Emotionale Wechselbäder - was haben die für einen Sinn?

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Mich beschäftigt der Wohnungsbrand im Nebenhaus. Harry war in der Jugend mein Mentor, mein künstlerischer Lehrmeister, könnte man sagen. Wir hatten früher viel miteinander zu tun. Die letzten Jahre habe ich ihn nicht mal mehr besucht, weil es mich zu sehr deprimiert und runtergezogen hat wie er lebt. Ich hab beschlossen, es macht keinen Sinn, mir um ihn Sorgen zu machen, weil ich hab genug mit mir selbst zu tun. Ich wollte immer weg, vom Alkohol, er wollte das nicht, hat nie gegen die Sucht gekämpft, sondern sich ihr voll ergeben. Und am Ende haben ihm die Heimhelfer den Wein und die Tabletten raufgebracht. Das es zu Ende geht mit ihm, war abzusehen, hatte nur noch um die 50 Kilo. Doch das er so, bei einem Zimmerbrand ums Leben kommt, das hat mich schon sehr betroffen gemacht.

Mir fallen nur zwei Dinge dazu ein, in meiner Kaltblütigkeit.

Hoffentlich ist er vorher an der Kohlenmonoxidvergiftung gestorben, bevor die Flammen ihn ergriffen haben,
Und Gott sei Dank hat sich das Feuer nicht ausgebreitet.


verd da kannst du ihm nicht mal eine Kerze anzünden zum Abschied


war so meine erste Reaktion auf dein Geschriebenes. Weil, ich tu das immer für alle in meinem Umfeld, die sterben. Aber in diesem Fall wäre es irgendwie makaber - obwohl , seinem Elend ist jetzt ein Ende gesetzt, was auch immer danach oder nicht.

kann es sein, dass du ihn verachtest, so wie du dich verachtet hast, als du noch getrunken hast?

kann es sein, dass du so nicht nur seinen Tod betrauerst, sondern auch den Tod deines Idols, deines Vorbilds? Wertest du (gemäss den Gesellschaftsnormen) sein Talent, sein Können ab, weil er getrunken hat?

(habe jetzt völlig den Geruch von frischem Kaffee in der Nase - ? - also bei mir findet das nicht statt)


Was soll daran kaltblütig sein, wenn du froh bist, dass das Feuer nicht übergegriffen hat? Und was daran, dass du ihm einen Tod vor dem Tod wünschst?
 
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kann es sein, dass du ihn verachtest, so wie du dich verachtet hast, als du noch getrunken hast?

Nein. Keine Verachtung. Meine Emotionen sind mir im Moment nicht ganz klar, aber ich werde versuchen, in Gedanken die positiven Aspekte dieser Begegnung zu finden und das Unglück nicht standesgemäß beWeinen. Ich werde diesmal auch keine Schuldgefühle aufkommen lassen. Das hatte ich schon mal, ein Deja Vu brauch ich da nicht. So ist zumindest mal mein Plan.
 
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