Familienaufstellung?

P

Pearl

Guest
Hi!

Ich hab jetzt schon öfter von Aufstellungen gehört, aber ich kann mir gar nichts darunter vorstellen..

Wie funktioniert das, warum macht man das? :dontknow:
 
Werbung:
Hallo zusammen :)

Nachdem ich per PN gebeten worden bin zu erklären was Familienaufstellung ist und auch dieser Beitrag noch nicht beantwortet wurde, will ich Beides mal miteinander verbinden.
Ich erlaube mir das jetzt mal so aus meiner Erfahrung heraus zu beschreiben, was Familienaufstellung ist, ohne mich auf Bücher zu beziehen (obwohl ich ein paar zum Thema gelesen habe).

An einer Familienaufstellung nimmt man normalerweise teil, wenn man ein Problem oder ein Anliegen hat. Dieses Anliegen bezieht sich entweder auf die „Ursprungsfamilie“ ( meist Eltern, Geschwister) oder auf die „Gegenwartsfamilie“ ( meist Partner, Kinder).

Mein Anliegen war.:“Ich will nicht jedes Mal Kopfschmerzen bekommen, wenn ich meine Eltern besuche.“ Das ist natürlich ein sehr konkretes Anliegen. Etwas allgemeinere Anliegen sind auch möglich. Vor der Aufstellung entscheidet man bereits, ob man selbst aufstellen will, oder ob man „nur“ Rollen übernimmt.

Bevor man aufstellt erklärt man dem Therapeuten (und der Gruppe) das Anliegen. Dieser stellt ein paar Fragen dazu und beschließt, wen man aufstellen soll z.B. den Vater, die Mutter und sich selbst.

