Candida-Hypersensitivitäts-Syndrom
Einer alternativmedizinischen Sichtweise liegen ursprünglich eine Publikation von C. Orian Truss (einem Internisten aus Alabama) von 1976 (The Missing Diagnosis) sowie mehrere Bücher von William Crook (The Yeast Connection) zugrunde. Wissenschaftliche Studien konnten keinen der behaupteten Zusammenhänge belegen, so dass Truss These bereits in den 1980er Jahren von der Fachöffentlichkeit aufgegeben wurde.[1][2][3]
Mittlerweile sind weitere Veröffentlichungen, darunter zahlreiche Laienratgeber, entstanden, in denen die Hypothese vertreten wird, dass die Einnahme von Antibiotika[4], Corticosteroiden und Ovulationshemmern, sowie einseitige Ernährung (Nahrungszucker, Auszugsmehle, Alkohol), Stress und die Belastung mit Umweltschadstoffen (insbesondere Quecksilber) dazu führen, dass die verschiedenen Candida-Arten zunehmen. Dies könne ein Candida-Hypersensitivitäts-Syndrom verursachen. Symptome wie Verdauungsstörungen wie Blähungen und Diarrhöe, Obstipation, Herzbeschwerden, Atemnot, Heißhungerattacken, chronische Müdigkeit, Hautkrankheiten wie Schuppenflechte und seborrhoisches Ekzem[5], Neurodermitis[6], Depressionen, Asthma[7], allergische Rhinitis[8], sowie Kopf-, Gelenk- und Muskelschmerzen seien die Folge. Die Besiedelung der unteren 2/3 des Dünndarmes werden für die Beschwerden hauptsächlich verantwortlich gemacht. Es ist nicht geklärt, ob das Vorhandensein von Candida, das bei über 70 % aller Gesunden nachweisbar ist, für die Symptome verantwortlich ist oder lediglich einen Nebenbefund darstellt.
Bei den Hautkrankheiten scheint die Kreuzreaktion zu dem Hautpilz Malassezia furfur (vormals Pityrosporum ovale genannt) eine signifikante Rolle zu spielen.[9][10] Wolfgang R. Heizmann hat diesbezüglich ein Modell der Pathogenese aufgestellt.[11],
In einer relativ neuen (2001) doppelblind, randomisierten, placebokontrollierten Studie [12] konnte das Behandlungskonzept mit Nystatin erstmals bestätigt werden. Die Studie gibt auch Hinweise auf die Wirksamkeit der Diät. Die Behandler stützen sich meist auf etablierte Candida-Nachweisverfahren (Stuhlprobe, Blutprobe), selten alleine auf die Symptomatik, die sie einer Candidabesiedelung oder -infektion zuordnen. Alternative Diagnosemethoden wie Kinesiologie, Elektroakupunktur oder Bioresonanz werden auch in den Laienratgebern nicht, oder lediglich ergänzend empfohlen, aber besonders im heilpraktischen Kontext häufig ausschließlich durchgeführt.
Anhänger der Candida-Hypersensitivitäts-Hypothese empfehlen fast immer eine Ernährungsumstellung. Die in diesem Bereich propagierte Anti-Pilz-Diät verzichtet auf Zucker und Weißmehl sowie auf süßes Obst, um den Hefen die Nahrung zu entziehen. Saures Obst ist in geringen Mengen erlaubt. Hinzu kommt in der Regel ein sogenannter Darmfloraaufbau mit Probiotika, die unter zahlreichen Handelsnamen wie Symbioflor, Bactisubtil, Mutaflor, Omniflora, Paidoflor auf dem deutschen Markt sind. Antipilzmittel müssen immer eingesetzt werden; es kommen dann sowohl apothekenpflichtige Medikamente als auch teilweise Naturheilmittel zum Einsatz. Die Behandlung dauert in der Regel vier bis sechs Wochen. Rezidive sind jedoch häufig.
