@Heather hier der Bericht
HEIDELBERG
CORONA ÜBER DIE FRAGE, OB DER 51-JÄHRIGE MARIO DOBIHAL TROTZ ATTEST EINE MASKE IM KRANKENHAUS TRAGEN MUSS, IST EIN STREIT ENTBRANNT
Patient will Uniklinik anzeigen
Till Börner (tbö)
Madeleine Bierlein (mad)
Heidelberg.Pünktlich um 12 Uhr ist Mario Dobihal am Eingang der Thoraxklinik in Heidelberg. Rund ein halbes Jahr musste der 51-Jährige auf den Termin am Universitätsklinikum warten. Jetzt, wo es endlich soweit ist, will er auf keinen Fall zu spät kommen. Drei Tage soll Dobihal im Schlaflabor untersucht werden, nächtliche Atemaussetzer werden bei ihm vermutet. Ob der Bammentaler tatsächlich darunter leidet, das wollen die Experten herausfinden. Soweit kommt es jedoch nicht, Mario Dobihal hat das Schlaflabor bis heute nicht betreten, ob er unter kurzzeitigen Atemstillständen leidet, ist weiterhin unklar.
Am Eingang der Klinik wird Dobihal darauf aufmerksam gemacht, dass er keinen Mund-Nasen-Schutz trägt. „Ich hab ein ärztliches Attest, das mir bescheinigt, keine Maske tragen zu müssen“, sagt er im Gespräch mit dieser Redaktion. Das Originaldokument kann er am Krankenhauseingang nicht vorzeigen, aber ein Handybild, auf dem das abfotografierte Attest zu sehen ist. „Das wurde nicht akzeptiert“, berichtet Dobihal, dem angeboten wird, die ärztliche Bescheinigung vorbeizubringen, damit diese in der Klinik kopiert werden kann. Das will er allerdings nicht. Der 51-Jährige beruft sich darauf, dass in der baden-württembergischen Corona-Verordnung eine Attest-Pflicht nirgendwo erwähnt wird. Tatsächlich heißt es in der Rechtsnorm lediglich: „Eine Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung besteht nicht für Personen, denen das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung aus gesundheitlichen oder sonstigen Gründen nicht möglich oder nicht zumutbar ist.“
Polizei eingeschaltet
Das zuständige baden-württembergische Sozialministerium bestätigt, dass die Vorlage eines Attests in der Verordnung nicht ausdrücklich erwähnt wird. Sofern die Ausnahmegründe aber nicht offensichtlich seien, so schreibt es der Sprecher des Ministeriums, sei ein Nachweis erforderlich. „Dieser kann beispielsweise durch eine ärztliche Bestätigung erbracht werden.“ Mario Dobihal leidet unter einem verringerten Lungenvolumen. „Ich muss mehr atmen als andere. Dabei stört die Maske, deshalb bin ich von ihr befreit“, erzählt er.
Für Außenstehende ist die gesundheitliche Beeinträchtigung Dobihals nicht erkennbar, das abfotografierte Attest findet keine Akzeptanz. „Die Diskussion ging zwei Stunden, dann hab ich bei der Polizei angerufen, um die Uniklinik wegen Nötigung anzuzeigen.“ Die Beamten sind zwar bereit, die Anzeige aufzunehmen, machen Dobihal aber klar, dass er das Revier nicht ohne Mund-Nasen-Schutz betreten darf. Sowohl die Klinik als auch die Polizisten argumentieren mit ihrem Hausrecht. „Wenn ein Patient aus medizinischen Gründen keinen Mund-Nasen-Schutz tragen kann, ist eine schriftliche Bescheinigung notwendig. Diese muss der Pforte ausgedruckt vorliegen. Darüber werden Patienten bei geplanten Aufenthalten im Vorfeld informiert“, teilt die Uniklinik auf Anfrage mit. Auch sei es möglich, die Bescheinigung per Mail zu schicken. „Ist der Patient dazu nicht bereit und liegt kein akuter medizinischer Notfall vor, kann er nicht aufgenommen werden“, heißt es weiter.
Ähnlich argumentiert das Sozialministerium. Die Behörde weist daraufhin, dass ein Zutrittsverbot trotz Befreiung von der Mund-Nasen-Schutzpflicht nicht in jedem Fall vom Hausrecht gedeckt sei, es aber immer auf den Einzelfall ankomme. „Das Interesse der Betreiber des Krankenhauses und der Leitung des Polizeireviers, Vorkehrungen zum Schutz von Infektionen zu treffen, überwiegt jedenfalls dann nicht, wenn der Betroffene die Einrichtung selbst in einer Notsituation aufsucht.“ In einer solchen Notsituation befand sich Dobihal nicht, der Termin im Schlaflabor stand seit rund sechs Monaten fest.
In Coronazeiten ohne Maske unterwegs zu sein – das hat Mario Dobihal schon viel Ärger eingebracht. „Solange keine rechtliche Grundlage existiert, zeige ich mein Attest auch im Supermarkt nicht vor“, sagt er. Trotz Anfeindungen, Hausverboten und Bußgeldbescheiden will er aus Datenschutzgründen an seiner Praxis festhalten.