Hi Basti!
Ich hab überhaupt keinen Grund, Deine sexuelle Selbsteinschätzung in Zweifel zu ziehen - wenn Du das so empfindest, dann ist das so. Als Beleg dafür, dass die jeweilige Ausdrucksform von Sexualität angeboren ist, genügt mir das allerdings nicht. Ich weiß nicht, ob jemand den m.E. sehr lesenswerten Artikel von Weidner angeschaut hat, den Rita weiter oben verlinkt hat - der bringt viel bedenkenswertes Material, das dazu beiträgt, geschlechtliche Präferenzen ohne diskriminierende Wertung zu betrachten.
Was das Angeborene oder Vererbte oder sozial Erworbene von Verhaltensweisen (auch Homosexualität) anlangt, so gibt es da eine große und nach meinen Beobachtungen durchaus unentschiedene Bandbreite von Theorien, von denen viele plausible Argumente für sich haben. Und ich sehe zwischen den Polen "angeboren" und "sozial erworben" noch eine weitere Möglichkeit, die "systemische" - Verhaltensformen, die auf Verstrickungen im Familiensystem beruhen und weder genetisch festgelegt noch durch aktuelle Umwelt bedingt sind.
Und für alle drei Varianten kann auch ein Horoskop sinnvolle Deutungen abgeben - wenn man mal davon Abstand nimmt, dass bestimmte Konstellationen zwingend zu einem bestimmten Verhalten führen müssen. Wir haben ja gesehen - Uranus/Wassermann/11 war in den hier genannten astrologischen Thesen immer im Spiel, zum Teil in sehr konkreten Konstellationen. Nun heißt aber nicht, dass UR/VE auf Homosexualität schließen lässt, weil sehr viele Homosexuelle UR/VE haben. Es gibt ebenfalls viele, die mir UR/VE nicht homosexuell sind, und das heißt keineswegs, dass die etwa ihre "sexuelle Bestimmung" nicht leben. Es gibt also offensichtlich Horoskop-Faktoren, die gut zu einer homosexuellen Variante der Sexualität passen... ohne sie kausal zu begründen.
Noch ein Denkimpuls: Mich stört die strikte Schwarzweißmalerei "hier homo - dort hetero". Ich will jetzt nicht auf Bi hinaus, sondern darauf, dass vermutlich niemand hundertprozentig das eine oder das andere ist (außer wir reduzieren das Sexuelle auf den puren Geschlechtsakt). Das Problem ist hier eher ein Soziales: Nach wie vor wird Homosexualität größtenteils diffamiert oder zumindest insgeheim belächelt, und so haben nur wenige den Mut, ihre psychosexuellen Anteile wirklich so auszudrücken, wie sie im Innern durchaus leben. Es gibt an sich z.B. wenig Grund, warum Männer mit Männern keine liebevollen Zärtlichkeiten austauschen sollten, außer dem einen: es wird ganz rasch als "schwul" interpretiert, und das mögen viele nicht auf sich nehmen. Ich halte das für ziemlich traurig, aber eben auch für eine gesellschaftliche Wirklichkeit, die sich nur langsam ändert. Und gerade im triebstarken Bereich des Sexualverhaltens, das noch dazu vielschichtig moralisch besetzt und von horrendem Unverstand durchdrungen ist, vom eigenen Unbewussten mal ganz abgesehen, driften "aufgeklärtes Bewusstsein" und das Vermögen, solche "uranische Reform" von Erstarrtem auch zu leben, oft ganz schön weit auseinander.
Ich wünsch Dir die Kraft, Dein Sexualverhalten so zu entwickeln, wie es für Dich am besten passt, ohne Dich in irgendeine Ecke drängen zu lassen oder selbst zu drängen. Wobei kindliche und jugendliche Homosexualität durchaus nicht selten ist - das kann so bleiben, das kann sich ändern, das wirst Du sehen und fühlen. Im übrigen... ich denk, auch die heterosexuellen Youngsters haben's nicht leichter mit ihrer Sexualität, und die Erwachsenen oft schon gar nicht ;-)
Zur Halswirbel-These: Colchicum, ich möchte Dir da wirklich persönlich überhaupt nichts unterstellen, bestimmt gehst Du damit ganz arglos und nach bester Überzeugung um. Mal ganz abstrakt losgelöst heißt das aber: Homosexualität ist die Folge einer gesundheitlichen Störung, eine Erkrankung. Also heilbar. Das ist per se schon eine Diffamierung des homosexuellen Lebensstils, abgesehen davon, dass ich diese Ursache-Wirkung-Beziehung für aus der Luft gegriffen halte. Was mich dabei aber noch viel mehr stört - von dort aus ist es nur ein hauchdünner Schritt zur Vernaderung von Homosexualität als Abnormität, und das ist pures protofaschistisches Gedankengut, das im Laufe der Geschichte genug Übles angerichtet hat. Ich bin froh, immer wieder mal darüber zu stolpern, weil es die Achtsamkeit schärft dafür, dass es solche Denke immer noch gibt. Dafür danke ich Dir, Colchicum.
Alles Liebe,
Jake