Erfahrungen mit Sterbebegleitung - Berichte von Euch erbeten

Hallo, Ihr Lieben,

ich habe eine Bitte an Euch. Ich mache eine Umschulung zur Sozial- und Pflegeberaterin und muß für meinen Abschluß eine wissenschaftliche Arbeit schreiben. Das Thema darf man sich selber aussuchen und ich wählte das Thema "Sterbebegleitung".

Nun dachte ich, ob mir hier im Forum einige von Euch, die mit diesem Thema Erfahrungen haben, mir eben diese erzählen können und wenn es Euch dann recht ist, ich diese Berichte für meine Arbeit dann verwenden darf?

Also, wer damit einverstanden ist, darf hier gerne seine Erfahrungen mitteilen und ich freue mich und bin gespannt auf Eure Erzählungen.:umarmen::)

lg Siriuskind

PS: Es kann Berichte über Verwandte, Freunde oder auch ( wenn es so sein sollte, was ich sehr bedauern würde ) Euch selbst betreffend sein. Wie Euch oder dem Erkrankten geholfen wurde, wie der Erkrankte/Sterbende damit umging usw.

:danke::danke:


Habe die letzten Tage "nebenher" Sterbebegleitung gemacht.
Es gibt dann eben doch zwei Seiten. Der Sterbende und der Begleitende.(*zerknirsch* jetzt weiss ich, warum es mir heute schlecht geht. Ich bin schon so lang dabei, dass ich dachte, ich steh drüber....:tomate:)

Also:

es geht von " ach ja, ich habe ja diese Krankheit", Schwester! Was gibts zu Essen?!!

Zu---himmelhergott......Wut gegen jeden, Ablehnung...

Wo findet die Sterbebegleitung statt, wer macht sie usw.. Selbst wenn man den Sterbenden nur ein paar Wochen kennt, ist eine energetische Beziehung...


Viele halten sich am Leben, wenn die angehörigen da sind. Kaum sind sie weg, sterben sie....kommt echt drauf an. Sehr großes Thema, sehr interressant. Es geht um Trennung, loslassen, neben den wissenschaftlichen Aufzeichnungen von Kübler Ross.

Sehr umfangreich.

Ich wünsche dir viel Glück für deine Arbeit.

Ic würde mich an ein Hospiz wenden.

LG
Lumen
 
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Habe die letzten Tage "nebenher" Sterbebegleitung gemacht.
Es gibt dann eben doch zwei Seiten. Der Sterbende und der Begleitende.(*zerknirsch* jetzt weiss ich, warum es mir heute schlecht geht. Ich bin schon so lang dabei, dass ich dachte, ich steh drüber....:tomate:)

Also:

es geht von " ach ja, ich habe ja diese Krankheit", Schwester! Was gibts zu Essen?!!

Zu---himmelhergott......Wut gegen jeden, Ablehnung...

Wo findet die Sterbebegleitung statt, wer macht sie usw.. Selbst wenn man den Sterbenden nur ein paar Wochen kennt, ist eine energetische Beziehung...


Viele halten sich am Leben, wenn die angehörigen da sind. Kaum sind sie weg, sterben sie....kommt echt drauf an. Sehr großes Thema, sehr interressant. Es geht um Trennung, loslassen, neben den wissenschaftlichen Aufzeichnungen von Kübler Ross.

Sehr umfangreich.

Ich wünsche dir viel Glück für deine Arbeit.

Ic würde mich an ein Hospiz wenden.

LG
Lumen



Ja, auch wenn man schon länger mit Sterbenden arbeitet, nimmt es einen mit. Wäre eigentlich auch schlimm, wenn nicht, dann wäre man ja ein Roboter.

In ein Hospiz gehen, wenn ich mit der Umschulung fertig bin oder wie meinst Du das? Das nächste Hospiz ist mir zu weit weg, fast 60 km pro Strecke. Wahrscheinlich werde ich im nächsten Krankenhaus den Sozialdienst machen beim DRK nach dem Ende meiner Umschulung, wenn mir bis zum Schluß nicht noch was besseres begegnet.

Danke für Deine Wünsche.:):danke:

lg Siriuskind
 
Nein, in ein Hospiz gehen oder auch anrufen wegen Informationen, Erfahrungen, Hinweise auf Literatur und Schulungen und so..

