Hi Jackass!
Das hier hatte ich heute nachmittag irgendwann geschrieben aber nicht abgeschickt... mache ich jetzt mal. Ist ziemlich viel geworden
Ich denke, so langsam verstehe ich, was du mit deiner Kritik an optis Haltung gegenüber der Enthaltsamkeit meinst. Sich der Sexualität (nur darum gehts mir jetzt) zu entsagen, ist eine Form der Nicht-Liebe. Man akzeptiert die Sexualität nicht, denkt, sie sei negativ (oder was auch immer) und lehnt sie ab. Das geht aber eigentlich total gegen die Prinzipien der Selbstliebe, Selbstakzeptanz und Ehrlichkeit, die meiner Meinung nach unerlässlich für das Ziel sind.
Ja. Das, aber auch das Problem, dass etwas dem man große Bedeutung beimißt innerhalb des Bewusstseins eine eigenständige Kraft entwickelt. Wenn Du mal alles manifeste "wegrechnest", Dir vorstellst, Du seist einfach nur Bewusstsein. Dann bleibt da, dass Du einen Gedankenstrom wahrnimmst, eine fortlaufende Kette. Die Gedanken reagieren aufeinander, es gibt dabei nicht unbedingt ein steuerndes Zentrum. Zwar gibt es einen "Ich-Gedanken", doch selbst der ist nicht konstant da, sondern ein Gedanke innerhalb des Gedanken-Stroms. Der "Beobachter" nimmt diese Gedanken wahr und durch den Gesamtprozess wird die Persönlichkeit mit einem "Ich" erzeugt. Es gibt aber tatsächlich nicht wirklich ein Zentrum, keinen steuernden Kern. Man ist in gewisser Weise jeder Gedanke, bzw. das Gesamtprinzip... der ganze "Fluss". Nun gibt es Gedanken, die sehr viel Bedeutung und Überzeugungskraft mitführen, andere die das nicht so sehr tun. Je überzeugender und bedeutender ein Gedanke ist, desto mehr löst er in Dir aus. Das geht so weit, dass Du gar nicht mehr den Gedanken siehst, sondern Bilder. Du nimmst die "Aussage" des Gedankens wahr. Ein bisschen wie wenn Du einen tollen Roman liest. Du nimmst dann nicht mehr die Buchstaben und Worte wahr, Du hast auf deren Basis einen Film vor Augen. Je bedeutsamer und wahrer, desto "realer"... So entsteht, auch wenn es schwer zu glauben ist, die Realität die Du um Dich herum wahrnimmst. Sie ist der Inhalt eines träumenden Bewusstseins. Nun ist es so, dass Opti dem Thema Sex und Enthaltsamkeit eine große Bedeutung und Wahrheit beimißt. Diese Gedanken sind gleichzeitig starke "Auslöser" für andere dieser Thematik. Gedanken haben immer zwei Seiten, zwei Pole. Du findest nirgendwo einen Gedanken der ein "Ich muss" ausdrückt und vielleicht Vorfreude mitbringt, wenn das Ziel erreicht sein sollte, der nicht auch Angst mitführt, ein "Ich darf nicht scheitern". Beide aufzulösen hieße das Thema aufzulösen. Das geschieht indem man sie bedeutungslos werden läßt. Nur einen von beiden auflösen geht nicht, da sie sich bedingen. Man kann daher sagen, dass etwas das gedanklich eine so große Bedeutung hat, da dem Thema eine ursächliche Kraft beigemessen wird, über das eigene Glück oder Leid zu entscheiden, entsteht aus dem Gesamtkomplex (Sex/Enthaltsamkeit), der aus allen Gedanken zu dem Thema besteht, eine Art eigenständige Kraft, die aber nicht im Gleichgewicht ist. Mal das eine, dann wieder das andere... Es ist mit einem Pendel vergleichbar, das sehr stark schwingt. Gedanke an den Erfolg und Freude, Gedanke an die Möglichkeit des Scheiterns und Angst... Ein Gedanke an eine schöne Frau und Frustration, plus ein "Ich darf doch nicht" usw. Das schaukelt sich hoch und pendelt zwischen Extremen. Das ist bei allen Themen so. Denk z.B. an Menschen die abnehmen wollen und Diät halten. Sehr oft kommen die in diese Pendelbewegung, Jojo-Effekt. Jeden Gedanken zu dem Thema anzunehmen, bedeutet