Erinnerungen eines Sadhus

Wieso muss jemand, der angeblich ohnehin in Seligkeit schwebt, auch noch durch Drogen (Betelnüsse sind eine Art Droge) nehmen? Im Buch steht zwar, dass Ramana Maharshi die Betelnüsse angeblich wegen der Verdauung nahm. Aber da habe ich so meine Zweifel, denn der Sadhu der das Buch schrieb, scheint gegenüber Ramana Maharshi jede kritische Distanz vermissen zu lassen. Dies ist jedenfalls mein Eindruck. Vielleicht nahm Ramana Maharshi die Betelnüsse auch aus Gewohnheit. Ich stelle mir auch die Frage, wie lange er die Betelnüsse nahm und welche Rolle dabei seine Erkrankung (Krebs) spielte. Einerseits ignoriert er das "Ich" und meint, alle Dinge seien im Grunde genommen Ausdruck des göttlichen "Selbst", andererseits aber wimmert er nachts vor Schmerzen. Betelnüssen wird ja nachgesagt, dass sie Schmerzen lindern. Mir erscheinen die Vorstellungen der Advaita-Theorie ohnehin etwas absurd. Ich denke, sie sind Ausdruck der Unwissenheit, weil die Menschen der damaligen Zeit keine Möglichkeit hatten, sich die Dinge anders zu erklären, als sie religiös zu interpretieren.
In Indien ist es heute nach wie vor weit verbreitet, eine Mischung aus Tabak und Betelnuss zu kauen und dann zu Boden zu spucken. Angeblich soll das den Atem erfrischen und anregend (z.B. bei der Verdauung) wirken. Der Name dieses Zeugs ist mir momentan entfallen. Manchmal wird der Tabak auch weggelassen. Der Speichel hat danach eine intensive rötlich-braune Färbung. (Ich muss schon sagen, die Inder sind diesbezüglich ziemlich eklig.) Die Sache ist im weitesten Sinne vergleichbar mit dem Zigarettenrauchen (oder allenfalls mit dem Kaugummi-Kauen), welches in Indien weit weniger verbreitet ist als bei uns (womöglich aus finanziellen Gründen). Ramana war mit Sicherheit nicht der einzige, der diesen Brauch teilte.
 
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Übrigens ist der bei uns allgegenwärtige Kaffee- und (v.a. Schwarz-)Tee-Konsum auch ein Drogenkonsum. Das sollte nicht vergessen werden. (Ganz abgesehen von Muskat und Schokolade.)
 
Übrigens ist der bei uns allgegenwärtige Kaffee- und (v.a. Schwarz-)Tee-Konsum auch ein Drogenkonsum. Das sollte nicht vergessen werden. (Ganz abgesehen von Muskat und Schokolade.)

Da gebe ich dir natürlich recht. Wahrscheinlich ist es in Indien ebenso Sitte Betel zu kauen.

Mir geht da außerdem gerade etwas durch den Kopf. Es ist ja bekannt, dass Ramana Maharshi im späteren Alter an Krebs litt und schließlich daran starb. Wie ich gerade im Buch Ramana Maharshi und seine Jünger las, ein Buch, das ich sehr empfehlen kann, war Ramana stets von einem Räucherbecken und von glimmenden Sandelstäben umgeben. Wie ein Besucher des Ashrams beschreibt, soll Ramana geradezu von Wolken umgeben gewesen sein, die von den Räucherstäbchen und von dem Räucherbecken erzeugt wurden. Irgendwann las ich einmal, dass das Einatmen von Aerosolen, also von Gasen, die Schwebeteilchen enthalten, wie dies bei Räucherstäbchen und Räucherbecken der Fall ist, gesundheitsschädlich ist. Ich stelle mir deshalb die Frage, ob das über Jahre praktizierte Einatmen dieser Aerosole nicht vielleicht der Grund für Ramanas Erkrankung gewesen sein könnte?
 
Da gebe ich dir natürlich recht. Wahrscheinlich ist es in Indien ebenso Sitte Betel zu kauen.

