Es spricht sehr viel dafür, dass die Geschichte den Urban Legends zuzuordnen ist. Sie erfüllt sämtliche Kriterien und wurde mit Abweichungen des Inhalts schon weit verbreitet. Belanglose Vorfälle werden massiv aufgeplustert und mit immer mehr Gewalt versehen. Damit soll in der Regel erreicht werden Angst zu schüren und die reale Gefahr in starkem Maß zu übertreiben. Was auch passt: Der Täter wird vier Wochen später erkannt und verhaftet. Dies ist beinahe typisch für solche Geschichten. Auch wird eine Quelle genannt, die mehr als dreißig Jahre alt und nicht verifizierbar ist.Genau deswegen, liebe @Drebberwocky.
Das Buch Verlust des Mirgefühls veranschaulicht das mehr als genug.
Siehe noch hier:
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Wie unterschwellig solche Mechanismen funktionieren, zeigt folgendes Beispiel (vgl. Tages-Anzeiger, T.A., Zürich vom 11.2.1994). Beim Aussteigen aus einer Straßenbahn fühlt sich ein siebenundsiebzigjähriger Mann von einem anderen Mann behindert, weil dieser, da er mit dem Fahrer spricht, den Ausstieg blockiert. Der ältere Mann zieht einen Revolver, gibt aus einer Distanz von zwei bis drei Metern vier Schüsse auf den anderen ab und verschwindet. Zufällig wird der Schütze vier Wochen später in einem Restaurant wiedererkannt und verhaftet. Er streitet ab, geschossen zu haben, trägt aber eine Waffe ohne Waffenschein bei sich. Bei der Durchsuchung seines Hauses entdeckt die Polizei ein Waffenlager. Schließlich gesteht der Mann die Tat. Er macht jedoch geltend, "im Affekt" gehandelt zu haben, vom anderen "erschreckt" worden zu sein.
Eine gerichtliche Untersuchung wird eingeleitet und dann eingestellt. Laut Stellungnahme der Staatsanwältin habe sich der Siebenundsiebzigjährige in einem "Sachverhaltsirrtum" befunden. Er habe irrtümlich angenommen, er befinde sich in einer Notwehrsituation und sei deshalb berechtigt gewesen, sich zu wehren. Es sei verständlich, so die Staatsanwältin, daß er "übersensibel auf aggressive Spannungen und Äußerungen" reagiere.
"Was habe ich getan", fragte das Opfer einen Journalisten, "daß er auf mich schießen durfte?"
Die Staatsanwältin hat hier eine wichtige Funktion: An ihr soll gezeigt werden, dass in der Gesellschaft oft Unverständnis darüber herrscht, wenn Gewalt nicht so bestraft wird, wie einige es wünschen würden.
Solche Storys verbreiten sich schnell, haben teilweise einen wahren Kern, suggerieren aber, dass das Geschichte der Empörung sich tatsächlich so zugetragen haben soll.
Zum Thema passend empfehle ich das Buch: "Die Spinne in der Yucca-Palme" von Rolf Wilhelm Brednich.