Experten des Robert-Koch-Instituts (RKI) kommen in einer ausführlichen Stellungnahme zu folgender Einschätzung:
Weder klinisch-epidemiologische Untersuchungen noch Behandlungsstudien geben bisher Hinweise für die Existenz des Candida-Hypersensitivitäts-Syndroms bzw. Candidasyndroms mit den damit von seinen Befürwortern in Verbindung gebrachten vielfältigen Symptomen und Erkrankungen. [
] Es ist jedoch nicht ganz ausgeschlossen, dass unter bestimmten Umständen eine durch Candidakolonisation bedingte allergische Sensibilisierung auftritt. [
] Insgesamt bleibt festzuhalten, dass die Ökologie der Darmflora respektive die Wechselwirkung ihrer Komponenten (darunter C. albicans mit diversen Stämmen) sowie die Beziehungen zwischen Mikroorganismen und Darmmucosa noch unzureichend verstanden sind.[13]
Das RKI und die Deutsche Gesellschaft für Ernährung halten eine Anti-Pilz-Diät zur Behandlung einer Kandidose für nicht hilfreich. Das RKI schreibt dazu:
Die kohlenhydratarme oder -freie sogenannte Anti-Pilz-Diät erscheint schon konzeptionell fragwürdig, da Mono-, Di- und Oligosaccharide in den proximalen Dünndarmabschnitten vollständig resorbiert werden und für Candida spp. im Colon nicht zur Verfügung stehen [
][13]
Die Praxis zeigt, dass umstrittene Diagnosemethoden wie Kinesiologie, Bioresonanz, Elektroakupunktur bis hin zum Auspendeln von meist nichtärztlichen Behandlern häufig eingesetzt werden.
Patienten wird häufig zu einer Colon-Hydro-Therapie geraten, sie ist bei Candidosen selbst in der Alternativmedizin umstritten. Der Nutzen dieser Therapie ist stark umstritten.
Zitat eines Gastroenterologen:
Heilpraktiker und Ärzte, die sich als Heilpraktiker betätigen, haben eine neue Einkommensquelle entdeckt, nämlich die Mikroökologie des Darmes. Das Prinzip ist einfach: zunächst schürt man die Sorge der Bevölkerung vor Erkrankung, bietet dann kostenintensive Verfahren zur Frühdiagnose an und verspricht schließlich Heilung durch dubiose Therapiemethoden. Ein Paradebeispiel für dieses Vorgehen sind die Diagnose und Therapie von Pilzen im Darm.[14]
Das Candida-Hypersensitivitäts-Syndrom ist ebenso wie das Chronic-fatigue-Syndrom oder das Multichemikaliensyndrom ein Hirngespinst, das allenfalls als Variante des Reizdarmsyndroms eingestuft werden kann, sagte Wolfgang Rösch bei einem Kongress.[15]
Auszug aus Wiki
http://de.wikipedia.org/wiki/Kandidose
Kandidose
Klassifikation nach ICD-10
B37 Kandidose
ICD-10 online (WHO-Version 2013)
Schwere Kandidose der Mundhöhle
Eine Kandidose ist eine Sammelbezeichnung für Infektionskrankheiten durch Pilze der Gattung Candida, wobei Candida albicans am häufigsten anzutreffen ist, und wird auch als Candidosis, Candidiasis, Candidamycosis, Kandidamykose oder wenn nur Haut und Schleimhäute betroffen sind Soor (veraltet auch als Moniliasis) bezeichnet. Der Begriff Soor stammt aus dem altdeutschen (sohren) und bedeutet wundmachen.
Infektiöse Pilzorganismen (Hefepilze/Candida, Dermatophyten, Schimmelpilze) sind in der Regel nicht dazu in der Lage, die Abwehrmechanismen der menschlichen Haut und Schleimhaut sowie der Immunabwehr völlig zu überwinden. Sie kommen beim Gesunden nur in Form von oberflächlichen Haut- und Schleimhautbesiedlungen vor (vgl. Mykose). Bestimmte Candida-Arten leben auch im Rachen, Speiseröhre, Magen, Dünn- und Dickdarm der meisten Menschen als harmlose Saprophyten; sie sind bei etwa 70 % aller gesunden Probanden nachgewiesen worden. Bei angeborener oder erworbener Immunschwäche (Krebs, AIDS, Sepsis, Zytostatika usw.) können jedoch sowohl diese körpereigenen als auch die überall in unserer Umwelt vorhandenen Pilze auch innere Organe befallen und schwere Erkrankungen auslösen, beispielsweise Lungenentzündung oder Systemmykosen (Infektion des gesamten Körpers). Candida-Arten sind die häufigsten Erreger solcher schwerwiegenden Pilzerkrankungen. Neben Candida albicans kommen auch Candida tropicalis, Candida parapsilosis, Candida guilliermondi, Candida dubliniensis und Candida glabrata vor. Außerdem kommt es nicht selten zu Pilzinfektionen von Haut und/oder Schleimhäuten, wenn das Immunsystem z. B. vorübergehend beeinträchtigt ist, etwa bei der Anwendung bestimmter Arzneimittel wie Antibiotika oder Cortison-haltigen Präparaten (s. u.).