch sie hindurch. Es wird auch zu allen und allem anderen und ist somit gleichzeitig Eins, kann aber auch die Erfahrung der Trennung machen...

Eine ganz wunderbare erklärung.:)
Und erinnert mich sehr an diskussionen im muf.

Zitat Condemn
Die Bereiche in denen das gut funktioniert sind zum Teil vermutlich Bereiche die Du entweder gut beherrschst, so dass Du gar nicht in Unsicherheiten gerätst, oder es sind Bereiche über die Du Dich nicht definierst (oder sogar beides... was es auch gibt). Wenn Du nen Boxer zum Malkurs schickst, und ihm dann erklärt wird das sein Bild echt nicht besonders toll ist, wird ihn das eher nicht so sehr kratzen. Ist einfach nicht sein Bereich. Verliert er im Boxring sieht das anders aus.

Stell dir einen boxer vor, der eigentlich immer zu den gewinnern gehört, der gelobt und gefeiert wird. Boxen ist seine leidenschaft. Nun ist da ein spiel, das er zwar auch gewinnt, wo man aber im nachhinein einzelne seiner schläge kritisiert. Das bringt ihn ins grübeln, sein selbstbewusstsein erhält auf diese wenigen, unbedeutenden worte hin, einen schweren schlag. Er beherrscht den boxring, es fällt ihm leicht. Warum sind wenige worte u.u. so folgenschwer? Warum können sie an seiner identifikation rütteln?

Zitat Condemn
Die Frage ist, warum man sich mit bestimmten Themen auf eine Art verbunden hat, das sie entscheidend sind ob wir uns selbstbewusst oder unsicher fühlen.

Das ist in der tat eine sehr gute frage. Ich nehme an, es liegt daran, wie wichtig uns eine bestimmte thematik ist. Vielleicht erhofft man sich rettung vor etwas, Vielleicht hat man sich auch einfach in ein thema verliebt.

Und m.A.n. geschieht das aus Prägung heraus.... komplexe Glaubensmuster die zu Werten geworden sind.

Konditionierungen, die einem zunächst vollständig unbewusst sind, die aber genau deshalb das potenzial haben, eine vormachtsstellung zu bekommen?

Zitat CondemnUnd interessanterweise führt fast alles immer dazu: Eine bestimmte Form von Eindruck auf andere zu machen. Präziser: Man wünscht, von anderen so gesehen zu werden wie man gesehen werden möchte. Und man möchte "so" gesehen werden weil man irgendwann zu der Überzeugung kam, dass man nur dann wertvoll bzw. liebenswert ist. Das führt bei einigen so weit, dass sie davon überzeugt sind nicht geliebt zu werden weil sie einfach nicht glauben können das sie jemand so lieben kann.

Ich frage mich einfach, wie man zu einer solch felsenfesten überzeugung gelangen kann, dass man nur unter bestimmten bedingungen liebenswert sei, zumal das ja nur in den eigenen augen so scheint...drum wieder: Weshalb ist identifikation nicht unabhängig, wieso gibt es da nicht einen bereich, über den nicht 'gerichtet' werden kann.
Wenn ich mich so selbst lese, staune ich gerade ob meiner eigenen wortwahl.:rolleyes: Es gibt keine richtende instanz, nichts in der richtung, alles nur rollen, je fester sitzend, desto strenger, je lockerer sitzend, umso weniger angreifbar.

Gute nacht:)
 
Zitat Condemn
Das ist was ich meinte.. wenn man etwas als Einbruch in die eigene Sicherheit erlebt/interpretiert wird man sich der Trennung bewusst und man baut sie dann in der Regel aus. Das ist natürlicherweise der erste Impuls.

Aber: Stell Dir vor, Du wirst aus heiterem Himmel von jemanden angegriffen den Du gut kennst... mit dem Du Dich sonst immer gut verstehst. Auch da könnte der erste Impuls Distanzierung sein, vielleicht Ärger was der sich einbildet. Wahrscheinlich wird aber schnell der Wille folgen ihn zu verstehen... die Frage aufkommen "Warum agiert der so?". Das ist ein verbindender Vorgang und je besser Dir das gelingt, desto leichter wird es Dir fallen die Trennung dann wieder zu überbrücken.