Plus und Minus miteinander auszugleichen. Praktisch heißt das, Bedeutung und Wahrheit von beiden Extremen nehmen, worauf die Reaktionen nicht mehr so unkontrolliert sind. Das Pendel beruhigt sich dann. Je weiter einzelne Gedanken die starke Auslöser für andere sind gegeneinander aufgelöst werden, desto leichter wird es dann den Gesamtkomplex verschwinden zu lassen. Bei Erleuchtung geschieht genau das. Denn das Auflösen ist praktizierte Liebe, ist Annahme, während jede Überzeugung, die immer ein "wahr, unwahr"..."richtig, falsch" Charakter hat, Teilung bedeutet, und Erleuchtung ist sozusagen eine extreme Überdosis dieser Kraft. Daher hat danach auch nichts mehr eine "Ich muss", oder "Ich brauche .... um glücklich zu sein." - Bedeutung. Du wirst sowieso feststellen können, dass diese Überzeugungen man müsse dieses oder jenes sein, haben, oder können, um wertvoll und glücklich sein zu können, abnehmen je bewusster ein Mensch wird, wodurch die betreffenden Themen natürlich an Bedeutung verlieren und teilweise ganz verschwinden. Je nachdem wie lange und ernsthaft Du Dich mit diesem Thema schon beschäftigst, kannst Du das bei Dir selbst sicher auch beobachten. So entsteht auch wahres Selbstbewusstsein. Auf jeden Fall wird man genau dann fähig ein Thema "verschwinden zu lassen", wenn man ihm keine Bedeutung mehr beimißt, die es objektiv sowieso nie hatte. Da die einzige Ursache für alles das Bewusstsein selbst ist, die grundlegende Kraft. Die Ursache-Wirkung-Verbindung sind subjektiv und auf der Basis eingefahrener Reaktionen durch starke Überzeugungskraft. Das bedeutet also: Solange ich davon überzeugt bin, dieses oder jenes unbedingt zu müssen um glücklich sein zu können, und daraus eine Ursache mache, gebe ich dem Gesamtkomplex Kraft, und zu allererst immer dem "Ist-Zustand" der ja offensichtlich ein "Mangel-Zustand" ist. Das führt direkt in die Stagnation. Wird große Kraft aufgewendet um diese zu durchbrechen, kommt es zu der starken Pendelbewegung, da die Gegenkraft einen konstanten Gegendruck erzeugt, die durchbricht, wenn man auch nur ein bisschen nachläßt, was immer geschieht und dann geht es genau in die andere Richtung, die "falsche"... Das ist ein verdammt frustrierendes Spiel und dazu auch noch unnötig. Jemand für den Sex vielleicht etwas Schönes, aber letztlich nicht wirklich Wichtiges darstellt, hätte es leichter enthaltsam zu werden, als jemand der dem so eine große Bedeutung gibt. Wird er natürlich nicht, da es ja tatsächlich bedeutungslos ist. Die Folge ist, dass man dieses Thema sozusagen sich selbst "regeln" läßt. Das sind dann sehr gleichmäßige Pendelbewegungen. Im Grunde kann man sagen, dass man etwas dann wirklich bewältigen kann, wenn man versteht dass es nicht die Bedeutung haben muss, die man dem Thema beimißt. Nichts hat eine objektive Bedeutung, und das ist etwas das man wirklich verstehen muss.
Dennoch, opti sagt, nach einiger Zeit verschwindet der Sexualtrieb. Und wenn der Trieb einen nicht mehr "behindert", d.h. man auf ihn nicht mehr achten und sein Bewusstsein darauf legen muss, ist das schon mal hilfreich, denke ich.
Das kann man aber einfacher haben, indem man sagt "Es ist was es ist und daran ist nichts falsch, es begrenzt oder behindert mich nicht." Das führt dann sogar dazu, und Opti wird das als paradox empfinden, dass dieser "Trieb" sich abschwächt.
Aber du hast recht, es müsste auch ohne Zölibat gehen, wenn man dazu bereit ist und es nicht als Ursache hinstellt.
Das ist auch so. Es ist Fakt das es ohne das alles geht.
VG,
C.