Wen sucht man sich nun aus? Das ist natürlich völlig subjektiv. Ich versuchte Personen auszuwählen, die mich an meinen Vater, meine Mutter und mich selbst „erinnerten“ – wo ich glaubte Gemeinsamkeiten zu erfühlen. Die Drei standen stellten sich dann an den Rand des Raumes. Auf Anweisung der Therapeutin, legte ich der Person, die meinen Vater darstellen sollte, die Hände auf die Schulter und sagte: “Du bist mein Vater“ Dann führte ich ihn langsam bis zu einer bestimmten Stelle im Raum. Irgendwie fühlt man, wenn man die „richtige“ Stelle „gefunden“ hat. Dann bleibt man mit der Person stehen; man hat ihr ihren Platz gegeben. Dann ging ich zu der zweiten Person und sagte :“Du bist meine Mutter“. Wieder legte die Hände auf und führt sie zu einer ausgewählten Stelle im Raum. Ich spürte, wo die Person „hingepaßt“ hat; auch in Bezug auf „meinen Vater“. Dann stellte ich sozusagen mich selbst auf, also eine Person, die die eigene Person vertritt. – auch dies langsam, meinen Impulsen folgend. So standen die Drei nun da. Ich setzte mich hin und sah mir das Bild aus der Beobachterrolle heraus an. Die Personen, die nun da standen – Propagonisten genannt – fühlten sich hingegen ein. Die Therapeutin sieht sich das an und auch die Gruppe bekommt eine gewisse Stimmung mit. Dann werden die Propagonisten gebeten, sich zu äußern; zu sagen wie sie sich fühlen. So kann es sein, daß sie eine Körperhälfte nicht mehr spüren, daß sie wie Klauen im Genick fühlen, oder gar, daß sie Schmerzen bekommen. Verblüffenderweise beschreiben dann die Propagonisten oft die Symptome, die die Personen im wirklichen Leben tatsächlich haben. Dann fragte die Therapeutin eine Person nach der anderen, ob sie ihre Position im Raum verändern wollen. Es kann vorkommen, die die Personen das Bedürfnis haben sich anzusehen, sich im wahrsten Sinne des Wortes näher zu kommen, oder eben sich voneinander zu entfernen. Einer nach dem Anderen verändert dann – wenn es ihm ein Bedürfnis ist – langsam und umsichtig seine Position. Danach geben sie wieder Feed-back, wie sie sich fühlen. Meist fühlen sie sich etwas besser, ohne sich wirklich gut zu fühlen. Je nach der Situation greift der Therapeut unterschiedlich ein. So macht z.B. der Therapeut Vorschläge, wie sich die Personen zueinander stellen sollen. Dabei gibt es ganz bestimmte Regeln, die Hellinger aufgestellt hat. In der Geschwisterreihe steht z.B. der Erstgeborene auch an erster Stelle. Manchmal werden auch dann weitere Personen ausgewählt, um teilzunehmen. Diese können z.B. die Eltern der Eltern darstellen, die Geschwister etc. Dabei können auch tote Personen aufgestellt werden, manchmal aber auch „Der Tod“, „Etwas, was dir hilft“ etc. Bei jeder Veränderung verändert sich auch die Stimmung zwischen den Propagonisten. Diese wird bei jeder Veränderung wieder erfragt.
So z.B. „Was hat sich für dich verändert, als deine Mutter sich hinter dich stellte?“
Oft werden auch die Gefühle zwischen den Propagonisten erfragt. Es bleibt in gewisser Weise „geheimnisvoll“, auch wenn es natürlich Erklärungsmodelle gibt, daß die Propagonisten in dieser Situation und Rolle Gefühle empfinden, die nicht ihre eigenen sind. Als Propagonist liebt man, haßt man, weint man etc, so als sei man die Person, in dessen Rolle – fast würde ich sagen „“in dessen Haut“ man geschlüpft ist. Die Propagonisten scheinen dann auch Zugang zu Wissen und Gewißtheiten zu haben, die nur die wahren Personen nach unseren „normalen Weltbild“ haben könnten. So kann es z.B. vorkommen, daß der Propagonist sagt „Ich wurde vom Vater mißbraucht“, ohne daß das im Vorgespräch erwähnt wurde. Woher dieses „Wissen“? Es wird von einem „morphologischem Feld“ gesprochen, doch so ganz scheint die Frage nicht geklärt zu sein. Manchmal reicht es schon, wenn die Propagonisten „richtig“ zueinander aufgestellt sind. Wenn diese Positionen mit Hilfe des Therapeuten gefunden worden sind, dann löst die Person, um die es geht, ihren Propagonisten ab. Auch er fühlt sich ein und merkt, daß es gut ist; daß jeder auf einem „guten Platz“ ist, einem Platz, der ihm zusteht. Das wirkt und heilt. Was in der Aufstellung „heil“ ist, wirkt sich auf die wahre Situation; das wahre Leben aus. Oft sind aber noch Zwischenschritte nötig, bis es zu einer guten Lösung und einem guten Platz für alle kommen kann. Die Schritte sind begründet auf Glaubensätze, die altmodisch klingen und doch meist einleuchten. Einer dieser Glaubenssätze ist z.B. daß die Kinder den Eltern gegenüber dankbar sein müssen und diese ehren müssen, weil sie ihnen das Leben geschenkt haben. Aus den Glaubensätzen werden dann konkrete Sätze, die die Therapeutin einem vorschlägt zu sagen. So z.B. „Lieber Pappa, liebe Mamma, ihr habt mir das Leben geschenkt und ich danke euch dafür.