Natürlich nehme ich einerseits die trennung zwischen mir und dem andern wahr, vor allem, wenn sehr konträre meinungen aufeinanderprallen, die allenfalls auch nicht irgendwie begründet sind oder wenn mir dinge unterstellt werden, die ich so nicht meinte.
Mir ist aber im grunde immer bewusst, dass es darum geht, den andern verstehen zu wollen, zumindest so minimal, dass ich für mich etwas aus einem gespräch ziehen kann. Da stellt sich eben immer sofort die frage: "Warum agiert der so?" Sehr oft finde ich sofort verbindende elemente, die im wettstreit mit trennenden stehen. Das ist ein spannender vorgang, denn mein inneres fühlt sich sofort zu der 'verbindung' hingezogen und möchte mit diesem anteil des andern verschmelzen....
Drum löst ein 'angriff' - wennn ich nicht damit umgehen kann - i.d.r. nicht wut aus, sondern schmerz aus, da die trennung zementiert wird.

Ich glaube auch nicht, dass es um ein harmoniebedürfnis o.ä. geht, sondern tätsächlich darum, dass hinter allem die einheit steht und man sie auch sehen kann.

Das:
Zitat Condemn
Das was hinter allem steht kann nicht angegriffen werden.

meinte ich im grunde mit dem:
Zitat MipaWenn hinter der identität letztlich nichts steckt, was es zu verteidigen, zu verbessern, zu beschützen gäbe, könnte man es nicht angreifen.

CondemnDie Fragen sind also: Worauf basiert die Identifikation? Wie habe ich das gelernt? Wie sehen die Urteile aus und wie werden sie begründet? Warum ist das Gegenteil des Ideals inakzeptabel?

1. Darauf, was für mich wert-voll ist, was ich leben, bzw. aus mir heraus in die welt ausdrücken will. Es geht mir übrigens nicht darum, was 'bleibendes' zu hinterlassen. Mir gehts darum, meine liebe auszudrücken, was allenfalls mit etwas bleibendem einhergehen kann.

2. Anerzogen, geprägt, erfahren? Erscheint mir beides nicht befriedigend, weil die identifikation dann im grunde nicht aus mir heraus entsteht, sondern schon fast was zufälliges, schicksalshaftes hat.

3. Hier schwingen wohl moralische punkte mit, die bei mir allerdings heute eine viel kleinere rolle spielen als früher.

4. Weil es eben scheinbar 'identität' und damit daseinsberechtigung (?) entziehen würde.

Zitat CondemnUnd "technisch" gesehen ist es sehr interessant nur darauf zu achten, wann der eigene Fokus sehr eng wird, was auch mit einem Gefühl emotionaler Enge einhergeht und wann nicht. Da wo es "eng" wird... da sind die entscheidenden Punkte und da erkennt man dann etwas Entscheidendes nicht, gerade weil der Fokus so eng ist.

Ja. Den strich durch die rechnung macht man sich selbst. Den fokus auf weit zu stellen, würde aber gleichzeitig den abschied von idealen, etc. bedeuten. Ist wohl manchmal ein grösserer schritt.

Zitat CondemnEs gibt doch den Satz "Energie folgt der Aufmerksamkeit.". Den muss man gleichzeitig umdrehen: "Aufmerksamkeit folgt ebenso der Energie."... vielleicht sogar noch mehr. Heißt: Da wo ein Ungleichgewicht besteht, ein Konflikt, steuert die Aufmerksamkeit immer wieder drauf zu und dann ist man so extrem damit konfrontiert, dass man den Kontext nicht erkennt.

Ich habe darum bewusst begonnen, in solchen situationen/momenten, meine aufmerksamkeit anderweitig zu binden. Nicht, um auszuweichen oder zu verdrängen, sondern um über eine andere ebene, entspannter auf das ungleichgewicht zuzugehen.

Es macht grossen spass über deine texte zu reflektieren.:)
 
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Hey...

Gute Idee mit dem neuen Thread! Dachte gestern selbst schon dass das Thema eigentlich nen eigenen gebrauchen könnte.

Kann sein, das ich erst heute Abend antworte.
 


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