Mir geht da außerdem gerade etwas durch den Kopf. Es ist ja bekannt, dass Ramana Maharshi im späteren Alter an Krebs litt und schließlich daran starb. Wie ich gerade im Buch Ramana Maharshi und seine Jünger las, ein Buch, das ich sehr empfehlen kann, war Ramana stets von einem Räucherbecken und von glimmenden Sandelstäben umgeben. Wie ein Besucher des Ashrams beschreibt, soll Ramana geradezu von Wolken umgeben gewesen sein, die von den Räucherstäbchen und von dem Räucherbecken erzeugt wurden. Irgendwann las ich einmal, dass das Einatmen von Aerosolen, also von Gasen, die Schwebeteilchen enthalten, wie dies bei Räucherstäbchen und Räucherbecken der Fall ist, gesundheitsschädlich ist. Ich stelle mir deshalb die Frage, ob das über Jahre praktizierte Einatmen dieser Aerosole nicht vielleicht der Grund für Ramanas Erkrankung gewesen sein könnte?
Hm, ich weiss nicht so recht. Komplett ausschliessen kann man das natürlich nicht, aber viel logischer wären dann ja Erkrankungen der Atemwege und der Lunge gewesen, wie das bei starken Rauchern der Fall ist. Meines Wissens wurde aber der erste Tumor am (linken?) Ellbogen entdeckt. Siehe auch hier.
 
Hm, ich weiss nicht so recht. Komplett ausschliessen kann man das natürlich nicht, aber viel logischer wären dann ja Erkrankungen der Atemwege und der Lunge gewesen, wie das bei starken Rauchern der Fall ist. Meines Wissens wurde aber der erste Tumor am (linken?) Ellbogen entdeckt. Siehe auch hier.

Ich kann natürlich auch nicht sagen, ob die Räucherdämpfe die Ursache für seine Krebserkrankung gewesen sein können. Es war nur so eine vage Vermutung von mir. Vielleicht ist meine Vermutung auch unzutreffend. Mir scheint aber, dass man damals vielleicht etwas zu voreilig operiert hat. Vielleicht hätte er sich von einem zweiten Facharzt untersuchen lassen und in einem Krankenhaus behandeln (operieren) lassen sollen, denn offensichtlich hat man bei der ersten Operation das Karzionom nicht richtig entfernt, so dass es weiterwachsen konnte.
 
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Hier übrigens ein Auszug aus Alan W. Chadwick's Buch "Ramana Maharshi: Erinnerungen eines Sadhus", indem er den Behandlungsverlauf Ramana Maharshis beschreibt:

Am 5. Februar 1949 nahm die Tragödie von Bhagavans letzter Krankheit ihren Anfang. Bhagavan hatte häufig seinen linken Ellbogen gerieben, der ihm irgendwelche Beschwerden verursachte. Sein Helfer untersuchte die Stelle um zu sehen, was ihm Schwierigkeiten machte. Er fand eine kleine, nur erbsengroße Geschwulst und meldete es ordnungsgemäß dem damaligen Ashramarzt. Der Arzt war der Ansicht, es sei nur eine Kleinigkeit und das Geschwür solle unter örtlicher Betäubung entfernt werden. Er beriet sich mit keinem anderen Arzt, obwohl man ihn darauf hingewiesen hatte, dass Bhagavan keine gewöhnliche Person sei und viele Ärzte von Madras bereitwillig zu einer Konsultation kommen würden. Man hatte ihm geraten, abzuwarten und nichts zu tun, ohne ihre Meinung eingeholt zu haben. Er bestand aber darauf, die Operation durchzuführen. Ein anderer Arzt, der gerade im Ashram war, erklärte sich widerstrebend bereit, die örtliche Betäubung vorzunehmen.

Eines Morgens vor dem Frühstück wurde die Operation in aller Stille in Bhagavans Badezimmer durchgeführt. Es wurde ein kleiner Schnitt gemacht – wie man mir sagte, war er zu klein - und das Geschwür wurde nur oberflächlich herausgeschnitten, wie sich später herausstellte. Bhagavan hat die Operation nie gewollt und den Ärzten gesagt, sie sollten der Natur ihren Lauf lassen. Doch sie entschlossen sich es durchzuführen. Das war der Anfang vom Ende. Der Vorhang des letzten Aktes begann sich zu senken. Das Geschwür stellte sich als Sarkom (bösartiger Tumor) heraus. Einen Monat später wurde eine weitere Operation von einem führenden Madraser Chirurgen in der Ashramapotheke durchgeführt, diesmal unter Vollnarkose. Wenn auch vorübergehend eine Besserung eintrat, wuchs das Geschwür doch nach und wurde größer. Man versuchte es mit Radium, konnte seine Wirkung aber nicht kontrollieren.