Alles Liebe
Lumen
 
ich bin unter anderem Sterbebegleiterin - neben meinem Beruf! Als ich damals anfing, diese Richtung einzuschlagen, bin ich als erster "Sterbefall" an einen kleinen 10-jährigen Jungen geraten - er lag im Bett und ich konnte nur den Kopf sehen - meine Güte, er sah aus wie mein kleiner Sohn - nur etwas älter halt ... und mir liefen die Tränen - unglücklicherweise stand neben mir eine "erfahrene" Sterbebegleiterin und meinte, wenn mich so etwas berühre, dann wäre ich ungeeignet ... also ging ich in den Keller um zu weinen .... Die Geschichte des Jungen fing schon denkbar schlecht an - er ist das Kind einer Heroinsüchtigen gewesen .... der Vater hatte sich von ihr trennen müssen... die Sucht brachte die Mutter so weit, das Kind verwahrlosen zu lassen - bis sie sich den goldenen Schuss setzte.... dann kam der Junge zu seinem Vater ... er war etwas zurück geblieben - aber durch die Liebe und Pflege seines Vaters holte er schnell auf .... bald schon sollte es in die Schule gehen - er hatte sogar schon einen Schulranzen .... und wurde eingeladen zu einem Kindergeburtstag - dort fing es dann an , er konnte nicht mehr aufrecht stehen, sondern sackte immer wieder zu Boden .diese Schwächeeinbrüche kamen immer häufiger.
Der Arzt schickte ihn zu einem Fachmann und der diagnostizierte im eine schwere unheilbare Stoffwechselkrankheit (Adrenoleukodystrophie) - er machte dem Vater klar, daß sein Sohn sehr bald daran sterben werde ... so entschloss er sich, mit ihm im Wohnwagen noch durch Deutschland zu fahren, damit er noch einiges sieht und er mit ihm zeit verbringen kann ... der Junge wußte bereits, daß er an dieser Krankheit sterben würde .... und zu Hause dann - schon erblindet - hat er durch Witzchen immer wieder versucht, seinen Vater und seine Verwandten zu trösten und aufzuheitern...bis er dann schließlich nicht mehr stehen, gehen und schlucken konnte .... er kam dann ins Krankenhaus, wo er eine Magensonde bekam .... er reagierte noch auf 2 Dinge aktiv - auf die Musik von König der Löwen und auf das Märchen Die Rattenfänger von Hameln - welches ich ihm auch vorgelesen habe ....und oft war er auch schon weit weit weg .... es war bewunderswert, wie der kleine Kerl alles so tapfer ertragen hat - er brachte mich immer wieder zum sehr tiefen Nachdenken - und ich lief sehr oft in den Keller .... aber niemals vor ihm - ich war da, so wie er es brauchte ..... das Ende war dann auch bald nah - er ist dann aus unserem Leben gegangen .... und wenn wir uns an ihn erinnern, dann sehen wir ihn als Stern - genau so wirkte er in seinem Bett und wenn er mal die Augen öffnete .... ach ja, irgendwann brachte ich damals den Mut auf zu fragen, warum wir denn keine Gefühle haben dürften - und ihr könnt es Euch denken, nicht ich habe falsch gelegen .... es wäre nur gut gewesen, sich mit einer oder mehreren Kollegen auszutauschen, denn ich war nicht die Einzige, die emotional eingebunden war ....aber dort habe ich für mein weiteres Leben gelernt - Gefühle haben zu dürfen , sie zu zu lassen, auf meinen Bauch zu hören, und wenn ich mich mal soooo "arm" fühle, dann denke ich an den kleinen Stern - und ich sehe ihn jetzt lachend !
Kommen mal mehr Geschichten - gibt so viele - aber ich bin gerade wieder bei ihm und gebe mich meinen Erinnerungen hin ....jeder Sterbende hinterlässt uns ein Vermächtnis .... es gibt immer was zu lernen und was zu fühlen und ich empfinde eine tiefe Dankbarkeit, wo ich gebeten werde, ihnen bei zu stehen - weil es der intimste Moment eines Menschen ist ....
 
Neuer Tag - neue Geschichte: ..... Für die Sache

Eine schwer kranke Frau kam eigentlich nur noch zum Sterben zu uns ....sie war so etwa 50 Jahre alt - und ihr Bauch war voller Geschwüre .... sie war überaus ängstlich und schien wie gelähmt .... sie wußte um ihren Zustand, und es war für sie eine schlimme Angelegenheit, wenn wir sie gepflegt und ihre Wunden behandelt haben - trotz der starken Medikamente sie sie bekommen hat, hatte sie unsagbare Schmerzen - und sie hatte auch Angst, daß ihr Bauch aufplatzen könne .... dieses ist dann tatsächlich auch eingetreten, und sie wurde mit einer starken Geruchsbelästigung konfrontiert, die sie sich vor sich nun auch noch ekeln ließ - hier konnten wir nicht mehr mit Chlorophyll arbeiten , welches den Geruch hätte nehmen können .... sie erzählte mir, daß sie so traurig ist, sie liebe ihre Tochter und war/ist nicht in der Lage ihr edas zu zeigen oder zu sagen.... die Tochter kam täglich, und schweigend verbrachten sie die Zeit -es mußte etwas geschehen - doch was - und dann kam sie, die Idee ... ich bin zur Tochter gegangen, als sie rauchenderweise im Garten stand und habe ein Gespräch angefangen und "zufällig" konnte ich dann einfügen, daß ihre Mutter mich beauftragt hätte, ihr zu sagen, wie lieb sie sie habe und sie einfach nicht weiß, wie sie es ihr sagen soll .... die Zigarette fiel auf den Fußboden (ich habe sie ausgetreten... ) Tränen liefen ihr über das Gesicht und sie stürzte wieder nach oben zu ihrer Mutter .... es dauerte dann noch 2 Tage, die beide intensiv nutzten - meistens haben sie sich berührt - und dann ist sie friedlich gegangen - sie hat es uns sehen lassen, wie gut sie gegangen ist, ihre Gesichtszüge sehr sehr entspannt - sie lächelte und sah sehr zufrieden aus ... Eine Lehre für mich ? Ja, versuchen, dem anderen seine Gefühle mitzuteilen .... und den Menschen öfters mal Zuneigung zu geben - "Liebe" rüberwachsen zu lassen ....
Ach ja, nach dem Gespräch zwischen Mutter und Tochter brauchten wir keine Schmerzmittel mehr ....
 
