M
magdalena
Guest
...und vielleicht hilft mir der versuch sie aufzuschreiben.
es ist vierzig jahre und noch mehr als vierzig jahre her.
ich war sehr jung, ich war sehr unerfahren.
ich wollte keine kinder haben.
ich habe mich nicht reif gefühlt für eine solche verantwortung.
ich hatte erfahren wie es ist, kind unreifer eltern zu sein.
das gleiche wollte ich weder mir antun, noch einem kind.
ich wollte mein studium beenden, eigenverantwortlich werden, reifen.
alles hat daran gearbeitet diesen weisen entschluss zu durchbrechen.
mein freund - mein 'retter' - aus allzu beengendem elternhaus wollte mich bestimmen die pille abzusetzen.
er hätte - sagte er - angst um meine gesundheit.
die erfahrungen mit der pille waren damals noch jung.
ich bin zu meinem gynäkologen gegangen.
es war nicht der gynäkologe zu dem meine mutter mich geschleppt hatte als ich siebzehn war, um sich sicherheit über meine jungfräulichkeit zu verschaffen.
nein, zu diesem arzt, der sich bereit gefunden hatte ihrem ansinnen gerecht zu werden, mich in ihrem beisein mit gespreizten beinen am gynäkologischen stuhl zu untersuchen um meine jungfräulichkeit zu bestätigen - nein - an diesen arzt konnte ich mich nicht mehr wenden.
ich bin zu dem arzt gegangen, der die erste meiner freundinnen, die schwanger wurden, entbunden hatte.
ich könnte die pille ruhig absetzen, sagte er mir.
ich wäre sowieso unfähig jemals kinder zu bekommen, meine gebärmutter wäre zu unterentwickelt.
ich war am boden zerstört.
würde mein freund mich noch wollen?
eine frau, die keine kinder haben kann?
aber ja.
er hat mich in den arm genommen.
ich will dich so oder so.
ich habe die pille abgesetzt und war nach einem monat schwanger.
da haben wir eben geheiratet.
das war damals so.
ein 'lediges' kind sowieso schwierig vorstellbar, für meine eltern erst recht.
der gynäkologe hat mir zu einer geburt in einem sanatorium geraten - mit ihm als arzt - versteht sich - obwohl ich mir das damals gar nicht leisten konnte.
für eine geburtenklinik, wo ich dann gebäre unter anderen gebärenden wäre ich zu sensibel - meinte er.
aber - es gab damals ein geburtengeld.
'wollen sie das in neue vorhänge investieren', hat er mich gefragt, oder wollen sie in die gesundheit ihres kindes investieren.'
na, nona - ich habe mich für die gesundheit meines kindes entschieden.
die erste zeit der schwangerschaft war mit schwersten schmerzen verbunden.
dann bekam ich auch noch eine nierenbeckenentzündung.
antibiotika mussten eingesetzt werden.
nachdem ich eine penicillinallergie habe - damals jedenfalls - problematisch für das kind.
wie auch immer.
am termin hat sich nichts gerührt.
auch nicht eine woche nach dem termin.
der arzt hat gemeint - ok - wir hätten uns um ein monat geirrt.
ultraschall war gerade in den anfängen.
aber ich hatte zumindest davon gehört.
ich habe auf einer ultraschalluntersuchung bestanden, musste dafür auf die uniklinik gehen.
das kind wäre am termin, wurde mir mitgeteilt. die geburt sollte sofort eingeleitet werden.
mein arzt war really not amused.
die hebamme war ebenfalls really not amused.
der bauch wäre noch viel zu weit oben.
brutalst hat sie mich rasiert.
der arzt hat die fruchtblase geöffnet.
fruchtwasser grün.
'was bedeutet das?' - habe ich gefragt.
'na, bloß, dass sich ihr kind mal erbrochen hat.'
dann hat er sich angeschickt zu gehen.
ich habe gesagt, 'aber ich dachte, dass sie bei mir sind'.
'kindchen', hat er gesagt, 'sie sind eine erstgebärende.
ich kann doch nicht den ganzen tag hier rumsitzen.
ich bin ganz alleine in dem kreissaal gelegen -
die uhr an der wand und meine wehen waren mein einziger anhaltspunkt.
hin und wieder ist die hebamme vorbeigekommen und hat mit einem hörrohr die herztöne des kindes kontrolliert.
dann war auf einmal panik.
die herztöne sind weg.
sie hat meinen arzt angerufen.
nach seiner telefonischen anweisung hat sie mich in seitenlage gedreht.
die herztöne waren wieder da.
und dann - waren sie wieder weg.
heute weiß ich, wann mein kind gestorben war.
die hebamme hat den diensthabenden arzt des sanatoriums geholt.
er ist hereingeweht, in seinem weißen kittel, hat mich noch nicht mal untersucht und nur gesagt - vor mir -
'das ist nicht meine patientin, die geht mich nichts an' -
und ist wieder hinausgeweht.
dann ist mein arzt gekommen.
