Hi Katarina,
schau, ich nenne das ja immer "Sich verurmeln".
Wenn ich z.B. ein Gespräch führe und es führt nicht zu einer Zufriedenheit in mir oder zu dem Gefühl von Verbindung mit dem Gesprächspartner, dann empfinde ich für mich persönlich den Ausdruck "jetzt hast Du dich wieder mal verurmelt". Die falschen Worte mit der falschen Emotion in das falsche Gefäß hineingegeben.
Man kann doch so sagen: zu Beginn eines Gespräches ist da zwischen den Gesprächspartnern optimalerweise ein leeres Gefäß. In der Realität ist die geformt durch die Art der Beziehung, welche beide Kommunikationspartner bereits gestaltet haben.
Aber gehen wir einmal vom "Rohzustand" aus: 2 Menschen kennen sich nicht und haben die Aufgabe, sich zu unterhalten und im Gespräch ein bestimmtes Thema zu bearbeiten. Der Eine fängt an und gibt etwas in die Vase herein und der andere gibt etwas hinterher. Jetzt kommt es aber vor, daß dasjenige, was schon in der Vase drin ist, dasjenige, das jetzt gerade oben hinein will in die Vase, nicht "haben" will, weil die Äusserung, die da in der Vase schwimmt, das neu Gesagt nicht mag. Und so wird quasi dann die Atmosphäre in der Amphore zwischen den beiden Rednern gestört, weil die Gesprächsinhalte nicht harmonisieren.
Und da gibt es eben bestimmte Umstände, da passiert das immer. Und welche Umstände das sind, das regelt unter anderem auch das Wort. Wenn ich z.B. beginne mit "ich will auf keinen Fall"- dann ist ja schon einmal ein großer Teil der möglichen Zukunft ausgeschlossen, das gesamte Geschehen wird eingeengt in das Verhalten eines Partners, der auf keinen Fall etwas will. So ist man eben nicht offen und das zeigt/signalisiert man eben durch diese Worte. (Im Einzelfall ist das natürlich angebracht so zu formulieren: "ich möchte auf keinen Fall noch einmal sehen, daß Sie mir an den Po fassen". Im Bereich des Grenensetzens ist das also im Grunde mitunter angebracht.)
Was äussert sich da letztlich durch dieses "Ich will auf keinen Fall"? Letztlich schlechte Erfahrung mit etwas, das mal geschehen ist und man geht nun davon aus, daß das wieder geschehen könnte und man versucht, es zu vermeiden. Nun wissen wir, daß solche Dinge eh immer wieder zu einem "zurückkommen". Aber: letztlich verlassen uns diese Dinge nie, denn wir erkennen ja z.B. gerade in dieser Situation, wo uns die Eingabe in das Wesen fällt "ich will das auf keinen Fall, was Du tuen/sagen könntest", daß diese Angst uns im Grunde die ganze Zeit behütet hat.
So, etwas anderes: womit tue ich mir selber letztlich Gewalt an? Was sind meine Worte, die ich denke, mit denen ich mich selber "beleidige"? Und mit welchen Gefühlen und Erinnerungen an Vergangenes, dessen Wiederholung ich vermeiden möchte, werde ich konfrontiert, ist diese aktuelle Gesprächssituation, in der mich mich meinthalben befinde, eigentlich für mich verbunden?
Wenn ich so beobachte, sind diese Selbstbeleidigenden Formulierungenes Phrasen, wie "ich kann nicht", "ich muß", "ich darf nicht" und die schon erwähnte übermässige Verwendung des Konjunktivs. Und es könnte natürlich auch heißen "du darfst nicht" und "man kann nicht". Das sind alles Dinge, erlernte konditionierte Phrasen, die unser freies Sich-Entwickeln letztlich einschränken können. Mir kommt das Bild von einem Menschen in einer Gummizelle, der durch innere Gedanken in seinem Raum eingesperrt ist und immer wenn er gegen eine Wand läuft erscheinen auf der Wand die Lettern: "Du kannst nicht", "Du darfst nicht", "tue das nie" und "gib auf".
Gewalt ist ja Beschränkung, sie hält uns fest und verstellt uns letztlich.
Mir fallen noch die üblichen Regeln in der Kommunikation ein: Nachfragen, was man verstanden hat, unterstützendes, aufmerksames Zuhören und klarmachen, daß man zuhört (das bedeutet auch Schweigenkönnen, wenn der andere redet) und dann natürlich die grosse Frage: warum, um welche Worte jetzt zu sagen sitze ich eigentlich hier? Sitze ich hier, um mir mit weiteren Worten mein Leben zu versauen oder bin ich lernfähig und sehe, daß ich mit meinen Worten verletzen kann, andere beschneiden, Ideen anderer abtreiben, anderen einen Stich ins Herz versetzen kann und die Intergrität und die Männlichkeit/Weiblichkeit des Gegenübers verletzen kann?
Letztlich gibt es zu lernen: so wie ich es mit anderen verbal tue, so tue ich es in 10facher Härte mir selber gegenüber. Ich "sollte" gut, sehr gut nach innen hören und bemerken, wie ich mir mein Leben verkommuniziere durch meine inneren überschiessenden Regungen in dieser viel zu schnellen Welt. Man kann entdecken: dieser Plapperer in mir ist und macht mein Leben, er ist Ausdruck meiner Bildung- nicht nur der Wissensbildung, sondern Ausdruck der Gesamtheit an Leben/Vitalität, das ich in meiner Lebenszeit entwickelt habe.
Umso mehr "verbunden" (also mit umwickelten Wunden) ich bin, desto weniger verletze ich andere. Und Kommunikation mit Mimik, Gestik und Gestalt ist letztlich da das Mittel, mit dem wir das normalerweise machen. Wenn z.B. die Mutter der Vater wüßten, was sie sagen müssen, damit das Kind zwar eine Weisung annimmt, aber dadurch nicht in seiner kreativen Potentialentwicklung gestört wird, dann wäre uns allen, denke ich geholfen. Der allergrößte Anteil von Gewalt findet ohne Frage in den Familien statt, je tiefer Du in der Bildungsschicht langst, desto unterirdischer wird es ja mit der Umgehensweise.
Liebe Grüsse,
Trixi Maus