Danke, liebe Dragonheart,

Deine Berichte haben mich sehr berührt.

Das stimmt, dass viele Sterbende einen noch lange in Gedanken begleiten und man viel von ihnen lernen kann für sich selber. Das war auch für mich immer der Grund gewesen, warum ich so gerne in der Onkologie gearbeitet habe. Viele Leute konnten das nicht vestehen und haben mich immer bedauert.

Ich sehe das auch so, dass man Gefühle zulassen darf und soll. Wenn man unberührt und kalt bei einem Sterbenden ist, wird dieser sich einem nie öffnen und er wird einen nicht am Sterbeprozeß teilhaben lassen ( kann natürlich sein, dass derjenige das nicht will, weil er selber zu große Angst davor hat und seine Arbeit nur als Pflichtveranstaltung sieht ).

Ich denke mir, dass Dich Deine Arbeit auch sehr erfüllt? Ich wünsche Dir weiter alles Gute dabei und viel Kraft. Du kannst gerne noch weiter Deine Erfahrungen erzählen.

lg Siriuskind
 
Wow, mich haben die gesamten Beiträge und Erfahrungen auch zutiefst berührt , danke euch für den Mut und die Liebe und das weitergeben dieser wunderbaren Erfahrungen.:)

Ich habe ja auch schon einige begleiten dürfen und in dem Moment fällt mir eine sehr besondere Frau ein.

Sie hätte nicht in ein Pflegeheim müssen, geistig aktiv, nur körperlich eben immer wieder unerklärliche Schwindelanfälle. Sie hatte ein schweres Schicksal und dennoch auch das sah man ihr nie an, ihre Familie liebte sie, besonders ihr Sohn, denn keiner wollte , das sie in ein Pflegeheim ging, sie hätte bei ihrer Familie bleiben können, doch sie entschied sich fürs Heim, denn sie wollte den Lebensraum ihrer Kinder nicht stören. Sie hatte ihren und ihre Kinder ihren , so sah sie das- für mich bemerkenswert. Wir fanden nicht mehr heraus was die Schwindelanfälle verursachten , da sie noch nicht lange bei uns verweilte, sie strickte für alle, und sah für sich die Zeit gekommen, ganz einfach - ohne Angst mit viel Liebe. Ich habe auch einen Schal von ihr erhalten...Sie hat mich zutiefst mit ihrer Art berührt und dort wo ich eigentlich ich für sie da sein sollte, wollte sie einfach alles von mir erfahren. Es war eine sehr intensive kurze Beziehung , die da entstanden ist. Eines Morgens kam ich zum Dienst , und man sagte mir sie hatte einen Schlaganfall, keinen leichten , sondern einen sehr heftigen. Tatsache ich war sehr betrübt und das als Sterbebegleiterin, ihre hellen Augen die geschlossen waren und nicht mehr sprüten, ihre verkrampfte Haltung , einfach so anders , nicht mehr lebendig. Ja ,mit dem hatte keiner von uns gerechnet. Jeden Tag ging ich zu ihr , das sie binnen einer Woche sterben solte, war auch nicht vorhersehbar.....doch wenn ich vorlas, aus den Büchern oder Zeitschriften die sie mochte, oder einfach so erzählte , was so rundherum oder auch in meinem Leben passierte, ja dann lächelte sie.....die einzige Reaktion an die ich mich erinnere....ja und dann der Tag als sie starb , ihr Sohn war da und auch ich , was mich freute, sie streichelte und dennoch mit ihrem Sohn mitweinte, und nein ich schämte mich nicht , denn es ging eine wunderbare , liebevolle Frau, mit einem bezaubernden , friedvollem Lächeln, und es war für mich ein beeindruckendes Erlebnis, diese Liebe zu spüren, Ich bin noch heute sehr dankbar dafür !

LG:)
 
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Danke Dir, Asaliah, für Deinen Bericht.

Es ist wirklich schön, jemanden so friedlich sterben zu sehen und ich denke, das trägt auch dazu bei, dass wir selber dann auch ganz anders auf den Tod zugehen.

lg Siriuskind
 
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