'ihr kind ist tot' - hat er mir mitgeteilt -
und ist wieder gegangen.
sie haben mich unter drogen gesetzt - so habe ich bis zum abend dahingedämmert -
immer noch bewusst genug die wehenschmerzen zu empfinden -
und denken zu können -
'es ist nicht wahr -
sie haben sich geirrt -
mein kind wird leben.'
am abend war der arzt dann endlich wieder da.
'ich muss ihnen den mutermund aufreißen', hat er gesagt, 'ein totes kommt nicht von alleine auf die welt.'
ich wollte meinen mann haben bei mir.
das wäre nicht möglich, wurde mir gesagt.
aber immerhin - als große gnade - wurde mir ein telefon gebacht.
ich durfte mit ihm sprechen.
dann hat der arzt mit seinen händen meinen muttermund aufgerissen und mein kind herausgeholt.
ich wollte mich aufsetzen um es zu sehen.
'nein', wurde mir gesagt - 'tun sie das nicht'.
irgend jemand - ich weiß nicht wer - hat gesagt - 'es ist so wunderschön'.
aber - es war fakt.
ich hatte ein totes kind geboren.
ein wunderschönes totes kind.
für mich gab es nur noch einen einzigen gedanken.
dann eben das alles noch einmal.
jetzt musste ich ein kind haben.
der arzt hat mich zusammengenähnt und gesagt -
'sind sie froh, sie wollten doch ohnehin kein kind haben.
und im übrigen, sie brauchen es noch nicht mal zu beerdigen, denn es wurde tot geboren.'
später habe ich gesagt -
es wurde wie abfall entsorgt.
dass ich an der kippe stand selbst zu sterben hat mir erst mein mann gesagt.
das war nachdem er mir die rose auf den bauch gelegt hatte als ich aus dem kreissaal kam -
und ich sagte -
'es tut mir leid - ich hab's versaut.'
am nächsten tag kam meine mutter -
ganz in schwarz -
meinen gebrochenen vater im schlepptau -
(es ist bald darauf gestorben - mit 63) -
und hat erklärt -
'du hättest doch wissen müssen, dass dieser arzt ein trotel ist.'
es ist vierzig jahre und noch mehr als vierzig jahre her.
ich war sehr jung, ich war sehr unerfahren.
ich wollte keine kinder haben.
ich habe mich nicht reif gefühlt für eine solche verantwortung.
ich hatte erfahren wie es ist, kind unreifer eltern zu sein.
das gleiche wollte ich weder mir antun, noch einem kind.
ich wollte mein studium beenden, eigenverantwortlich werden, reifen.
alles hat daran gearbeitet diesen weisen entschluss zu durchbrechen.
mein freund - mein 'retter' - aus allzu beengendem elternhaus wollte mich bestimmen die pille abzusetzen.
er hätte - sagte er - angst um meine gesundheit.
die erfahrungen mit der pille waren damals noch jung.
ich bin zu meinem gynäkologen gegangen.
es war nicht der gynäkologe zu dem meine mutter mich geschleppt hatte als ich siebzehn war, um sich sicherheit über meine jungfräulichkeit zu verschaffen.
nein, zu diesem arzt, der sich bereit gefunden hatte ihrem ansinnen gerecht zu werden, mich in ihrem beisein mit gespreizten beinen am gynäkologischen stuhl zu untersuchen um meine jungfräulichkeit zu bestätigen - nein - an diesen arzt konnte ich mich nicht mehr wenden.
ich bin zu dem arzt gegangen, der die erste meiner freundinnen, die schwanger wurden, entbunden hatte.
ich könnte die pille ruhig absetzen, sagte er mir.
ich wäre sowieso unfähig jemals kinder zu bekommen, meine gebärmutter wäre zu unterentwickelt.
ich war am boden zerstört.
würde mein freund mich noch wollen?
eine frau, die keine kinder haben kann?
aber ja.
er hat mich in den arm genommen.
ich will dich so oder so.
ich habe die pille abgesetzt und war nach einem monat schwanger.
da haben wir eben geheiratet.
das war damals so.
ein 'lediges' kind sowieso schwierig vorstellbar, für meine eltern erst recht.
der gynäkologe hat mir zu einer geburt in einem sanatorium geraten - mit ihm als arzt - versteht sich - obwohl ich mir das damals gar nicht leisten konnte.
für eine geburtenklinik, wo ich dann gebäre unter anderen gebärenden wäre ich zu sensibel - meinte er.
aber - es gab damals ein geburtengeld.