“ Oft schlägt der Therapeut auch vor, sich vo den Eltern zu verbeugen. Mit der Verbeugung haben viele Schwierigkeiten, weil sie es als Erniedrigung ansehen. Wenn man es aber als „Loslassen“ ansieht, so ist es nicht so schwer. Wenn nicht die Ursprungsfamilie, sondern die Gegenwartsfamilie aufstellt wird, dann herschen natürlich wieder andere Regeln. In Partnerschaften gilt z.B. der Lösungssatz:Ich übernehme 50% und die anderen 50% lasse ich bei dir.“
An einem bestimmten Punkt wird der Propagonist durch die Person, um die es geht ersetzt. Dies geschieht erst dann, wenn schon eine „gute Lösung“ gefunden worden ist. Vielleicht haben sich die Propagonisten dann schon lieb in die Arme genommen, das bedeutet aber nicht, daß man gleich zu anfangen muß. Da wäre nicht gut. Auch ich löste meine Propagonistin ab und stellte mich meinen Eltern gegenüber. Es war mir, als würden sie mich sehr liebevoll anschauen. Sie wollten mich in den Arm nehmen und ich ließ es geschehen, doch so wohl fühlte ich mich dabei nicht. Die Therapeutin bremste gleich aus und so standen wir uns wieder gegenüber. Sie fragte mich, was ich meinen Eltern sagen wollte. Ich sagte, daß ich nie Kind sein durfte. Vielleicht mag nun der Leser einwenden, daß ich damit meine Eltern ja nicht geehrt hätte; daß das eher ein Vorwurf gewesen sei. Das ist nicht falsch, doch ich habe sie nicht verurteilt, sondern von meinen subjektiven Empfindungen gesprochen. Die Therapeutin sagte mir, daß ich sagen sollte „Es war schlimm“. Ich sagte es und fühlte mich sehr erleichtert, dies aussprechen zu dürfen. Ich weinte dabei. Die Therapeutin sagte, daß ich nun wieder Kind sein dürfte. Das war zwar schön, aber es paßte vom Gefühl her nicht ganz.
Irgendwie war es „blockiert“ und so kam meine Propagonistin wieder ins Spiel. Sehr schnell kam es zu dem, was man ein gutes Ende nennt mit Umarmung und rührseligen Tränen. Der ganze Saal weinte, die Propagonisten lagen sich in den Armen nur ich war nicht ergriffen. Die Therapeutin merkte das und meinte:“Die glaubt uns das nicht“ Und sie hatte Recht. Wer 30 Jahre nicht Kind sein durfte, nicht das Gefühl hatte, von seinen Eltern gehegt und gepflegt, beschützt und geliebt zu werden, der ist nicht mehr ganz so leicht zu überzeugen.
Also wurde noch mal umgestellt: ich selbst kam wieder „ins Spiel“. Die Eltern in meinem Rücken, auf Kissen und mit einer Wolljacke zugedeckt, durfte ich die elterlichen Streicheleinheiten genießen. Die Therapeutin setzte sich zu uns und redete mir gut zu – wie einem kleinen Kind und so fühlte mich mich auch. Mir wurde gesagt, ich hätte sogar so ausgesehen wie eine Dreijährige. Ich weinte auch dann, fühlte mich auf der anderen Seite doch ziemlich geborgen. Die Therapeutin sagte dann auch, daß sie „Hunger“ fühlte – einen Hunger, der aber nicht von ihr selbst kommen würde. Ja, ich war hungrig und es war in gewisser Weise der Hunger nach Leben. Es war die Erlaubnis an mich selbst etwas zu verlangen und mir auch Raum zu geben. Zu leben und nicht mehr nur zu überleben. Konkret hat das für mich unter anderem zur Folge, daß ich seit der Aufstellung 3 Kilo zugenommen habe, die mir sehr gut bekommen! So ganz konnte ich mich aber erst in den Armen meiner „Eltern“ entspannen, als die Therapeutin mir vorschlug, ich solle mir vorstellen, ich würde in den Armen meines Mannes liegen, nachdem ihr durch Nachfragen klar war, daß diese Beziehung wunderschön und voller Vertrauen ist. So durfte ich solange liegen bleiben, bis ich „vollgesaugt“ war von der Situation. Typischerweise hätte mich mir nicht so viel Zeit gegönnt.