Im Juli blutete das Geschwür und war septisch* geworden. Die Ärzte besprachen sich mit Bhagavan und teilten ihm mit, dass die einzige Hoffnung in der Amputation des Armes bestünde, was er aber rundweg ablehnte. Das war das einzige Mal, dass er aktiv bestimmte, was mit ihm während seiner Krankheit geschehen sollte. Seine Einstellung war, sie tun zu lassen was sie wollten, obwohl er ihnen die ganze Zeit sagte, es wäre besser, nicht einzugreifen und der Natur ihren Lauf zu lassen. Doch keiner schenkte ihm Beachtung.

*Die Sepsis (griechisch für Fäulnis), umgangssprachlich auch Blutvergiftung, ist eine außer Kontrolle geratene Infektion.

Es wurden insgesamt vier Operationen durchgeführt, die kleine schicksalhafte zu Beginn eingeschlossen. Bhagavan wurde immer schwächer. Ein paar Tage versuchte ein Homöopath seine Kunst. Er bestand darauf, dass Bhagavan eine strikte Diät einhalten müsse. Sie bekam ihm aber überhaupt nicht und verursachte nur Komplikationen und unaussprechliches Leiden. Ein Mann aus der Gegend versuchte es dann mit einer Kräuterbehandlung und legte ihm ätzende Breiumschläge auf, die eine Blutvergiftung verursachten. Ein anderer Mann kam mit dem Flugzeug aus Kalkutta angereist und versuchte eine Siddha-Behandlung (Ayurveda-Behandlung), aber sie verschlimmerte den Zustand Bhagavans so sehr, dass er sich weigerte, die Medizin weiter einzunehmen, da er wegen ihr nicht mehr urinieren konnte. Im März hatte man alle Hoffnung aufgegeben.

Die Allopathen (Schulmediziner) betrieben viel Aufwand mit ihren Behandlungsmethoden. Sie kamen mit einem Lastwagen voller Geräte und Materialien und installierten für eine diathermische Behandlung einen eigenen Schaltkreis zum Hauptstromnetz. Bei der letzten Operation assistierten nicht weniger als zehn Ärzte. Bhagavan fiel dabei fast in Ohnmacht und musste mit einer Bluttransfusion wieder zu Kräften gebracht werden.

Am Abend vor dieser letzten Operation ging ich zu Bhagavan und bat ihn auf Knien, sich ihr nicht zu unterziehen. Es war völlig klar, dass sie nichts Gutes bewirken konnte. Jedes Mal war der Tumor danach größer geworden und hatte sich inzwischen bis zur Achselhöhle ausgebreitet. Ich flehte ihn an, uns dieses unsinnige zusätzliche Leiden zu ersparen, aber er wollte es nicht. Er meinte, die Ärzte hätten sich so viel Mühe gegeben, dass es ein Jammer wäre, sie jetzt zu enttäuschen.

Erst als die allmächtigen Ärzte endgültig versagt und alle Hoffnung aufgegeben hatten, durften andere Behandlungsmethoden versucht werden. Natürlich war es dann dafür zu spät. Die Ärzte hielten die anderen Behandlungsmethoden für wirkungslos und behielten damit natürlich Recht, da sie diese bis zuletzt nicht zugelassen hatten. Aber Bhagavans Haltung war immer gewesen, jedem eine Chance zu geben. Keiner sollte enttäuscht werden.

Die etwa einjährige Dauer der schrecklichen Krankheit war für jeden eine Vorwarnung, dass das Ende unausweichlich war und nicht mehr lange auf sich warten ließe. So bewahrte uns Bhagavan in seinem Erbarmen vor einem plötzlichen Schock. Keiner konnte sagen, es sei überraschend gekommen. Bhagavan wies seine Schüler wiederholt darauf hin, dass es absolut keinen Unterschied machte, wenn er körperlich nicht mehr da sein würde. „Wohin kann ich gehen? Ich werde immer hier sein.“

Im April 1950 starb Ramana Maharshi.

Quelle: Alan W. Chadwick - Ramana Maharshi: Erinnerungen eines Sadhus
 
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