'wollen sie das in neue vorhänge investieren', hat er mich gefragt, oder wollen sie in die gesundheit ihres kindes investieren.'
na, nona - ich habe mich für die gesundheit meines kindes entschieden.
die erste zeit der schwangerschaft war mit schwersten schmerzen verbunden.
dann bekam ich auch noch eine nierenbeckenentzündung.
antibiotika mussten eingesetzt werden.
nachdem ich eine penicillinallergie habe - damals jedenfalls - problematisch für das kind.
wie auch immer.
am termin hat sich nichts gerührt.
auch nicht eine woche nach dem termin.
der arzt hat gemeint - ok - wir hätten uns um ein monat geirrt.
ultraschall war gerade in den anfängen.
aber ich hatte zumindest davon gehört.
ich habe auf einer ultraschalluntersuchung bestanden, musste dafür auf die uniklinik gehen.
das kind wäre am termin, wurde mir mitgeteilt. die geburt sollte sofort eingeleitet werden.
mein arzt war really not amused.
die hebamme war ebenfalls really not amused.
der bauch wäre noch viel zu weit oben.
brutalst hat sie mich rasiert.
der arzt hat die fruchtblase geöffnet.
fruchtwasser grün.
'was bedeutet das?' - habe ich gefragt.
'na, bloß, dass sich ihr kind mal erbrochen hat.'
dann hat er sich angeschickt zu gehen.
ich habe gesagt, 'aber ich dachte, dass sie bei mir sind'.
'kindchen', hat er gesagt, 'sie sind eine erstgebärende.
ich kann doch nicht den ganzen tag hier rumsitzen.
ich bin ganz alleine in dem kreissaal gelegen -
die uhr an der wand und meine wehen waren mein einziger anhaltspunkt.
hin und wieder ist die hebamme vorbeigekommen und hat mit einem hörrohr die herztöne des kindes kontrolliert.
dann war auf einmal panik.
die herztöne sind weg.
sie hat meinen arzt angerufen.
nach seiner telefonischen anweisung hat sie mich in seitenlage gedreht.
die herztöne waren wieder da.
und dann - waren sie wieder weg.
heute weiß ich, wann mein kind gestorben war.
die hebamme hat den diensthabenden arzt des sanatoriums geholt.
er ist hereingeweht, in seinem weißen kittel, hat mich noch nicht mal untersucht und nur gesagt - vor mir -
'das ist nicht meine patientin, die geht mich nichts an' -
und ist wieder hinausgeweht.
dann ist mein arzt gekommen.
'ihr kind ist tot' - hat er mir mitgeteilt -
und ist wieder gegangen.
sie haben mich unter drogen gesetzt - so habe ich bis zum abend dahingedämmert -
immer noch bewusst genug die wehenschmerzen zu empfinden -
und denken zu können -
'es ist nicht wahr -
sie haben sich geirrt -
mein kind wird leben.'
am abend war der arzt dann endlich wieder da.
'ich muss ihnen den mutermund aufreißen', hat er gesagt, 'ein totes kommt nicht von alleine auf die welt.'
ich wollte meinen mann haben bei mir.
das wäre nicht möglich, wurde mir gesagt.
aber immerhin - als große gnade - wurde mir ein telefon gebacht.
ich durfte mit ihm sprechen.
dann hat der arzt mit seinen händen meinen muttermund aufgerissen und mein kind herausgeholt.
ich wollte mich aufsetzen um es zu sehen.
'nein', wurde mir gesagt - 'tun sie das nicht'.
irgend jemand - ich weiß nicht wer - hat gesagt - 'es ist so wunderschön'.
aber - es war fakt.
ich hatte ein totes kind geboren.
ein wunderschönes totes kind.
für mich gab es nur noch einen einzigen gedanken.
dann eben das alles noch einmal.
jetzt musste ich ein kind haben.
der arzt hat mich zusammengenähnt und gesagt -
'sind sie froh, sie wollten doch ohnehin kein kind haben.
und im übrigen, sie brauchen es noch nicht mal zu beerdigen, denn es wurde tot geboren.'
später habe ich gesagt -
es wurde wie abfall entsorgt.
dass ich an der kippe stand selbst zu sterben hat mir erst mein mann gesagt.
das war nachdem er mir die rose auf den bauch gelegt hatte als ich aus dem kreissaal kam -
und ich sagte -
'es tut mir leid - ich hab's versaut.'
am nächsten tag kam meine mutter -
ganz in schwarz -
meinen gebrochenen vater im schlepptau -
(es ist bald darauf gestorben - mit 63) -
und hat erklärt -
'du hättest doch wissen müssen, dass dieser arzt ein trotel ist.'
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