Zum Schluß dieses Berichtes, will der liebe Leser sicher wissen, ob ich nun meine Eltern ohne Kopfschmerzen besuchen kann. Nun, die ersten Male hatte ich noch Kopfschmerzen, doch wie waren weit nicht so schlimm und hielten auch nicht so lange an. Mittlerweile war ich aber auch schon mehrere Male bei meinen Eltern, ohne Kopfschmerzen zu bekommen. Nun, das war mein konkretes Anliegen, doch was dahinter steht ist es der Wunsch nach einer Beziehung zu den Eltern, die jedem der Beteiligten guttut. Ich denke, ich bin auf dem richtigen Weg und die Familienaufstellung hat mir dabei geholfen.

Liebe Aufsteller und Therapeuten, liebe Hellinger Befürworter und Gegner. Wenn ich einen oder mehrere wichtige Punkte vergessen, falsch verstanden oder falsch rübergebracht habe, so könnt ihr das gerne berichtigen. Ich möchte euch aber bitten, meinen subjektiven Bericht nicht Satz für Satz oder gar Wort für Wort auseinander zu reißen und zu hinterfragen. Es ist meine subjektive Sichtweise mit meinen subjektiven, unvollständigen Erinnerungen.

Liebe Grüße,
Raven

P.S. Copyright by Raven
 
hallo raven!

ganz herzlichen dank für diese berührende schilderung!

es ist so wohltuend, einmal etwas zu lesen, das aus der eigenen erfahrung stammt und wo man das gefühl hat, da kommen "leib und seel' z'samm" ...

alles liebe, jake
 
Hallo Christoph :)


Scheint Zeit zu werden, daß ich mich vorstelle *g*

Ich bin eine Frau, 31 Jahre alt, wohnhaft in Luxemburg, mit einem Wiener verheiratet, von Beruf Sozialpädagogin :)

ich finde nach Überfliegen: das hast du fein gemacht *schulterklopf*

Danke schön, das freut mich :)

Ja, das mit dem Copyright ist mir wichtig, es ist also nicht als Scherz gemeint. Ich möchte nicht auf HP's stehen und ungewollt Werbung machen für Menschen, die vielleicht gar keine gute Arbeit leisten.

Liebe Grüße,
Raven
 
Hallo Raven,

Ja, das mit dem Copyright ist mir wichtig, es ist also nicht als Scherz gemeint. Ich möchte nicht auf HP's stehen und ungewollt Werbung machen für Menschen, die vielleicht gar keine gute Arbeit leisten.
Ja das kann gerade ich sehr gut verstehen! Gerade weil ich damit ja nicht gemeint sein kann :tuscheln: .

Ich hab in der letzten Zeit einige verdammt schlechte Kollegen kennen gelernt. Da würde ich auch nicht gern auf der HP stehen bei denen. Was aber nützt ein Bericht von einem anderen Aufsteller überhaupt? Das ist dann ja Werbung für einen Mitbewerber, oder? Du bringst mich aber auf die Idee, tatsächlich mal zu prüfen, ob es sich lohnt, echte "Testimonials" auf die Seite zu nehmen....

Es ist immerhin Platz der verloren geht, wenn es ungut wirkt.

Viele Grüße
Christoph
 
Hallo Tarot :)

Danke dir für dein Lob! Ich freue mich, daß du auch deine Erfahrung darin wiederfinden kannst! Ich wollte einen Text schreiben, der auf der einen Seite informativ und auch der anderen Seite aber auch persönlich ist. Scheint geklappt zu haben :zauberer1

Liebe Grüße,
Raven
 
Werbung:
Hi Raven!

:danke: :danke: :danke:

Das war sehr aufschlußreich! Ich versteh nur eins nicht: woher spüren die Aufgestellten das? Wie können sie sich in jemanden hinein versetzen, den sie gar nicht kennen?

Was ist das, was da stattfindet?? "Übermittelt" der Aufstellende die nötigen Informationen? Was zum Teufel ist ein "morphologisches Feld"?

Ich hab jetzt hier schon öfter gelesen, daß eine Aufstellung auch daneben gehen kann.. ich hab mich schon gefragt, ob ich nicht mal eine machen sollte als so eine Art "Erinnerungsauffrischung" der ersten 10 Lebensjahre.
Andererseits gibt´s da mit Sicherheit Sachen, die ich besser nicht weiß, und wen man dann das Pech hat, daß man das nach der Aufstellung nicht mehr los wird oder eben bestimmte Dinge nicht verkraften kann, dann steht man schön dumm da mit seinem neuen "Wissen".

Ich bin unschlüssig.. :schaukel:
 
Zurück
Oben