ja, vielleicht liegt es im Menschen drin, dass wir uns gerne in irgendwelche Weltbilder hineinsteigern. Dennoch fühle ich mich hier relativ sicher, weil ich nicht glaube, dass kapitalistische "Fanatiker" Andersdenkende verfolgen und töten.
Jaein
denn der Kapitalismus verlangt durchaus viele Opfer. Letztlich führt unser System zu einer Art modernen Sklaverei. Früher bekamen Sklaven zwar keinen Lohn, aber ein Dach über den Kopf und Nahrung. Heute bekommen Niedriglohnarbeiter Geld
aber so wenig, dass es auch nicht für viel mehr reicht. Teilweise gibt es sogar tatsächliche Sklaverei, aber eher im Ausland.
Und: Es gibt durchaus jede Menge Tote. Denn die Kriege sind allesamt v.a. ökonomisch begründet. Unser ökonomisches System (reiner Kapitalismus ist das übrigens gar nicht) bricht ohne Energie und Rohstoffe und die aggressive Erschließung neuer Märkte zusammen. Auch die Währungskriege und die fast schon fanatische Verteidigung der Währungen Euro und Dollar vor dem Zusammenbruch wird auf dem Rücken derer ausgetragen die zu wenig haben. Und gegen alle die den Währungen in die Quere kommen könnten.
Insgesamt
etwas überspitzt formuliert, kann man durchaus sagen: Das ökonomische System (eine ziemlich pervertierte Mischung aus Kapitalismus und Planwirtschaft) und die damit verbundenen Währungen sind unser Gott. Und dem sollte lieber nichts und niemand in die Quere kommen. Denn der interessante Punkt dabei ist: Inwiefern ist all das nötig? Der ganze Konsum und das was wir unter Wohlstand verstehen? Normal ist, dass man nach Sicherheit sucht und dann natürlich auch materiell. Normal ist auch, dass man es gerne angenehm hat
ein gewisser Luxus gehört dazu.
Aber wir sind doch schon lange auf einem Weg der all das komplett überdreht hat. Wir essen "Dinge" für die es eigentlich Beipackzettel braucht. Wir kaufen Unterhaltungstechnik und sind bereit nicht nur mit Geld zu zahlen, sondern auch mit unserer Privatsphäre. Wir verbrauchen soviel Energie, dass wir dafür in Kauf nehmen, die Umwelt nicht nur zu schädigen sondern in weiten Teilen auf Jahrtausende zu zerstören
Regenwälder, AKWs, Ölkatastrophen, Fracking, Biosprit (Nahrung in Tank füllen) usw. Wir müssen die Augen schon fest zukneifen um nicht erhebliche Gewissensprobleme zu bekommen
denn wir sind nicht bereit zu teilen sondern schauen zu, wenn massenhaft Flüchtlinge an europäischen Küsten ertrinken weil wir uns massiv eingemauert haben.
Ich will damit sagen: Wir hinterfragen unsere Art zu leben in der Regel nicht - zumindest die meisten von uns. Vielmehr rechtfertigen wir sie. Und damit rechtfertigen wir auch hunderttausende tote Zivilisten, wir rechtfertigen Folter, wir rechtfertigen Überwachung, usw. Das ist alles nicht als Kritik gemeint. Ich bin kein bisschen anders. Aber wenn man sich fragt: Warum das Ganze? Dann ist die Antwort: Weil wir so verdammt überzeugt von unserer Art zu leben sind, dass wir sie gleichzeitig in einer moralische höheren Position sehen und wir z.B. auf islamische Staaten herabblicken, gleichzeitig übersehen welche Opfer all das erfordert. Und das ist im Grunde eine Religion und es ist in der Gesamtdynamik fanatisch.
Andererseits: die Folgen für Natur und Umwelt sind durch den Kapitalismus auch nicht ohne - und ich bin froh, dass immer mehr Menschen umdenken in Richtung "Nachhaltigkeit".
Ja
aber tun sie/wir es wirklich? Vieles davon ist reine Augenwischerei. Ökostrom ist auf den zweiten Blick alles andere als Öko. Biosprit und Biogas erfordern pure Ausbeutung. Bio-Lebensmittel sind sehr oft auch nicht so Bio usw.
Ein wirkliches Umdenken würde eine massive Veränderung unserer Lebensweise erfordern. Ein Abschied von sehr vielem das uns lieb und teuer ist und gleichzeitig mehr Anstrengung. Denn wir müssten unseren Energieverbrauch erheblich einschränken. Wir müssten viel mehr selbst leisten, anstatt zu kaufen was andere leisten während genau jene mies bezahlt werden usw. Und so konsequent ist kaum jemand.
Fairerweise muss man sagen: Die meisten sind gleichzeitig auch Opfer dieses Systems. Denn die böse Ironie dabei ist ja: Umdenken muss man sich eben auch leisten können. Denn dann wird erst mal alles teurer
